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Der Begriff der "Gerechtigkeit" setzt den des Rechts (δίκη, θέμις, ius) voraus; denn Gerechtigkeit bezeichnet als Tugendbegriff die innere Bereitschaft, das Recht zu wahren. Wird das Recht als die naturgewollte Ordnung des Staates angesehen (z.B.: Aristot.Polit.1252b37-39), so ist die Gerechtigkeit die staatstragende Tugend par excellence. Die Sophisten allerdings kritisieren beim Recht eher seinen Zwangscharakter, sehen in ihm also eine Fessel, die das "starke" Individuum sprengen sollte. Der Politiker und Rhetor Demosthenes allerdings erklärt, dass Macht, die auf Unrecht aufbaut, keinen Bestand haben kann.
Neben dem Tugendbegriff der Gerechtigkeit ist die Verteilungsgerechtigkeit von Wichtigkeit, die klärt, wem was zusteht. Sie korreliert eng mit dem Begriff der Gleichheit. Nach dem fundamentalen Grundsatz, dass jedem das Seine zusteht, ist es gerecht, dass (bezogen auf den jeweiligen Vergleichspunkt) Gleichen Gleiches und Ungleichen Ungleiches zusteht, z.B. gleicher Lohn bei gleicher Leistung, unterschiedlicher Lohn bei unterschiedlicher Leistung (Plat.Nom.757c).
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Plat.Prot.323a | Alle Menschen haben Anteil an der Gerechtigkeit |
Plat.Polit.618e | Allein auf die Gerechtigkeit kommt es an |
Plat.Polit.433a | Gerechtigkeit durch Arbeitsteilung definiert |
Aischyl.Ag.772 | Gerechtigkeit wohnt oft bei der Armut |
Dionys.Trag.fr.5 | Das Auge der Gerechtigkeit sieht alles |
Plat.Polit.331d | Gerechtigkeit durch Ehrlichkeit definiert |
Plat.Polit.359b | Entstehung der Gerechtigkeit |
Plat.Polit.367c | Gerechtigkeit ist um ihrer selbst willen erstrebenswert |
Antiph.Soph.44A1 | Gerechtigkeit durch Gehorsam gegenüber positivem und natürlichem Recht definiert |
Plat.Polit.472b | Gerechtigkeit der Gemeinschaft ist dieselbe wie die des Einzelnen |
Xen.Mem.4,4,18 / Xen.Mem.4,6,5 | Gerechtigkeit durch Gehorsam gegenüber dem Gesetz definiert |
Plat.Nom.757c | Politische Gerechtigkeit besteht nicht in äußerlicher Gleichheit |
Plat.Polit.358a | Gerechtigkeit für menschliches Glück notwendig |
Aristoph.Nub.902 / Aristoph.Nub.1082 | Leugnen göttlicher Gerechtigkeit |
Soph.El.173 | Ein Gott sorgt für Gerechtigkeit |
Plat.Polit.332a / Plat.Polit.334b | Gerechtigkeit definiert als Freunden Gutes tun |
Plat.Polit.443c | Gerechtigkeit definiert als innere Harmonie |
Plat.Apol.32a | Nicht öffentlich für die Gerechtigkeit kämpfen |
Plat.Polit.368b | Mit allen Kräften für die Gerechtigkeit kämpfen |
Eurio.Hipp.426 | Gerechtigkeit kommt dem Leben an Wert gleich |
Xen.Kyr.1,2,6 | Kinder müssen Gerechtigkeit lernen |
Pind.Ol.2,68 | Lohn der Gerechtigkeit auf den Inseln der Seligen |
Plat.Polit.333d | Gerechtigkeit von geringem Nutzen |
Plat.Polit.365c | Nur den Schein der Gerechtigkeit wahren |
Plat.Gorg.504d | Gerechtigkeit und Selbstbeherrschung als Ordnung der Seele |
Plat.Polit.368e | Gerechtigkeit im Rahmen des Staates untersuchen |
Xen.Symp.3,4 | Gibt es eine Theorie der Gerechtigkeit? |
Plat.Polit.433c | Gerechtigkeit als erste und oberste aller Tugenden |
Plat.Symp.209a | Gerechtigkeit als oberste Tugend |
Plat.Nom.864a | Gerechtigkeit definiert als Herrschaft der Vernunft über die Begierden |
Plat.Polit.331e | Gerechtigkeit definiert als Erfüllung aller Pflichten. |
Plat.Polit.589c / Plat.Polit.354a | Gerechtigkeit ist in jeder Hinsicht vorteilhafter |
Eurip.Rhes.875 | Das Auge der Gerechtigkeit weiß alles |
Plat.Nom.904e | Weltordnung der göttlichen Gerechtigkeit |
Plat.Kleit.410b | Gerechtigkeit nicht lehren, ohne ihr Wesen zu erkennen |
Quelle: G.Th.Schwarz |
Nach dem Lemma bei Liddell-Scott-Jones. |
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Die Pythagoreer
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Demokrit
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Theognis 147
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Plat.Polit.338c
[Im Zusammenhang] [Zur Diskussion des Gerechtigkeitsbegriffs in Platons Staat] |
Plat.Polit.358c-359b: Glaukon als "advocatus Thrasymachi"
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Dem.2,9-10
[Im Zusammenhang] [Zur Diskussion des Gerechtigkeitsbegriffs in Platons Staat] |
Plat.Polit.433a ff.
V.Pöschl (Römischer Staat und griechisches Staatsdenken bei Cicero, Darmstadt (WBG) 1962, S. 111 f.) zum δικαιοσύνη-Begriff Platons in der Politeia "In der δικαιοσύνη
glaubt Platon die Formel, das Prinzip in der Hand zu haben, das die
Ordnung des ganzen Seins umgreift. Die sokratische Definitionsfrage des
ersten Politeiabuches weitet sich aus zu der Ordnung des Staates, zur
Ordnung der Seele, ja schließlich im Schlussmythos... zur Ordnung
der ganzen Welt, des Kosmos: hier wird die δικαιοσύνη
des Menschen und des Staates an die göttliche Weltordnung, symbolisiert
in der Spindel der Ananke, geknüpft. Die δικαιοσύνη
ist das Prinzip der großen Ordnungen, in denen sich menschliches
Dasein vollzieht. Auf der Höhe des ganzen Werkes erscheint die δικαιοσύνη
als Idee, die ihr Licht vom Gotte selbst, von der Sonne des ἀγαθόν
empfängt. Der Staat ist nur eine Erscheinungsform der immer gleichen
Idee. Die Gerechtigkeit, nicht der Staat, ist Anfang und Ende des Ganzen."
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Aristot.eth.Nic.1129a3-1130a13
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Plat.Nom.756e-758a
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Zum Transfer:
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[...] Gerechtigkeit ist ein Wieselwort, das man nur in juristischen Gefilden zu fassen bekommt. Im politischen Raum wechselt es ständig seine Farbe, seinen Inhalt, seinen Geruch, ohne dabei seine positive Konnotation, die Aura eines in Stein gemeißelten, nicht hinterfragbaren höchsten Wertes zu verlieren. Das macht die Gerechtigkeit gerade bei Politikern so beliebt. [...] Eine gerechte Welt ist das Leitziel der Menschheit schlechthin, besser gesagt: die Leitutopie, denn erreichbar ist sie hienieden nicht. In der Annäherung an diese Utopie hat es der demokratische Rechtsstaat - darin liegt seine zivilisatorische Überlegenheit - immerhin am weitesten gebracht. Mit der Verwirklichung des Grundsatzes, dass die zur Erhaltung der Gesellschaft notwendigen Einschränkungen der Freiheit für alle gelten müssten, hat er eine wesentliche Voraussetzung von Gerechtigkeit geschaffen: die Gleichheit vor dem Gesetz. Sinnbild dieser Gleichbehandlung ohne Ansehen von Person, Geschlecht oder Stand sind die verbundenen Augen der Justitia. Die Justitia der "sozialen Gerechtigkeit" dagegen kommt mit weit geöffneten Augen daher, prüft mit scharfem Blick, wem es schlecht geht, und gibt ihm dann von dem, was der Bessergestellte hat. Sie ist auch keine Göttin, sondern ganz und gar Mensch in Politikergestalt. Soziale Gerechtigkeit ist genau das Gegenteil von Gleichheit vor dem Gesetz, nämlich gewollte Ungleichbehandlung: der Versuch, die Tücken des Schicksals zu korrigieren. Das fängt bei der Steuerprogression an und hört bei der Hilfe zum Unterhalt in besonderen Lebenslagen noch lange nicht auf. Sosehr das "im Prinzip" gesellschaftlich erwünscht ist, so sehr verlangen gerade die handgesteuerten Eingriffe in die Freiheit des einzelnen ihrerseits nach einem zugrunde liegenden Prinzip, damit aus willkürlicher Umverteilung ein als gerecht empfundener sozialer Ausgleich werden kann. Der vor wenigen Tagen verstorbene amerikanische Philosoph John Rawls hat auch der Justitia der sozialen Gerechtigkeit die Augen verbunden. Gerecht nannte Rawls eine Gesellschaft, in der Bildungschancen, Informationszugänge und Vermögensverteilung so geregelt sind, dass sie von einem objektiven Standpunkt aus - unabhängig von individueller Betroffenheit - von allen als "fair" akzeptiert werden können. Die Politik sei ständig danach zu befragen, meinte Rawls, ob ihre Maßnahmen der Herstellung und Fortentwicklung einer so eingerichteten Gesellschaft dienten. |
"Wieselwort" meint (nach einer speziellen Art des Wiesels, Eier zu leeren) das selbe wie "Leerbegriff". Solche Leerbegriffe spielen in der politischen Propaganda eine bevorzugte Rolle, weil man sich durch ihren Gebrauch nicht auf eine eindeutige Aussage festlegt. Was bedeutet z.B. "Lebensqualität"? Es wäre aber falsch, den Begriff der Gerechtigkeit als bloßes "Wieselwort" abzutun. Vielmehr bezeichnet er eine Idealvorstellung, der man sich zwar nähern, die man aber nie adäquat verwirklichen kann. Platon hat, um sich dem Ziel der Gerechtigkeit zu nähern, seine Politeia als Gerechtigkeitsmodell entworfen. |
Wir glauben, dass es sinnvoller ist, die hier getroffene Unterscheidung nicht der Gerechtigkeit, sondern der Gleichheit zuzuschreiben. Dann ergibt sich der einheitliche Gerechtigkeitsbegriff: Jedem das Seine: Gleichen Gleiches, Ungleichen Ungleiches. Auch die verbundenen Augen der Iustitia dürfen nicht ohne Ansehen der Person alle und alles über einen Kamm scheren. Getreu der Warnung "summum ius summa iniuria" muss sie bezogen auf erschwerende oder mildernde Umstände, von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch machen, das heißt, neben dem strengen Recht auch Billigkeit walten lassen. Auch die "soziale Gerechtigkeit" muss Gleiche gleich behandeln. |
Sententiae excerptae:Literatur: