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Cicero: De officiis

Cicero: Ãœber die Pflichten

Cic.off.1,15-17

Grundlegung des Sittlich-Guten
 
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Cicero: De officiis

Cic.off.1,15-17

 

Cicero: Ãœber die Pflichten

Cic.off.1,15-17

15,1
[Cic.off.1,15,1] Formam quidem ipsam, Marce fili, et tamquam faciem honesti vides, quae si oculis cerneretur, mirabiles amores, ut ait Plato, excitaret sapientiae.
Du siehst hiermit, mein Sohn Markus, das eigentliche Urbild und gleichsam das Antlitz des Sittlich-Guten; könnte es auch unserem Auge sichtbar werden, würde es, wie Platon meint, die wunderbarste Liebe zur Weisheit in uns entfachen.
anmerk.
15.2
[Cic.off.1,15,2] Sed omne, quod est honestum, id quattuor partium oritur ex aliqua:
Alles aber, was sittlich gut ist, entspringt aus einem der vier folgenden Teile:
anmerk.
15,3
[Cic.off.1,15,3] Aut enim in perspicientia veri sollertiaque versatur aut in hominum societate tuenda tribuendoque suum cuique et rerum contractarum fide aut in animi excelsi atque invicti magnitudine ac robore aut in omnium, quae fiunt quaeque dicuntur, ordine et modo, in quo inest modestia et temperantia.
Es liegt nämlich entweder in der Fähigkeit und Fertigkeit, die Wahrheit zu erkennen; oder im Schutz der menschlichen Gesellschaft, in der Bereitschaft, jedem zu geben, was ihm zusteht und Treue und Glauben im Verkehr mit anderen zu beachten; oder es liegt in der Erhabenheit, Größe und unbesiegbaren Stärke des Geistes; oder in dem Sinn für Maß und Ordnung bei allem, was man tut und spricht, wohin die Tugenden der Mäßigung und der Selbstbeherrschung gehören.
anmerk.
15,4
[Cic.off.1,15,4] Quae quattuor quamquam inter se colligata atque implicata sunt, tamen ex singulis certa officiorum genera nascuntur, velut ex ea parte, quae prima discripta est, in qua sapientiam et prudentiam ponimus, inest indagatio atque inventio veri, eiusque virtutis hoc munus est proprium.
Zwar sind die vier Stücke innig und unauflösbar ineinander verschlungen, dennoch aber ergeben sich aus jedem einzelnen gewisse bestimmte Gattungen des pflichtgemäßen Handelns. Aus demjenigen zum Beispiel, das in unserer Einteilung die erste Stelle hat, und das die Tugend der Weisheit und Klugheit in sich begreift, ergibt sich die Pflicht der Untersuchung und Erforschung der Wahrheit, und gerade hierin liegt die eigentümliche Aufgabe dieser Tugend.
anmerk.
16,1
[Cic.off.1,16,1] Ut enim quisque maxime perspicit, quid in re quaque verissimum sit quique acutissime et celerrime potest et videre et explicare rationem, is prudentissimus et sapientissimus rite haberi solet.
Denn mit Recht schreiben wir Weisheit und Klugheit denen in höchstem Grade zu, die mit Leichtigkeit das eigentlich Wahre an jeder Sache zu erkennen und deren Verhältnisse mit Scharfsinn und Schnelligkeit zu entdecken und zu entwickeln im Stande sind.
anmerk.
16,2
[Cic.off.1,16,2] Quocirca huic quasi materia, quam tractet et in qua versetur, subiecta est veritas.
Der Stoff also, um mich so auszudrücken, den diese Tugend behandelt und bearbeitet, ist die Wahrheit.
anmerk.
17,1
[Cic.off.1,17,1] Reliquis autem tribus virtutibus necessitates propositae sunt ad eas res parandas tuendasque, quibus actio vitae continetur, ut et societas hominum coniunctioque servetur et animi excellentia magnitudoque cum in augendis opibus utilitatibusque et sibi et suis comparandis, tum multo magis in his ipsis despiciendis eluceat.
Die Aufgabe der drei übrigen Tugenden aber ist, gewisse Bedürfnisse zu befriedigen und zu sichern, die das praktische Leben bestimmen. Die eine soll die Gesellschaft und Verbindung der Menschen untereinander erhalten; aber der Adel und die Größe des Geistes soll nicht nur leuchten, um unseren Wohlstand zu mehren und um Vorteile für uns selbst und die unsrigen zu erzielen, sondern noch viel mehr in der Geringchätzung eben dieser Dinge.
anmerk.
17,2
[Cic.off.1,17,2] Ordo autem et constantia et moderatio et ea, quae sunt his similia, versantur in eo genere, ad quod est adhibenda actio quaedam, non solum mentis agitatio.
Aber Ordnung, Beständigkeit, Mäßigung und andere ganz ähnliche Tugenden gehören zu der Gruppe, bei der nicht bloß geistige Tätigkeit, sondern auch ein gewisses äußeres Handeln notwendig ist.
anmerk.
17,3
[Cic.off.1,17,3] Iis enim rebus, quae tractantur in vita, modum quendam et ordinem adhibentes honestatem et decus conservabimus.
Nur dann, wenn wir bei allen Geschäften des Lebens Ordnung und Maß beachten, wird es uns gelingen, stets der Sittlichkeit und Würde des Menschen gemäß zu handeln.
anmerk.
     
Aufgabenvorschläge:
  1. Das Sittlich-Gute liegt in menschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, also in seiner anthropologischen Grundausstattung, begründet.
    Stellen Sie tabellarisch zusammen, welcher Veranlagung welcher Sittlichkeitsbereich und welche Tugend im einzelnen entspricht.
  2. Wo ist die Trennungslinie zwischen individueller und sozialer Tugend einerseits und praktischer und theoretischer Tugend auf der anderen Seite zu ziehen? Belegen Sie Ihre Entscheidung am Text!
  3. Die necessitates, die Bedürfnisse des praktischen Lebens werden von Cicero nicht im einzelnen ausgeführt. Versuchen Sie, einen hierarchisch gegliederten Katalog menschlicher Bedürfnisse (Bedürfnispyramide nach Art von Maslow) zusammenzustellen.
  4. Wie ist das Zusammenspiel von Bedürfnisbefriedigung (die auf Wachstum abzielt) und Mäßigung ("Grenzen des Wachstums") zu verstehen?
  5. Der Begriff der "Tugend" ist durch seine lange philosophische Tradition stark belastet und etwas außer Gebrauch gekommen. Benennen Sie mit Ihren Worten persönlichen Fähigkeiten (Ich-Stärken), die Sie sich für das Gelingen Ihres Lebens wünschen würden (z.B. Durchsetzungsvermögen, Erfindungsreichtum etc.), und überlegen Sie ob und wo Ihre Wunschvorstellung in Ciceros Ausführungen ansatzweise enthalten sein könnte!
Übersetzung von G.G. Uebelen, bearbeitet von Egon Gottwein
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Sententiae excerptae:
Lat. zu "Cic" und "virt"
91
gloria virtutem tamquam umbra sequitur
der Ruhm folgt der Leistung wie ihr Schatten
Cic.Tusc.1,109

2035
Appellata est enim ex viro virtus.
"Virtus" kommt nämlich von "vir" (Mann).
Cic.Tusc.2,43,3

701
Non turpis est cicatrix, quam virtus parit.
Nicht schändlich ist die Wunde, die die Tugend schlug. (Nicht schimpflich ist die Narbe, die Mut hinterlässt. Die Narbe ehrt, die Tapferkeit hat eingebracht.)
Publil.Syr.N12


Literatur:
zu "Cic" und "off"
683
Büchner, K.
Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt
Heidelberg (Winter) 1964

4587
Cicero, M.T. / E. Bernert
Ciceros Philosophische Schriften, Band II: De officiis, hgg. v. Ernst Bernert, Textauswahl und Kommentar.
Münster, Aschendorff 1956 u.ö.

4582
Cicero, M.T. / G.G.Uebelen
Drei Bücher über die Pflichten, übers. v. G.G. Uebelen
Stuttgart (Metzler) 1834

4586
Cicero, M.T. / Garve, Christian
Abhandlung über die menschlichen Pflichten in drey Büchern aus dem Lateinischen des Marcus Tullius Cicero übersetzt von Christian Garve. ( Von den menschlichen Pflichten. 1. bis 3. Buch. Philosophische Anmerkungen und Abhandlungen zu Cicero's Büchern von den Pflichten)
Breslau Korn 4,1792

4588
Cicero, M.T. / J.K.Schönberger
De officiis, ausgewählt und erläutert v. J.K.Schönberger
Bamberg, Wiesbaden, Bayerische Verlagsanstalt, 2,1965

4583
Cicero, M.T. / K.Atzert
Marcus Tullius Cicero: De officiis, Text (Auswahl) und Kommentar
Heidelberg (Quelle und Meyer) 1955

701
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero's drei Bücher von dem Wesen der Götter. Dt.und erklärt v. Dr.Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1863; 1873

703
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero's Tusculanen. Übs. und erklärt von Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann 2/1866

704
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero, Marcus Tullius. Paradoxe der Stoiker an Marcus Brutus. Übersetzt und erklärt von Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1864.

4584
Cicero, M.T. / O. Weissenfels
Auswahl aus Ciceros Philosophischen Schriften, hgg. v. Oskar Weissenfels. 3. Aufl. besorgt v. Paul Wessner
Leipzig, Berlin (Teubner) 1910

475
Dyck, A.R.
Cicero, De officiis 2,21-22
in: Philol.124/1980,201

480
Feger, R.
Zu einer De officiis-Ãœbersetzung von 1488
in: Gymn 62/1955,374

496
Gelzer, M.
Cicero. Ein biographischer Versuch
Wiebaden (Steiner) 1969

500
Giebel, M.
Cicero
Reinbek (rm 261) 1989

501
Gigon, O.
Bemerkungen zu Ciceros De officiis. Poseidonios-Cicero-Laktanz
in: Die antike Philosophie, Zürich 1977

508
Glücklich, H.-J.
Ciceros "De officiis" im Unterricht
in: AU XXI 2/1978,20

530
Hiltbrunner, O. .."
De officiis ministrorum" des Hl.Ambrosius und.. ciceron.Vorbild
in: Gymn 71/1964

4590
Ioannes ab Arnim (Hg.)
Stoicorum veterum fragmenta, collegit Ioannes ab Arnim. Volumen III: Chrysippi fragmenta moralia, fragmenta succcessorum Chrysippi
Stuttgart, Teubner1979

544
Klingner, F.
Cicero
in: Röm.Geisteswelt, München 1965

4589
Long, A.A. / Sedley, D.N.
Die hellenistischen Philosophen, Texte und Kommentare (nur deutsch), übers. v. Karlheinz Hülser
Stuttgart, Weimar (J.B.Metzler) 2000 (Cambridge 1987)

584
Offermann, H.
Cicero, "Pro Sex.Roscio Amerino" 2,6
in: AU XVII 2,65

593
Plasberg, O.
Cicero in seinen Werken und Briefen
Darmstadt (WBG) 1962

638
Seel, O.
Cicero. Wort, Staat, Welt
Stuttgart (Klett) 1967

4585
Süss, Wilhelm
Cicero. Eine Einführung in seine philosophischen Schriften (mit Ausschluss der staatsphilosophischen Werke)
Wiesbaden (Franz Steiner) 1966


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