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1. Numa (1-487) |
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Quaeritur interea qui tantae pondera molis sustineat tantoque queat succedere regi: destinat imperio clarum praenuntia veri fama Numam; non ille satis cognosse Sabinae |
Frage inzwischen entsteht, wer trage des schwierigen Amtes Bürde hinfort und die Statt solch trefflichen Königs ersetze. Fama, des wahren Erfolgs Vorbotin, bestimmt dem berühmten Numa das Reich. Ihm war noch nicht des sabinischen Volkes |
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gentis habet ritus, animo maiora capaci concipit et, quae sit rerum natura, requirit. huius amor curae patria Curibusque relictis fecit ut Herculei penetraret ad hospitis urbem. Graia quis Italicis auctor posuisset in oris |
Bräuche zu kennen genug; in dem vielumfassenden Geiste
Nimmt er das Höhere auf und forscht nach dem Wesen der Dinge. Solches Bestreben bewog ihn auch zu verlassen die Heimat Cures und ferne zu gehn zur Stadt des herkulischen Wirtes. Wer am italischen Strand als Gründer die graiischen Mauern |
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moenia, quaerenti sic e senioribus unus rettulit indigenis, veteris non inscius aevi: |
Bauete, fragte er dort, und es gab ihm einer der greisen Landesbewohner Bescheid, der Kunde besaß von der Vorzeit: |
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2. Myscelus (12-59) |
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'dives ab Oceano bobus Iove natus Hiberis litora felici tenuisse Lacinia cursu fertur, et armento teneras errante per herbas |
"Reich an iberischem Vieh sei Iupiters Sohn von dem Weltmeer Einst nach glücklicher Fahrt zur lakinischen Küste gekommen, Sagt man, und während im Gras sich weidend ergingen die Rinder, |
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ipse domum magni nec inhospita tecta Crotonis intrasse et requie longum relevasse laborem atque ita discedens, "aevo" dixisse "nepotum hic locus urbis erit," promissaque vera fuerunt. nam fuit Argolico generatus Alemone quidam |
Hab er das Haus und das gastliche Dach des begüterten Kroton Selber betreten und dort sich erholt von der langen Beschwerde; Beim Weggehn dann hab er gesagt: "In dem Alter der Enkel Ist hier Stelle der Stadt." Und erfüllt ward seine Verheißung. Denn von Alemon gezeugt aus Argolis war ein gewisser |
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Myscelus, illius dis acceptissimus aevi. hunc super incumbens pressum gravitate soporis claviger adloquitur: "patrias, age, desere sedes; i, pete diversi lapidosas Aesaris undas!" et, nisi paruerit, multa ac metuenda minatur; |
Myskelos, dazumal vor allen geliebt von den Göttern. Den sprach an, als Schlaf ihn beschwerte, der Held mit der Keule, Über das Lager gebeugt: "Brich auf von dem heimischen Wohnsitz; Geh in die Fremde hinaus zu den steinigen Wellen des Aesar!" Viel auch droht er dazu und Schreckliches, falls er Gehorsam |
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post ea discedunt pariter somnusque deusque surgit Alemonides tacitaque recentia mente visa refert, pugnatque diu sententia secum: numen abire iubet, prohibent discedere leges, poenaque mors posita est patriam mutare volenti. |
Weigerte. Drauf mit dem Gott ist von hinnen gewichen der Schlummer. Myskelos richtet sich auf und ruft sich im schweigenden Geiste, Was er geträumet, zurück, und lange bekämpft sich der Wille.
Aufbruch heischet der Gott; die Gesetze verbieten den Auszug: Tod steht drauf, wenn einer gedenkt zu vertauschen die Heimat. |
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candidus Oceano nitidum caput abdiderat Sol, et caput extulerat densissima sidereum Nox: visus adesse idem deus est eademque monere et, nisi paruerit, plura et graviora minari. pertimuit patriumque simul transferre parabat |
Als ein leuchtendes Haupt im Okeanos hatte versenkt Sol Und mit dem sternigen Haupt sich empor dichthüllende Nacht hob, Nahte derselbige Gott im Gesicht und mahnte dasselbe; Mehr noch droht er dazu und Härteres, falls er Gehorsam Weigerte. Bang schickt jener sich an, nach dem anderen Wohnsitz |
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in sedes penetrale novas: fit murmur in urbe, spretarumque agitur legum reus, utque peracta est causa prior, crimenque patet sine teste probatum, squalidus ad superos tollens reus ora manusque "o cui ius caeli bis sex fecere labores, |
Überzugehn mit dem heil'gen Gerät. In der Stadt ist Gemurmel, Und den Verbrecher belangt das Gericht. Als nach des Verhöres Schluss das Vergehn vorlag, schon ohne die Zeugen erwiesen, Hob zu den Göttern empor unsauber in Tracht der Beklagte Hand und Gesicht: "Du, welchem die zwölf Arbeiten den Himmel", |
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fer, precor" inquit "opem! nam tu mihi criminis auctor." mos erat antiquus niveis atrisque lapillis, his damnare reos, illis absolvere culpa; tunc quoque sic lata est sententia tristis, et omnis calculus inmitem demittitur ater in urnam: |
Sprach er, "gebracht, ach hilf: du rietest mir ja zu dem Frevel!" Brauch von alters bestand, den Beklagten mit schneeigen Steinchen Freizusprechen von Schuld, mit schwarzen jedoch zu verdammen. Jetzt auch fällten sie so den schlimmen Entscheid, und die Steine Senkten gesamt sich schwarz in die unbarmherzige Urne. |
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quae simul effudit numerandos versa lapillos, omnibus e nigro color est mutatus in album, candidaque Herculeo sententia numine facta solvit Alemoniden: grates agit ille parenti Amphitryoniadae ventisque faventibus aequor |
Als die aber gestülpt ausgoss zum Zählen die Steinchen, War bei allen vertauscht mit der weißen die dunkele Farbe, Und der befreiende Spruch, durch Herkules' Hilfe veranlasst, Rettet Alemons Sohn. Dank zollt er Amphitryons Sohne, Der so treulich gesorgt, und schifft mit günstigen Winden |
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navigat Ionium Sallentinumque Neretum praeterit et Sybarin Lacedaemoniumque Tarentum Sirinosque sinus Crimisenque et Iapygis arva, vixque pererratis, quae spectant aequora, terris, invenit Aesarei fatalia fluminis ora |
Durch das ionische Meer, und Tarentum, Lakoniens Pflanzstadt, Sybaris, Thuriois Bucht und Iapyx' Land und Neretum Im Salentinergebiet und Krimise fährt er vorüber. Kaum nun waren durchirrt nach dem Strand hinschauende Länder, Als er das Ziel auffand, die beschiedene Mündung des Aesar, |
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nec procul hinc tumulum, sub quo sacrata Crotonis ossa tegebat humus, iussaque ibi moenia terra condidit et nomen tumulati traxit in urbem.' talia constabat certa primordia fama esse loci positaeque Italis in finibus urbis. |
Und in der Nähe das Grab, wo heilig gehaltener Boden Krotons Gebeine verbarg, und dort auf befohlener Erde Gründet' er Mauern und gab der Stadt des Begrabenen Namen." Solchergestalt tat kund glaubwürdige Sage des Ortes Ersten Beginn und der Stadt, die liegt an Italiens Ende. |
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3. Pythagoras (60-478) |
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Vir fuit hic ortu Samius, sed fugerat una
et Samon et dominos odioque tyrannidis exul sponte erat isque licet caeli regione remotos mente deos adiit et, quae natura negabat visibus humanis, oculis ea pectoris hausit, |
Dort auch wohnte ein Mann aus Samos, aber von Samos War er geflohn vor dem Herrn und blieb freiwillig im Banne, Hassend Tyrannengewalt. Der stieg, ob fern von dem Himmel, Doch zu den Göttern im Geist und ersah, was ewige Ordnung Menschlichen Blicken entzog, mit dem Auge der denkenden Seele. |
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cumque animo et vigili perspexerat omnia cura, in medium discenda dabat coetusque silentum dictaque mirantum magni primordia mundi et rerum causas et, quid natura, docebat, quid deus, unde nives, quae fulminis esset origo, |
Dann, wie er alles erspäht mit Gedanken und wachender Sorge, Trug er es vor im versammelten Kreis, und den schweigenden Schülern, Die zuhörten dem Wort mit Verwunderung, lehrt' er des Weltalls Uranfang und der Ding Ursachen, und was die Natur sei, Auch was Gott, von wannen der Schnee, wie Blitz sich erzeuge, |
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Iuppiter an venti discussa nube tonarent, quid quateret terras, qua sidera lege mearent, et quodcumque latet, primusque animalia mensis arguit inponi, primus quoque talibus ora docta quidem solvit, sed non et credita, verbis: |
Ob in zerteiltem Gewölk Sturmwind, ob Iupiter donnre, Was aufschüttre das Land, nach welchem Gesetz die Gestirne Wandeln, und was sonst dunkel verbleibt. Er rügte die Sitte, Tiere zu speisen, zuerst und erschloss zu folgender Rede Weisheit kündenden Mund, der nicht auch Glauben gefunden: |
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'Parcite, mortales, dapibus temerare nefandis corpora! sunt fruges, sunt deducentia ramos pondere poma suo tumidaeque in vitibus uvae, sunt herbae dulces, sunt quae mitescere flamma mollirique queant; nec vobis lacteus umor |
"Lasst, ihr Sterblichen, ab, durch frevlige Speise die Leiber Euch zu entweihn. Feldfrucht ja ist und die tragenden Äste Abwärts ziehendes Obst und am Weinstock schwellende Trauben, Zarte Gewächs auch sind und andere, welche das Feuer Mild kann machen und weich; und wird euch nimmer benommen |
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eripitur, nec mella thymi redolentia florem: prodiga divitias alimentaque mitia tellus suggerit atque epulas sine caede et sanguine praebet. carne ferae sedant ieiunia, nec tamen omnes: quippe equus et pecudes armentaque gramine vivunt; |
Labende Milch noch Seim nach Tymian duftenden Honigs.
Gaben in Fülle beschert die verschwendende Erde zu milder Nahrung und bietet euch Kost, die Blut nicht heischet und Tötung. Tiere nur sättigen sich mit Fleisch, doch alle mitnichten; Denn Gras nähret das Ross und das wollige Vieh und die Rinder; |
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at quibus ingenium est inmansuetumque ferumque, Armeniae tigres iracundique leones cumque lupis ursi, dapibus cum sanguine gaudent. heu quantum scelus est in viscera viscera condi ingestoque avidum pinguescere corpore corpus |
Denen jedoch inwohnt unbändiges Wesen und Wildheit, Löwen, die zornige Brut, armenische Tiger, mit Bären Gieriger Wölfe Geschlecht, die freuen sich blutigen Fraßes. Welch ein vermessenes Tun, im Fleische das Fleisch zu versenken Und den begehrlichen Leib mit verschlungenem Leibe zu mästen |
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alteriusque animans animantis vivere leto! scilicet in tantis opibus, quas, optima matrum, terra parit, nil te nisi tristia mandere saevo vulnera dente iuvat ritusque referre Cyclopum, nec, nisi perdideris alium, placare voracis |
Und mit des Lebenden Tod ein Lebender sich zu erhalten! Bei so reichlichem Gut, das die Erde, die beste der Mütter, Zeuget, behagt dir nichts, als traurige Stücke zu kauen Mit unseligem Zahn und zu tun nach Art der Kyklopen? Weißt du nimmer die Gier des gefräßigen Bauches zu stillen,
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et male morati poteris ieiunia ventris! 'At vetus illa aetas, cui fecimus aurea nomen, fetibus arboreis et, quas humus educat, herbis fortunata fuit nec polluit ora cruore. tunc et aves tutae movere per aera pennas, |
Der zum Schlimmen gewöhnt, als wenn du vernichtest den andern? Jene vergangene Zeit, die golden wir pflegen zu nennen, War mit Baumesertrag und dem Boden entsprossenen Pflanzen Reichlich beglückt und befleckte noch nicht mit Blute die Lippen. Damals schlugen die Luft mit sicheren Schwingen die Vögel; |
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et lepus inpavidus mediis erravit in arvis, nec sua credulitas piscem suspenderat hamo: cuncta sine insidiis nullamque timentia fraudem plenaque pacis erant. postquam non utilis auctor victibus invidit, quisquis fuit ille, leonum |
Furchtlos irrt' umher im freien Gefilde der Hase; Nie auch hängte den Fisch leichtgläubiger Wahn an die Angel. Ohn auflauernden Trug und nichts argwöhnend von Tücke War voll Frieden die Welt. Als aber ein Stifter des Unheils, Wer auch immer es war, hinblickte mit Neid auf die Rachen |
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corporeasque dapes avidum demersit in alvum, fecit iter sceleri, primoque e caede ferarum incaluisse potest maculatum sanguine ferrum (idque satis fuerat) nostrumque petentia letum corpora missa neci salva pietate fatemur: |
Und in den gierigen Bauch sich leibliche Speisen versenkte, Bahnt' er dem Frevel den Weg. Vielleicht von des Wildes Erlegung Wurde am ersten gewärmt mit Blute besudeltes Eisen, Und das hätte genügt; denn was uns steht nach dem Leben, Dürfen wir, ohne die Pflicht zu verletzen, vom Boden vertilgen. |
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sed quam danda neci, tam non epulanda fuerunt. 'Longius inde nefas abiit, et prima putatur hostia sus meruisse mori, quia semina pando eruerit rostro spemque interceperit anni; vite caper morsa Bacchi mactandus ad aras |
Aber zu töten die Brut war recht, nicht auch, sie zu essen. Dann ging weiter der Greul, und zu fallen als frühestes Opfer, Glaubt man, verdiente das Schwein, weil das mit gebogenem Rüssel Saaten im Feld umwühlt und vereitelt die heurige Hoffnung. Weil er die Reben benagt, wird an dem Altare des Rächers |
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ducitur ultoris: nocuit sua culpa duobus! quid meruistis oves, placidum pecus inque tuendos natum homines, pleno quae fertis in ubere nectar, mollia quae nobis vestras velamina lanas praebetis vitaque magis quam morte iuvatis? |
Bakchos geschlachtet der Bock. Schuld brachte den beiden Verderben. Was für Schuld habt ihr, friedfertige Schafe, den Menschen Zur Fürsorge bestimmt, die ihr im gefülleten Euter Nektar tragt und zum weichen Gewand uns euere Wolle Gebet und mehr, denn im Tod, uns Nutzen gewähret im Leben? |
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quid meruere boves, animal sine fraude dolisque, innocuum, simplex, natum tolerare labores? inmemor est demum nec frugum munere dignus, qui potuit curvi dempto modo pondere aratri ruricolam mactare suum, qui trita labore |
Was tat Böses der Stier, der Falsch nicht kennet und Tücke, So unschädlich und schlicht und geschaffen zum Dulden der Arbeit? Undank hegt im Gemüt und der Gaben des Feldes ist unwert, Wer, da eben die Last des gebogenen Pflugs ihm benommen, Seinen Besteller der Flur zu schlachten vermocht’ und den Nacken, |
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illa, quibus totiens durum renovaverat arvum, quot dederat messes, percussit colla securi. nec satis est, quod tale nefas committitur: ipsos inscripsere deos sceleri numenque supernum caede laboriferi credunt gaudere iuvenci! |
Der von der Arbeit wund, so vielmal hartes Gefilde
Hatte bereitet für ihn und Ernten beschafft, mit dem Beil schlug. Doch es geschieht nicht bloß die Verruchtheit, selber den Göttern Bürden den Frevel sie auf und vermeinen, das höchste der Wesen
Finde Gefallen am Morde des Mühen ertragenen Rindes. |
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victima labe carens et praestantissima forma (nam placuisse nocet) vittis insignis et auro sistitur ante aras auditque ignara precantem inponique suae videt inter cornua fronti, quas coluit, fruges percussaque sanguine cultros |
Schön vor allen an Wuchs und jeglichen Makels entbehrend - Grade der Wert ist Verderb -, mit Goldschmuck prangend und Bändern, Stehet das Opfer am Herd und vernimmt arglos die Gebete, Sieht dann, wie auf die Stirn ihm zwischen die Hörner gelegt wird
Feldfrucht, die es gebaut, und färbt beim Streiche das Messer, |
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inficit in liquida praevisos forsitan unda.
protinus ereptas viventi pectore fibras inspiciunt mentesque deum scrutantur in illis; inde (fames homini vetitorum tanta ciborum) audetis vesci, genus o mortale! quod, oro, |
Das es in spiegelnder Flut vielleicht schon sah, mit dem Blute. Aus noch lebender Brust gleich reißend die edelen Teile, Halten sie Schau und erforschen darin die Gesinnung der Götter. Warum hungert denn so nach verbotener Speise den Menschen? Sterblich Geschlecht, sie zu essen vermesst ihr euch? Von dem Frevel |
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ne facite, et monitis animos advertite nostris! cumque boum dabitis caesorum membra palato, mandere vos vestros scite et sentite colonos. 'Et quoniam deus ora movet, sequar ora moventem rite deum Delphosque meos ipsumque recludam |
Stehet, ich bitt euch, ab und höret auf unsere Warnung! Wenn ihr den Gaumen euch letzt mit den Gliedern geschlachteter Stiere, O so wisst und bedenkt, dass euere Pflüger ihr kautet! Weil zu reden ein Gott mich treibt, so leist ich geziemend Folge dem treibenden Gott. Mein Delphi und droben den Aither |
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aethera et augustae reserabo oracula mentis: magna nec ingeniis investigata priorum quaeque diu latuere, canam; iuvat ire per alta astra, iuvat terris et inerti sede relicta nube vehi validique umeris insistere Atlantis |
Schließe ich auf und eröffne den Spruch hochheiligen Geistes. Großes enthüllt mein Mund, was noch kein Denker erspürte, Was lang Dunkel umzog. Durch hohe Gestirne zu wandeln Freuet, es freut auf Wolken, der Erd unrührigem Sitze Ferne, zu schweben, zu stehn auf der Schulter des kräftigen Atlas |
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palantesque homines passim et rationis egentes despectare procul trepidosque obitumque timentes sic exhortari seriemque evolvere fati! O genus attonitum gelidae formidine mortis, quid Styga, quid tenebras et nomina vana timetis, |
Und von der Höhe zu schaun auf die unstet irrenden Menschen, Die der Erkenntnis bar, und den Zagenden, welche der Tod schreckt, Also zu heben den Mut und zu künden die Reihe des Weltlaufs. O du Geschlecht, von der Furcht vor frostigem Tode bewältigt, Was macht Styx dir bang, was Dunkel und eitele Namen, |
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materiem vatum, falsi terricula mundi? corpora, sive rogus flamma seu tabe vetustas abstulerit, mala posse pati non ulla putetis! morte carent animae semperque priore relicta sede novis domibus vivunt habitantque receptae: |
Dichtern gefälliger Stoff und Gefahren erlogenen Reiches? Ob er im Feuer verging auf dem Holzstoß, ob ihn Verwesung Wegnahm, glaubet, der Leib kann nicht mehr Schlimmes erleiden. Frei ist die Seele vom Tod, und verließ sie die frühere Stätte,
Wohnt und lebet sie fort im anderen Hause geborgen. |
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ipse ego (nam memini) Troiani tempore belli Panthoides Euphorbus eram, cui pectore quondam haesit in adverso gravis hasta minoris Atridae; cognovi clipeum, laevae gestamina nostrae, nuper Abanteis templo Iunonis in Argis! |
Mir ist bewusst noch jetzt: zur Zeit des Troianischen Krieges War ich Panthoos' Sohn Euphorbos, welchem gehaftet Vorn in der Brust der gewichtige Speer vom zweiten Atriden. Unlängst hab ich erkannt im abantischen Argos in Iunos Tempel den nämlichen Schild, den unsere Linke getragen. |
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omnia mutantur, nihil interit: errat et illinc huc venit, hinc illuc, et quoslibet occupat artus spiritus eque feris humana in corpora transit inque feras noster, nec tempore deperit ullo, utque novis facilis signatur cera figuris |
Alles verändert sich nur, nichts stirbt. Herüber, hinüber Irrt der belebende Hauch, und in andre beliebige Glieder Ziehet er ein und geht aus Tieren in menschliche Leiber Und in Getier von uns und besteht so ewige Zeiten. Wie das geschmeidige Wachs, zu neuer Gestalt sich bequemend, |
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nec manet ut fuerat nec formam servat eandem, sed tamen ipsa eadem est, animam sic semper eandem esse, sed in varias doceo migrare figuras. ergo, ne pietas sit victa cupidine ventris, parcite, vaticinor, cognatas caede nefanda |
Weder verbleibt, wie es war, noch hält an denselbigen Formen, Aber dasselbe doch ist; so bleibt auch, lehr ich, die Seele Immer sich gleich und begibt sich nur in verschiedene Formen. Drum, dass achtende Scheu nicht weiche den Lüsten des Bauches, Hört mein göttliches Wort: lasst ab, zu verdrängen verwandte
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exturbare animas, nec sanguine sanguis alatur! Et quoniam magno feror aequore plenaque ventis vela dedi: nihil est toto, quod perstet, in orbe. cuncta fluunt, omnisque vagans formatur imago; ipsa quoque adsiduo labuntur tempora motu, |
Seelen mit schändlichem Mord, und Blut nicht nähret mit Blute. Weil ich auf offener See nun treib und die Segel den Winden Gab zum Blähn: nichts ist von Bestand in der Weite des Weltalls. Rings ist Fluss, und jedes Gebild ist geschaffen zum Wechsel. Selber die Zeit auch gleitet dahin in beständigem Gange, |
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non secus ac flumen; neque enim consistere flumen nec levis hora potest: sed ut unda inpellitur unda urgeturque prior veniente urgetque priorem, tempora sic fugiunt pariter pariterque sequuntur et nova sunt semper; nam quod fuit ante, relictum est, |
Anders nicht als ein Strom; denn Strom und flüchtige Stunde Stehen im Lauf nie still. Wie Woge von Woge gedrängt wird, Immer die kommende schiebt auf die vordere, selber geschoben, Also fliehen zugleich und folgen sich immer die Zeiten, Unablässig erneut; was war, das bleibet dahinten; |
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fitque, quod haut fuerat, momentaque cuncta novantur. Cernis et emensas in lucem tendere noctes, et iubar hoc nitidum nigrae succedere nocti; nec color est idem caelo, cum lassa quiete cuncta iacent media cumque albo Lucifer exit |
Was nicht war, das wird, und jede Minute verjüngt sich. Gegen das Licht auch siehst du die Nacht aus dem Meere sich heben, Aber der finsteren Nacht nachfolgen die glänzenden Strahlen. Anders erweist sich der Himmel gefärbt, wenn alles ermüdet Liegt im Schoße der Ruh und wenn hell auf schneeigem Rosse |
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clarus equo rursusque alius, cum praevia lucis tradendum Phoebo Pallantias inficit orbem. ipse dei clipeus, terra cum tollitur ima, mane rubet, terraque rubet cum conditur ima, candidus in summo est, melior natura quod illic |
Lucifer kommt, und anders, wenn früh die pallantische Göttin, Kündend den Tag, Schein wirft in die Welt, die harret des Phoibos. Rot ist auch Sols Schild, wenn er steigt vom Grunde der Erde, Morgens zu sehn, und rot, wenn er sinkt vom Grunde der Erde, Doch in der Höh ist er hell, weil droben sich breitet des Aithers |
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aetheris est terraeque procul contagia fugit. nec par aut eadem nocturnae forma Dianae esse potest umquam semperque hodierna sequente, si crescit, minor est, maior, si contrahit orbem. Quid? non in species succedere quattuor annum |
Reinere Luft und ferne sich hält von der trübenden Erde. Nie auch bleibt die Gestalt der bei Nacht sichtbaren Diana Völlig dieselbe und gleich; denn stets ist kleiner als morgen Heute das Bild, wenn die Scheibe sich dehnt, doch engt sie sich, größer. Wie, und siehest du nicht in vier abwechselnde Formen |
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adspicis, aetatis peragentem imitamina nostrae? nam tener et lactens puerique simillimus aevo vere novo est: tunc herba recens et roboris expers turget et insolida est et spe delectat agrestes; omnia tunc florent, florumque coloribus almus |
Treten das Jahr, nachahmend den Gang von unserem Leben? Saftreich ist es und zart, ganz ähnlich dem Alter des Knaben, In dem erwachenden Lenz. Dann strotzen die neuen Gewächse, Kraft noch missend und Halt, und ergötzen mit Hoffnung den Landmann. Dann blüht alles umher, und fröhlich im Schmelze der Blumen |
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ludit ager, neque adhuc virtus in frondibus ulla est. transit in aestatem post ver robustior annus fitque valens iuvenis: neque enim robustior aetas ulla nec uberior, nec quae magis ardeat, ulla est. excipit autumnus, posito fervore iuventae |
Prangt das Gefild, doch fehlt noch festes Beharren dem Laube. Tüchtiger geht nach dem Lenz nun über das Jahr in den Sommer, Rüstigem Jüngling gleich; denn es ist kein anderes Alter Reicher in Fülle der Kraft, keins heißer in drängendem Streben.
Danach folget der Herbst, der ohne das Feuer der Jugend |
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maturus mitisque inter iuvenemque senemque temperie medius, sparsus quoque tempora canis. inde senilis hiems tremulo venit horrida passu, aut spoliata suos, aut, quos habet, alba capillos. 'Nostra quoque ipsorum semper requieque sine ulla |
Reif dastehet und mild und zwischen dem Greis und dem Jüngling Mäßig inmitten sich hält, schon grau an den Schläfen gesprenkelt.
Schaurig mit wankendem Schritt kommt endlich der greisende Winter, Völlig der Haare beraubt, und trägt er sie, weiß an dem Haupte. An uns selber erfährt ja auch rastlose Verwandlung |
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corpora vertuntur, nec quod fuimusve sumusve, cras erimus; fuit illa dies, qua semina tantum spesque hominum primae matris latitavimus alvo: artifices natura manus admovit et angi corpora visceribus distentae condita matris |
Immer der Leib, und was wir gewesen und sind, wir verbleiben Morgen es nicht. Einst war ein Tag, wo im Schoße der Mutter Nur als Samen und Keim zukünftiger Menschen wir wohnten. Bildende Hand anlegte Natur, und dass vom gedehnten Leibe der Mutter umspannt die lebendige Bürde gezwängt sei, |
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noluit eque domo vacuas emisit in auras. editus in lucem iacuit sine viribus infans; mox quadrupes rituque tulit sua membra ferarum, paulatimque tremens et nondum poplite firmo constitit adiutis aliquo conamine nervis. |
Wollte sie nicht und ließ sie heraus an die ledigen Lüfte. Jetzo gebracht ans Licht, lag ohne Vermögen der Säugling; Bald auf vieren bewegt’ er nach Sitte der Tiere die Glieder, Und er begann allmählich mit noch unsicheren Knien Wankend zu stehen und half durch schwache Versuche den Sehnen. |
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inde valens veloxque fuit spatiumque iuventae transit et emeritis medii quoque temporis annis labitur occiduae per iter declive senectae. subruit haec aevi demoliturque prioris robora: fletque Milon senior, cum spectat inanes |
Stark dann wird er und rasch, und über die Strecke der Jugend Geht er, und ist dann auch vollendet der mittleren Jahre Dienstzeit, geht's abwärts auf der Bahn hinfälligen Alters. Dieses zerrüttet und macht zunichte der früheren Jahre Rüstige Kraft, und Milon, der Greis, sieht weinend die Arme, |
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illos, qui fuerant solidorum mole tororum Herculeis similes, fluidos pendere lacertos; flet quoque, ut in speculo rugas adspexit aniles, Tyndaris et secum, cur sit bis rapta, requirit. tempus edax rerum, tuque, invidiosa vetustas, |
Die, den herkulischen gleich, von straff sich spannenden Muskeln Hatten gestrotzt ehdem, schlaff hängen in nichtiger Ohnmacht. Weinend im Spiegel erblickt auch Tyndareos' Tochter des Alters Runzeln und fragt bei sich, warum zweimal sie entführt sei. Du, aufzehrende Zeit, und du, missgünstiges Alter, |
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omnia destruitis vitiataque dentibus aevi paulatim lenta consumitis omnia morte! 'Haec quoque non perstant, quae nos elementa vocamus, quasque vices peragant, animos adhibete: docebo. quattuor aeternus genitalia corpora mundus |
Ihr bringt allem Verderb, und benagt vom Zahne des Wechsels, Macht ihr alles gemach im schleichenden Tode vergehen. Ohne Bestand sind auch, die wir Elemente benennen. Was für Wechsel sie trifft - merkt auf -, ich will es verkünden. Vier Grundstoffe bewahrt, die alles erzeugen, des Weltalls |
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continet; ex illis duo sunt onerosa suoque pondere in inferius, tellus atque unda, feruntur, et totidem gravitate carent nulloque premente alta petunt, aer atque aere purior ignis. quae quamquam spatio distent, tamen omnia fiunt |
Ewiger Bau. Zwei haben Gewicht: mit der Erde die Welle, Die gehn nieder zum Grund, von der eigenen Schwere gezogen. Ebensoviel sind ohne Gewicht und streben zur Höhe, Frei vom Drucke: die Luft und, reiner als jene, das Feuer. Daraus, wenn sie getrennt auch sind, nimmt seine Entstehung |
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ex ipsis et in ipsa cadunt: resolutaque tellus in liquidas rarescit aquas, tenuatus in auras aeraque umor abit, dempto quoque pondere rursus in superos aer tenuissimus emicat ignes; inde retro redeunt, idemque retexitur ordo. |
Alles, in sie fällt alles zurück. Das zersetzete Erdreich Löst sich in flüssiges Nass, und das flüchtig gewordene Wasser
Schwindet in Dunst und Luft, und wieder, enthoben der Schwere, Schwingt sich die dünnste Luft in die Höhe zum feurigen Aither.
Dann geht wieder der Weg rückwärts in der nämlichen Folge.
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ignis enim densum spissatus in aera transit, hic in aquas, tellus glomerata cogitur unda. 'Nec species sua cuique manet, rerumque novatrix ex aliis alias reparat natura figuras: nec perit in toto quicquam, mihi credite, mundo, |
Denn in die trägere Luft geht über verdichtetes Feuer; Wasser entsteht aus der Luft; zum Erdreich ballt sich die Welle. Keines verbleibt in derselben Gestalt, und Veränderung liebend, Schafft die Natur stets neu aus anderen andere Formen, Und in der Weite der Welt geht nichts - das glaubt mir - verloren; |
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sed variat faciemque novat, nascique vocatur incipere esse aliud, quam quod fuit ante, morique desinere illud idem. cum sint huc forsitan illa, haec translata illuc, summa tamen omnia constant. 'Nil equidem durare diu sub imagine eadem |
Wechsel und Tausch ist nur in der Form. Entstehen und Werden Heißt nur, anders als sonst anfangen zu sein, und Vergehen, Nicht mehr sein wie zuvor. Sei hierin jenes versetzet, Dieses vielleicht dorthin: im ganzen ist alles beständig. Unter demselbigen Bild - so glaub ich - beharrt auf die Dauer |
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crediderim: sic ad ferrum venistis ab auro, saecula, sic totiens versa est fortuna locorum. vidi ego, quod fuerat quondam solidissima tellus, esse fretum, vidi factas ex aequore terras; et procul a pelago conchae iacuere marinae, |
Nichts in der Welt. So kamt ihr Zeiten vom Golde zum Eisen; So auch hat gar oft sich gewendet der Gegenden Schicksal. Ich sah selber als Meer, was fester und trockener Boden Vormals war; ich sah aus Wogen gewordene Länder. Fernab lagen vom Meer in der See einheimische Muscheln, |
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et vetus inventa est in montibus ancora summis; quodque fuit campus, vallem decursus aquarum fecit, et eluvie mons est deductus in aequor, eque paludosa siccis humus aret harenis, quaeque sitim tulerant, stagnata paludibus ument. |
Und man entdeckte sogar auf Gebirgshöhn Anker der Vorzeit. Was erst Ebene war, das schuf der Gewässer Herabsturz Um zum Tal, und der Berg ward niedergeschwemmt in die Fläche. Vordem sumpfiges Land ist lechzend von trockenem Sande, Während von stehendem Sumpf feucht ist, was früher gedürstet. |
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hic fontes natura novos emisit, at illic clausit, et aut imis commota tremoribus orbis flumina prosiliunt, aut exsiccata residunt. sic ubi terreno Lycus est epotus hiatu, existit procul hinc alioque renascitur ore; |
Hier rief Quellen hervor die Natur, dort wieder verschloss sie Andere; Flüsse genug auch strömen hervor aus der Tiefe Oder verlieren sich ganz von der Erd ehmaligen Stößen. So kommt Lykos zutag, nachdem ihn verschluckte der Erdspalt, Ferne von da und ersteht aufs neue am anderen Ausfluss. |
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sic modo conbibitur, tecto modo gurgite lapsus
redditur Argolicis ingens Erasinus in arvis, et Mysum capitisque sui ripaeque prioris paenituisse ferunt, alia nunc ire Caicum; nec non Sicanias volvens Amenanus harenas |
So wird einmal geschlürft, dann wiedergeschenkt nach verdecktem Lauf in argolischer Flur der gewaltige Strom Erasinos. Müde des Ursprungs war und des früheren Ufers Kalkos - Sagt man -, Mysiens Fluss, und er nimmt nun andere Laufbahn. Voll bald fließet dahin mit sikanischem Sand Amenanos; |
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nunc fluit, interdum suppressis fontibus aret. ante bibebatur, nunc, quas contingere nolis, fundit Anigrus aquas, postquam, nisi vatibus omnis eripienda fides, illic lavere bimembres vulnera, clavigeri quae fecerat Herculis arcus. |
Manchmal trocknet er aus, weil Druck ihm die Quellen zurückhält. Vormals diente zum Trank, nunmehr gießt Wasser Anigros, Das dir Ekel erregt, seitdem, wenn Glaube den Dichtern Nicht durchaus zu entziehn, Zweileiber darinnen die Wunden, Die dein Bogen gebracht, keultragender Herkules, wuschen. |
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quid? non et Scythicis Hypanis de montibus ortus, qui fuerat dulcis, salibus vitiatur amaris? 'Fluctibus ambitae fuerant Antissa Pharosque et Phoenissa Tyros: quarum nunc insula nulla est. Leucada continuam veteres habuere coloni: |
Ist nicht Hypanis auch, der kommt von den skythischen Bergen, Da er zuvor süß war, mit bitteren Salzen behaftet? Rings von Fluten umspült war Pharos, Antissa und Tyros Einst, die phönizische Stadt, und Insel ist keine geblieben. Leukas besaßen zuvor als Festland alte Bewohner, |
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nunc freta circueunt; Zancle quoque iuncta fuisse dicitur Italiae, donec confinia pontus abstulit et media tellurem reppulit unda; si quaeras Helicen et Burin, Achaidas urbes, invenies sub aquis, et adhuc ostendere nautae |
Jetzt umgibt sie die See. Auch Zankle, wie sie erzählen, War mit Italien eins, bis dass der Verband von der Meerflut Wurde gelöst und das Land vor trennenden Wogen zurückwich. Wenn du Helike suchst und Buris, Achaias Städte, Findest du sie von den Wellen bedeckt: noch pflegen die Schiffer |
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inclinata solent cum moenibus oppida mersis. est prope Pittheam tumulus Troezena, sine ullis arduus arboribus, quondam planissima campi area, nunc tumulus; nam (res horrenda relatu) vis fera ventorum, caecis inclusa cavernis, |
Tief auf dem Grunde des Meers die versunkenen Häuser zu zeigen. Nahe der Pittheusstadt Troizen ist ein ragender Hügel, Ganz von Bäumen entblößt, vorzeiten ein ebenes Blachfeld, Jetzt ansteigende Höh; denn - grausig zu sagendes Schrecknis -
Tosender Winde Gewalt, die, in finsteren Höhlen verschlossen, |
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exspirare aliqua cupiens luctataque frustra liberiore frui caelo, cum carcere rima nulla foret toto nec pervia flatibus esset, extentam tumefecit humum, ceu spiritus oris tendere vesicam solet aut derepta bicorni |
Auszuschnauben gestrebt und am freieren Himmel zu schweifen Ringend umsonst sich lange bemüht, weil nirgends am ganzen Kerker ein Spalt sich fand und der Ausweg fehlte dem Sausen, Trieb aufblähend den Grund, gleichwie wenn Blasen der Atem Anschwellt oder das Fell vom Rücken des doppeltgehörnten |
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terga capro; tumor ille loci permansit et alti collis habet speciem longoque induruit aevo. Plurima cum subeant audita et cognita nobis, pauca super referam. quid? non et lympha figuras datque capitque novas? medio tua, corniger Ammon, |
Geisbocks. Jene Geschwulst an dem Orte verblieb, und ein hoher Hügel erscheint sie jetzt und ist hart vom langen Bestande. Vieles dazu noch wüsst ich, Gesehenes oder Gehörtes; Weniges nur sei weiter erwähnt. Wie, wirkt und erfährt nicht Wasser Veränderung auch? Kalt ist, horntragender Ammon, |
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unda die gelida est, ortuque obituque calescit, admotis Athamanas aquis accendere lignum narratur, minimos cum luna recessit in orbes. flumen habent Cicones, quod potum saxea reddit viscera, quod tactis inducit marmora rebus; |
Am Mittag dein Born, warm ist er am Morgen und Abend. Drübergehaltenes Holz entzünden am Quell Athamanen - Sagt man -, wenn sich der Mond zum kürzesten Kreise zurückzog. In der Kikonen Gebiet ist ein Fluss, der macht die Geweide, Trinkt draus einer, zu Stein und bezieht das Berührte mit Marmor. |
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Crathis et huic Subaris nostris conterminus oris electro similes faciunt auroque capillos; quodque magis mirum est, sunt, qui non corpora tantum, verum animos etiam valeant mutare liquores: cui non audita est obscenae Salmacis undae |
Krathis und Sybaris dort, der unsere Fluren begrenzet,
Machen dem Bernstein gleich und dem Gold das befeuchtete Haupthaar. Ja, was mehr noch Staunen erregt, auch Wasser bestehen, Die an dem Leib nicht bloß, die Wandlung wirken am Geiste. Wer nicht hätte gehört von der Salmakis schwächendem Weiher
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Aethiopesque lacus? quos si quis faucibus hausit, aut furit aut patitur mirum gravitate soporem; Clitorio quicumque sitim de fonte levavit, vina fugit gaudetque meris abstemius undis, seu vis est in aqua calido contraria vino, |
Und Aithiopiens Seen, dass, wer zum Trank sie genommen, Toll wird oder verfällt der Gewalt seltsamer Betäubung? Wer sich stillte den Durst aus der Flut des klitorischen Bornes, Meidet den Wein und freut sich enthaltsam lauteren Wassers, Sei's, weil feurigem Wein feindselige Kraft in den Wellen, |
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sive, quod indigenae memorant, Amythaone natus, Proetidas attonitas postquam per carmen et herbas eripuit furiis, purgamina mentis in illas misit aquas, odiumque meri permansit in undis. huic fluit effectu dispar Lyncestius amnis, |
Sei's, weil einst, wie das Volk sich erzählt, der Sohn Amythaons, Als er mit Sprüchen und Saft die besessenen Töchter des Proitos
Hatte befreit von der Wut, alldort die entsühnende Salbe Warf in den Quell und die Scheu vor dem Weine verblieb in den Wellen. Doch der lynkestische Strom rinnt ungleich jenem in Wirkung: |
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quem quicumque parum moderato gutture traxit, haut aliter titubat, quam si mera vina bibisset. est locus Arcadiae, Pheneon dixere priores, ambiguis suspectus aquis, quas nocte timeto: nocte nocent potae, sine noxa luce bibuntur; |
Wer draus goss in den Schlund und Maß nicht wusste zu halten, Taumelt im Gang, wie wenn er an lauterem Wein sich berauschte. Auch den arkadischen Ort, den Pheneos nannten die Alten, Bracht in Verruf zwiefältige Flut: die scheue bei Nachtzeit; Nachts ist schädlich der Trunk, am Tage zu schöpfen, gefahrlos. |
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sic alias aliasque lacus et flumina vires concipiunt. tempusque fuit, quo navit in undis, nunc sedet Ortygie; timuit concursibus Argo undarum sparsas Symplegadas elisarum, quae nunc inmotae perstant ventisque resistunt. |
Also wohnet in Seen und Flüssen in anderen anders Wirkende Kraft. Zeit war, wo Ortygia schwamm in den Wellen; Nunmehr stehet sie fest. Einst schreckten die Symplegaden, Welche bespritzte der Prall der zerspaltenen Wogen, die Argo; Regungslos nun sind sie gebannt und stehen den Winden. |
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nec quae sulphureis ardet fornacibus Aetne, ignea semper erit, neque enim fuit ignea semper. nam sive est animal tellus et vivit habetque spiramenta locis flammam exhalantia multis, spirandi mutare vias, quotiensque movetur, |
Aitna auch, die kocht in der schwefelgefülleten Esse,
Bleibt nicht immer in Brand, wie auch nicht immer sie brannte. Denn entweder die Erd ist ein Tier und lebt und besitzet Atmungslöcher, daraus Glut haucht an verschiedenen Stellen: Leicht dann kann es geschehn, dass jene die Wege des Atems |
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has finire potest, illas aperire cavernas; sive leves imis venti cohibentur in antris saxaque cum saxis et habentem semina flammae materiam iactant, ea concipit ictibus ignem, antra relinquentur sedatis frigida ventis; |
Ändert und, wenn sie sich regt, hier schließt, dort öffnet die Gänge; Oder im tiefen Geklüft sind flüchtige Winde verschlossen, Und die schleudern Gestein auf Gestein und Keime der Flamme Bergende Stoffe hinaus, und im Wurf fängt Feuer die Masse: Dann wird einst, wenn die Winde beruhn, kalt werden die Höhle; |
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sive bitumineae rapiunt incendia vires, luteave exiguis ardescunt sulphura fumis, nempe, ubi terra cibos alimentaque pinguia flammae non dabit absumptis per longum viribus aevum, naturaeque suum nutrimen deerit edaci, |
Oder das Feuer erfasst leichtzündende Menge von Erdpech, Und es verbrennt dort karg an Rauch goldfarbiger Schwefel: Wenn dann Speise der Glut und ergiebiges Futter die Erde Nicht mehr gibt, weil alles erschöpft in der Länge der Zeiten Und der gefräßigen Kraft der Natur ausgehet die Nahrung, |
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non feret illa famem desertaque deseret ignis. 'Esse viros fama est in Hyperborea Pallene, qui soleant levibus velari corpora plumis, cum Tritoniacam noviens subiere paludem; haut equidem credo: sparsae quoque membra venenis |
Träget den Hunger sie nicht, und verlassen verlässt sie das Feuer. Männer bewohnen den Sitz der Hyperboreer Pallene, Die nach der Sage den Leib sich hüllen in leichtes Gefieder, Wenn sie sich untergetaucht neunmal im tritonischen Sumpfe. Doch das glaub ich nicht. Auch sollen, sich Gift auf die Glieder |
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exercere artes Scythides memorantur easdem. 'Siqua fides rebus tamen est addenda probatis, nonne vides, quaecumque mora fluidove calore corpora tabuerint, in parva animalia verti? in scrobe deiecto mactatos obrue tauros |
Sprengend, die nämliche Kunst ausüben die skythischen Weiber. Dürfen wir Glauben jedoch beimessen erwiesenen Dingen: Siehest du nicht, wie jeglicher Leib, den erweichende Wärme Auflöst oder die Zeit, in kleines Getier sich verwandelt? Geh und geschlachteten Stier von erlesener Güte verscharre: |
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(cognita res usu): de putri viscere passim florilegae nascuntur apes, quae more parentum rura colunt operique favent in spemque laborant. pressus humo bellator equus crabronis origo est; concava litoreo si demas bracchia cancro, |
Wie die Erfahrung lehrt, gehn blumenbenaschende Bienen
Bald aus dem Aase hervor, die emsig nach Sitte des Zeugers Schaffen im Feld und fördern das Werk und sich mühen in Hoffnung.
Unter dem Boden erzeugt Hornissen das edele Streitross. Nimm strandliebendem Krebs die gebogenen Scheren und grabe |
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cetera supponas terrae, de parte sepulta scorpius exibit caudaque minabitur unca; quaeque solent canis frondes intexere filis agrestes tineae (res observata colonis) ferali mutant cum papilione figuram. |
Unter die Erde den Rumpf, so wird vom bestatteten Teile
Ausgehn ein Skorpion und droh’n mit gewundenem Schwänze. Auch, die zwischen das Laub graufarbige Fäden zu weben Pflegen, die Raupen im Feld - oft ward es bemerkt von dem Landvolk -
Tauschen die eigne Gestalt mit dem todandeutenden Falter. |
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Semina limus habet virides generantia ranas, et generat truncas pedibus, mox apta natando crura dat, utque eadem sint longis saltibus apta, posterior partes superat mensura priores. nec catulus, partu quem reddidit ursa recenti, |
Keime bewahret der Schlamm, draus grünliche Frösche sich bilden, Ohne die Füße zuerst; bald fügen zum Schwimmen geschickte Schenkel sich an, und dass sie zu hüpfenden Sprüngen sich eignen,
Stehen die vorderen nach im Maße den hinteren Teilen. Nicht ist ein Junges sogleich, was eben geboren die Bärin, |
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sed male viva caro est; lambendo mater in artus fingit et in formam, quantam capit ipse, reducit. nonne vides, quos cera tegit sexangula fetus melliferarum apium sine membris corpora nasci et serosque pedes serasque adsumere pennas? |
Nur halblebendes Fleisch; durch Lecken gestaltet die Mutter Glieder daraus und bildet die Form, die selber sie einnimmt. Siehest du nicht das Geschlecht der honigtragenden Bienen, Die sechseckiges Wachs umschließet, der Glieder entbehren Bei der Geburt und spät erst Füße bekommen und Flügel? |
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Iunonis volucrem, quae cauda sidera portat, armigerumque Iovis Cythereiadasque columbas et genus omne avium mediis e partibus ovi, ni sciret fieri, fieri quis posse putaret? sunt qui, cum clauso putrefacta est spina sepulcro, |
Dass der Iunonische Pfau mit den Sternen am Schweif und der Vogel, Der trägt Iupiters Wehr, und dass die kytherischen Tauben Und das Geflügel gesamt aus dem Dotter des Eies entstehen, Wüsst er es nicht, wer glaubte dann wohl, dass so sie entstünden? Mancher vermeint, wenn verwest im verschlossenen Grabe das Rückgrat, |
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mutari credant humanas angue medullas. Haec tamen ex aliis generis primordia ducunt, una est, quae reparet seque ipsa reseminet, ales: Assyrii phoenica vocant; non fruge neque herbis, sed turis lacrimis et suco vivit amomi. |
Werde das menschliche Mark zur gewundenen Schlange gewandelt. Doch dies alles empfängt des Geschlechts Anfänge von andrem; Nur ein Vogel besteht, der selbst sich zeugt und erneuert, Phoinix bei den Assyrern genannt. Nicht Kräuter und Feldfrucht Nähren ihn, sondern der Saft von Amomum und Tränen des Weihrauchs. |
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haec ubi quinque suae conplevit saecula vitae, ilicet in ramis tremulaeque cacumine palmae unguibus et puro nidum sibi construit ore, quo simul ac casias et nardi lenis aristas quassaque cum fulva substravit cinnama murra, |
Wenn er erfüllte die Zeit und fünf Jahrhunderte lebte, Macht er ein Nest sich zurecht (im Wipfel der schwankenden Palme Oder im Eichengezweig) mit Krallen und reinlichem Schnabel. Wenn er sich Kassia dann und Ähren der öligen Narde Untergelegt und Stücke von Zimt samt gelblicher Myrrhe, |
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se super inponit finitque in odoribus aevum. inde ferunt, totidem qui vivere debeat annos, corpore de patrio parvum phoenica renasci; cum dedit huic aetas vires, onerique ferendo est, ponderibus nidi ramos levat arboris altae |
Setzt er sich oben darauf und endet in Düften das Leben. Dann steigt neu, wie es heißt, vom Leibe des Vaters ein kleiner Phoinix, welchem bestimmt, gleich viele der Jahre zu leben. Wenn den kräftig gemacht und der Bürde gewachsen das Alter, Hebt er des Nestes Gewicht von den Ästen des ragenden Baumes, |
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fertque pius cunasque suas patriumque sepulcrum perque leves auras Hyperionis urbe potitus ante fores sacras Hyperionis aede reponit. Si tamen est aliquid mirae novitatis in istis, alternare vices et, quae modo femina tergo |
Trägt in kindlicher Treue die eigene Wieg und des Vaters Grab durch wehende Luft, und gelangt zu der Stadt Hyperions, Legt er es hin vor dem Tor im geweihetem Raum Hyperions. Dünkt uns solches jedoch seltsam, wie müssen wir staunen, Dass ihr Geschlecht die Hyäne vertauscht und dass sich das Weibchen, |
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passa marem est, nunc esse marem miremur hyaenam; id quoque, quod ventis animal nutritur et aura,
protinus adsimulat, tetigit quoscumque colores. victa racemifero lyncas dedit India Baccho: e quibus, ut memorant, quicquid vesica remisit, |
Unlängst noch von dem Männchen beschwert, selbst männlich erweiset! Auch das Geschöpf, das nur von der Luft sich ernährt und dem Winde, Wird gleich, wie es ein Ding anrührt, dem ähnlich in Farbe. Indien schenkte besiegt dem traubenbekränzeten Bakchos Luchse, davon nach dem Glauben des Volks, was rinnt aus der Blase, |
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vertitur in lapides et congelat aere tacto. sic et curalium quo primum contigit auras tempore, durescit: mollis fuit herba sub undis. Desinet ante dies et in alto Phoebus anhelos aequore tinguet equos, quam consequar omnia verbis |
Wandlung in Stein annimmt und gefriert von der Lüfte Berührung. Also verhärtet sich auch alsbald an der Luft die Koralle, Wenn sie verlassen die Flut, wo weiches Gewächs sie gewesen. Eher verginge der Tag und tauchte die keuchenden Rosse Sol in die Tiefe des Meers, bis alles ich fasste in Worte, |
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in species translata novas: sic tempora verti cernimus atque illas adsumere robora gentes, concidere has; sic magna fuit censuque virisque
perque decem potuit tantum dare sanguinis annos, nunc humilis veteres tantummodo Troia ruinas |
was sich begibt in neue Gestalt. So sehen wir Zeiten wechseln und sehn, wie Macht dies Volk und Stärke gewinnet, Jenes verfällt. So war einst groß durch Männer und Habe,
War zehn Jahre hindurch so viel an Blute zu geben Troia imstand: nun hat sie, gestürzt, nur Trümmer von ehdem |
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et pro divitiis tumulos ostendit avorum. clara fuit Sparte, magnae viguere Mycenae, nec non et Cecropis, nec non Amphionis arces. vile solum Sparte est, altae cecidere Mycenae, Oedipodioniae quid sunt, nisi nomina, Thebae? |
Und an des Reichtums Statt Grabhügel der Ahnen zu weisen. Wie war Sparta berühmt! Wie blühte die große Mykenai! Minder des Kekrops' nicht, nicht minder die Burg des Amphion Sparta ist dürftiger Grund; tief fiel die hohe Mykenai! Was ist Thebai, die Stadt des Oidipus, außer ein Name? |
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quid Pandioniae restant, nisi nomen, Athenae? nunc quoque Dardaniam fama est consurgere Romam, Appenninigenae quae proxima Thybridis undis mole sub ingenti rerum fundamina ponit: haec igitur formam crescendo mutat et olim |
Was von Pandions Athen ist übrig, außer der Name? Jetzt auch nach dem Gerücht hebt sich die dardanische Roma, Die dem Thybris zunächst, der stammet vom Apenninus, Unter gewaltigen Bau zur Herrschaft leget den Grundstein. Die nimmt andre Gestalt durch Wachsen, und über dem weiten |
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inmensi caput orbis erit! sic dicere vates faticinasque ferunt sortes, quantumque recordor, Priamides Helenus flenti dubioque salutis dixerat Aeneae, cum res Troiana labaret: "nate dea, si nota satis praesagia nostrae |
Erdkreis steht sie dereinst als Haupt. So, sagt man, verkünden Seher ihr Los und Sprüche voraus. Ich entsinne mich selber, Wie zu Aineias gesagt, der weinend am Heile verzagte, Helenos, Priamos' Sohn, als wankte die Macht der Troianer: "Göttinsohn, du kennst ja genugsam unsres Gemütes
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mentis habes, non tota cadet te sospite Troia! flamma tibi ferrumque dabunt iter: ibis et una Pergama rapta feres, donec Troiaeque tibique externum patria contingat amicius arvum, urbem et iam cerno Phrygios debere nepotes, |
Ahnungen: Troia vergeht nicht ganz, weil du noch erhalten. Dich lässt Feuer und Schwert frei ziehn. Du gehst, und errettend Nimmst du Pergamos mit, bis dir und Troia die Fremde Zuflucht gönnt, euch mehr als der heimische Boden befreundet. Schon auch seh ich die Stadt von den phrygischen Enkeln gegründet, |
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quanta nec est nec erit nec visa prioribus annis. hanc alii proceres per saecula longa potentem, sed dominam rerum de sanguine natus Iuli efficiet, quo cum tellus erit usa, fruentur aetheriae sedes, caelumque erit exitus illi." |
Groß, wie keine besteht, noch war, künftig geschaut wird. Die wird stark in der Länge der Zeit durch andere Helden, Herrscherin aber der Welt durch ihn, der von dem Iulus Leitet den Stamm. Wenn der auf Erden gedienet, erfreut sich Sein der aitherische Sitz, und ihm ist der Himmel das Endziel." |
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haec Helenum cecinisse penatigero Aeneae mente memor refero cognataque moenia laetor crescere et utiliter Phrygibus vicisse Pelasgos. Ne tamen oblitis ad metam tendere longe exspatiemur equis, caelum et quodcumque sub illo est, |
Dass so Helenos sprach zum Penatenentführer Aineias, Bin ich im Sinne gedenk, und ich freue mich, dass die verwandte Stadt anwächst und den Phrygern zu Nutz Sieg ward den Pelasgern. Dass mit den Rossen jedoch, die vergessen das Ziel zu erjagen, Wir nicht schweifen zu weit: mit dem Himmel erleidet Verändrung |
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inmutat formas, tellusque et quicquid in illa est. nos quoque, pars mundi, quoniam non corpora solum, verum etiam volucres animae sumus, inque ferinas possumus ire domos pecudumque in pectora condi, corpora, quae possint animas habuisse parentum |
Alles darunter, die Erd und was sich befindet auf Erden. Weil auch wir als Teile der Welt freischwebende Seelen Sind, nicht Leiber allein, und vielleicht in tierische Wohnung Eingehn und in der Brust des Viehs selbst werden geborgen: Leiber, darin vielleicht Wohnstätte den Seelen der Eltern |
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aut fratrum aut aliquo iunctorum foedere nobis aut hominum certe, tuta esse et honesta sinamus neve Thyesteis cumulemus viscera mensis! quam male consuescit, quem se parat ille cruori inpius humano, vituli qui guttura ferro |
Oder der Brüder und sonst uns irgend verbundener Lieben Oder doch menschlichen ward, die lasst uns schonen und achten! Lasst uns nicht anfüllen den Bauch mit thyestischem Mahle! Wie zum Schlimmen gewöhnt, wie wird zum menschlichen Morde Jener Vermessne bereit, der die Kehle mit schneidendem Eisen |
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rumpit et inmotas praebet mugitibus aures, aut qui vagitus similes puerilibus haedum edentem iugulare potest aut alite vesci, cui dedit ipse cibos! quantum est, quod desit in istis ad plenum facinus? quo transitus inde paratur? |
Öffnet dem Kalb und das Brüllen vernimmt gleichgültigen Ohres Oder zu würgen vermag das Zicklein, welches Gewimmer, Ähnlich dem kindlichen Laut, ausstößt, und den Vogel zu speisen, Den er fütterte selbst! Wie viel bei solchem Verüben Fehlt zum wirklichen Mord! Wohin lässt solches entarten! |
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bos aret aut mortem senioribus inputet annis, horriferum contra borean ovis arma ministret, ubera dent saturae manibus pressanda capellae! retia cum pedicis laqueosque artesque dolosas tollite! nec volucrem viscata fallite virga |
Pflüge der Stier, und mög’ er den Tod nur danken dem Alter; Schutzwehr leihe das Schaf, zu bestehen den schaurigen Nordwind; Voll darreiche der Hand zum Melken den Euter die Ziege. Sprenkeln und Garne zum Fang und Schlingen und listige Künste Nehmt weg; täuscht auch nicht mit leimiger Rute den Vogel; |
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nec formidatis cervos includite pinnis nec celate cibis uncos fallacibus hamos; perdite siqua nocent, verum haec quoque perdite tantum: ora cruore vacent alimentaque mitia carpant!' |
Nimmer berücket den Hirsch durch Garn und gefürchtete Federn; Nimmer verbergt an der Angel im trüglichen Köder den Haken. Tilget das Schädliche nur; doch dass ihr es tilget, genüge; Nicht anrühr es der Mund und genieße geziemende Nahrung!" |
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4. Egeria,
Hippolytus (479-551) |
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Talibus atque aliis instructo pectore dictis |
Dadurch, wie man erzählt, und durch andere Lehren gebildet,
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in patriam remeasse ferunt ultroque petitum accepisse Numam populi Latialis habenas. coniuge qui felix nympha ducibusque Camenis sacrificos docuit ritus gentemque feroci adsuetam bello pacis traduxit ad artes. |
Kehrete Numa zurück in das heimische Land und ergriff nun, Von dem latinischen Volk freiwillig berufen, die Zügel. Von den Camenen geführt und beglückt als Gatte der Nymphe, Lehrt' er Opfergebräuch und leitete jenes an rauhe Fehde gewöhnte Geschlecht auf nützliche Künste des Friedens.
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qui postquam senior regnumque aevumque peregit,
exstinctum Latiaeque nurus populusque patresque deflevere Numam; nam coniunx urbe relicta vallis Aricinae densis latet abdita silvis sacraque Oresteae gemitu questuque Dianae |
Wie er die Herrschergewalt als Greis mit dem Leben beschlossen, Weinten um Numas Tod die gesamten latinischen Schnuren Und mit den Vätern das Volk. Von der Stadt war fern die Gemahlin, Die, im dichten Gehölz des aricischen Tales verborgen, Durch Wehklag und Stöhnen den Dienst der orestischen Göttin |
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inpedit. a! quotiens nymphae nemorisque lacusque, ne faceret, monuere et consolantia verba dixerunt! quotiens flenti Theseius heros 'siste modum,' dixit 'neque enim fortuna querenda sola tua est; similes aliorum respice casus: |
Störete. Ach, wie oft ermahnten des Sees und des Haines Nymphen, es nicht zu tun, und redeten tröstende Worte! Wie so oft zu der Weinenden sprach der theseische Heros: "Halte doch Maß im Harm, denn nicht allein zu beklagen Ist dein Los; blick hin auf ähnliche Schickungen andrer: |
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mitius ista feres, utinamque exempla dolentem non mea te possent relevare! sed et mea possunt. Fando aliquem Hippolytum vestras si contigit aures credulitate patris, sceleratae fraude novercae occubuisse neci, mirabere, vixque probabo, |
Ruhiger trägst du es dann. Oh, dass dir ein anderes Vorbild Könnte erleichtern den Schmerz als meins! Doch kann es auch meines. Wenn du gehört schon hast von Hippolytos durch das Gerede, Dass leichtgläubiger Wahn des Erzeugers und Tücke der Phaidra Tod ihm gebracht - du erstaunest gewiss, und schwer ist der Nachweis: |
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sed tamen ille ego sum. me Pasiphaeia quondam temptatum frustra patrium temerare cubile, quod voluit, finxit voluisse et, crimine verso (indiciine metu magis offensane repulsae?) damnavit, meritumque nihil pater eicit urbe |
Doch der bin ich selbst. Einst log der Pasiphae Tochter, Die mich vergebens versucht, ich hätte das Lager des Vaters Wollen entweihn, was jene gewollt, und sie trug die Beschuldigung, Ob aus Furcht vor Verrat, ob grollend gedenk der Verschmähung, Über auf mich. Unschuldig verstieß von der Stadt mich der Vater,
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hostilique caput prece detestatur euntis. Pittheam profugo curru Troezena petebam iamque Corinthiaci carpebam litora ponti, cum mare surrexit, cumulusque inmanis aquarum in montis speciem curvari et crescere visus |
Und er verwünschte mein Haupt beim Scheiden mit feindlichem Fluche. Nach der pittheischen Stadt Troizen mit flüchtigem Wagen Eilt ich und fuhr schon hin am Strand des korinthischen Busens; Da stieg plötzlich das Meer, und ein Schwall von erhobenen Wassern Schien in Bergesgestalt sich zu wölben und riesig zu wachsen |
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et dare mugitus summoque cacumine findi; corniger hinc taurus ruptis expellitur undis pectoribusque tenus molles erectus in auras naribus et patulo partem maris evomit ore. corda pavent comitum, mihi mens interrita mansit |
Und an der obersten Höh mit entsetzlichem Brüllen zu bersten, Und ein gehörneter Stier dringt aus den gespaltenen Wogen, Der, sich bis an die Brust aufrichtend in weichende Lüfte, Teile der See ausspeit aus Nüstern und gähnendem Rachen. Zagend erbebt den Gefährten das Herz; doch meines beharrte |
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exiliis contenta suis, cum colla feroces ad freta convertunt adrectisque auribus horrent quadrupedes monstrique metu turbantur et altis praecipitant currum scopulis; ego ducere vana frena manu spumis albentibus oblita luctor |
Furchtlos, nur der Verweisung gedenk. Da wenden die Rosse Wild nach dem Meere den Hals und fahren zusammen, die Ohren Ängstlich gespitzt, und scheun vor dem Tier und stürzen den Wagen hoch von der Klippe hinab. Ich strebe mit eitelen Händen, Lenkend zu ziehen die weiß von Schaum umflossenen Zügel, |
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et retro lentas tendo resupinus habenas. nec tamen has vires rabies superasset equorum, ni rota, perpetuum qua circumvertitur axem, stipitis occursu fracta ac disiecta fuisset. excutior curru, lorisque tenentibus artus |
Und straff halt ich nach hinten gebeugt die beharrenden Riemen. Doch nicht hätte die Kraft mir bewältigt das Rasen der Rosse, Wenn nicht, wo es sich dreht um die rastlos kreisende Achse, Wäre gebrochen ein Rad am begegnenden Pfahl und zertrümmert. Ab wirft mich von dem Wagen der Stoß, und verstrickt in die Zügel
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viscera viva trahi, nervos in stipe teneri, membra rapi partim partimque reprensa relinqui, ossa gravem dare fracta sonum fessamque videres exhalari animam nullasque in corpore partes, noscere quas posses: unumque erat omnia vulnus. |
Werd ich lebendig zerfleischt; an dem Stamm festhangen die Sehnen; Teils sind gezerrt mit Gewalt, teils bleiben die Glieder gehalten, Und ein Gekrach tönt laut von gebrochenen Knochen, und qualvoll Scheidet von hinnen der Geist. Da war kein Teil an dem Leibe, Der noch kenntlich verblieb, und zerfetzt war alles von Wunden. |
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num potes aut audes cladi conponere nostrae, nympha, tuam? vidi quoque luce carentia regna et lacerum fovi Phlegethontide corpus in unda, nec nisi Apollineae valido medicamine prolis
reddita vita foret; quam postquam fortibus herbis |
Kannst du mit unserem Leid, o Nymphe, vergleichen das deine? Wagst du es noch? Ich sah das Gebiet, das Lichtes entbehret, Und der zerrissene Leib fand Labung in Phlegethons Wellen; Nie auch ohne den Dienst von Apollons heilendem Sohne War ich zum Leben gekehrt. Als neu durch kräftige Kräuter |
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atque ope Paeonia Dite indignante recepi, tum mihi, ne praesens augerem muneris huius invidiam, densas obiecit Cynthia nubes, utque forem tutus possemque inpune videri, addidit aetatem nec cognoscenda reliquit |
Und die paionische Kunst zu Dis' Unmut ich belebt war, Ward ich verhüllt, dass nicht mein Anblick mehrte die Missgunst Solchen Geschenks, mit dichtem Gewölk von der kynthischen Göttin; Dann, dass sicher ich war und gefahrlos könnte erscheinen, Teilte sie Jahre mir zu und ließ unkenntlich das Antlitz, |
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ora mihi Cretenque diu dubitavit habendam traderet an Delon: Delo Creteque relictis hic posuit nomenque simul, quod possit equorum admonuisse, iubet deponere "qui" que "fuisti Hippolytus," dixit "nunc idem Virbius esto!" |
Und sie bedachte sich lang, ob Delos sie gebe zum Wohnsitz Oder das kretische Land. Doch Delos verwerfend und Kreta, Brachte sie mich hierher und verbot mir, den Namen zu führen, Der auf die Rosse zurück leicht hätte gedeutet, und sagte: "Der du Hippolytos warst, du sollst nun Virbius heißen. |
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hoc nemus inde colo de disque minoribus unus numine sub dominae lateo atque accenseor illi.' Non tamen Egeriae luctus aliena levare damna valent; montisque iacens radicibus imis liquitur in lacrimas, donec pietate dolentis |
Seitdem hüt ich den Hain, und einer der niederen Götter Berg ich mich hier, von der Herrin beschützt, und gehöre zu jener." Aber zu lindern vermag doch nicht der Egeria Trauer Fremdes Geschick, und gestreckt an dem untersten Fuße des Berges, Löst sie in Tränen sich auf, bis dass mitleidig des Phoibos |
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mota soror Phoebi gelidum de corpore fontem fecit et aeternas artus tenuavit in undas. |
Schwester, gerührt von der Treu der Bekümmerten, schuf aus den Gliedern Kühlenden Born und den Leib zu ewigen Wellen verdünnte. |
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5. Tages (552-559) |
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Et nymphas tetigit nova res, et Amazone natus haut aliter stupuit, quam cum Tyrrhenus arator fatalem glaebam mediis adspexit in arvis |
Tief sind die Nymphen bewegt von dem Fall, und der Amazone
Sprössling staunet darob gleichwie der tyrrhenische Pflüger, Als er inmitten der Flur die bedeutsame Scholle gewahrte, |
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sponte sua primum nulloque agitante moveri, sumere mox hominis terraeque amittere formam oraque venturis aperire recentia fatis: indigenae dixere Tagen, qui primus Etruscam edocuit gentem casus aperire futuros; |
Die freiwillig zuerst und von keinem geschüttelt sich regte, Bald dann Erdengestalt aufgab und menschliche annahm Und den verliehenen Mund auftat, zu verkünden die Zukunft – Tages nannte den Mann einheimisches Volk, der am ersten Schickungen kommender Zeit aufdecken gelehrt die Etrusker. |
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6. Romulus'
Speer (560-564) |
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utve Palatinis haerentem collibus olim cum subito vidit frondescere Romulus hastam, quae radice nova, non ferro stabat adacto et iam non telum, sed lenti viminis arbor non exspectatas dabat admirantibus umbras; |
Oder wie Romulus einst, als am palatinischen Hügel
Plötzlich er sah mit Laub sich bekleiden die haftende Lanze, Die feststand mit Gewurzel und nicht mit dem steckenden Eisen, Und, ein Geschoss nicht mehr, ein Baum mit zähem Gesträuche, Staunendem Volk darbot von keinem erwarteten Schatten. |
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7. Cipus (565-621) |
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aut sua fluminea cum vidit Cipus in unda cornua (vidit enim) falsamque in imagine credens esse fidem, digitis ad frontem saepe relatis, quae vidit, tetigit, nec iam sua lumina damnans restitit, ut victor domito remeabat ab hoste, |
Oder wie Cipus gestutzt, der Hörner im Wasser des Stromes Sah an sich. Er sah, und Trug argwöhnend im Bilde, Rührte er, immer aufs neu zu der Stirne die Finger erhebend, Oft das Gesehene an; dann nicht mehr rügend die Augen, Blieb er, wie nach dem Sieg vom bezwungenen Feinde er heimzog, |
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ad caelumque oculos et eodem bracchia tollens 'quicquid,' ait 'superi, monstro portenditur isto, seu laetum est, patriae laetum populoque Quirini, sive minax, mihi sit.' viridique e caespite factas
placat odoratis herbosas ignibus aras |
Stehen und sprach, gen Himmel den Blick und die Arme gehoben: "Was, ihr Himmlischen, auch weissagt dies Wunderbegebnis, Kündet es Glück, so sei's für die Stadt und das Volk der Quiriten; Dräuet es, sei's für mich!" Drauf schichtet er grünenden Rasen,
Nährt wohlriechenden Brand auf dem grasigen Herde zur Sühne, |
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vinaque dat pateris mactatarumque bidentum, quid sibi significent, trepidantia consulit exta; quae simul adspexit Tyrrhenae gentis haruspex, magna quidem rerum molimina vidit in illis, non manifesta tamen; cum vero sustulit acre |
Gießt aus der Schale den Wein und befragt, was ihm sie bedeuten, Da noch Zucken sie hebt, die Geweide geschlachteter Schafe. Als sie jetzo besah der tyrrhenische Opferbeschauer, Ward er in ihnen gewahr großartige Wechsel der Dinge, Doch nicht deutlich genug. Als aber sodann von der Tiere |
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a pecudis fibris ad Cipi cornua lumen, 'rex,' ait 'o! salve! tibi enim, tibi, Cipe, tuisque hic locus et Latiae parebunt cornibus arces. tu modo rumpe moras portasque intrare patentes adpropera! sic fata iubent; namque urbe receptus |
Lappen das scharfe Gesicht zu den Hörnern des Cipus er aufhob, Sprach er: "Heil dir, o Fürst! Dir, Cipus, und deinem Gehörne Werden gehorchen der Ort allhier und Latiums Burgen. Auf, und säume du nicht, und hinein zu den offenen Toren Ziehe sofort! So will das Geschick. Denn binnen der Hauptstadt |
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rex eris et sceptro tutus potiere perenni.' rettulit ille pedem torvamque a moenibus urbis avertens faciem 'procul, a! procul omnia' dixit 'talia di pellant! multoque ego iustius aevum exul agam, quam me videant Capitolia regem.' |
Wirst du König, und dein ist ewig gesichertes Zepter." Scheu trat jener zurück und wandte das düstere Antlitz Ab von den Mauern der Stadt und sprach: "Ihr Götter, verhütet Solches verheißene Los! Viel billiger will ich im Banne Leben hinfort, denn zum Kapitol als König hinaufziehn." |
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dixit et extemplo populumque gravemque senatum convocat, ante tamen pacali cornua lauro velat et aggeribus factis a milite forti insistit priscosque deos e more precatus 'est' ait 'hic unus, quem vos nisi pellitis urbe, |
Sprach's und berief alsbald den würdigen Rat und die Bürger - Vorher aber umhüllt er die Hörner mit friedlichem Lorbeer -,
Und auf erhöheten Wall, den rüstige Streiter geschichtet, Tritt er und fleht nach altem Gebrauch zu den Göttern und redet: "Einer ist hier, der wird, wenn nicht ihr die Stadt ihm verbietet, |
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rex erit: is qui sit, signo, non nomine dicam: cornua fronte gerit! quem vobis indicat augur, si Romam intrarit, famularia iura daturum. ille quidem potuit portas inrumpere apertas, sed nos obstitimus, quamvis coniunctior illo |
König vom Reich. Ich nenn ihn nicht, doch sag ich das Zeichen: Hörner trägt an der Stirn, der euch - so kündet der Deuter -, Wenn er in Rom einzieht, dienstheischende Satzungen auflegt. Schon auch hätt’ er vermocht in die offenen Tore zu dringen; Doch wir hinderten ihn, wiewohl ihm näher verbunden |
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nemo mihi est: vos urbe virum prohibete, Quirites, vel, si dignus erit, gravibus vincite catenis aut finite metum fatalis morte tyranni!' qualia succinctis, ubi trux insibilat eurus, murmura pinetis fiunt, aut qualia fluctus |
Keiner als ich. Fern haltet den Mann von der Stadt, ihr Quiriten, Oder, erkennt ihr ihn wert, umstrickt ihn mit lastenden Fesseln, Oder beseitigt die Furcht mit dem Tod des bestimmten Gebieters." So wie rauschend sich regt das Gehölz straffhaariger Föhren, Wenn grimm schnaubender Ost hindurchsaust, oder wie brausend |
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aequorei faciunt, siquis procul audiat illos, tale sonat populus; sed per confusa frementis verba tamen vulgi vox eminet una 'quis ille est?' et spectant frontes praedictaque cornua quaerunt. rursus ad hos Cipus 'quem poscitis,' inquit 'habetis' |
Schallet die wogende See, wenn einer sie hört in der Ferne, Also murmelt das Volk. Doch durch die verworrenen Stimmen Lässt vertönend der Ruf "Wer mag das sein?" sich vernehmen,
Und man späht an den Stirnen und sucht die bezeichneten Hörner. Cipus hinwiederum sprach: "Ihr habt, nach dem ihr verlanget!" |
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et dempta capiti populo prohibente corona exhibuit gemino praesignia tempora cornu. demisere oculos omnes gemitumque dedere atque illud meritis clarum (quis credere possit?) inviti videre caput: nec honore carere |
Und von dem Haupte den Kranz abnehmend, wiewohl ihm die Menge Wehrete, wies er geziert mit zwiefachem Horne die Schläfe. Da stehn alle, den Blick an die Erde geheftet, und seufzen, Und sie gewahren das Haupt, das Ruhm durch Verdienste gewonnen - Wer wohl hätt’ es gedacht? -, ungern. Doch lässt man der Ehre
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ulterius passi festam inposuere coronam; at proceres, quoniam muros intrare vetaris, ruris honorati tantum tibi, Cipe, dedere, quantum depresso subiectis bobus aratro conplecti posses ad finem lucis ab ortu. |
Länger es nicht bar sein und setzt ihm den festlichen Kranz auf. Aber die Edlen, dieweil dir verwehrt Eintritt in die Mauern, Geben an Land so viel dir, Cipus, zum Ehrengeschenke, Wie mit der Stiere Gespann, die ziehen die drückende Pflugschar, Du zu umfurchen vermagst vom Beginn bis zum Ende des Tages, |
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cornuaque aeratis miram referentia formam postibus insculpunt, longum mansura per aevum. |
Und an dem ehernen Tor, darstellend das Wundergebilde, Graben sie ein das Gehörn, dass lang es bestehe in Zukunft. |
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8. Aesculapius (622-744) |
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Pandite nunc, Musae, praesentia numina vatum, (scitis enim, nec vos fallit spatiosa vetustas,) unde Coroniden circumflua Thybridis alti |
Jetzt, o Musen, enthüllt, ihr schützende Mächte der Sänger – Eenn ihr wisst es, und euch trügt nicht das entlegenste Alter -,
Wie den koronischen Gott beifügte den heiligsten Diensten |
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insula Romuleae sacris adiecerit urbis. Dira lues quondam Latias vitiaverat auras, pallidaque exsangui squalebant corpora morbo. funeribus fessi postquam mortalia cernunt temptamenta nihil, nihil artes posse medentum, |
In der romulischen Stadt die umflossene Insel im Thybris. Latiums Luft war einst mit grässlichem Gifte behaftet; Siechtum zehrte das Blut und bleichte die Leiber zum Abscheu. Als man, müde zuletzt der Bestattungen, alle Versuche Sterblicher eitel ersah und eitel der Heilenden Künste, |
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auxilium caeleste petunt mediamque tenentes orbis humum Delphos adeunt, oracula Phoebi, utque salutifera miseris succurrere rebus sorte velit tantaeque urbis mala finiat, orant: et locus et laurus et, quas habet ipse, pharetrae |
Sucht man himmlische Hilf und beschickt das Orakel des Phoibos, Delphi, die mittelste Stadt in der Welt, und fleht zu dem Gotte, Dass er mit rettendem Spruch Abwehr der bekümmerten Lage Wolle verleihn und der herrlichen Stadt Drangsale beende. Siehe, die Stätte erbebt, und der Lorbeer bebt und der Köcher, |
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intremuere simul, cortinaque reddidit imo hanc adyto vocem pavefactaque pectora movit 'quod petis hinc, propiore loco, Romane, petisses, et pete nunc propiore loco: nec Apolline vobis, qui minuat luctus, opus est, sed Apolline nato. |
Den er trägt, und es lässt sich der Dreifuß also vernehmen Aus dem verborgensten Raum und bewegt die geschreckten Gemüter: "Was hier, Römer, du suchst, das hättest du näher gefunden,
Und an dem näheren Ort nun suche es! Nicht des Apollon, Dass er euch lindre die Not, ihr bedürfet des Sohnes Apollons. |
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ite bonis avibus prolemque accersite nostram.' iussa dei prudens postquam accepere senatus, quam colat, explorant, iuvenis Phoebeius urbem, quique petant ventis Epidauria litora, mittunt; quae simul incurva missi tetigere carina, |
Auf denn, Glück auf die Fahrt, und herbeiholt unseren Sprössling!" Als der verständige Rat die Befehle des Gottes vernommen, Forschen sie, wo sich erkoren den Sitz der phoibeische Jüngling, Und sie entsenden ein Schiff, das steuere gen Epidauros. Wie mit gebogenem Kiel alldort die Gesandten gelandet, |
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concilium Graiosque patres adiere, darentque, oravere, deum, qui praesens funera gentis finiat Ausoniae: certas ita dicere sortes. dissidet et variat sententia, parsque negandum non putat auxilium, multi retinere suamque |
Treten sie unter den Rat und die graiischen Väter und bitten, Ihnen zu geben den Gott, des Nähe einstelle die Trübsal Bei dem ausonischen Volk: so sage verlässiger Ausspruch. Drob ist die Meinung geteilt; denn nicht zu versagen den Beistand, Halten die einen für recht, doch andere raten, den Schirmer |
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non emittere opem nec numina tradere suadent: dum dubitant, seram pepulere crepuscula lucem; umbraque telluris tenebras induxerat orbi, cum deus in somnis opifer consistere visus ante tuum, Romane, torum, sed qualis in aede |
Dazubehalten und nicht in die Fremde zu geben die Gottheit. Während sie schwankten, entwich das scheidende Licht vor der Dämmerung,
Und von der Nacht war nun mit Dunkel bezogen der Erdkreis, Als im Traume du sahst, wie vor dein Lager, o Römer, Trat der Genesungsgott, doch also, wie er im Tempel |
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esse solet, baculumque tenens agreste sinistra caesariem longae dextra deducere barbae et placido tales emittere pectore voces: 'pone metus! veniam simulacraque nostra relinquam. hunc modo serpentem, baculum qui nexibus ambit, |
Pfleget zu sein, und, die Linke gestützt mit ländlichem Stabe, Sich mit der Rechten das Haar des wallenden Bartes herabstrich Und von der friedlichen Brust ließ ausgehn folgende Worte: "Banne die Furcht! Ich komme zu euch und verlasse mein Bildnis. Schaue die Schlange dir an, die hier um den Stab sich gewunden |
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perspice et usque nota visu, ut cognoscere possis! vertar in hunc: sed maior ero tantusque videbor, in quantum verti caelestia corpora debent.' extemplo cum voce deus, cum voce deoque somnus abit, somnique fugam lux alma secuta est. |
Ringelt und merke sie wohl, auf dass du sie wiedererkennest: Die soll Hülle mir sein; doch werd ich vergrößert erscheinen,
So viel, wie sich geziemt, wenn himmlische Leiber sich wandeln." Schleunig entweicht mit der Stimme der Gott; mit dem Gott und der Stimme Weichet der Schlaf, und der Flucht des Schlafs folgt Helle des Morgens. |
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postera sidereos aurora fugaverat ignes: incerti, quid agant, proceres ad templa petiti conveniunt operosa dei, quaque ipse morari sede velit, signis caelestibus indicet, orant. vix bene desierant, cum cristis aureus altis |
Als nun waren verscheucht von Aurora die lichten Gestirne, Kommen die Edlen der Stadt unschlüssig zum kunstvollen Tempel, Den der begehrete Gott sein nennt, und bitten ihn selber, Wo er zu weilen gewillt, durch himmlische Zeichen zu künden. Kaum war solches gesagt, als, golden am stehenden Kamme, |
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in serpente deus praenuntia sibila misit adventuque suo signumque arasque foresque marmoreumque solum fastigiaque aurea movit pectoribusque tenus media sublimis in aede constitit atque oculos circumtulit igne micantes: |
Schlange geworden, der Gott ausstieß andeutendes Zischen Und den Altar und das Bild und die Tür in Erschütterung setzte
Durch sein Nahn und den Giebel von Gold und den marmornen Estrich, Mitten im Tempel sodann dastand, in die Höhe gerichtet Bis an die Brust, und umher ließ gehen die funkelnden Augen. |
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territa turba pavet, cognovit numina castos evinctus vitta crines albente sacerdos et 'deus en, deus est! animis linguisque favete, quisquis ades!' dixit 'sis, o pulcherrime, visus utiliter populosque iuves tua sacra colentes!' |
Furchtsam bebten sie all; wohl aber erkannte die Gottheit, Der um das ehrbare Haar trug schneeige Binde, der Priester. "Sehet, der Gott!", so rief er. "Der Gott! Ihr all in der Nähe Feiert mit Lippen und Sinn! Sei uns zum Nutzen erschienen, Schönster, und schirme das Volk, das dich zu verehren bedacht ist!"
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quisquis adest, iussum veneratur numen, et omnes verba sacerdotis referunt geminata piumque Aeneadae praestant et mente et voce favorem. adnuit his motisque deus rata pignora cristis ter repetita dedit vibrata sibila lingua; |
Huldigung gibt, wer nur anwesend, dem Gott, wie befohlen; Fromm spricht jeglicher nach des Priesters Gebet, und Aineias' Sprösslinge halten mit Mund und Gemüt andächtige Feier. Letzteren nicket der Gott, und den Kamm zur verlässigen Bürgschaft Regend, erhebt er Gezisch mehrmals mit geschnelleter Zunge. |
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tum gradibus nitidis delabitur oraque retro flectit et antiquas abiturus respicit aras adsuetasque domos habitataque templa salutat. inde per iniectis adopertam floribus ingens serpit humum flectitque sinus mediamque per urbem |
Alsdann schlüpft er hinab auf den glänzenden Stufen, und rückwärts Dreht er das Haupt und blickt im Gehn nach dem alten Altare Und dem gewohneten Haus und grüßet sein altes Besitztum. Über den Boden sodann, den decken gestreuete Blumen, Kriecht er und nimmt durch die Mitte der Stadt, hochgehend in Bogen, |
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tendit ad incurvo munitos aggere portus. restitit hic agmenque suum turbaeque sequentis officium placido visus dimittere vultu corpus in Ausonia posuit rate: numinis illa sensit onus, pressa estque dei gravitate carina; |
Grade zum Hafen den Weg, dem Schutz der gewundene Damm gibt. Still dort stand er und schien sein Geleit und der folgenden Menge Ehrenden Dienst mit freundlichem Blick zu entlassen und streckte Ruhig den Leib im ausonischen Schiff. Das spürte der Gottheit Last, und es drückte den Kiel mit Wucht die erhabene Bürde. |
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Aeneadae gaudent caesoque in litore tauro torta coronatae solvunt retinacula navis. inpulerat levis aura ratem: deus eminet alte inpositaque premens puppim cervice recurvam caeruleas despectat aquas modicisque per aequor |
Froh ist Aineias' Geschlecht, und ein Rind erst schlachtend am Strande, Machen sie los das gedrehete Tau der bekränzeten Barke. Sacht hinschwamm vor dem Winde das Schiff. Hochragend vor allen Drückt mit dem Nacken der Gott das gebogene Steuer und schauet Nieder in bläuliche Flut, und bei mäßigem Zephyr gelangt er
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Ionium zephyris sextae Pallantidos ortu Italiam tenuit praeterque Lacinia templo nobilitate deae Scylaceaque litora fertur; linquit Iapygiam laevisque Amphrisia remis saxa fugit, dextra praerupta Cocinthia parte, |
Durch das ionische Meer nach Italien, als sich des Pallas Tochter zum sechsten erhob. An Lakinion, das von der Göttin Tempel sich Ruhmes erfreut, und Skylakion fährt er vorüber, Lässt Iapygien dann und bleibt den amphisischen Klippen Links, von den Rudern entrückt, und rechts den argennischen Steilen; |
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Romethiumque legit Caulonaque Naryciamque evincitque fretum Siculique angusta Pelori Hippotadaeque domos regis Temesesque metalla Leucosiamque petit tepidique rosaria Paesti. inde legit Capreas promunturiumque Minervae |
Kaulon vorbei und der Stadt der Narykier streichen die Ruder, Und sie besiegen den Sund, den Peloros, der Sikuler, enget. Aiolos' Königeshaus und Themeses Schachte erstrebt er, Bald Leukosia auch und die Rosen des sonnigen Paestum; Capreae streift er sodann und das Vorgebirge Minervas |
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et Surrentino generosos palmite colles Herculeamque urbem Stabiasque et in otia natam Parthenopen et ab hac Cumaeae templa Sibyllae. hinc calidi fontes lentisciferumque tenetur Liternum multamque trahens sub gurgite harenam |
Und die gesegneten Höhn mit den edlen surrentischen Reben, Stabiae, Herkules' Stadt, Parthenope, welche der Muße, Pflegt, und das heilige Haus der kymeischen Greisin Sibylla. Nun ist Liternum erreicht, mit Mastixbäumen und warmen Quellen, Volturnus darauf, der reichlichen Sand mit dem Strome |
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Volturnus niveisque frequens Sinuessa columbis Minturnaeque graves et quam tumulavit alumnus Antiphataeque domus Trachasque obsessa palude et tellus Circaea et spissi litoris Antium. huc ubi veliferam nautae advertere carinam, |
Führt, Sinuessa, berühmt durch schneeige Tauben, Minturnaes Krankheit zeugender Grund und die Amme, bestattet vom Pflegsohn, Und des Antiphates Haus und die sumpfumlagerte Trachas Und das kirkäische Land und Antiums dichtes Gestade. Als den besegelten Kiel hier hatten gelandet die Schiffer - |
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(asper enim iam pontus erat), deus explicat orbes perque sinus crebros et magna volumina labens templa parentis init flavum tangentia litus. aequore placato patrias Epidaurius aras linquit et hospitio iuncti sibi numinis usus |
Hoch ging eben die See -, da löset der Gott das Geringel, Und den gewundenen Leib nachziehend in mächtigem Bogen, Kriecht er am gelben Gestad hinein in den Tempel des Vaters. Als sich beruhigt das Meer, lässt er, den barg Epidauros, Wieder des Vaters Altar, wo befreundete Macht ihn beherbergt, |
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litoream tractu squamae crepitantis harenam sulcat et innixus moderamine navis in alta puppe caput posuit, donec Castrumque sacrasque Lavini sedes Tiberinaque ad ostia venit. huc omnis populi passim matrumque patrumque |
Furcht an der Küste den Sand mit dem Striche der schlürfenden Schuppen, Schwingt sich dann am Steuer hinauf und legt auf das hohe Hinterverdeck sein Haupt, bis Castrum zuletzt und den heil'gen Sitz der lavinischen Stadt er erreicht und die Mündung des Thybris. Dorthin zieht ihm entgegen das Volk und der Mütter und Väter |
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obvia turba ruit, quaeque ignes, Troica, servant, Vesta, tuos, laetoque deum clamore salutant. quaque per adversas navis cita ducitur undas, tura super ripas aris ex ordine factis parte ab utraque sonant et odorant aera fumis, |
Menge zuhauf, sie auch, die das Feuer der troischen Vesta Haben in Hut, und begrüßen den Gott mit freudigem Jubel. Wo sich das eilende Schiff nun gegen die Wellen hinandrängt, Knistert das Ufer entlang auf gereihten Altären zu beiden Seiten die Luft mit süßem Geruch durchziehender Weihrauch, |
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ictaque coniectos incalfacit hostia cultros. iamque caput rerum, Romanam intraverat urbem: erigitur serpens summoque acclinia malo colla movet sedesque sibi circumspicit aptas. scinditur in geminas partes circumfluus amnis |
Und den gestoßenen Stahl macht warm das getroffene Opfer. Als zum Haupte der Welt, zu der römischen Stadt sie gelangt war, Richtet die Schlange sich auf, und oben, gelehnt an den Mastbaum, Regt sie den Hals und spähet umher nach gelegenem Wohnsitz. In zwei Teile begibt sich der Strom mit umfließenden Wellen -
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(Insula nomen habet) laterumque a parte duorum porrigit aequales media tellure lacertos: huc se de Latia pinu Phoebeius anguis contulit et finem specie caeleste resumpta luctibus inposuit venitque salutifer urbi. |
Insel heißet die Statt -, und neben dem Land in der Mitte Streckt er sich rechts und links mit zwei gleichmäßigen Armen.
Dahin wendet sich jetzo zu gehen die phoibische Schlange Aus dem latinischen Kiel, und gekehrt in die himmlische Bildung, Setzt sie dem Jammer ein Ziel und erscheint heilbringend der Hauptstadt. |
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9. Apotheose
Caesars (745-851) |
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Hic tamen accessit delubris advena nostris: Caesar in urbe sua deus est; quem Marte togaque praecipuum non bella magis finita triumphis resque domi gestae properataque gloria rerum in sidus vertere novum stellamque comantem, |
Jener betrat damals als ein Ankömmling unsere Tempel; Caesar ist Gott in der heimischen Stadt, den - trefflich im Frieden Wie in dem Feld - nicht bloß mit Triumphen beschlossene Kriege, Taten, daheim vollführt, und im Fluge gewonnene Größe Zum neu leuchtenden Stern, zum geschweiften Kometen gewandelt, |
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quam sua progenies; neque enim de Caesaris actis ullum maius opus, quam quod pater exstitit huius: scilicet aequoreos plus est domuisse Britannos perque papyriferi septemflua flumina Nili victrices egisse rates Numidasque rebelles |
Sondern dazu sein Sohn. Denn unter den Taten des Caesar Ist kein größeres Werk, als dass sein Vater er wurde. Mehr wohl war's, dass jener bezwang die Britannen im Meere, Dass siegreich er befuhr des Papyrus erzeugenden Nilus Siebenfältigen Strom und samt dem Cinyphier Iuba
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Cinyphiumque Iubam Mithridateisque tumentem nominibus Pontum populo adiecisse Quirini et multos meruisse, aliquos egisse triumphos, quam tantum genuisse virum, quo praeside rerum humano generi, superi, favistis abunde! |
Trotzendes Numidervolk und Pontus, das Mithridates'
Namen erfüllte mit Stolz, zuteilte dem Volk des Quirinus, Dass mehrfachen Triumph er feierte, viele verdiente; Als dass ihn er gezeugt, durch dessen Bestellung zum Herrscher Ihr für das Menschengeschlecht so reich, o Götter, gesorgt habt?
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ne foret hic igitur mortali semine cretus, ille deus faciendus erat; quod ut aurea vidit Aeneae genetrix, vidit quoque triste parari pontifici letum et coniurata arma moveri, palluit et cunctis, ut cuique erat obvia, divis |
Drum, dass dieser entstammt nicht wäre von sterblichem Samen, Mussten sie jenen erhöhn zum Gott. Wie das des Aineias Goldene Zeugerin sah, und sah, dass gegen den Priester Drohete trauriger Mord und verschworene Waffen sich hoben, Wurde sie blass und sprach, wo immer sie einen der Götter |
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'adspice,' dicebat 'quanta mihi mole parentur insidiae, quantaque caput cum fraude petatur, quod de Dardanio solum mihi restat Iulo. solane semper ero iustis exercita curis, quam modo Tydidae Calydonia vulneret hasta, |
Antraf: "Sieh, wie mir so viele mit lauerndem Streben Unheil sinnen und wie sie dem Haupt nachtrachten mit Arglist, Das mir übrig allein von dem Dardanerfürsten Iulus! Soll denn immer allein mich quälen gerechte Besorgnis? Mit kalydonischem Speer schlägt bald der Tydide mir Wunden; |
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nunc male defensae confundant moenia Troiae, quae videam natum longis erroribus actum iactarique freto sedesque intrare silentum bellaque cum Turno gerere, aut, si vera fatemur, cum Iunone magis? quid nunc antiqua recordor |
Bald ist erschüttert das Herz durch die lässig verteidigte Troia. Unstet muss ich den Sohn auch sehn durchirren die Wogen In langweiliger Fahrt und betreten der Schweigenden Wohnsitz Und mit dem Turnus sodann, vielmehr - zu bekennen die Wahrheit - Fehde mit Iuno bestehn. Was ruf ich die alten Verluste |
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damna mei generis? timor hic meminisse priorum non sinit; en acui sceleratos cernitis enses. quos prohibete, precor, facinusque repellite neve caede sacerdotis flammas exstinguite Vestae!' Talia nequiquam toto Venus anxia caelo |
Meines Geschlechtes zurück? Nicht lässt an das Frühere denken Jetzige Angst. Ihr seht, wie sie ruchlos mordende Schwerter Schärfen für mich: o haltet sie ab und verhindert die Untat! Löscht nicht aus mit dem Blut des Geweihten die Flamme der Vesta!" Also redet umsonst die bekümmerte Venus im ganzen |
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verba iacit superosque movet, qui rumpere quamquam ferrea non possunt veterum decreta sororum, signa tamen luctus dant haut incerta futuri; arma ferunt inter nigras crepitantia nubes terribilesque tubas auditaque cornua caelo |
Himmel und rühret der Götter Gemüt. Zwar können sie nimmer Brechen den festen Beschluss der altehrwürdigen Schwestern, Aber sie schicken der Welt untrügliche Zeichen des Unheils. Waffengeklirr, das scholl aus finsteren Wolken - erzählt man -,
Graues Drommetengetön und vom Himmel vernommene Hörner |
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praemonuisse nefas; solis quoque tristis imago lurida sollicitis praebebat lumina terris; saepe faces visae mediis ardere sub astris, saepe inter nimbos guttae cecidere cruentae; caerulus et vultum ferrugine Lucifer atra |
Sagten den Frevel voraus. Die verdüsterte Scheibe der Sonne Sendete matt und bleich ihr Licht in die zagenden Lande. Oft war feuriger Schein zu gewahren inmitten der Sterne, Oft im Regenerguss auch senkten sich blutige Tropfen. Lucifer zeigte sich trüb und besprengt mit der Schwärze des Eisens |
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sparsus erat, sparsi lunares sanguine currus; tristia mille locis Stygius dedit omina bubo, mille locis lacrimavit ebur, cantusque feruntur auditi sanctis et verba minantia lucis. victima nulla litat, magnosque instare tumultus |
In dem Gesicht und besprengt mit Blute die Bahnen des Mondes. Düsteres Schrecknis gab vielfältig der stygische Uhu; Vielfach waren betränt die elfenen Bilder, und Stimmen Wurden und drohender Ruf in den heiligen Hainen vernommen. Keines der Opfer gelingt; durch Beschau der Geweide enthüllt sich
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fibra monet, caesumque caput reperitur in extis, inque foro circumque domos et templa deorum nocturnos ululasse canes umbrasque silentum erravisse ferunt motamque tremoribus urbem. non tamen insidias venturaque vincere fata |
Drohender Krieg, und zerschnitten erweist sich der Kopf an der Leber. Oft auch scholl auf dem Markt, um Häuser und Tempel der Götter, Schreckendes Hundegeheul bei Nacht, und der Schweigenden Schatten –
Sagt man - irrten umher, und es bebte die Stadt von Erschüttrung. Aber der tückischen List obsiegt und dem nahenden Schicksal |
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praemonitus potuere deum, strictique feruntur in templum gladii: neque enim locus ullus in urbe ad facinus diramque placet nisi curia caedem. tum vero Cytherea manu percussit utraque pectus et Aeneaden molitur condere nube, |
Göttliche Warnung nicht, und sie kommen mit fertigen Schwertern In das geheiligte Haus; denn passender scheint für die Untat Und den entsetzlichen Mord kein Ort in der Stadt als das Rathaus. Da schlägt sich mit den Händen die Brust die kytherische Göttin,
Und sie gedenkt des Aineias Spross in der Wolke zu bergen, |
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qua prius infesto Paris est ereptus Atridae, et Diomedeos Aeneas fugerat enses. talibus hanc genitor: 'sola insuperabile fatum, nata, movere paras? intres licet ipsa sororum tecta trium: cernes illic molimine vasto |
Darin Paris entging vormals dem ergrimmten Atriden
Und sich Aineias auch Diomedes' Streichen entzogen. "Kind", hob Iupiter an, "das unantastbare Schicksal Willst du wenden allein? In der dreifach waltenden Schwestern Haus tritt selber und sieh, wie der Welt Ordnungen verwahrt sind |
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ex aere et solido rerum tabularia ferro, quae neque concursum caeli neque fulminis iram nec metuunt ullas tuta atque aeterna ruinas; invenies illic incisa adamante perenni fata tui generis: legi ipse animoque notavi |
Im großmächtigen Bau aus Erz und gediegenem Eisen, Wo nicht Donnergegroll noch zornige Blitze sie fürchten, Noch sonst irgend Verderb und Einsturz sicher und ewig. Dort auch siehst du gehaun in beharrenden Stahl das Verhängnis Deines Geschlechts. Ich las und behielt es im Geist, und verkünden |
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et referam, ne sis etiamnum ignara futuri. hic sua conplevit, pro quo, Cytherea, laboras, tempora, perfectis, quos terrae debuit, annis. ut deus accedat caelo templisque colatur, tu facies natusque suus, qui nominis heres |
Will ich es, dass du hinfort nicht seist unkundig der Zukunft. Er, um den, Kytherea, du bangst, hat schuldige Jahre, Welche die Erde geheischt, vollbracht und erfüllt die Bestimmung. Dass er zum Himmel als Gott eingeht und in Tempel gesetzt wird, Danket er dir und dem Sohn, der allein als Erbe des Namens |
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inpositum feret unus onus caesique parentis nos in bella suos fortissimus ultor habebit. illius auspiciis obsessae moenia pacem victa petent Mutinae, Pharsalia sentiet illum, Emathiique iterum madefient caede Philippi, |
Trägt die verliehene Last und als des ermordeten Vaters Tapfere Rächer im Krieg uns unter den Seinigen zählet. Er als Führer verschafft der belagerten Mutina Frieden, Die schon nahe dem Fall; ihn spürt die pharsalische Landschaft, Und von emathischer Schlacht wird feucht aufs neue Philippi; |
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et magnum Siculis nomen superabitur undis, Romanique ducis coniunx Aegyptia taedae non bene fisa cadet, frustraque erit illa minata, servitura suo Capitolia nostra Canopo. quid tibi barbariam gentesque ab utroque iacentes |
In dem sikulischen Meer geht unter ein rühmlicher Name, Und die Ägypterin fällt, die Gemahlin des römischen Feldherrn,
Die zu dreist auf die Fackel vertraut, und sie drohte vergebens, Mein Kapitol gar solle zu Dienst sein ihrem Canopus. All die Barbaren dazu, die Völker am doppelten Weltmeer, |
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oceano numerem? quodcunque habitabile tellus sustinet, huius erit: pontus quoque serviet illi! 'Pace data terris animum ad civilia vertet iura suum legesque feret iustissimus auctor exemploque suo mores reget inque futuri |
Wozu nenn ich sie noch? Sein wird, was irgend die Erde Trägt an bewohnbarem Land; ihm wird auch dienen die Meerflut. Hat er den Frieden gebracht, dann lenkt er auf Rechte der Bürger Weise den Sinn und bestellt als billigster Ordner Gesetze, Richtschnur gibt er den Sitten zugleich durch eigenes Vorbild, |
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temporis aetatem venturorumque nepotum prospiciens prolem sancta de coniuge natam ferre simul nomenque suum curasque iubebit, nec nisi cum senior meritis aequaverit annos, aetherias sedes cognataque sidera tanget. |
Und für die spätere Zeit und das Alter zukünftiger Enkel Ist er bedacht und heißet mit ihm so Namen wie Sorgen Teilen den Sohn, den ihm zubrachte die züchtige Gattin. Spät dann, wenn er als Greis an Jahren dem Pylier gleichkommt, Wird zu aitherischen Höhn und verwandtem Gestirn er gehoben. |
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hanc animam interea caeso de corpore raptam fac iubar, ut semper Capitolia nostra forumque divus ab excelsa prospectet Iulius aede!' Vix ea fatus erat, medi cum sede senatus constitit alma Venus nulli cernenda suique |
Magst du inzwischen den Geist aus diesem gemordeten Leibe Retten und wandeln in Licht, das stets vom erhabenen Tempel Mein Kapitol und den Markt der vergötterte Julius schaue." Kaum war solches gesagt, als mitten im Sitz des Senates Venus die gütige stand, für keinen zu sehen, und ihres |
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Caesaris eripuit membris nec in aera solvi passa recentem animam caelestibus intulit astris dumque tulit, lumen capere atque ignescere sensit emisitque sinu: luna volat altius illa flammiferumque trahens spatioso limite crinem |
Caesar Seele vom Leib wegnahm und nicht in die Lüfte Ließ die getrennte zergehn und zu himmlischen Sternen hinantrug. Wie sie ihn trug, ward licht und feurig der Geist, und vom Busen Ließ sie ihn frei. Hoch über den Mond nun stieg sie im Fluge,
Und im gedehneten Strich nachziehend das flammende Haupthaar, |
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stella micat natique videns bene facta fatetur esse suis maiora et vinci gaudet ab illo. |
Glänzt er als Stern, und des Sohns Wohltaten erblickend, gesteht er, Dass sie den seinen zuvor, und ist froh, dass jener ihm obsiegt. |
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10. Lob
des Augustus (852-870) |
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hic sua praeferri quamquam vetat acta paternis, libera fama tamen nullisque obnoxia iussis invitum praefert unaque in parte repugnat: |
Mag es verwehren der Sohn, ihn über den Vater zu stellen, Doch zieht freies Gerücht, das keinem Gebote sich füget, Ihn trotz Weigerung vor und versagt in dem einen Gehorsam. |
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sic magnus cedit titulis Agamemnonis Atreus, Aegea sic Theseus, sic Pelea vicit Achilles; denique, ut exemplis ipsos aequantibus utar, sic et Saturnus minor est Iove: Iuppiter arces temperat aetherias et mundi regna triformis, |
So steht Atreus nach dem verbreiteten Ruhm Agamemnons,
Theseus ragt vor Aigeus hervor, vor Peleus Achilles; Endlich, ein Beispiel auch, das ihnen entspricht, zu erwähnen: So ist Saturnus gering vor Iupiter. Droben im Aither Über das dreifache Reich thront Iupiter; über die Erde |
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terra sub Augusto est; pater est et rector uterque. di, precor, Aeneae comites, quibus ensis et ignis cesserunt, dique Indigetes genitorque Quirine urbis et invicti genitor Gradive Quirini Vestaque Caesareos inter sacrata penates, |
Hat Augustus die Macht. Jedweder ist Vater und Herrscher. Götter, die Feuer und Schwert einst mied, Aineias' Begleiter, Ihr heimatlichen auch, der Stadt Urheber Quirinus, Du Gradivus, von dem der nimmer besiegte Quirinus Stammete, Vesta, verehrt inmitten von Caesars Penaten, |
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et cum Caesarea tu, Phoebe domestice, Vesta, quique tenes altus Tarpeias Iuppiter arces, quosque alios vati fas appellare piumque est: tarda sit illa dies et nostro serior aevo, qua caput Augustum, quem temperat, orbe relicto |
Du auch, Phoibos, gesellt der caesarischen Vesta als Hausgott, Iupiter, der du bewohnst hochherrlich tarpeiische Höhen, Alle dazu, die ziemend und fromm mag nennen der Dichter: Spät lasst werden den Tag und lang nach unserem Alter, Wo sich Augustus, entrückt von dem Erdkreis, den er verwaltet, |
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accedat caelo faveatque precantibus absens! |
Schwingt in den Himmel und fern voll Huld auf die Betenden höret. |
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11. Sphragis
(Epilog) (871-879) |
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Iamque opus exegi, quod nec Iovis ira nec ignis nec poterit ferrum nec edax abolere vetustas. cum volet, illa dies, quae nil nisi corporis huius ius habet, incerti spatium mihi finiat aevi: |
Und nun hab ich ein Werk vollbracht, das Feuer und Eisen
Nimmer zerstört noch Iupiters Zorn noch zehrendes Alter. Mag denn kommen der Tag, der nur am vergänglichen Leibe Recht ausübt, und den Raum unsicheren Lebens beschließen: |
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parte tamen meliore mei super alta perennis astra ferar, nomenque erit indelebile nostrum, quaque patet domitis Romana potentia terris, ore legar populi, perque omnia saecula fama, siquid habent veri vatum praesagia, vivam. |
Trotz wird bieten der Zeit und über die hohen Gestirne Schweben mein besserer Teil und nie mein Name getilgt sein. Rings, soweit Roms Macht sich erstreckt in bezwungenen Ländern, Wird mich lesen das Volk, und wofern nicht trügen der Dichter Ahnungen, werd ich stets fortleben in ferneste Zukunft. |
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Übersetzung nach R.Suchier bearbeitet von E.Gottwein |