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1. Achelous
und Hercules (1-97) |
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Quae gemitus truncaeque deo Neptunius heros causa rogat frontis; cui sic Calydonius amnis coepit inornatos redimitus harundine crines: 'triste petis munus. quis enim sua proelia victus |
Was ihn zu seufzen bewog und warum an der Stirn er verstümmelt, Fragte den Gott der neptunische Held. Drauf redete also Kalydons Strom, umwunden mit Schilf die entfesselten Haare: "Schwer fällt, was du verlangst. Denn wer wohl spräche bezwungen
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commemorare velit? referam tamen ordine, nec tam turpe fuit vinci, quam contendisse decorum est, magnaque dat nobis tantus solacia victor. nomine siqua suo fando pervenit ad aures Deianira tuas, quondam pulcherrima virgo
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Gern von dem Streit? Doch sei es erzählt. Auch war das Erliegen Nicht so schimpflich für mich, wie rühmlich des Kampfes Bestehen,
Und es gereicht zum Trost nicht wenig die Größe des Siegers. Wenn vielleicht das Gerede bereits dir Deianeiras Namen zu Ohren gebracht, die war von den Mädchen die schönste |
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multorumque fuit spes invidiosa procorum. cum quibus ut soceri domus est intrata petiti, "accipe me generum," dixi "Parthaone nate": dixit et Alcides. alii cessere duobus. ille Iovem socerum dare se, famamque laborum, |
Und das beneidete Ziel ehdem für viele Bewerber. Als ich mit diesen das Haus des begehreten Schwähers betreten, Sprach ich zu ihm: 'Nimm mich zum Eidam, Sohn des Parthaon!' So sprach Herkules auch. Die anderen wichen uns beiden. Iupiter bring' als Schwäher er zu, gab an der Alkide, |
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et superata suae referebat iussa novercae. contra ego "turpe deum mortali cedere" dixi nondum erat ille deus "dominum me cernis aquarum cursibus obliquis inter tua regna fluentum. nec gener externis hospes tibi missus ab oris, |
Ehrenden Ruhm und der Proben Bestehn, die Iuno geboten. Ich drauf sprach: 'Schimpf wär's, wenn ein Gott vor dem Sterblichen wiche',
Noch nicht war er ein Gott, 'mich siehst du als Herrn der Gewässer, Die schräggehenden Laufs dein Reich in der Mitte durchströmen. Eidam wird dir in mir kein fernher kommender Fremdling, |
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sed popularis ero et rerum pars una tuarum. tantum ne noceat, quod me nec regia Iuno odit, et omnis abest iussorum poena laborum. nam, quo te iactas, Alcmena nate, creatum, Iuppiter aut falsus pater est, aut crimine verus. |
Sondern ein Landesgenoss, ein Teil von deinem Gebiete. Wenn's mein Schade nur nicht, dass mich nicht Iuno die Hehre Hasset und fern mir stehet die Strafe befohlener Taten. Wenn mit dem Vater du gar noch prahlst, o Sohn der Alkmene, Traun, nicht bist du gezeugt von Iupiter oder in Buhlschaft. |
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matris adulterio patrem petis. elige, fictum esse Iovem malis, an te per dedecus ortum." talia dicentem iamdudum lumine torvo spectat, et accensae non fortiter imperat irae, verbaque tot reddit: "melior mihi dextera lingua. |
Er soll Vater dir sein der Mutter zum Schimpf. Was dir lieber, Ob der erdichtete Gott, ob deine Erzeugung in Schande, Wähle dir!' Während ich sprach, sah längst mit finsteren Blicken
Jener mich an und gebot nicht stark dem entbrennenden Zorne, Und er erwiderte bloß: 'Mehr taugt mir die Faust als die Zunge. |
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dummodo pugnando superem, tu vince loquendo" congrediturque ferox. puduit modo magna locutum cedere: reieci viridem de corpore vestem, bracchiaque opposui, tenuique a pectore varas in statione manus et pugnae membra paravi. |
Sieg' ich im Kampf nur ob, du magst obsiegen im Reden!' Wild eindringt er auf mich. Nach den rühmenden Worten zu weichen Hätte beschämt. Ich warf mein grünes Gewand von der Schulter,
Stemmte die Arme zur Wehr und hielt kampfharrend die Hände Auswärts ab von der Brust und machte mich fertig zur Fehde. |
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ille cavis hausto spargit me pulvere palmis, inque vicem fulvae tactu flavescit harenae. et modo cervicem, modo crura, modo ilia captat, aut captare putes, omnique a parte lacessit. me mea defendit gravitas frustraque petebar; |
Jener bestreut mich mit Staub, in geöffneten Händen ihn raffend, Und wird selber gefärbt vom Wurfe des gelblichen Sandes. Bald nun packt er den Hals, bald packt er die rührigen Schenkel, Oder er scheint es zu tun, und befällt midi von jeglicher Seite. Mir gibt Halt mein Gewicht, und ich werde vergebens befehdet, |
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haud secus ac moles, magno quam murmure fluctus oppugnant; manet illa, suoque est pondere tuta. digredimur paulum, rursusque ad bella coimus, inque gradu stetimus, certi non cedere, eratque cum pede pes iunctus, totoque ego pectore pronus |
Ähnlich dem Damm, auf den mit gewaltigem Rauschen die Fluten Dringen heran: fest steht er, geschützt durch eigene Schwere. Weniges gehn wir zurück und begegnen uns wieder im Streite. Jeder behauptet den Stand und will nicht weichen; vereinigt War mit dem Fuße der Fuß, und die Brust vordrängend mit aller |
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et digitos digitis et frontem fronte premebam. non aliter vidi fortes concurrere tauros, cum, pretium pugnae, toto nitidissima saltu expetitur coniunx: spectant armenta paventque nescia, quem maneat tanti victoria regni. |
Macht andrückt' ich die Stirn an die Stirn, an die Finger die Finger. Also sah ich im Kampf gewaltige Stiere sich treffen, Wenn als Preis des Gefechts die stattlichste Kuh auf der Weide Jeder verlangt für sich; zuschauen die Rinder in Spannung, Wem wohl werde der Sieg zuwenden die mächtige Herrschaft. |
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ter sine profectu voluit nitentia contra reicere Alcides a se mea pectora; quarto excutit amplexus, adductaque bracchia solvit, inpulsumque manu certum est mihi vera fateri
protinus avertit, tergoque onerosus inhaesit. |
Dreimal suchte umsonst der Alkide von hinnen zu drängen Meine mit Wucht sich stemmende Brust; dann aber zum vierten Reißt er vom Zwange sich los, im Ruck frei machend die Arme, Gibt mir kräftigen Stoß - treu will ich berichten die Wahrheit –
Dreht mich schleunig herum und hängt mir schwer auf dem Rücken. |
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siqua fides, neque enim ficta mihi gloria voce quaeritur inposito pressus mihi monte videbar. vix tamen inserui sudore fluentia multo bracchia, vix solvi duros a corpore nexus. instat anhelanti, prohibetque resumere vires, |
Glaube mir nur - nicht such' ich ja Ruhm in erdichteter Rede – Mir kam's vor, als ob mich ein Berg aufliegend bedrückte. Mühsam bracht' ich die Arme hinein, die troffen vom Schweiße; Mühsam löste ich ab von der Brust die harte Verschränkung. Aber den Keuchenden drängt er und lässt nicht Kräfte mich sammeln, |
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et cervice mea potitur. tum denique tellus pressa genu nostro est, et harenas ore momordi. inferior virtute, meas devertor ad artes, elaborque viro longum formatus in anguem. qui postquam flexos sinuavi corpus in orbes, |
Bis er des Nackens zuletzt Herr ward. Da musste zur Erde Endlich hinab mein Knie, und ich biss den Sand mit dem Munde. Da ich erlegen an Kraft, muss dienen die Gabe der Wandlung, Und ich entschlüpfte dem Mann in Gestalt langbauchiger Schlange. Als ich aber den Leib krumm zog in gewundene Ringel |
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cumque fero movi linguam stridore bisulcam, risit, et inludens nostras Tirynthius artes "cunarum labor est angues superare mearum," dixit "et ut vincas alios, Acheloe, dracones, pars quota Lernaeae serpens eris unus echidnae? |
Und mit erbostem Gezisch die gespaltene Zunge bewegte, Lacht' der tirynthische Held und spottet ob unserer Künste: 'Schlangen zu bändigen war mein Spielwerk schon in der Wiege', Sprach er, 'und ständen dir nach, Acheloos, die anderen Drachen, Was für ein winziger Teil bist du von der Schlange von Lerna! |
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vulneribus fecunda suis erat illa, nec ullum de centum numero caput est inpune recisum, quin gemino cervix herede valentior esset. hanc ego ramosam natis e caede colubris crescentemque malo domui, domitamque reclusi. |
Fruchtbar machten sie nur die empfangenen Streiche, und straflos Ward ihr keines enthaun von den hundert vereinigten Häuptern, Dass nicht mächtiger ward durch doppelten Erben der Nacken. Sie, die ästig geteilt in mordentsprossene Nattern Groß ward durch den Verlust, ist gebändigt von mir und vernichtet.
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quid fore te credis, falsum qui versus in anguem arma aliena moves, quem forma precaria celat?" dixerat, et summo digitorum vincula collo inicit: angebar, ceu guttura forcipe pressus, pollicibusque meas pugnabam evellere fauces. |
Was soll werden aus dir, der, trügliche Schlange geworden, Fremde Waffen du führst und dich birgst in erbettelter Hülle?' Also sprach er und packte mich rasch mit umstrickenden Fingern Oben am Hals, und gewürgt, als ob mir Zangen die Gurgel Zwängeten, müht' ich mich ab, aus dem Daumen zu reißen die Kehle. |
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sic quoque devicto restabat tertia tauri forma trucis. tauro mutatus membra rebello. induit ille toris a laeva parte lacertos, admissumque trahens sequitur, depressaque dura cornua figit humo, meque alta sternit harena. |
So auch war ich besiegt, und es blieb als dritte des wilden Stieres Gestalt. Als Stier auftretend erneu' ich die Fehde. Jener jedoch umschlingt linksher mit dem Arme die Wampen, Zieht mich heran und folgt mir im Lauf, drückt nieder die Hörner, Bohrt in den Boden sie ein und strecket mich hin in dem Sande. |
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nec satis hoc fuerat: rigidum fera dextera cornu dum tenet, infregit, truncaque a fronte revellit. naides hoc, pomis et odoro flore repletum, sacrarunt; divesque meo Bona Copia cornu est.' Dixerat: et nymphe ritu succincta Dianae, |
Das nicht bloß: er zerbrach das starrende Horn in der Rechten, Die es beharrlich gepackt, und ließ mir die Stirne verstümmelt. Von den Naiaden, gefüllt mit Früchten und duftigen Blumen, Wurde geweiht mein Hörn. Nun gibt es der Fülle den Reichtum." Also erzählte der Strom, und geschürzt nach der Weise Dianas |
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una ministrarum, fusis utrimque capillis, incessit totumque tulit praedivite cornu autumnum et mensas, felicia poma, secundas. lux subit; et primo feriente cacumina sole discedunt iuvenes, neque enim dum flumina pacem |
Mit frei hangendem Haar trat eine der dienenden Nymphen
Jetzt herein und bracht' im gesegneten Horne den Nachtisch, Köstliches Obst, den gesamten Ertrag von dem heurigen Herbste. Früh, wie der Tag anbrach, und die Sonne die Gipfel berührte, Zogen die Jünglinge fort. Nicht wollten sie warten, bis wieder |
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et placidos habeant lapsus totaeque residant opperiuntur aquae. vultus Achelous agrestes et lacerum cornu mediis caput abdidit undis. |
Ruhe gewonnen der Strom und friedlichen Fall und die Wasser Ganz sich wieder gelegt. In den Wellen versteckte das ländlich Derbe Gesicht und das Haupt mit verstümmeltem Horn Acheloos. |
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2. Nessus (98-133) |
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Huic tamen ablati doluit iactura decoris, cetera sospes habet. capitis quoque fronde saligna |
Diesen jedoch traf nur der Verlust der entrissenen Zierde;
Nichts war sonst ihm geschehn; auch hehlt er mit drüber gelegtem |
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aut superinposita celatur harundine damnum. at te, Nesse ferox, eiusdem virginis ardor perdiderat volucri traiectum terga sagitta. namque nova repetens patrios cum coniuge muros venerat Eueni rapidas Iove natus ad undas. |
Schilfrohr oder mit Laub von Weiden den Schaden am Haupte. Doch du hattest den Tod von der Glut für die selbige Jungfrau, Tückischer Nessos, erreicht im Rücken vom fliegenden Pfeile. Wie er zur heimischen Stadt sich begab mit der neuen Gemahlin, War der Alkide gelangt an die reißende Flut des Euenos. |
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uberior solito, nimbis hiemalibus auctus, verticibusque frequens erat atque inpervius amnis. intrepidum pro se, curam de coniuge agentem Nessus adit, membrisque valens scitusque vadorum, 'officio' que 'meo ripa sistetur in illa |
Reichlicher war als sonst, durch regnende Güsse geschwollen, Und voll Strudel der Fluss, und den Durchgang wehrte die Strömung. Während der Held, für sich nicht bang, um die Gattin besorgt ist,
Tritt ihm Nessos, an Kraft gar rüstig und kundig der Furten, Nahe und spricht: "Lass mich Dienst tun; ich will sie, Alkide, |
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haec,' ait 'Alcide. tu viribus utere nando!' pallentemque metu, fluviumque ipsumque timentem tradidit Aonius pavidam Calydonida Nesso. mox, ut erat, pharetraque gravis spolioque leonis - nam clavam et curvos trans ripam miserat arcus - |
Bringen zum anderen Strand. Du brauch als Schwimmer die Kräfte!" Und der Aonier gab ihm die zagende Kalydonide, Die vor Furcht blass stand und vom Strom wie von Nessos geschreckt war. Bald, wie er war, mit dem Köcher beschwert und der Beute vom Löwen – Über den Fluss schon hatt' er die Keule geschnellt und den Bogen - |
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'quandoquidem coepi, superentur flumina' dixit, nec dubitat nec, qua sit clementissimus amnis, quaerit, et obsequio deferri spernit aquarum. iamque tenens ripam, missos cum tolleret arcus, coniugis agnovit vocem Nessoque paranti |
Sprach er: "Begonnen ist nun, so seien die Fluten bewältigt!" Und er erwägt nicht lang, noch sucht er zuvor, wo am stillsten Gehe der Strom, und verschmäht willfährig dem Wasser zu schwimmen.
Als er, zum Ufer gelangt, aufhob den geschleuderten Bogen, Hört' er die Gattin schrein. Zu veruntreun trachtete Nessos, |
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fallere depositum 'quo te fiducia' clamat 'vana pedum, violente, rapit? tibi, Nesse biformis, dicimus. exaudi, nec res intercipe nostras. si te nulla mei reverentia movit, at orbes concubitus vetitos poterant inhibere paterni. |
Was ihm geliehn. "Wozu", rief Herkules, "reißt, du Verwegner, Eitles Vertraun auf die Füße dich hin? Zweileibiger Nessos, Hüte dich! Hör und vergreife dich nicht an unsrem Besitztum. Konnte dich Scheu vor mir nicht schrecken, so mochte des Vaters Kreisendes Rad dir wohl die verbotenen Lüste vertreiben. |
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haud tamen effugies, quamvis ope fidis equina; vulnere, non pedibus te consequar.' ultima dicta re probat, et missa fugientia terga sagitta traicit. exstabat ferrum de pectore aduncum. quod simul evulsum est, sanguis per utrumque foramen |
Doch nicht sollst du entfliehn, wie auch du vertrauest den Hufen. Nicht mit dem Fuß, mit dem Schuss einhol ich dich." Wie er gesprochen, Also geschah's, und er schnellte den Pfeil und traf ihn im Rücken, Während er floh. Vor stand aus der Brust das gebogene Eisen. Kaum war dieses heraus, so sprang aus der doppelten Öffnung |
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emicuit mixtus Lernaei tabe veneni. excipit hunc Nessus 'ne' que enim 'moriemur inulti' secum ait, et calido velamina tincta cruore dat munus raptae velut inritamen amoris. |
Mächtig das Blut durchmischt mit der Pest des lernaischen Giftes. Schnell fängt Nessos es auf. "Nicht rachlos will ich verderben!" Spricht er für sich und reicht der Entführten sein Kleid von dem warmen Blut durchnässt zum Geschenk als liebanfachenden Zauber. |
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3. Hercules
Oeteus (134-272) |
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Longa fuit medii mora temporis, actaque magni |
Lang war die Frist der verstrichenen Zeit, und Herkules' Taten
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Herculis inplerant terras odiumque novercae. victor ab Oechalia Cenaeo sacra parabat vota Iovi, cum Fama loquax praecessit ad aures, Deianira, tuas, quae veris addere falsa gaudet, et e minimo sua per mendacia crescit, |
Hatten die Erde erfüllt und Iuno versöhnt mit dem Stiefsohn. Opfer dem Iupiter wollt' auf Kenaion Oichalias Sieger Weihn, wie gelobt; da eilte voraus zu Deianeiras Ohren die schwatzende Mär, die Falsches zu tun zu dem Wahren Liebt und von kleinem Beginn anwächst durch häufige Lügen, |
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Amphitryoniaden Ioles ardore teneri. credit amans, venerisque novae perterrita fama indulsit primo lacrimis, flendoque dolorem diffudit miseranda suum. mox deinde 'quid autem flemus?' ait 'paelex lacrimis laetabitur istis. |
Dass von Iole ganz der Amphitryonide bestrickt sei.
Sie, die Liebende, glaubt's, und erschreckt von der Kunde der Untreu Ließ die Arme zuerst den Tränen den Lauf, und in Zähren Weinte den Schmerz sie aus; bald drauf: "Was weine ich aber?", Sagte sie, "freun nur wird sich ob meiner Tränen die Buhle. |
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quae quoniam adveniet, properandum aliquidque novandum est, dum licet, et nondum thalamos tenet altera nostros. conquerar, an sileam? repetam Calydona, morerne? excedam tectis? an, si nihil amplius, obstem? quid si me, Meleagre, tuam memor esse sororem |
Schon kommt jene heran; drum rasch und etwas ersonnen, Eh' es zu spät, und in unser Gemach einziehet die andre! Ob ich klag', ob schweig', heimkehre nach Kalydon, bleibe? Ob ich verlasse das Haus, ob, wenn nichts weiter, mich wehre? Wie nun, wenn ich gedenk, dass ich Schwester von dir, Meleagros, |
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forte paro facinus, quantumque iniuria possit femineusque dolor, iugulata paelice testor?' in cursus animus varios abit. omnibus illis praetulit inbutam Nesseo sanguine vestem mittere, quae vires defecto reddat amori, |
Kühn mich ermannte zur Tat und, wessen beleidigte Ehre Fähig und weiblicher Schmerz, dartäte im Morde der Buhle?" Vielfach hat Vorsätze ihr Geist. Dann aber beschließt sie Hinzuschicken das Kleid durchdrungen vom Blute des Nessos, Dass es erneuete Kraft der erloschenen Liebe verleihe. |
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ignaroque Lichae, quid tradat, nescia, luctus ipsa suos tradit blandisque miserrima verbis, dona det illa viro, mandat. capit inscius heros, induiturque umeris Lernaeae virus echidnae. Tura dabat primis et verba precantia flammis, |
Unkund, was sie ihm reicht, reicht jene dem arglosen Lichas Selbst ihr eigenes Weh und bittet ihn freundlich, die Ärmste, Dass er bringe dem Mann das Geschenk. Ohn' Arg es empfangend Legt um die Schultern das Gift der lernaischen Schlange der Heros. Weihrauch gab er und frommes Gebet der beginnenden Flamme, |
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vinaque marmoreas patera fundebat in aras: incaluit vis illa mali, resolutaque flammis Herculeos abiit late dilapsa per artus. dum potuit, solita gemitum virtute repressit. victa malis postquam est patientia, reppulit aras, |
Wein auch goss er dazu auf den marmornen Herd aus der Schale. Siehe, der Plage Gewalt wird warm, und gelöst von der Flamme Dringet sie weit umher, durch Herkules' Glieder ergossen. Mannhaft hielt er zurück, so lang er vermochte, die Klage. Als die Geduld von den Leiden besiegt, da stieß er den Altar |
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inplevitque suis nemorosam vocibus Oeten. nec mora, letiferam conatur scindere vestem: qua trahitur, trahit illa cutem, foedumque relatu, aut haeret membris frustra temptata revelli, aut laceros artus et grandia detegit ossa. |
Weg und begann mit Geschrei zu erfüllen den waldigen Oita. Ohne Verzug nun strebt er das tödliche Kleid zu zerreißen: Wo er es zieht, zieht jenes die Haut und - grässlich zu sagen -
Bleibt an die Glieder geklebt, Trotz bietend den zerrenden Händen, Oder entblößt das zerrissene Fleisch und die mächtigen Knochen.
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ipse cruor, gelido ceu quondam lammina candens tincta lacu, stridit coquiturque ardente veneno. nec modus est, sorbent avidae praecordia flammae, caeruleusque fluit toto de corpore sudor, ambustique sonant nervi, caecaque medullis |
Selber das Blut hebt an, wie zuweilen getaucht in den Löschtrog Glühender Stahl, zu zischen und kocht von dem brennenden Gifte. Maß ist nicht; durch die Brust geht zehrend das gierige Feuer; Dunkler Schweiß fließt rings vom Leib herab, und die Sehnen Knacken vom Brande gesengt, und als vom verborgenen Gifte |
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tabe liquefactis tollens ad sidera palmas 'cladibus,' exclamat 'Saturnia, pascere nostris: pascere, et hanc pestem specta, crudelis, ab alto, corque ferum satia. vel si miserandus et hosti, hoc est, si tibi sum, diris cruciatibus aegram |
Flüssig geworden das Mark, da hob er zum Himmel die Hände: "Weide dich, Tochter Saturns", so rief er, "an meinem Verderben, Weide dich nun und sieh, Grausame, von oben die Drangsal, Labe dein hartes Gemüt! Doch rühr' ich die Feindin zum Mitleid -
Dir ja bin ich Feind - nimm weg die entsetzlich gequälte, |
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invisamque animam natamque laboribus aufer. mors mihi munus erit; decet haec dare dona novercam. ergo ego foedantem peregrino templa cruore Busirin domui? saevoque alimenta parentis Antaeo eripui? nec me pastoris Hiberi |
Dir so verhasste und nur zu Mühen geborene Seele. Tod ist mir ein Geschenk; so ziemt Stiefmüttern zu schenken. Darum hab' ich Busiris erlegt, der scheußlich den Tempel Färbte mit Fremdlingsblut, und dem grausen Antaios der Mutter Stärkende Nähe entrückt und vor des iberischen Hirten |
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forma triplex, nec forma triplex tua, Cerbere, movit?
vosne, manus, validi pressistis cornua tauri? vestrum opus Elis habet, vestrum Stymphalides undae, Partheniumque nemus? vestra virtute relatus Thermodontiaco caelatus balteus auro, |
Dreihaupt nicht mich entsetzt noch auch vor Kerberos' Dreihaupt? Bogt ihr nicht das Gehörn, ihr Arme, dem riesigen Stiere? Kunde von euch gibt Elis, von euch die stymphalischen Wellen Und der parthenische Wald. Fernher trug euere Kühnheit Aus thermodontischem Gold das Gehenk mit getriebener Arbeit |
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pomaque ab insomni concustodita dracone? nec mihi centauri potuere resistere, nec mi Arcadiae vastator aper? nec profuit hydrae crescere per damnum geminasque resumere vires? quid, cum Thracis equos humano sanguine pingues |
Heim und die Äpfel, bewacht von dem schlummerentbehrenden Drachen. Stand nicht hielten vor mir die Kentauren im Kampf, und der Eber Hielt nicht Stand, Arkadiens Schreck. Nichts half es der Hydra, Dass im Verluste sie wuchs und gewann stets doppelte Kräfte. Ja, von menschlichem Blut auch sah ich die Rosse des Thrakers |
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plenaque corporibus laceris praesepia vidi, visaque deieci, dominumque ipsosque peremi? his elisa iacet moles Nemeaea lacertis: hac caelum cervice tuli. defessa iubendo est saeva Iovis coniunx: ego sum indefessus agendo. |
Feist und die Krippen gefüllt mit Fetzen verstümmelter Leichen, Sah's und stürzte sie um und erschlug so Rosse wie Eigner. Hier von den Armen gewürgt liegt tot das nemeische Untier. Ich trug untergestemmt den Olymp. Müd' ist des Befehlens Iupiters grausames Weib; ich bin nicht müde der Arbeit. |
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sed nova pestis adest, cui nec virtute resisti nec telis armisque potest. pulmonibus errat ignis edax imis, perque omnes pascitur artus. at valet Eurystheus! et sunt, qui credere possint esse deos?' dixit, perque altam saucius Oeten |
Nun kommt neuer Verderb, dem weder vermag zu begegnen Männlicher Mut noch Waffen und Wehr. In den innersten Lungen Irret gefräßiger Brand und zehrt durch alle die Glieder. Aber Eurystheus ist wohlauf, und an waltende Götter Glauben sie noch!" So sprach er und schritt auf der Höhe des Oita |
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haud aliter graditur, quam si venabula taurus corpore fixa gerat, factique refugerit auctor. saepe illum gemitus edentem, saepe frementem, saepe retemptantem totas infringere vestes sternentemque trabes irascentemque videres |
Also versehrt einher, wie wenn in dem Leibe den Wurfspieß Trägt der getroffene Stier und der Tat Urheber geflohn ist. Oft stieß lautes Gestöhn er aus, oft sah man ihn beben, Oft aufs neue versucht' er das ganze Gewand zu zerreißen, Schmetterte Stämme zur Erde und wütete gegen die Berge, |
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montibus aut patrio tendentem bracchia caelo. Ecce Lichan trepidum latitantem rupe cavata aspicit, utque dolor rabiem conlegerat omnem, 'tune, Licha,' dixit 'feralia dona dedisti? tune meae necis auctor eris?' tremit ille, pavetque |
Oder er streckte hinan zum Himmel des Vaters die Arme. Da nimmt Lichas er wahr, der zitternd sich unter dem Felshang Duckte, und rief, wie der Schmerz ihm die Wut aufs höchste gesteigert: "Du hast, Lichas, gebracht die unheilbergende Gabe? Du wirst Mörder an mir?" Bleich steht mit Zittern und Beben |
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pallidus, et timide verba excusantia dicit. dicentem genibusque manus adhibere parantem corripit Alcides, et terque quaterque rotatum mittit in Euboicas tormento fortius undas. ille per aerias pendens induruit auras: |
Lichas und spricht voll Zagen der Schuld entlastende Worte. Während er sprach und den Knien mit den Händen gedachte zu nahen, Packt ihn der Held und wirft ihn zu drei, vier Malen gewirbelt In das euboiische Meer mit stärkerer Wucht als ein Wurfzeug. Jener, indessen er flog in den luftigen Räumen, erharschte. |
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utque ferunt imbres gelidis concrescere ventis, inde nives fieri, nivibus quoque molle rotatis astringi et spissa glomerari grandine corpus, sic illum validis iactum per inane lacertis exsanguemque metu nec quicquam umoris habentem |
Wie man vermeint, dass Regen gerinnt bei frostigem Winde, Schnee draus wird, dann, wenn sich geballt die kreisenden Flocken, Dichter der Klumpen sich schließt und zur starrenden Schloße sich rundet: Also auch, durch die Luft von den kräftigen Armen geschleudert, Wurde, vor Furcht blutlos und nichts von Feuchte behaltend, |
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in rigidos versum silices prior edidit aetas. nunc quoque in Euboico scopulus brevis eminet alto gurgite et humanae servat vestigia formae, quem, quasi sensurum, nautae calcare verentur, appellantque Lichan. at tu, Iovis inclita proles, |
Lichas zu hartem Gestein nach der früheren Zeiten Erzählung. Jetzt noch ragt in die Höhe ein Fels im euboiischen Sunde Karg an Raum und bewahrt noch Spuren von menschlicher Bildung. Ihn, als fühlte der Stein, trägt Scheu zu betreten der Schiffer, Der ihn Lichas benennt. Du, Iupiters herrlicher Sprössling, |
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arboribus caesis, quas ardua gesserat Oete, inque pyram structis arcum pharetramque capacem regnaque visuras iterum Troiana sagittas ferre iubes Poeante satum, quo flamma ministro subdita. dumque avidis comprenditur ignibus agger, |
Gibst, als Bäume gefällt, die trug der erhabene Oita, Und zum Brande gehäuft, mit dem Bogen den räumigen Köcher Und die Geschosse, bestimmt einst nochmals Troia zu schauen, Ab an des Poias Sohn. Der legt dienstfertig die Flamme Unter den Stoß, und indem in die Scheiter das gierige Feuer |
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congeriem silvae Nemeaeo vellere summam sternis, et inposita clavae cervice recumbis, haud alio vultu, quam si conviva iaceres inter plena meri redimitus pocula sertis. Iamque valens et in omne latus diffusa sonabat, |
Einschlägt, breitest du aus das nemeische Fell auf des Holzes Oberster Schicht und streckst dich, gelehnt an die Keule den Nacken, Mit nicht andrem Gesicht, als wärst du gelagert zum Gastmahl, Kranzumwunden das Haupt bei gefüllten Bechern des Weines. Lodernd prasselte schon rings um sich greifend die Flamme, |
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securosque artus contemptoremque petebat flamma suum. timuere dei pro vindice terrae. quos ita, sensit enim, laeto Saturnius ore Iuppiter adloquitur: 'nostra est timor iste voluptas, o superi, totoque libens mihi pectore grator, |
Und an den sorglosen Leib und an ihren Verächter zu kommen Strebte sie. Bangen ergriff um den Schirmer der Erde die Götter. Da mit heiterem Mund sprach also der Sohn des Saturnus, Iupiter, der es gemerkt: "Wie freut mich, ihr himmlischen Götter, Euere Furcht! Ich wünsche mir Glück vom Grunde des Herzens, |
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quod memoris populi dicor rectorque paterque et mea progenies vestro quoque tuta favore est. nam quamquam ipsius datur hoc inmanibus actis, obligor ipse tamen. sed enim nec pectora vano fida metu paveant. Oetaeas spernite flammas! |
Dass von erkenntlichem Volk ich Herrscher und Vater genannt bin Und dass euere Gunst auch Schutz gibt meinem Geschlechte. Wird auch solches zuteil nur seinen gewaltigen Taten, Weiß ich doch selbst euch Dank. Dass aber die treuen Gemüter Eitele Furcht nicht schreckt, lasst brennen die Flammen des Oita! |
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omnia qui vicit, vincet, quos cernitis, ignes; nec nisi materna Vulcanum parte potentem sentiet. aeternum est a me quod traxit, et expers atque inmune necis, nullaque domabile flamma. idque ego defunctum terra caelestibus oris |
Er, der alles bezwang, wird drunten das Feuer bezwingen. Nur sein mütterlich Teil wird spüren den starken Vulcanus; Was er empfangen von mir, muss ewig bestehen, dem Tode Unzinsbar und entrückt und nimmer der Flamme zerstörbar, Und dies will ich erlöst von den irdischen Mühn zu des Himmels |
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accipiam, cunctisque meum laetabile factum dis fore confido. siquis tamen Hercule, siquis forte deo doliturus erit, data praemia nolet, sed meruisse dari sciet, invitusque probabit.' adsensere dei. coniunx quoque regia visa est |
Räumen erhöhn, und es wird mein Tun, so hoff ich, erfreulich Allen Unsterblichen sein. Wenn aber den Herkules jemand Schaut als Gott mit Verdruss, der gönnt wohl nicht die Belohnung, Aber er weiß, dass ihm sie gebührt, und billigt sie ungern." Beifall zollte der Rat; auch schien die Gemahlin des Königs |
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cetera non duro, duro tamen ultima vultu dicta tulisse Iovis, seque indoluisse notatam. interea quodcumque fuit populabile flammae, Mulciber abstulerat, nec cognoscenda remansit Herculis effigies, nec quicquam ab imagine ductum |
Mit nicht düsterem Blick zu vernehmen die übrige Rede, Doch mit düstrem den Schluss, weil kränkend sie traf die Bezeichnung.
Mulciber hatte indes, was irgend der Flamme verwüstlich, Alles von hinnen gerafft. Nicht mehr ist kenntlich geblieben Herkules' Bild, und nichts, was stammte vom Wesen der Mutter, |
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matris habet, tantumque Iovis vestigia servat. utque novus serpens posita cum pelle senecta luxuriare solet, squamaque nitere recenti, sic ubi mortales Tirynthius exuit artus, parte sui meliore viget, maiorque videri |
Hat er bewahrt, und es bleiben an ihm nur Iupiters Spuren. Wie sich die Schlange verjüngt, wenn der Balg mit dem Alter entfallen, Üppigen Lebens erfreut und prangt mit erneueten Schuppen: So mit dem edleren Teil, des sterblichen Leibes entkleidet, Lebt der Tirynthier fort in Fülle der Kraft und beginnet |
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coepit et augusta fieri gravitate verendus. quem pater omnipotens inter cava nubila raptum quadriiugo curru radiantibus intulit astris. |
Größer zu werden und Scheu durch heilige Würde zu heischen. Jetzt auf dem Viergespann trug ihn der allmächtige Vater Mitten in hohlem Gewölk hinweg zu den strahlenden Sternen. |
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4. Galanthis (273-323) |
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Sensit Atlas pondus. neque adhuc Stheneleius iras solverat Eurystheus, odiumque in prole paternum |
Atlas fühlte die Last. Noch ließ von dem Zorne Eurystheus, Sthenelos' Sohn, nicht ab, und er übte den Hass wie am Vater |
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exercebat atrox. at longis anxia curis Argolis Alcmene, questus ubi ponat aniles, cui referat nati testatos orbe labores, cuive suos casus, Iolen habet. Herculis illam imperiis thalamoque animoque receperat Hyllus, |
Fühllos auch an dem Sohn. Doch Argolis' Tochter, Alkmene, Ständig ergeben dem Harm, hat Iole, der sie des Alters Klagen vertraun und die Taten des Sohns, die bezeuget der Erdkreis, Kund tun kann und ihr eignes Geschick. Denn Iole hatte Hyllos in Lager und Herz nach Herkules' Willen genommen |
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inpleratque uterum generoso semine; cui sic incipit Alcmene: 'faveant tibi numina saltem, conripiantque moras tum cum matura vocabis praepositam timidis parientibus Ilithyiam, quam mihi difficilem Iunonis gratia fecit. |
Und ihr befruchtet den Schoß mit edlem Keime. Zu dieser Hob Alkmene an: "Dir wenigstens möge die Gottheit Gnädig verkürzen die Frist, wenn du in der Stunde der Reife Rufest der ängstlichen Wehn Vorsteherin, Eileithyia, Die so streng bei mir sich erwiesen der Iuno zu Liebe. |
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namque laboriferi cum iam natalis adesset Herculis et decimum premeretur sidere signum, tendebat gravitas uterum mihi, quodque ferebam, tantum erat, ut posses auctorem dicere tecti ponderis esse Iovem. nec iam tolerare labores |
Als nah war die Geburt des mühvollbringenden Dulders
Herkules und das Gestirn schon stand in dem zehnten der Zeichen, Spannte gewichtige Last mir den Schoß, und was ich darin trug, War so groß, dass leicht man ersah, die umschlossene Bürde Rühre von Iupiter her. Auch hätt' ich länger die Drangsal |
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ulterius poteram. quin nunc quoque frigidus artus, dum loquor, horror habet, parsque est meminisse doloris. septem ego per noctes, totidem cruciata diebus, fessa malis, tendensque ad caelum bracchia, magno Lucinam Nixosque pares clamore vocabam. |
Nicht zu ertragen vermocht. Noch schüttelt mich, während ich rede, Schaudernder Frost, und ein Teil vom Schmerz ist, dran zu gedenken. Sieben der Nächte hindurch und gleichviel Tage in Nöten Rief ich, von Leiden erschöpft und die Arme zum Himmel erhebend, Laut Lucina mit Schrein und im Gleichmaß nahende Wehen. |
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illa quidem venit, sed praecorrupta, meumque quae donare caput Iunoni vellet iniquae. utque meos audit gemitus, subsedit in illa ante fores ara, dextroque a poplite laevum pressa genu et digitis inter se pectine iunctis |
Zwar kam jene herbei, doch gewonnen zuvor und entschlossen, Tückisch dahinzugeben mein Haupt der erbitterten Iuno. Als sie vernahm mein Ächzen, erkor sie zum Sitze den Altar Dort an der Tür, und verschränkt in die Beuge des rechten das linke Knie einklemmend und fest ineinander gefaltet die Finger |
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sustinuit partus. tacita quoque carmina voce dixit, et inceptos tenuerunt carmina partus. nitor, et ingrato facio convicia demens vana Iovi, cupioque mori, moturaque duros verba queror silices. matres Cadmeides adsunt, |
Hielt sie zurück die Geburt. Auch Sprüche mit flüsternder Stimme Sagte sie her, und die nahe Geburt hielt auf die Beschwörung. Angstvoll ring' ich und schmäh umsonst auf Iupiters Undank, Wünsche mir ganz von Sinnen den Tod und ergieße in Klagen, Steine zu rühren, den Schmerz. Nah stehn die kadmeischen Mütter, |
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votaque suscipiunt, exhortanturque dolentem. una ministrarum, media de plebe, Galanthis, flava comas, aderat, faciendis strenua iussis, officiis dilecta suis. ea sensit iniqua nescio quid Iunone geri, dumque exit et intrat |
Flehn mit Gelübden für mich und sprechen der Leidenden Mut zu. Eine der dienenden Mägd' aus niederem Volke, Galanthis, Golden von Haar, war da, gar hurtig im Tun der Befehle, Durch Diensttreue mir wert. Die merkt, dass etwas verübe Iunos feindlicher Sinn, und während sie oft durch die Türe |
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saepe fores, divam residentem vidit in ara
bracchiaque in genibus digitis conexa tenentem, et "quaecumque es," ait "dominae gratare. levata est Argolis Alcmene, potiturque puerpera voto." exsiluit, iunctasque manus pavefacta remisit |
Ein- und ausgeht, sieht auf dem Herde sie sitzen die Göttin, Wie an den Knien sie hielt mit den Fingern verschlungen die Arme. 'Wer auch', sprach sie, 'du seist, Glück wünsche der Herrin! Entbunden
Ist und im Flehen erhört die argolische Mutter Alkmene.' Da, aufspringend im Schrecken, lässt plötzlich die Göttin der Wehen |
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diva potens uteri: vinclis levor ipsa remissis. numine decepto risisse Galanthida fama est. ridentem prensamque ipsis dea saeva capillis traxit, et e terra corpus relevare volentem arcuit, inque pedes mutavit bracchia primos. |
Fahren der Hände Verband. Frei war ich und konnte gebären. Ob der gelungenen List, so sagt man, lachte Galanthis. Aber die Lachende fasst beim Haar die entrüstete Göttin, Zerrt sie und wehrt, wie jene den Leib von der Erde zu heben Trachtet, und wandelt ihr um zu vorderen Füßen die Arme. |
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strenuitas antiqua manet; nec terga colorem amisere suum: forma est diversa priori. quae quia mendaci parientem iuverat ore, ore parit nostrasque domos, ut et ante, frequentat.' |
Flinkes und emsiges Tun wie früher verbleibt, und des Rückens Farbe verändert sich nicht; die Gestalt ist der vorigen ungleich. Weil sie mit lügendem Mund der Gebärenden half, so gebiert sie
Auch mit dem Mund und besucht wie ehdem unsere Wohnung." |
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5. Dryope (324-393) |
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Dixit, et admonitu veteris commota ministrae |
Sprach's, und der früheren Magd mit schmerzlicher Rührung gedenkend |
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ingemuit. quam sic nurus est affata dolentem: 'te tamen, o genetrix, alienae sanguine nostro rapta movet facies. quid si tibi mira sororis fata meae referam? quamquam lacrimaeque dolorque impediunt, prohibentque loqui. fuit unica matri |
Seufzte sie. Aber die Schnur sprach zu der Bekümmerten also: "Du bist, Mutter, bewegt, dass sie, die euerem Blute Fremd war, Wandlung erfuhr. Wie, wenn ich der eigenen Schwester Wundergeschick dir erzähle, wiewohl vor Tränen und Wehmut Fast mir die Sprache versagt? Die einzige Tochter der Mutter - |
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me pater ex alia genuit notissima forma Oechalidum, Dryope. quam virginitate carentem vimque dei passam Delphos Delonque tenentis excipit Andraemon, et habetur coniuge felix. est lacus, adclivis devexo margine formam |
Andere Mutter ist mir - war Dryope, reizend wie keine Unter Oichalias Fraun. Jungfräulicher Ehre verlustig, Da sie erlegen dem Gott, der waltet in Delphi und Delos, Ward sie Andraimons Weib, und er galt als glücklicher Gatte. Mit abschüssigem Rand nachbildend das schräge Gestade |
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litoris efficiens, summum myrteta coronant. venerat huc Dryope fatorum nescia, quoque indignere magis, nymphis latura coronas, inque sinu puerum, qui nondum impleverat annum, dulce ferebat onus tepidique ope lactis alebat. |
Ist ein See. Rings zieht sich ein Myrtengebüsch um die Fläche. Dort kam Dryope hin, ihr Geschick nicht ahnend und, was noch Mehr Unwillen erregt, um Kränze zu bringen den Nymphen. Mit sich trug sie ihr Kind, dem noch kein Jahr sich vollendet, Mütterlich stolz an der Brust, ihm Milch darreichend zur Nahrung. |
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haut procul a stagno Tyrios imitata colores in spem bacarum florebat aquatica lotos. carpserat hinc Dryope, quos oblectamina nato porrigeret, flores, et idem factura videbar namque aderam vidi guttas e flore cruentas |
Unweit stand von dem See, mit tyrischen Farben sich schmückend, Beeren verheißend in Blüt' ein wasserbedürftiger Lotos. Dryope hatte vom Baum sich Blumen gepflückt, sie dem Söhnchen Hinzugeben zum Spiel, und zu tun wie jene gedacht' ich – Denn ich begleitete sie -, da sah ich entfallen der Blüte |
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decidere et tremulo ramos horrore moveri. scilicet, ut referunt tardi nunc denique agrestes, Lotis in hanc nymphe, fugiens obscena Priapi, contulerat versos, servato nomine, vultus. 'Nescierat soror hoc. quae cum perterrita retro |
Tropfen von Blut und die Zweige bewegt von zitterndem Schauer. Eine der Nymphen, wie nun erst säumige Bauern erzählten, Lotis, hatte darin auf der Flucht vor Priapus' Begierden Ihren gewandelten Leib mit behaltenem Namen geborgen. Nicht war dieses der Schwester bekannt, und erschrocken von hinnen |
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ire et adoratis vellet discedere nymphis, haeserunt radice pedes. convellere pugnat, nec quicquam, nisi summa movet. subcrescit ab imo, totaque paulatim lentus premit inguina cortex. ut vidit, conata manu laniare capillos, |
Wollte sie gehn und, die sie verehrt, die Nymphen verlassen, Als anwurzelnd ihr Fuß festhing. Los will sie sich reißen, Doch nur oben bewegt sie den Leib. Aufwachsend von unten Windet sich rings um die Weichen gemach zäh haftende Rinde. Wie sie es sieht, hebt jene die Hand, sich das Haar zu zerraufen; |
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fronde manum implevit: frondes caput omne tenebant. at puer Amphissos (namque hoc avus Eurytus illi addiderat nomen) materna rigescere sentit ubera; nec sequitur ducentem lacteus umor. spectatrix aderam fati crudelis, opemque |
Da füllt Laub ihr die Hand. Rundum war Laub an dem Haupte. Aber der saugende Knab' Amphisos - denn also benannte Eurytos jenen, der Ahn - fühlt, wie sich die Brüste der Mutter
Härten und nicht mehr folgt den Zügen die flüssige Nahrung.
Nah stehn musst' ich und sehn das grause Verderben und konnte |
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non poteram tibi ferre, soror, quantumque valebam, crescentem truncum ramosque amplexa morabar, et, fateor, volui sub eodem cortice condi. 'Ecce vir Andraemon genitorque miserrimus adsunt, et quaerunt Dryopen: Dryopen quaerentibus illis |
Helferin nicht, o Schwester, dir sein. Soviel ich vermochte, Hemmt' ich den wachsenden Stamm und die Äste mit meiner Umschlingung Und - ich gesteh's - mich wünscht' ich bedeckt von der selbigen Rinde.
Sieh, Andraimon, ihr Mann, und der mitleidswürdige Vater Nahen und forschen nach ihr, und wie sie nach Dryope forschten, |
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ostendi loton. tepido dant oscula ligno, adfusique suae radicibus arboris haerent. nil nisi iam faciem, quod non foret arbor, habebat cara soror: lacrimae misero de corpore factis inrorant foliis, ac, dum licet, oraque praestant |
Wies auf den Lotos ich hin. Sie decken mit Küssen das laue Holz und werfen sich hin, an die Wurzeln des Baumes geklammert. Nichts, was Baum nicht war, nun hattest du, teuere Schwester, Als das Gesicht. Das Laub, aus dem kläglichen Körper entstanden, Wird von Tränen betaut, und so lange sie kann und der Stimme |
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vocis iter, tales effundit in aera questus: "siqua fides miseris, hoc me per numina iuro non meruisse nefas. patior sine crimine poenam. viximus innocuae. si mentior, arida perdam quas habeo frondes, et caesa securibus urar. |
Weg noch bietet der Mund, gießt Klage sie aus in die Lüfte: ,Falls man dem Unglück glaubt: bei den Himmlischen schwör' ich, das Unrecht Trifft mich wider Verdienst. Unschuldig erleid' ich die Strafe. Fehllos hab' ich gelebt, und lüg' ich, so will ich verdorrend Kahl dastehen von Laub und gefällt vom Beile verbrennen. |
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hunc tamen infantem maternis demite ramis, et date nutrici, nostraque sub arbore saepe lac facitote bibat, nostraque sub arbore ludat. cumque loqui poterit, matrem facitote salutet, et tristis dicat 'latet hoc in stipite mater.' |
Aber das Kind hier nehmet hinweg von den Ästen der Mutter. Gebt es der Amme zur Hut und lasst es an unserem Baume Oftmals trinken die Milch, oft spielen an unserem Baume. Kann er sprechen dereinst, dann lehrt den Knaben die Mutter Grüßen und sagen betrübt: 'Hier unter dem Stamm ist die Mutter!' |
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stagna tamen timeat, nec carpat ab arbore flores, et frutices omnes corpus putet esse dearum. care vale coniunx, et tu, germana, paterque! qui, siqua est pietas, ab acutae vulnere falcis, a pecoris morsu frondes defendite nostras. |
Aber er scheue den See und pflücke nicht Blüten vom Baume Und er betrachte als Leib von Göttinnen alle Gesträuche. Teurer Gemahl, leb wohl; lebt wohl auch, Schwester und Vater! Wenn ihr für mich noch Liebe bewahrt, so gebt meinem Laube Schutz vor den Bissen des Viehs und den Wunden der schneidenden Sichel, |
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et quoniam mihi fas ad vos incumbere non est, erigite huc artus, et ad oscula nostra venite, dum tangi possum, parvumque attollite natum! plura loqui nequeo. nam iam per candida mollis colla liber serpit, summoque cacumine condor. |
Und weil mir vom Geschick nach euch mich zu beugen verwehrt ist, Richtet zu mir euch auf, und so lang ich noch zu berühren, Kommet zu meinem Kuss und herauf auch hebt mir den Kleinen! Mehr ist zu reden versagt; schon über die Weiße des Halses Windet sich schmeidiger Bast, und im steigenden Wipfel verschwind' ich. |
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ex oculis removete manus. sine munere vestro contegat inductus morientia lumina cortex!" desierant simul ora loqui, simul esse. diuque corpore mutato rami caluere recentes.' |
Nehmt nur weg von den Augen die Hand! Ohn' euere Liebe Wird mir den sterbenden Blick schon schließen umhüllende Rinde.'
Rede zugleich hört auf und des Mundes Bestand, und die Wärme Hielt am gewandelten Leib noch lange das frische Gezweige." |
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6. Iolaus.
Die Söhne der Callirhoe (394-453) |
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Dumque refert Iole factum mirabile, dumque |
Wie den erstaunlichen Fall noch kundtut Eurytos' Tochter |
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Eurytidos lacrimas admoto pollice siccat Alcmene (flet et ipsa tamen) compescuit omnem res nova tristitiam. nam limine constitit alto paene puer dubiaque tegens lanugine malas, ora reformatus primos Iolaus in annos. |
Und mit dem Daumen genaht Alkmene der Iole Zähren Trocknet und selbst doch weint, da drängt ein neues Begebnis Jeglichen Kummer zurück. Denn auf der erhöheten Schwelle, Fast ein Knab' und die Wangen bedeckt mit spärlichem Flaume, Stand Iolaos, verjüngt zu blühenden Jahren im Antlitz. |
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hoc illi dederat Iunonia muneris Hebe, victa viri precibus. quae cum iurare pararet, dona tributuram post hunc se talia nulli, non est passa Themis: 'nam iam discordia Thebae bella movent,' dixit 'Capaneusque nisi ab Iove vinci |
Ihn ließ solche Gunst die iunonische Hebe genießen, Weil sie bat der Gemahl. Als diese zu schwören bereit war, Solches Geschenk nach ihm an keinen vergeben zu wollen, Litt nicht Themis den Schwur. 'Zwieträchtige Fehde', begann sie, 'Hebt ja Theben bereits, und Kapaneus wird zu besiegen |
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haud poterit, fientque pares in vulnere fratres, subductaque suos manes tellure videbit vivus adhuc vates; ultusque parente parentem natus erit facto pius et sceleratus eodem attonitusque malis, exul mentisque domusque, |
Nur durch Iupiters Hand, und die Brüder im Streiche sich gleich sein. Lebend annoch wird schauen den eigenen Schatten der Seher Durch den entzogenen Grund, und es wird, an der Mutter den Vater Rächend, der Sohn in dem nämlichen Tun Pflicht üben und Frevel Und in Entsetzen und Angst, des Verstandes beraubt und der Heimat, |
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vultibus Eumenidum matrisque agitabitur umbris, donec eum coniunx fatale poposcerit aurum, cognatumque latus Phegeius hauserit ensis. tum demum magno petet hos Acheloia supplex ab Iove Calliroe natis infantibus annos |
Vom Eumenidengesicht und vom Schatten der Mutter verfolgt sein, Bis dass fordert von ihm das verderbliche Gold die Gemahlin Und das phegeische Schwert durchstößt die verschwägerte Seite.
Dann von Iupiter heischt Kallirrhoe, die Acheloos Zeugete, Alter wie dies für die zwei unmündigen Söhne, |
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addat, neve necem sinat esse ultoris inultam. Iuppiter his motus privignae dona nurusque praecipiet, facietque viros inpubibus annis.' Haec ubi faticano venturi praescia dixit ore Themis, vario superi sermone fremebant, |
Dass nicht ohne Vergelt lang bleibe der Mord des Vergelters. Iupiter aber gerührt nimmt dann der Schnur und des Stiefkinds Gabe voraus und macht unbärtige Knaben zu Männern.' Als mit verkündendem Mund die zukunftwissende Themis Solches gesagt, ward laut bei den Göttern verworrene Rede. |
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et, cur non aliis eadem dare dona liceret, murmur erat. queritur veteres Pallantias annos coniugis esse sui, queritur canescere mitis Iasiona Ceres, repetitum Mulciber aevum poscit Ericthonio, Venerem quoque cura futuri |
Warum anderen nicht dasselbe zu geben vergönnt sei,
Murmelte man. Es klagt, dass hoch an Jahren der Gatte, Pallas' Tochter; es klagt, dass grau ihr Iasion werde, Ceres, die gütige Macht, und für Erichthonios fordert Mulciber Jugend zurück; auch Venus gedenkt mit Besorgnis |
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tangit, et Anchisae renovare paciscitur annos. cui studeat, deus omnis habet; crescitque favore turbida seditio, donec sua Iuppiter ora solvit, et 'o! nostri siqua est reverentia,' dixit 'quo ruitis? tantumne aliquis sibi posse videtur, |
Künftiger Zeit und bedingt für Anchises Erneuung der Jahre. Jeglicher Gott ist für einen bedacht, und den lärmenden Aufruhr
Mehrt fürsorgliche Gunst, bis Iupiter endlich die Lippen Öffnet und spricht: 'O habt ihr vor uns noch einige Ehrfurcht, Wessen erkühnet ihr euch? Glaubt einer von euch sich vermögend, |
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fata quoque ut superet? fatis Iolaus in annos, quos egit, rediit. fatis iuvenescere debent Calliroe geniti, non ambitione nec armis. vos etiam, quoque hoc animo meliore feratis, me quoque fata regunt. quae si mutare valerem, |
Zwang zu tun dem Geschick? Das Geschick hat in die verlebte Zeit Iolaos versetzt; das Geschick lässt Jünglinge werden, Nicht einnehmendes Tun noch Waffen Kallirrhoes Söhne. Euch auch bannt, und dass ihr mit leichterem Mut es ertraget, Mich selbst bannt das Geschick. Hätt' ich die Gewalt es zu ändern, |
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nec nostrum seri curvarent Aeacon anni, perpetuumque aevi florem Rhadamanthus haberet cum Minoe meo, qui propter amara senectae pondera despicitur, nec quo prius ordine regnat.' Dicta Iovis movere deos; nec sustinet ullus, |
Sollte der Jahre Gewicht nicht unseren Aiakus beugen Und Rhadamanthys bestehn in dauernder Blüte des Lebens Und mein Minos dazu, der wegen der Bürde des herben Alters an Ansehen schwach nicht herrscht mit der früheren Ordnung.' Wirkung tat, was Iupiter sprach, und zu klagen erkühnt sich |
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cum videat fessos Rhadamanthon et Aeacon annis et Minoa, queri. qui, dum fuit integer aevi, terruerat magnas ipso quoque nomine gentes; tunc erat invalidus, Deionidenque iuventae robore Miletum Phoeboque parente superbum |
Keiner, da Aiakos auch sie sehen und mit Rhadamanthys Minos von Jahren erschöpft. Er, der in dem rüstigen Alter Mächtige Völker allein mit dem Klang des Namens erschreckte, War hinfällig anjetzt. Vor dem Deioniden Miletos, Dem Stolz weckte die Kraft der Jugend und Phoibos der Zeuger, |
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pertimuit, credensque suis insurgere regnis, haut tamen est patriis arcere penatibus ausus. sponte fugis, Milete, tua, celerique carina Aegaeas metiris aquas, et in Aside terra moenia constituis positoris habentia nomen. |
Ist er in Furcht; denn er glaubt, dass er sein Reich ihm zu nehmen Trachtet, und wagt doch nicht aus der Heimat ihn zu verweisen. Aber du gehst, Miletos, von selbst in die Fremde und steuerst Durch die aigaiische Flut mit eilendem Kiel und errichtest Mauern im asischen Land, die führen den Namen des Gründers. |
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hic tibi, dum sequitur patriae curvamina ripae, filia Maeandri totiens redeuntis eodem cognita Cyanee, praestanti corpora forma, Byblida cum Cauno, prolem est enixa gemellam. |
Dort nun, während sie ging am gewundenen Ufer des Vaters, Ward dir die Nymphe bekannt Kyaneia, welche Maiandros Zeugte, der oft umkehrende Strom, und Kinder gebar sie Schön vor allen an Wuchs, die Zwillinge Kaunos und Byblis. |
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7. Byblis (454-665) |
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Byblis in exemplo est, ut ament concessa puellae, |
Byblis warnt, dass nicht Unziemliches lieben die Mädchen. |
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Byblis Apollinei correpta cupidine fratris; non soror ut fratrem, nec qua debebat, amabat. illa quidem primo nullos intellegit ignes, nec peccare putat, quod saepius oscula iungat, quod sua fraterno circumdet bracchia collo; |
Byblis, erfasst von Begehr nach dem apollinischen Bruder,
Liebte ihn mehr als recht und nicht wie den Bruder die Schwester. Anfangs merkte sie zwar noch nichts von dem Feuer und glaubte Sträfliches nicht zu tun, dass öfter sie küsste den Bruder,
Dass sie vertraulich den Hals ihm oft umschlang mit den Annen, |
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mendacique diu pietatis fallitur umbra. paulatim declinat amor, visuraque fratrem culta venit, nimiumque cupit formosa videri et siqua est illic formosior, invidet illi. sed nondum manifesta sibi est, nullumque sub illo |
Und ward lange vom Schein ehrbaren Gefühles betrogen.
Aber die Liebe verirrt sich gemach, und den Bruder zu sehen Kommt sie geschmückt und begehrt zu sehr ihm schön zu erscheinen; Doch schaut eine sie dort, die schöner, beneidet sie diese. Noch nicht war sie indes sich klar, und unter dem Brande |
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igne facit votum, verumtamen aestuat intus. iam dominum appellat, iam nomina sanguinis odit, Byblida iam mavult, quam se vocet ille sororem. Spes tamen obscenas animo demittere non est ausa suo vigilans; placida resoluta quiete |
Regt sich in ihr kein Wunsch. Nur innerlich siedet und wallt es. Trautester nennt sie ihn schon, hasst schon den Namen des Blutes, Hört schon Byblis von ihm sich lieber geheißen als Schwester. Raum zu geben jedoch im Gemüt unlauterer Hoffnung Wagt sie im Wachen noch nicht. Umfangen von friedlichem Schlummer |
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saepe videt quod amat: visa est quoque iungere fratri corpus et erubuit, quamvis sopita iacebat. somnus abit; silet illa diu repetitque quietis ipsa suae speciem dubiaque ita mente profatur: 'me miseram! tacitae quid vult sibi noctis imago? |
Sieht den Geliebten sie oft. Mit dem Bruder den Leib zu vereinen Wähnt sie auch und errötet, obgleich im Schlummer sie ruhte. Weg ist der Schlaf. Lang schweigt sie und führt das Gebilde des Traumes
Wieder sich vor und beginnt dann also mit schwankem Gemüte: "Weh mir! Ach, was soll das Gesicht des verschwiegenen Dunkels? |
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quam nolim rata sit! cur haec ego somnia vidi? ille quidem est oculis quamvis formosus iniquis et placet, et possim, si non sit frater, amare, et me dignus erat. verum nocet esse sororem. dummodo tale nihil vigilans committere temptem, |
Warum sah ich den Traum, der nie sich verwirklichen möge?
Schön ist jener fürwahr auch noch so feindlichen Augen, Und er gefällt, und wär's mein Bruder nicht, könnt' ich ihn lieben; Würdig erschiene er mein. So bin ich zum Leide die Schwester. Wenn nur wachend ich nicht zu solchem Vergehen versucht bin, |
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saepe licet simili redeat sub imagine somnus! testis abest somno, nec abest imitata voluptas. pro Venus et tenera volucer cum matre Cupido, gaudia quanta tuli! quam me manifesta libido contigit! ut iacui totis resoluta medullis! |
Möge der Schlaf noch oft mir kehren mit ähnlichem Bilde. Fern sind Zeugen dem Traum, nicht fern gleichkommende Wonne. Venus du holde mitsamt dem beflügelten Sohne Cupido, Oh, was empfand ich für Lust! Wie deutlich gefühltes Entzücken Nahm mich dahin! Wie lag ich gelöst im innersten Marke! |
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ut meminisse iuvat! quamvis brevis illa voluptas noxque fuit praeceps et coeptis invida nostris. 'O ego, si liceat mutato nomine iungi, quam bene, Caune, tuo poteram nurus esse parenti! quam bene, Caune, meo poteras gener esse parenti! |
Wie ist Erinnerung süß, wenn kurz auch waren die Freuden Und zu eilig die Nacht und neidisch auf unser Beginnen! Stände Verein uns zu mit Wandel des Namens, wie leicht dann, Dass ich wäre die Schnur, o Kaunos, von deinem Erzeuger, Dass du Eidam wärst, o Kaunos, von meinem Erzeuger! |
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omnia, di facerent, essent communia nobis, praeter avos: tu me vellem generosior esses! nescioquam facies igitur, pulcherrime, matrem; at mihi, quae male sum, quos tu, sortita parentes, nil nisi frater eris. quod obest, id habebimus unum. |
Fügten die Götter es nur, dass alles wir außer den Ahnen Hätten gemein! Oh, wärst du edler als ich von Geschlechte! Irgend ein Weib wird also von dir, o Schönster, zur Mutter; Mir, der leider mit dir die selben Eltern geworden, Wirst nur Bruder du sein. Was hindert, das eine verbleibt uns. |
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quid mihi significant ergo mea visa? quod autem somnia pondus habent? an habent et somnia pondus? di melius! di nempe suas habuere sorores. sic Saturnus Opem iunctam sibi sanguine duxit, Oceanus Tethyn, Iunonem rector Olympi. |
Worauf deutet mir nun das Gesicht? Was haben denn aber Träume für Wert? Ob wirklichen Wert doch haben die Träume? Seien die Götter davor! Die freieten freilich die Schwestern. So nahm Ops zum Weibe der blutsverwandte Saturnus, Iuno der waltende Herr des Olympos, Okeanos Tethys. |
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sunt superis sua iura! quid ad caelestia ritus exigere humanos diversaque foedera tempto? aut nostro vetitus de corde fugabitur ardor, aut hoc si nequeo, peream, precor, ante toroque mortua componar, positaeque det oscula frater. |
Göttern besteht ihr besonderes Recht. Wie mag ich bemessen Nach ganz andrem Gesetz im Himmel die menschlichen Bräuche? Weggehn muss die verbotene Glut aus unserem Herzen, Oder vermag ich es nicht, so wünscht' ich lieber zu sterben Und auf der Bahre zu ruhn, dass er dann küsste die Tote. |
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et tamen arbitrium quaerit res ista duorum! finge placere mihi: scelus esse videbitur illi. 'At non Aeolidae thalamos timuere sororum! unde sed hos novi? cur haec exempla paravi? quo feror? obscenae procul hinc discedite flammae |
Und es verlangt doch auch Einwilligung zweier die Sache. Sei auch mir sie genehm, ihm wird sie Verbrechen erscheinen. Doch nicht scheuten das Bett der Schwestern des Aiolos Söhne. Aber warum sind die mir im Sinn? Was soll mir das Beispiel? Wohin wird' ich geführt? Weicht fern, unzüchtige Flammen! |
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nec, nisi qua fas est germanae, frater ametur! si tamen ipse mei captus prior esset amore, forsitan illius possem indulgere furori. ergo ego, quae fueram non reiectura petentem, ipsa petam! poterisne loqui? poterisne fateri? |
Nur, wie der Schwester erlaubt, soll fürder der Bruder geliebt sein. Wär' er jedoch von Liebe zu mir schon selber ergriffen, Könnt' ich gefällig vielleicht mich seinem Verlangen bequemen. Soll ich drum, die doch nicht hätte verschmäht den Bewerber, Werberin sein? Doch kannst du es sagen und ihm es gestehen? |
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coget amor, potero! vel, si pudor ora tenebit, littera celatos arcana fatebitur ignes.' Hoc placet, haec dubiam vicit sententia mentem. in latus erigitur cubitoque innixa sinistro 'viderit: insanos' inquit 'fateamur amores! |
Sehnsucht zwingt; ich kann's; und fesselt die Scham mir die Zunge, Kann ja ein heimlicher Brief das verstohlene Feuer bekennen." Dies sagt zu, und der Einfall vertreibt des Herzens Bedenken. Seitwärts hebt sie sich nun und spricht, auf die Beuge des linken Armes gestützt: "So sei's! Wir gestehen die rasende Liebe. |
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ei mihi, quo labor? quem mens mea concipit ignem?' et meditata manu componit verba trementi. dextra tenet ferrum, vacuam tenet altera ceram. incipit et dubitat, scribit damnatque tabellas, et notat et delet, mutat culpatque probatque
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Ach, wo komm' ich hin! Welch Feuer entzündet das Herz mir!" Und sie entwirft mit zitternder Hand das erwogene Schreiben, Hält in der Rechten den Stift, das geglättete Wachs in der Linken,
Fängt an, zögert und sinnt; sie schreibt und verwirft das Geschriebne,
Zeichnet von neuem und streicht; sie ändert und tadelt und billigt, |
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inque vicem sumptas ponit positasque resumit. quid velit ignorat; quicquid factura videtur, displicet. in vultu est audacia mixta pudori. scripta 'soror' fuerat; visum est delere sororem verbaque correctis incidere talia ceris: |
Öfter im Wechsel das Blatt weglegend und wieder ergreifend Weiß sie nicht, was sie will; was immer sie scheint zu erwählen, Ist nicht recht. Im Gesicht liegt Scham nicht minder wie Kühnheit. "Schwester" bereits stand da. Sie beschließt den Namen zu tilgen Und ins gestrichene Wachs zu graben die folgenden Worte: |
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'quam, nisi tu dederis, non est habitura salutem, hanc tibi mittit amans: pudet, a, pudet edere nomen, et si quid cupiam quaeris, sine nomine vellem posset agi mea causa meo, nec cognita Byblis ante forem, quam spes votorum certa fuisset. |
"Glück, das ihr nicht wird, wenn du ihr nicht es gewährest, Wünscht dir der Liebenden Gruß. Sie schämt sich, den Namen zu sagen. Und wenn nach dem Begehr du mich fragst: oh, ließe die Sache Ohne den Namen sich nur abtun, und es bliebe dir Byblis Unerkannt, bis erst ihr gesichert der Wünsche Gewährung! |
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'Esse quidem laesi poterat tibi pectoris index et color et macies et vultus et umida saepe lumina nec causa suspiria mota patenti et crebri amplexus, et quae, si forte notasti, oscula sentiri non esse sororia possent. |
Zwar wohl konnten bereits das verwundete Herz dir verraten Farbe und schwindender Leib und die Augen in Tränen, die Mienen, Ohne bemerkbaren Grund oftmals aufsteigende Seufzer Und die Umarmungen all und die Küsse, daran zu verspüren, Wenn du vielleicht Acht gabst, dass schwesterlich nicht sie gewesen. |
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ipsa tamen, quamvis animo grave vulnus habebam, quamvis intus erat furor igneus, omnia feci (sunt mihi di testes), ut tandem sanior essem, pugnavique diu violenta Cupidinis arma effugere infelix, et plus, quam ferre puellam |
Aber obwohl ich trug im Gemüt die brennende Wunde, Ob auch innen die Glut wild loderte, alles versucht' ich – Götter bezeugen es mir - dass endlich mir würde Genesung; Ach, und ich war zu entfliehn den gewaltsamen Waffen Cupidos Lange bemüht, und mehr, als deines Erachtens ein Mädchen |
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posse putes, ego dura tuli. superata fateri cogor, opemque tuam timidis exposcere votis. tu servare potes, tu perdere solus amantem: elige, utrum facias. non hoc inimica precatur, sed quae, cum tibi sit iunctissima, iunctior esse |
Irgend vermag, hielt stark ich aus. Nun muss ich bekennen, Dass ich erlag, und bei dir Heil suchen mit schüchternem Wunsche. Du kannst retten allein die Liebende, du sie verderben. Tue denn, was dir beliebt. Nicht ist es die Bitte der Feindin, Sondern es fleht die, schon so nah, dir näher zu stehen |
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expetit et vinclo tecum propiore ligari. iura senes norint, et quid liceatque nefasque fasque sit, inquirant, legumque examina servent. conveniens Venus est annis temeraria nostris. quid liceat, nescimus adhuc, et cuncta licere |
Wünscht und mit dir gern wäre verknüpft durch engere Bande. Mögen das Recht die Greise verstehn und forschen, was statthaft, Was ein Vergehn, was nicht, und an Satzungen ängstlich sich halten: Unseren Jahren gemäß ist keck sich nähernde Liebe. Noch nicht wissen wir ja, was erlaubt ist, und wir erachten |
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credimus, et sequimur magnorum exempla deorum. nec nos aut durus pater aut reverentia famae aut timor impediet: tantum sit causa timendi, dulcia fraterno sub nomina furta tegemus. est mihi libertas tecum secreta loquendi, |
Alles erlaubt und tun nach dem Vorbild mächtiger Götter. Strenge des Vaters dazu so wenig wie Scheu vor dem Leumund Hindern uns dann, noch Furcht. Was hätten wir auch zu befürchten? Unsre verstohlene Lust deckt leicht das Geschwisterverhältnis. Freiheit steht mir zu, mit dir im geheimen zu reden; |
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et damus amplexus, et iungimus oscula coram. quantum est, quod desit? miserere fatentis amorem, et non fassurae, nisi cogeret ultimus ardor, neve merere meo subscribi causa sepulchro.' Talia nequiquam perarantem plena reliquit |
Offen umarmen wir uns vor allen und küssen einander. Wie viel fehlt da noch? Dich rühre der Liebe Geständnis, Das nie wäre getan, wenn Not nicht hätte gezwungen. Zieh dir die Schuld nicht zu, dass dich anklage mein Grabstein!" Jetzt, da solches umsonst sie geschrieben, versagte das volle |
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cera manum, summusque in margine versus adhaesit.
protinus inpressa signat sua crimina gemma, quam tinxit lacrimis (linguam defecerat umor): deque suis unum famulis pudibunda vocavit, et pavidum blandita 'fer has, fidissime, nostro' |
Wachs sich der Hand, und gedrängt an den Rand ist die unterste Zeile. Gleich nun siegelt sie zu ihr Verbrechen mit drückendem Steine, Den sie mit Tränen benetzt. An Feuchte gebrach es der Zunge. Einen der Diener berief sie darauf schamrot, und befangen Sprach sie zu ihm mit freundlichem Wort: "Dies bringe, Getreuer, |
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dixit, et adiecit longo post tempore 'fratri.' cum daret, elapsae manibus cecidere tabellae. omine turbata est, misit tamen. apta minister tempora nactus adit traditque latentia verba. attonitus subita iuvenis Maeandrius ira |
Meinem", lange nachher erst sagte sie "meinem Bruder." Als sie es gab, fiel nieder, der Hand entglitten, das Schreiben. Ob sie die Warnung schreckt, doch schickt sie es. Passenden Zeitpunkt Findet der Diener zu nahn und liefert den heimlichen Brief ab. Bebend in plötzlichem Zorn wirft hin der maiandrische Jüngling, |
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proicit acceptas lecta sibi parte tabellas, vixque manus retinens trepidantis ab ore ministri, 'dum licet, o vetitae scelerate libidinis auctor, effuge!' ait 'qui, si nostrum tua fata pudorem non traherent secum, poenas mihi morte dedisses.' |
Eh' er es noch ganz las, das empfangene Schreiben mit Abscheu. Kaum abhaltend die Hand vom Gesicht des zitternden Dieners Ruft er: "Verbotener Lust fluchwürdiger Bote, entfliehe, Weil du noch kannst! Wenn nur dein Tod nicht unsere Schande Nach sich zöge, fürwahr, du hättest gebüßt mit dem Leben." |
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ille fugit pavidus, dominaeque ferocia Cauni dicta refert. palles audita, Bybli, repulsa, et pavet obsessum glaciali frigore corpus. mens tamen ut rediit, pariter rediere furores, linguaque vix tales icto dedit aere voces: |
Jener entflieht voll Angst und berichtet der Herrin des Kaunos Ausbruch. Wie du vernimmst die Weigerung, Byblis, erbleichst du, Und es erstarrt dein Leib, von eisiger Kälte besessen. Mit der Besinnung jedoch ist wiedergekommen der Wahnsinn, Und kaum erregend die Luft schickt folgende Worte die Zunge: |
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'et merito! quid enim temeraria vulneris huius indicium feci? quid, quae celanda fuerunt, tam cito commisi properatis verba tabellis? ante erat ambiguis animi sententia dictis praetemptanda mihi. ne non sequeretur euntem, |
"Ganz nach Verdienst! Warum auch hab' ich verraten die Wunde Ohne Bedacht; warum, was noch zu verhehlen gewesen, So voreilig vertraut dem allzu schleunigen Briefe? Vorher musst' ich mir erst, wie jener gesonnen, erforschen Mit zweideutigem Wort. Auf dass sie der Fahrenden folgte, |
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parte aliqua veli, qualis foret aura, notare debueram, tutoque mari decurrere, quae nunc non exploratis inplevi lintea ventis. auferor in scopulos igitur, subversaque toto obruor oceano, neque habent mea vela recursus. |
Musst' ich merken zuvor am Stand des Segels, von wannen Wehte die Luft, und bei sicherem Meer auslaufen. Die Linnen Hab' ich mit Winden geschwellt, danach ich zu spähen versäumte. So nun werd' ich an Klippen gejagt, und das wogende Weltmeer Deckt die Versunkene zu, und zurück kann nimmer mein Segel. |
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'Quid quod et ominibus certis prohibebar amori indulgere meo, tum cum mihi ferre iubenti excidit et fecit spes nostras cera caducas? nonne vel illa dies fuerat, vel tota voluntas, sed potius mutanda dies? deus ipse monebat |
Ja, mich mahnte ja auch ein untrügliches Zeichen, der Liebe Nicht willfährig zu sein, da, als mir das Wachs bei dem Auftrag Eben fiel aus der Hand und wankend mir machte die Hoffnung. Musst' ich nicht von dem Tag, vielleicht von dem ganzen Beginnen, Doch wohl nur von dem Tag, abstehn? Mich warnte die Gottheit |
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signaque certa dabat, si non male sana fuissem. et tamen ipsa loqui, nec me committere cerae debueram, praesensque meos aperire furores. vidisset lacrimas, vultum vidisset amantis; plura loqui poteram, quam quae cepere tabellae. |
Selber mit deutlichem Wink, wenn ich nicht von Sinnen gewesen. Aber ich musst' auch selbst, anstatt mich dem Wachs zu vertrauen, Reden und Aug' in Aug' ihm entdecken der Sinne Betörung. Tränen hätt' er gesehn und gesehen der Liebenden Züge; Mehr dann könnt' ich ihm sagen, als Raum auf dem Blatte gefunden, |
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invito potui circumdare bracchia collo, et, si reicerer, potui moritura videri amplectique pedes, adfusaque poscere vitam. omnia fecissem, quorum si singula duram flectere non poterant, potuissent omnia, mentem. |
Konnte den Hals mit dem Arm trotz seines Erwehrens umfangen, Wenn er zurück mich stieß, als Beute des Todes erscheinen, Dringlich umfassen die Knie und liegend mein Leben erflehen. All das hätt' ich getan, und vermochte zu beugen den harten Sinn nicht eines allein, so hätt' es vermocht das Gesamte. |
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forsitan et missi sit quaedam culpa ministri: non adiit apte, nec legit idonea, credo, tempora, nec petiit horamque animumque vacantem. 'Haec nocuere mihi. neque enim est de tigride natus nec rigidas silices solidumve in pectore ferrum |
Einige Schuld vielleicht auch trägt der gesendete Diener. Störend erschien er gewiss und ersah nicht, wie ich vermute, Schickliche Zeit und nahm nicht wahr die Stunde der Muße. Das nur schadete mir. Kein Tiger ja hat ihn geboren, Sprödes Gestein auch trägt er ja nicht, noch starrendes Eisen,
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aut adamanta gerit, nec lac bibit ille leaenae. vincetur! repetendus erit, nec taedia coepti ulla mei capiam, dum spiritus iste manebit. nam primum, si facta mihi revocare liceret, non coepisse fuit: coepta expugnare secundum est. |
Noch auch Stahl in der Brust, noch ist er gesäugt von der Löwin. Sieg ist gewiss. Neu sei es versucht! Nichts soll mir verleiden Mein Vorhaben hinfort, so lang ich den Atem behalte. War es das Erste - wofern ich könnte Geschehenes ändern -
Nicht zu beginnen, so ist das Begonnene enden das Zweite. |
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quippe nec ille potest, ut iam mea vota relinquam, non tamen ausorum semper memor esse meorum. et, quia desierim, leviter voluisse videbor, aut etiam temptasse illum insidiisque petisse, vel certe non hoc, qui plurimus urget et urit |
Jener vermag ja doch, auch wenn ich entsagte dem Wunsche, Niemals, was ich gewagt, zu verdrängen aus seinem Gedächtnis. Schein auch wäre, dieweil ich verzichtete, dass ich im Wollen Schwach war oder ihn gar versuchte und Schlingen ihm legte; Mindestens bliebe Verdacht, dass nicht der Gott, der gewaltig |
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pectora nostra, deo, sed victa libidine credar; denique iam nequeo nil commisisse nefandum. et scripsi et petii: reserata est nostra voluntas; ut nihil adiciam, non possum innoxia dici. quod superest, multum est in vota, in crimina parvum.' |
Brannte und brennt in der Brust, mich nötigte, sondern Gelüste. Kurz, ich vermag nicht mehr rückgängig zu machen die Schande; Schrift und Gesuch sind da, und befleckt ist unsre Gesinnung. Tu' ich dazu auch nichts, schuldfrei kann nimmer ich heißen. Was noch übrig, ist viel für den Wunsch, nicht viel für die Sünde." |
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dixit, et (incertae tanta est discordia mentis), cum pigeat temptasse, libet temptare. modumque exit et infelix committit saepe repelli. mox ubi finis abest, patriam fugit ille nefasque, inque peregrina ponit nova moenia terra. |
Sprach's, und - also besteht im schwankenden Herzen Entzweiung - Ob sie bereut den Versuch, sie erneute ihn doch, und die Arme Hält nicht Maß und macht, dass oft sie Verweigerung leidet. Als kein Ende zu sehn, geht fern von Verbrechen und Heimat Kaunos und baut auf fremdem Gebiet neu steigende Mauern. |
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Tum vero maestam tota Miletida mente defecisse ferunt, tum vero a pectore vestem diripuit planxitque suos furibunda lacertos; iamque palam est demens, inconcessaeque fatetur spem veneris, siquidem patriam invisosque penates |
Da nun, kündet die Mär, kam ganz von Sinnen Miletos' Tochter in Jammer und Leid; da riss sie das Kleid voneinander Vorn an der Brust und schlug sich die Arme in wilder Verzweiflung. Offen bekennt sie verstört ihr Trachten nach frevelnder Buhlschaft; Dann, da Land und Penaten sie hasst, wo nichts ihr zu hoffen, |
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deserit, et profugi sequitur vestigia fratris. utque tuo motae, proles Semeleia, thyrso Ismariae celebrant repetita triennia bacchae, Byblida non aliter latos ululasse per agros Bubasides videre nurus. quibus illa relictis |
Macht sie sich auf und verfolgt die Spuren des flüchtigen Bruders. Wie dreijährliches Fest die ismarischen Bakchen begehen, Die dein Thyrsos erfüllt mit dem Geist, o Semeles Sprössling, So ward Byblis gesehn, wie durch die Gefilde sie heulte, Von den bubasischen Fraun. Als die sie verlassen, durchirrt sie |
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Caras et armiferos Lelegas Lyciamque pererrat. iam Cragon et Limyren Xanthique reliquerat undas, quoque Chimaera iugo mediis in partibus ignem, pectus et ora leae, caudam serpentis habebat. deficiunt silvae, cum tu lassata sequendo |
Karer und Leleger stark im Streit und der Lykier Landschaft. Limyre ließ sie und Kragos zurück und die Wellen des Xanthos Und das Gebirge, woselbst Chimaira das Feuer im Innern Trug mit der Löwin Gesicht und Brust und dem Schweife der Schlange. Wald zum Suchen gebricht; da sinkst du, Byblis, zu Boden |
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concidis, et dura positis tellure capillis, Bybli, iaces, frondesque tuo premis ore caducas. saepe illam nymphae teneris Lelegeides ulnis tollere conantur, saepe, ut medeatur amori, praecipiunt, surdaeque adhibent solacia menti. |
Von dem Verfolgen erschöpft, und das Haar auf die Erde gebettet Liegst du gestreckt und drückst das gefallene Laub mit dem Antlitz. Oft nun suchen empor sie zu richten lelegische Nymphen Mit unkräftigem Arm, und dass sie beherrsche die Liebe, Mahnen sie oft und sprechen Trost nur taubem Gemüte. |
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muta iacet, viridesque suis tenet unguibus herbas Byblis, et umectat lacrimarum gramina rivo. naidas his venam, quae numquam arescere posset, subposuisse ferunt. quid enim dare maius habebant?
protinus, ut secto piceae de cortice guttae, |
Stumm liegt Byblis und hält mit den Nägeln den grünenden Rasen Krampfhaft fest und befeuchtet das Gras mit dem Strome der Zähren Diesen verliehen darauf zufolge der Mär die Naiaden Nimmer versiegenden Quell. Was konnten sie Größeres geben? Sieh, wie tropfendes Harz aus geschnittener Rinde der Föhre |
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utve tenax gravida manat tellure bitumen; utve sub adventu spirantis lene favoni sole remollescit quae frigore constitit unda; sic lacrimis consumpta suis Phoebeia Byblis vertitur in fontem, qui nunc quoque vallibus illis |
Oder wie klebendes Pech aus der zeugenden Erde hervorquillt, Wie von der Sonne erweicht beim Nahn sanftwehender Weste Wieder die Welle zergeht, die starr vom Froste gestanden: So auch löste sich auf in Tränen die phoibische Byblis, Bis sie geworden zum Born, der jetzt noch dorten im Tale |
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nomen habet dominae, nigraque sub ilice manat. |
Führet den Namen von ihr und sprudelt an dunkeler Eiche. |
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8. Iphis (666-797) |
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Fama novi centum Cretaeas forsitan urbes implesset monstri, si non miracula nuper Iphide mutata Crete propiora tulisset. proxima Cnosiaco nam quondam Phaestia regno |
Leicht wohl hätte der Ruf von der Wundergeschichte die hundert Kretischen Städte erfüllt, wenn nicht in der Iphis Verwandlung Kreta hätte gezeigt erst neulich ein näheres Wunder. Phaistos' Gebiet, das nah beim gnosischen Reiche gelegen, |
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progenuit tellus ignotum nomine Ligdum, ingenua de plebe virum, nec census in illo nobilitate sua maior, sed vita fidesque inculpata fuit. gravidae qui coniugis aures vocibus his monuit, cum iam prope partus adesset. |
Hatte den Ligdos gezeugt vor Zeiten, der niederen Bürger Einen, von keinem gekannt. Auch war nicht größer der Reichtum, Als sein Adel es war; doch stand er im Leben und Wandel Rein von Tadel und Schuld. Der sprach zu der schwangeren Gattin Also das mahnende Wort, als nahte die Zeit der Entbindung: |
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'quae voveam, duo sunt: minimo ut relevere dolore, utque marem parias. onerosior altera sors est, et vires fortuna negat. quod abominor, ergo edita forte tuo fuerit si femina partu, - invitus mando; pietas, ignosce! - necetur.' |
"Zwiefach ist mein Wunsch: dass wenig von Schmerzen du leidest Und mir ein Knäblein bringst. Das andre Geschlecht ist zur Bürde, Und es versagt uns Mittel das Glück. Wenn also - der Himmel Wahre davor! - du ein Mädchen gebierst - mit weigerndem Herzen Sag' ich es; Vatergesinnung, vergib -, so sei es getötet." |
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dixerat, et lacrimis vultum lavere profusis, tam qui mandabat, quam cui mandata dabantur. sed tamen usque suum vanis Telethusa maritum sollicitat precibus, ne spem sibi ponat in arto. certa sua est Ligdo sententia. iamque ferendo |
Also sagte der Mann, und sie netzten mit Tränen das Antlitz, Er, der solches befahl, wie sie, der solcher Befehl ward. Eitle Bitten indes bei dem Gatten versucht Telethusa Unablässig, ihr nicht so eng zu beschränken die Hoffnung. Ligdos beharrt bei seinem Entschluss. Schon konnte die Mutter |
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vix erat illa gravem maturo pondere ventrem, cum medio noctis spatio sub imagine somni Inachis ante torum, pompa comitata sacrorum, aut stetit aut visa est. inerant lunaria fronti cornua cum spicis nitido flaventibus auro |
Kaum noch tragen den Schoß, mit der zeitigen Bürde belastet, Als in der Mitte der Nacht im Gebilde des Traums vor dem Lager Inachos' Tochter ihr stand, vom Gefolge der Ihren begleitet, Oder zu stehn doch wenigstens schien. Mondähnliche Hörner Zierten die Stirn und gefügt zu Ähren von glänzendem Golde
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et regale decus; cum qua latrator Anubis, sanctaque Bubastis, variusque coloribus Apis, quique premit vocem digitoque silentia suadet; sistraque erant, numquamque satis quaesitus Osiris, plenaque somniferis serpens peregrina venenis. |
Prangende Königszier. Mit kamen der Beller Anubis, Apis gefleckt am Leib und die heilig verehrte Bubastis, Auch, der bannet den Laut und Schweigen gebeut mit dem Finger, Klappern dazu und der nie zur Genüge gesuchte Osiris Und mit dem Schlaf einflößenden Gift die ägyptische Schlange.
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tum velut excussam somno et manifesta videntem sic adfata dea est: 'pars o Telethusa mearum, pone graves curas, mandataque falle mariti. nec dubita, cum te partu Lucina levarit, tollere quicquid erit. dea sum auxiliaris opemque |
Da hob an die Göttin zu ihr, die wie aus dem Schlummer Plötzlich erwacht klar sah: "Telethusa, du eine der Meinen, Lass die befangende Furcht und umgehe des Gatten Befehle. Hebe getrost nur auf, sobald dich entbindet Lucina, Was es auch sei! Ich bin die helfende Macht und gebeten |
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exorata fero; nec te coluisse quereris ingratum numen.' monuit, thalamoque recessit. laeta toro surgit, purasque ad sidera supplex Cressa manus tollens, rata sint sua visa, precatur. Ut dolor increvit, seque ipsum pondus in auras |
Bin ich zum Beistand nah, und des Undanks sollst du die Gottheit, Die du verehrst, nicht zeihn." So mahnend verließ sie die Kammer.
Froh aufstehend erhebt die Kreterin saubere Hände Demutsvoll zu den Sternen und fleht um des Traumes Erfüllung. Wie sich die Schmerzen gemehrt und die Bürde sich selber zum Lichte
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expulit, et nata est ignaro femina patre, iussit ali mater puerum mentita. fidemque res habuit, neque erat ficti nisi conscia nutrix. vota pater solvit, nomenque inponit avitum: Iphis avus fuerat. gavisa est nomine mater, |
Drängt und ein Mädchen erscheint, darum nicht wusste der Vater, Heißt es die Mutter erziehn als erlogenen Knaben, und Glauben Fand der Betrug, und der Amme allein war kund das Geheimnis. Ligdos erfüllt sein Gelübde und nennt das Kind nach dem Ahne:
Iphis war er genannt. Lieb war der Name der Mutter, |
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quod commune foret, nec quemquam falleret illo. inde incepta pia mendacia fraude latebant. cultus erat pueri; facies, quam sive puellae, sive dares puero, fuerat formosus uterque. Tertius interea decimo successerat annus: |
Weil im Zweifel er ließ, und keinen mit diesem sie täuschte. So blieb undurchschaut durch frommen Betrug die Verhehlung. Knaben gemäß war die Tracht; das Antlitz, sei es dem Mädchen Oder dem Knaben verliehen, schön musste ein jedes erscheinen. Als drei Jahre bereits nun waren gefolgt auf das zehnte, |
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cum pater, Iphi, tibi flavam despondet Ianthen, inter Phaestiadas quae laudatissima formae dote fuit virgo, Dictaeo nata Teleste. par aetas, par forma fuit, primasque magistris accepere artes, elementa aetatis, ab isdem. |
Wird dir, Iphis, verlobt von dem Vater die blonde Ianthe, Die, von Telestes gezeugt dem Diktaier, an Gabe der Schönheit Weit die gepriesenste war von den Jungfraun allen in Phaistos. Gleich war Alter dem Paar und Gestalt, und die früheste Bildung Lernten sie auch und des Wissens Beginn bei den nämlichen Lehrern. |
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hinc amor ambarum tetigit rude pectus, et aequum vulnus utrique dedit, sed erat fiducia dispar: coniugium pactaeque exspectat tempora taedae, quamque virum putat esse, virum fore credit Ianthe; Iphis amat, qua posse frui desperat, et auget |
So schlich Liebe sich ein in die jungen Gemüter, und beide Litten sie gleich vom Drang, doch ungleich war die Erwartung. Froher Vereinigung harrt und bedungener Fackeln Ianthe, Und den vermeintlichen Mann hofft bald sie den ihren zu nennen. Iphis ersehnt, was sie niemals hofft zu genießen, und steigert |
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hoc ipsum flammas, ardetque in virgine virgo, vixque tenens lacrimas 'quis me manet exitus,' inquit 'cognita quam nulli, quam prodigiosa novaeque cura tenet Veneris? si di mihi parcere vellent, parcere debuerant; si non, et perdere vellent, |
Dadurch eben die Glut, und die Jungfrau brennt für die Jungfrau. Kaum jetzt hält sie die Tränen und spricht: "Was harrt für ein Ausgang Mein, die denket an neuen Verein mit nimmer erhörtem Unnatürlichem Wunsch? Ach, wollten die Götter mich schonen, Hätten sie töten mich müssen; und wollten sie nicht mich töten, |
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naturale malum saltem et de more dedissent. nec vaccam vaccae, nec equas amor urit equarum: urit oves aries, sequitur sua femina cervum. sic et aves coeunt, interque animalia cuncta femina femineo conrepta cupidine nulla est. |
Mussten sie schicken ein Leid, das Natur gut heißet und Sitte. Nie treibt Liebe die Kuh zur Kuh, zur Stute die Stute; Wollvieh brennt für den Widder; nachgeht dem Hirsche die Hindin; Vögel begatten sich so, und unter den sämtlichen Tieren Ist kein Weibchen von Brunst nach anderem Weibchen ergriffen. |
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vellem nulla forem! ne non tamen omnia Crete monstra ferat, taurum dilexit filia Solis, femina nempe marem. meus est furiosior illo, si verum profitemur, amor. tamen illa secuta est spem Veneris; tamen illa dolis et imagine vaccae |
Wär' ich nicht auf der Welt! Und doch, dass Kreta erzeuge Jegliche Unnatur, Sols Tochter begehrte des Stieres, Freilich des Mannes das Weib. Mich treibt, zu gestehen die Wahrheit, Mehr denn sie sinnraubende Glut: sie durfte doch hoffen Auf den Genuss; sie paarte sich doch in dem Bilde der Färse |
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passa bovem est, et erat, qui deciperetur, adulter. huc licet ex toto sollertia confluat orbe, ipse licet revolet ceratis Daedalus alis, quid faciet? num me puerum de virgine doctis artibus efficiet? num te mutabit, Ianthe? |
Schlau mit dem Stier, und es war ihr vergönnt, zu verführen den Buhlen. Fände der Scharfsinn hier sich zusammen von allen den Landen, Flöge zurück auch Daidalos selbst mit den wächsernen Schwingen:
Was kann Daidalos tun? Kann mich vom Mädchen zum Knaben Wandeln die schaffende Kunst? Kann dich sie verwandeln, Ianthe? |
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'Quin animum firmas, teque ipsa recolligis, Iphi,
consiliique inopes et stultos excutis ignes? quid sis nata, vide, nisi te quoque decipis ipsam, et pete quod fas est, et ama quod femina debes! spes est, quae faciat, spes est, quae pascat amorem. |
Warum stählest du nicht dein Herz und ermannest dich selber, Iphis, und drängst aus dem Herzen die Glut so töricht und ratlos?
Sieh, wie Natur dich schuf, wenn nicht auch selbst du dich täuschest; Trachte nach Möglichem nur und dem Weibe Geziemendes liebe. Hoffnung allein ruft Liebe hervor, nur Hoffnung erhält sie. |
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hanc tibi res adimit. non te custodia caro arcet ab amplexu, nec cauti cura mariti, non patris asperitas, non se negat ipsa roganti, nec tamen est potiunda tibi, nec, ut omnia fiant, esse potes felix, ut dique hominesque laborent. |
Diese benimmt das Geschlecht. Dich hält nicht wachende Aufsicht, Noch auch die Hut des besorgten Gemahls, noch die Härte des Vaters Ab von dem süßen Umfangen; nicht weigert sich selbst die Begehrte.
Dennoch bleibt dir versagt ihr Besitz; ob alles geschähe, Dein wird nimmer das Glück, und mühten sich Götter und Menschen. |
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nunc quoque votorum nulla est pars vana meorum, dique mihi faciles, quicquid valuere, dederunt; quodque ego, vult genitor, vult ipsa, socerque futurus. at non vult natura, potentior omnibus istis, quae mihi sola nocet. venit ecce optabile tempus, |
Zwar ist mir zur Zeit nicht einer der Wünsche vereitelt:
Gnädig gewährten mir, was nur sie vermochten, die Götter; Was ich will, will sie, der Erzeuger, der künftige Schwäher. Doch die Natur will's nicht, die mächtiger ist als sie alle; Sie nur steht mir im Weg. Es erscheint die erwartete Stunde; |
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luxque iugalis adest, et iam mea fiet Ianthe -
nec mihi continget: mediis sitiemus in undis. pronuba quid Iuno, quid ad haec, Hymenaee, venitis sacra, quibus qui ducat abest, ubi nubimus ambae?' pressit ab his vocem. nec lenius altera virgo |
Da ist der Hochzeitstag; mein wird nun werden Ianthe; Doch eins werden wir nicht. Wir dürsten inmitten der Wellen. Ach, was naht ihr dem Fest, Hymenaios und ehliche Iuno, Wo kein Bräutigam ist und wo zwei Bräute sich freien?" Damit schwieg ihr Mund. Glut wallt in der anderen Jungfrau |
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aestuat, utque celer venias, Hymenaee, precatur. quae petit, haec Telethusa timens modo tempora differt, nunc ficto languore moram trahit, omina saepe visaque causatur. sed iam consumpserat omnem materiam ficti, dilataque tempora taedae |
Ebenso heiß, und sie wünscht, dass bald du erscheinst, Hymenaios. Fürchtend, was diese ersehnt, stellt weitere Frist Telethusa, Sucht durch erdichtete Krankheit Verzug; nimmt dann sich zum Vorwand Träume und Vorzeichen oft. Nun hatte sie aber den Vorrat Schlauer Erfindung erschöpft; die verschobene Zeit der Vermählung |
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institerant, unusque dies restabat. at illa
crinalem capiti vittam nataeque sibique detrahit, et passis aram complexa capillis 'Isi, Paraetonium Mareoticaque arva Pharonque quae colis, et septem digestum in cornua Nilum: |
Rückte heran, und es blieb ein Tag noch. Da von dem Haupte Zieht sie die Binde des Haars sich selber herab und der Tochter, Und sie beginnt, den Altar mit entfesselten Haaren umfassend: "Isis, die du bewohnst mareotische Fluren und Pharos Und Paraitonion liebst und den siebengemündeten Nilstrom, |
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fer, precor,' inquit 'opem, nostroque medere timori!
te, dea, te quondam tuaque haec insignia vidi cunctaque cognovi, sonitum comitantiaque aera sistrorum, memorique animo tua iussa notavi. quod videt haec lucem, quod non ego punior, ecce |
Hilf, so fleh' ich zu dir, und lass von der Furcht uns genesen! Vormals sah ich dich schon, o Göttin, und dies dein Geräte; Alles, der Klappern Getön und die Fackeln des folgenden Zuges, Nahm ich wahr und behielt dein Geheiß im gedenkenden Herzen. Dass sie schaut das Licht, dass mich nicht Strafe getroffen, |
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consilium munusque tuum est. miserere duarum, auxilioque iuva!' lacrimae sunt verba secutae. visa dea est movisse suas (et moverat) aras, et templi tremuere fores, imitataque lunam cornua fulserunt, crepuitque sonabile sistrum. |
Ist dein Rat, ist Gabe von dir. Erbarme dich beider, Stehe mit Hilfe uns bei!" Und es folgten Tränen den Worten. Da schien ihren Altar zu bewegen die Göttin - und wirklich War's auch so -, und das Tor am Tempel erbebt, und die Hörner Ähnlich dem Mond sind licht, und es rasselt die tönende Klapper.
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non secura quidem, fausto tamen omine laeta mater abit templo. sequitur comes Iphis euntem, quam solita est, maiore gradu, nec candor in ore permanet, et vires augentur, et acrior ipse est vultus, et incomptis brevior mensura capillis, |
Ruhig noch nicht, doch froh des glücklichen Zeichens begibt sich Jene vom Tempel hinweg. Ihr folgt als Begleiterin Iphis, Aber mit größerem Schritt als sonst; auch bleibet die Weiße Nicht im Gesicht, und es mehrt sich die Kraft, und die Mienen erhalten Schärferen Zug und kürzeres Maß die entbundenen Haare. |
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plusque vigoris adest, habuit quam femina. nam quae femina nuper eras, puer es! date munera templis, nec timida gaudete fide! dant munera templis, addunt et titulum: titulus breve carmen habebat: dona puer solvit, quae femina voverat Iphis. |
Mut auch, wie er im Weib nicht war, drängt jetzt; denn ein Jüngling Bist du, die du ein Weib jüngst warst. Bringt Gaben zum Tempel, Freut euch vollen Vertrauens! Sie kommen mit Gaben zum Tempel; Inschrift setzen sie auch. Die fasste den kurzen Gedenkspruch: "Was er als Mädchen gelobt, hier widmet es Iphis als Jüngling." |
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postera lux radiis latum patefecerat orbem, cum Venus et Iuno sociosque Hymenaeus ad ignes conveniunt, potiturque sua puer Iphis Ianthe. |
Wiederum hatte das Licht mit den Strahlen erschlossen den Erdkreis, Als zum Vermählungsfest Hymenaios und Venus und Iuno Kommen und Iphis als Mann sich vereinigt mit seiner Ianthe. |
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Übersetzung nach R.Suchier bearbeitet von E.Gottwein |
Sententiae excerptae: Lat. zu "Ov" und "met"49
bella gerant alii, tu, felix Austria, nube! bella gerant alii, Protesilaus amet!)
Andere mögen Krieg führen, du, glückliches Österreich heirate! Andere mögen Krieg führen, du Protesilaos liebe!)
*Ov.her.13,82
224
perlucidior vitro
durchsichtiger als Glas
Hor.c.1,18,16 (cf.Ov.met.13,791)
105
Labitur occulte fallitque volatilis aetas.
Unbemerkt entgleitet und täuscht uns die flüchtige Zeit.
Ov.met.10,519
120
nihil est annis velocius
nichts ist schneller als die Jahre
Ov.met.10,520
860
Qui timet amicum, vim non novit nominis.
Wer Angst hat vor dem Freund, verkennt des Wortes Sinn.
Publil.Syr.Q40
Literatur: zu "Ovid" und "met.9,"
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