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1. Glaucus
und Circe (1-74) |
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Iamque Giganteis iniectam faucibus Aetnen arvaque Cyclopum, quid rastra, quid usus aratri, nescia nec quicquam iunctis debentia bubus liquerat Euboicus tumidarum cultor aquarum, |
Aitnas lastenden Berg, der liegt auf gigantischer Kehle,
Und der Kyklopen Gefild, das nichts vom Karst und des Pfluges Nutzung weiß und nichts jochtragenden Stieren verdanket, Ließ der Euboier zurück, der Bewohner geschwollener Wasser; |
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liquerat et Zanclen adversaque moenia Regi navifragumque fretum, gemino quod litore pressum Ausoniae Siculaeque tenet confinia terrae. inde manu magna Tyrrhena per aequora vectus herbiferos adiit colles atque atria Glaucus |
Zankle ließ er zurück und jenseits Rhegiums Mauern Und den zerschellenden Sund, der gezwängt vom doppelten Strande So dem ausonischen Land angrenzt wie dem Sikulereiland. Drauf mit gewaltiger Hand die tyrrhenischen Wogen durchschwimmend, Nahete Glaukos den Höhn voll Kraut und der sonnenerzeugten |
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Sole satae Circes, variarum plena ferarum. quam simul adspexit, dicta acceptaque salute, 'diva, dei miserere, precor! nam sola levare tu potes hunc,' dixit 'videar modo dignus, amorem. quanta sit herbarum, Titani, potentia, nulli |
Kirke fürstlichem Hof, den füllte Gewimmel von Tieren. Als er jene gewahrt und gesprochen den Gruß und empfangen, Bat er: "Erbarme dich mein und hilf, o Göttin, dem Gotte: Du kannst lindern allein, so du wert mich achtest, die Liebe. Was den Gewächsen für Kraft inwohnt, ist keinem, Titanin, |
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quam mihi cognitius, qui sum mutatus ab illis. neve mei non nota tibi sit causa furoris: litore in Italico, Messenia moenia contra, Scylla mihi visa est. pudor est promissa precesque blanditiasque meas contemptaque verba referre; |
Besser bekannt als mir: ich bin ja von ihnen gewandelt. Dass du erfahrest jedoch, was Grund ist meiner Betörung: An dem italischen Strand, den messanischen Mauern genüber, Hab ich Skylla geschaut. Scham wehrt, die verachteten Worte, Wie ich versprach und bat und schmeichelte, alle zu melden. |
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at tu, sive aliquid regni est in carmine, carmen ore move sacro, sive expugnacior herba est, utere temptatis operosae viribus herbae nec medeare mihi sanesque haec vulnera mando, fine nihil opus est: partem ferat illa caloris.' |
Falls denn einige Macht Bannsprüchen gegeben: zum Bannspruch Öffne den heiligen Mund, doch falls wirksamer ein Kraut ist, Brauche das wirkende Kraut, des Kraft sich in Proben bewährte. Doch nicht, dass du mich heilst und schließest die Wunde, verlang ich;
Nicht braucht Ende zu sein, lass nur sie teilen die Flamme!" |
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at Circe (neque enim flammis habet aptius ulla talibus ingenium, seu causa est huius in ipsa, seu Venus indicio facit hoc offensa paterno,) talia verba refert: 'melius sequerere volentem optantemque eadem parilique cupidine captam. |
Kirke jedoch - denn es hat kein Weib für solche Gefühle Mehr zugängliches Herz, ob Grund nun liegt in ihr selber Oder es Venus bewirkt, vom Verrate des Vaters beleidigt - Redete solches darauf: "Viel besser der Willigen folgst du, Die nach demselben sich sehnt und von gleichem Verlangen erfüllt ist.
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dignus eras ultro (poteras certeque) rogari, et, si spem dederis, mihi crede, rogaberis ultro. neu dubites absitque tuae fiducia formae, en ego, cum dea sim, nitidi cum filia Solis, carmine cum tantum, tantum quoque gramine possim, |
Wahrlich, du hättest verdient, dass du der Begehrte gewesen; Glaube mir auch, wenn Hoffnung du gibst, bist du der Begehrte. Dass nicht Zweifel dir sei und dass du vertrauest der Schönheit: Ich, die Unsterbliche selbst, die Tochter des leuchtenden Phoibos, Die ich vermag so viel durch Kraut, so viel durch Beschwörung, |
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ut tua sim, voveo. spernentem sperne, sequenti
redde vices, unoque duas ulciscere facto.' talia temptanti 'prius' inquit 'in aequore frondes' Glaucus 'et in summis nascentur montibus algae, Sospite quam Scylla nostri mutentur amores.' |
Wünsche die Deine zu sein. Der Verachtenden sei ein Verächter, Aber der Willigen hold und vergilt so zweien in einem!" Wie sie ihn also versucht, gibt Glaukos der Göttin zur Antwort: "Laub wächst eher im Meer und Seegras oben auf Bergen, Als sich die Liebe zu ihr bei Skyllas Leben mir ändert." |
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indignata dea est et laedere quatenus ipsum non poterat (nec vellet amans), irascitur illi, quae sibi praelata est; venerisque offensa repulsa,
protinus horrendis infamia pabula sucis conterit et tritis Hecateia carmina miscet |
Groll hegt Kirke darob, und weil sie ihn selbst zu verletzen Weder vermag, noch liebend es will, so zürnet sie jener, Welcher der Vorzug ward, und gekränkt durch der Liebe Verschmähung, Reibt sie Gewächse alsbald, durch schreckliche Säfte verrufen, Untereinander und tut zum Gemisch hekateische Sprüche. |
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caerulaque induitur velamina perque ferarum agmen adulantum media procedit ab aula oppositumque petens contra Zancleia saxa Region ingreditur ferventes aestibus undas, in quibus ut solida ponit vestigia terra |
Drauf mit blauem Gewand umhüllt sie den Leib und begibt sich Weg von der Mitte des Hofs durch die Menge der schmeichelnden Tiere, Und sich ersehend als Ziel genüber den Klippen von Zankle Rhegium, geht sie hinein in die Wogen der siedenden Brandung, Wo sie den Tritt aufsetzt gleichwie auf gefestigtem Erdreich |
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summaque decurrit pedibus super aequora siccis. parvus erat gurges, curvos sinuatus in arcus, grata quies Scyllae: quo se referebat ab aestu et maris et caeli, medio cum plurimus orbe sol erat et minimas a vertice fecerat umbras. |
Und an der Fläche der Flut mit trockenem Fuße dahineilt. Mäßig von Umfang war, in die Krümme gezogen, ein Busen, Skylla genehm zur Ruh, die Schutz dort fand vor der Brandung, Wie vor himmlischem Brand, wenn am heißesten über dem Scheitel Sol stand mitten im Kreis und am kürzesten machte die Schatten. |
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hunc dea praevitiat portentificisque venenis inquinat; hic pressos latices radice nocenti spargit et obscurum verborum ambage novorum ter noviens carmen magico demurmurat ore. Scylla venit mediaque tenus descenderat alvo, |
Diesen behaftete nun mit grausig entstellenden Giften
Kirke zuvor. Sie sprengt aus schädlicher Wurzel gepresste Säfte hinein und spricht dreimal neunfache Beschwörung Murmelnd mit magischem Mund in seltsam dunkeler Rede. Skylla kam und stieg bis zur Mitte des Bauchs in die Wellen, |
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cum sua foedari latrantibus inguina monstris adspicit ac primo credens non corporis illas esse sui partes, refugitque abigitque timetque ora proterva canum, sed quos fugit, attrahit una et corpus quaerens femorum crurumque pedumque |
Als sie mit Schauder gewahrt, wie ihr bellende Ungeheuer
Schänden den Schoß. Erst glaubt sie es nicht, dass ihr an dem Leibe Hafte die Brust, und sie fleht, drängt weg und fürchtet der Hunde Grinsendes Maul, doch stets mit schleppt sie, wovor sie entfliehn will.
Wie nach den Lenden hinab, nach den Schenkeln und Füßen sie spähte, |
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Cerbereos rictus pro partibus invenit illis: statque canum rabie subiectaque terga ferarum
inguinibus truncis uteroque exstante coercet. Flevit amans Glaucus nimiumque hostiliter usae viribus herbarum fugit conubia Circes; |
Fand sie die Glieder ersetzt durch grimmige Kerberosrachen.
Stand auf Hunden verbleibt, und sie schließt mit verstümmeltem Schoße
Und vorragendem Bauch zusammen die Rücken der Tiere. Glaukos der liebende weint’ und entzog sich dem Bunde mit Kirke, Die zu feindlich und hart sich bediente der wirkenden Kräuter. |
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Scylla loco mansit cumque est data copia, primum in Circes odium sociis spoliavit Ulixem; mox eadem Teucras fuerat mersura carinas, ni prius in scopulum, qui nunc quoque saxeus exstat, transformata foret: scopulum quoque navita vitat. |
Skylla verblieb an dem Ort, und sobald die gelegene Zeit war, Riss die Gefährten sie weg dem Odysseus, Kirke zu kränken. Bald auch wären versenkt durch Skylla die teukrischen Kiele, Wenn zum Riffe sie nicht, das jetzt noch felsig hervorsteht, Wäre gewandelt zuvor. Vor dem Riff auch wahrt sich der Schiffer. |
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2. Weiterfahrt
des Aeneas (75-88) |
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Hunc ubi Troianae remis avidamque Charybdin evicere rates, cum iam prope litus adessent Ausonium, Libycas vento referuntur ad oras. excipit Aenean illic animoque domoque non bene discidium Phrygii latura mariti |
Als sich vor ihr und dem Schlund der Charybdis die troischen Schiffe Glücklich mit Rudern gewehrt, wie sie schon dem ausonischen Strande Waren genaht, wirft Sturm sie zurück an die libysche Küste. Herz dort öffnet und Haus das sidonische Weib dem Aineias; Tief dann aber gekränkt durch des phrygischen Gatten Entweichung, |
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Sidonis; inque pyra sacri sub imagine facta incubuit ferro deceptaque decipit omnes. rursus harenosae fugiens nova moenia terrae ad sedemque Erycis fidumque relatus Acesten sacrificat tumulumque sui genitoris honorat. |
Lässt sie zu heiligem Dienst, wie sie vorgibt, schichten den Holzstoß, Stürzt sich auf ihm ins Schwert und betrügt, die Betrogene, alle.
Als er, der wachsenden Stadt in dem sandigen Lande entflohen, Wieder zu Eryx' Sitz und zum treuen Akestes gelangt war, Opfert Aineias und ehret das Grabmals seines Erzeugers. |
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quasque rates Iris Iunonia paene cremarat, solvit et Hippotadae regnum terrasque calenti sulphure fumantis Acheloiadumque relinquit Sirenum scopulos, orbataque praeside pinus |
Die beinahe verbrannt die iunonische Iris, die Schiffe, Löst er darauf und verlässt bald Aiolos' Reich, wo von Schwefel Dampft der erhitzete Grund, und den felsigen Sitz der Sirenen, Die Acheloos gezeugt, und die Barke, des Lenkers verlustig, |
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3. Pithecusae (89-100) |
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Inarimen Prochytenque legit sterilique locatas |
Fährt an Inarime hin, an Prochyte und Pithekusai, |
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colle Pithecusas, habitantum nomine dictas. quippe deum genitor, fraudem et periuria quondam Cercopum exosus gentisque admissa dolosae, in deforme viros animal mutavit, ut idem dissimiles homini possent similesque videri, |
Die nach den Wohnern benannt sich erhebt als magerer Hügel. Denn der Unsterblichen Haupt, dieweil ihm verhasst der Kerkopen Falscher und treuloser Sinn und des tückischen Volkes Vergehen, Wandelte einst in hässlich Getier die Gestalten der Männer, Dass sie dem Menschen zugleich unähnlich und ähnlich erschienen. |
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membraque contraxit naresque a fronte resimas contudit et rugis peraravit anilibus ora totaque velatos flaventi corpora villo misit in has sedes nec non prius abstulit usum verborum et natae dira in periuria linguae; |
Kürzer verengt' er den Wuchs und stülpte nach oben die Nase Ab von der Stirn und grub in das Antlitz ältliche Runzeln; So nun, über den Leib mit bräunlichen Haaren bekleidet, Setzt' er sie auf dies Land. Erst aber benahm er die Sprache Und den Gebrauch der allein zum Meineid tüchtigen Zunge; |
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posse queri tantum rauco stridore reliquit. |
Nur das Vermögen verblieb, zu klagen mit heiserem Winseln. |
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4. Sibylla (101-153) |
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Has ubi praeteriit et Parthenopeia dextra moenia deseruit, laeva de parte canori Aeolidae tumulum et, loca feta palustribus ulvis, litora Cumarum vivacisque antra Sibyllae |
Als daran er vorüber geschifft und Parthenopes Mauern
Rechts ihm lagen, betrat das Grab des aiolischen Spielmanns Linksher kommend der Held und den Ort, der sumpfige Wellen Zeugt, den kymeischen Strand und die Höhle der alten Sibylla. |
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intrat et, ut manes adeat per Averna paternos, orat. at illa diu vultum tellure moratum erexit tandemque deo furibunda recepto 'magna petis,' dixit, 'vir factis maxime, cuius dextera per ferrum, pietas spectata per ignes. |
Durch den Avernus hinab zu den Manen des Vaters zu steigen, Ist sein Begehr. Sie richtet den Blick, der lang an der Erde Weilete, auf, und endlich, erfüllt vom Gotte, versetzt sie: "Großes verlangst du, o Mann, an Taten der größeste, dessen
Rechte durch Stahl sich bewährt, des kindliche Treue durch Feuer. |
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pone tamen, Troiane, metum: potiere petitis Elysiasque domos et regna novissima mundi me duce cognosces simulacraque cara parentis. invia virtuti nulla est via.' dixit et auro fulgentem ramum silva Iunonis Avernae |
Banne jedoch, Troianer, die Furcht! Dein wird das Verlangte: Führerin will ich dir sein, und du sollst den elysischen Wohnsitz Sehn und das letzte Gebiet und den teueren Schatten des Vaters. Nirgends verschließt sich der Tugend ein Weg." Sie sprach's, und ein Baumreis, Das hell glänzte von Gold im Hain der avernischen Iuno, |
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monstravit iussitque suo divellere trunco. paruit Aeneas et formidabilis Orci vidit opes atavosque suos umbramque senilem magnanimi Anchisae; didicit quoque iura locorum, quaeque novis essent adeunda pericula bellis. |
Zeigte sie ihm und gebot es herab vom Stamme zu reißen. Folgsam tat es Aineias und sah des gefürchteten Orcus Reichen Besitz und die Ahnen gesamt und des edlen Anchises Schatten in Greisengestalt; auch lernt' er die dortigen Rechte, Was auch noch für Gefahr zu bestehen in künftigen Kriegen. |
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inde ferens lassos averso tramite passus cum duce Cumaea mollit sermone laborem. dumque iter horrendum per opaca crepuscula carpit, 'seu dea tu praesens, seu dis gratissima,' dixit, 'numinis instar eris semper mihi, meque fatebor |
Während er wendete drauf heimwärts die ermüdeten Schritte, Kürzt er des Weges Beschwer im Gespräch mit der Alten von Kyme,
Und er begann, auf schaurigem Pfad hinwandelnd im Dunkel: "Ob unsterblich du seist, ob lieb den unsterblichen Mächten, Gottheit bist du für mich allzeit. Gern werd ich gestehen, |
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muneris esse tui, quae me loca mortis adire, quae loca me visae voluisti evadere mortis. pro quibus aerias meritis evectus ad auras templa tibi statuam, tribuam tibi turis honores.' respicit hunc vates et suspiratibus haustis |
dass ich lebe durch dich, die dem Reiche des Todes zu nahen, Die zu entkommen dem Reich des geschaueten Todes mir gönnte. Für solch großes Verdienst, wenn wieder zur Luft ich gelangt bin,
Will ich dir Tempel erhöhn und zollen die Ehre des Weihrauchs." Ihn anblickend beginnt mit Seufzen die Seherin also: |
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'nec dea sum,' dixit 'nec sacri turis honore humanum dignare caput, neu nescius erres, lux aeterna mihi carituraque fine dabatur, si mea virginitas Phoebo patuisset amanti. dum tamen hanc sperat, dum praecorrumpere donis |
"Göttlich ist nicht mein Leib, und die Ehre des heiligen Weihrauchs Gib nicht menschlichem Haupt. Dass nicht unkundig du irrest: Mir wär’ ewiges Licht, das nimmer geendet, geworden, Hätt’ ich die Jungfrauschaft dem liebenden Phoibos gegeben. Der sprach, während er hofft' und mich zu verlocken mit Gaben |
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me cupit, "elige," ait "virgo Cumaea, quid optes: optatis potiere tuis." ego pulveris hausti ostendens cumulum, quot haberet corpora pulvis, tot mihi natales contingere vana rogavi; excidit, ut peterem iuvenes quoque protinus annos. |
Trachtete: "Wähle dir aus, was du wünschest, kymeische Jungfrau! Dein soll sein, was auch du begehrst." Ich wies auf ein Häuflein Staub, vom Boden gerafft, und stellte das eitle Verlangen, Wie viel Körner der Staub, so viele der Jahre zu haben; Doch ich vergaß, auch gleich um jugendlich Alter zu bitten. |
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hos tamen ille mihi dabat aeternamque iuventam, si Venerem paterer: contempto munere Phoebi innuba permaneo; sed iam felicior aetas terga dedit, tremuloque gradu venit aegra senectus, quae patienda diu est. nam iam mihi saecula septem |
Das auch hätte der Gott mir verliehen und ewige Jugend, Wenn ich zu Willen ihm war. Das Geschenk des Phoibos verschmähend, Blieb ich in ledigem Stand. Doch nun ist dahin meines Lebens Schönere Zeit, und mit wankendem Schritt kommt siechendes Alter, Mir noch lange zur Last. Jahrhunderte siehst du verlebt schon |
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acta, tamen superest, numeros ut pulveris aequem, ter centum messes, ter centum musta videre. tempus erit, cum de tanto me corpore parvam longa dies faciet, consumptaque membra senecta ad minimum redigentur onus: nec amata videbor |
Sieben von mir, und bis ich die Zahl des Staubes erreiche, Sind drei Hunderte noch von Ernten und Herbsten zu schauen. Einst wird kommen die Zeit, da macht mich Länge der Dauer Klein nach stattlichem Wuchs, und die Glieder, geschrumpft von dem Alter,
Schwinden zum mindesten Maß, und es scheint nicht, dass ich geliebt war, |
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nec placuisse deo, Phoebus quoque forsitan ipse vel non cognoscet, vel dilexisse negabit: usque adeo mutata ferar nullique videnda, voce tamen noscar; vocem mihi fata relinquent.' |
Dass ich gefallen dem Gott. Vielleicht dann kennet mich Phoibos Selbst nicht oder gesteht nicht ein vormaliges Werben. Also werd ich gewandelt dereinst und, für keinen zu schauen, Doch an der Stimme gekannt: die lässt mir verbleiben das Schicksal." |
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5. Achaemenides
und Polyphemus (154-222) |
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Talia convexum per iter memorante Sibylla |
Während auf steigendem Pfad ihm solches erzählte Sibylla,
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sedibus Euboicam Stygiis emergit in urbem Troius Aeneas sacrisque ex more litatis litora adit nondum nutricis habentia nomen. hic quoque substiterat post taedia longa laborum Neritius Macareus, comes experientis Ulixis. |
Klimmt von dem stygischen Sitz ans Licht der Troianer Aineias Zu der Euboiischen Stadt, und nach dem geziemenden Opfer Geht er zum Strand, der benannt noch nicht mit dem Namen der Amme. Hier auch ließ sich zuvor der neritische Makareus nieder Nach langwierigen Mühn, der Gefährte des Dulders Odysseus. |
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desertum quondam mediis qui rupibus Aetnae noscit Achaemeniden inprovisoque repertum vivere miratus, 'qui te casusve deusve servat, Achaemenide? cur' inquit 'barbara Graium prora vehit? petitur vestra quae terra carina?' |
Dieser erkennt alsbald Achaimenides, den man zurückließ Mitten in Aitnas Kluft, und er staunt, ihn lebend zu finden Wider Vermuten und spricht: "Achaimenides, was für ein Glücksfall Wahrte dich oder ein Gott? Wie kommt's, dass führet den Graier Fremdes Verdeck? Wo strebet ihr hin mit euerem Kiele?" |
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talia quaerenti, iam non hirsutus amictu, iam suus et spinis conserto tegmine nullis, fatur Achaemenides: 'iterum Polyphemon et illos adspiciam fluidos humano sanguine rictus, hac mihi si potior domus est Ithaceque carina, |
Auf sein Fragen versetzt, nicht mehr in Tracht so verwildert, Kenntlich wie sonst und nicht im Gewand, das Dornen geheftet, So Achaimenides' Mund: "Ich will fürwahr Polyphemos Wiederum sehn und das Maul mit menschlichem Blute besudelt, Wenn dies Schiff mir nicht wie die heimische Ithaka lieb ist, |
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si minus Aenean veneror genitore, nec umquam esse satis potero, praestem licet omnia, gratus. quod loquor et spiro caelumque et sidera solis respicio, possimne ingratus et inmemor esse? ille dedit, quod non anima haec Cyclopis in ora |
Wenn nicht gleich dem Erzeuger mir gilt Aineias, und dankbar Kann ich genug nie sein, auch wenn ich ihm alles erweise. Dass noch atmet und spricht mein Mund, dass Himmel und Sonne Schaut mein Blick, wie könnt ich es je ihm vergessen mit Undank? Sein Werk war es allein, dass nicht in den Schlund des Kyklopen |
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venit, et ut iam nunc lumen vitale relinquam, aut tumulo aut certe non illa condar in alvo. quid mihi tunc animi (nisi si timor abstulit omnem sensum animumque) fuit, cum vos petere alta relictus aequora conspexi? volui inclamare, sed hosti |
Kam mein Leib, dass, sollt ich vom Licht nun scheiden, ein Grabmal Oder zum wenigsten nicht sein Bauch im Tode mich aufnimmt. Wie war da mir zumut, wenn anders Gefühl und Besinnung Nicht ganz raubte die Angst, da, als ich, verlassen am Ufer, Euch sah steuern ins Meer! Ruf wollt ich erheben, verraten |
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prodere me timui: vestrae quoque clamor Ulixis paene rati nocuit. vidi, cum monte revulsum inmanem scopulum medias permisit in undas; vidi iterum veluti tormenti viribus acta vasta Giganteo iaculantem saxa lacerto |
Konnt ich mich aber dem Feind. Auch war ja der Ruf des Odysseus Schlimm fast euerem Schiff. Ich sah, wie vom Berge gerissen Mitten hinein in Flut er schwang ein gewaltiges Felsstück, Sah, wie er nochmals hob kraftvoll wie ein schleuderndes Wurfzeug Einen gewichtigen Stein und warf mit gigantischem Arme. |
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et, ne deprimeret fluctus ventusve carinam, pertimui, iam me non esse oblitus in illa. ut vero fuga vos a certa morte reduxit, ille quidem totam gemebundus obambulat Aetnam praetemptatque manu silvas et luminis orbus |
Dass einbreche der Kiel von der Steinlast oder den Fluten, Bangte mir, da ich vergaß, dass ich nicht mehr auf dem Schiff war.
Als euch aber die Flucht vor bitterem Tode gerettet, Irrete schnaubend in Wut Polyphemos umher auf dem Aitna, Suchte mit tastender Hand nach den Bäumen und rannte geblendet |
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rupibus incursat foedataque bracchia tabo in mare protendens gentem exsecratur Achivam atque ait: "o si quis referat mihi casus Ulixem, aut aliquem e sociis, in quem mea saeviat ira, viscera cuius edam, cuius viventia dextra |
Oft an begegnenden Fels, und die Arme, besudelt vom Blute, Streckt er gegen das Meer und verfluchte das Volk der Achiver. "Brächte mir", sprach er sodann, "den Odysseus oder der Mannen Einen der Zufall her, auf dass im Zorn ich ihn packte, Seine Geweid aufzehrte mit Lust, mit der Rechten in Fetzen |
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membra mea laniem, cuius mihi sanguis inundet guttur, et elisi trepident sub dentibus artus: quam nullum aut leve sit damnum mihi lucis ademptae!" haec et plura ferox, me luridus occupat horror spectantem vultus etiamnum caede madentes |
Risse den lebenden Leib, dass mir sein Blut in der Gurgel Flösse hinab und zermalmt an den Zähnen mir zuckten die Glieder!
Wie dann schätzt ich gering, wie nichts das verlorene Auge!" Solches und anderes sprach der Wüterich. Blasses Entsetzen Fasste mich, als ich geschaut das Gesicht, noch triefend vom Morde, |
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crudelesque manus et inanem luminis orbem membraque et humano concretam sanguine barbam. mors erat ante oculos, minimum tamen illa malorum, et iam prensurum, iam nunc mea viscera rebar in sua mersurum, mentique haerebat imago |
Und die erschrecklichen Händ' und die ledige Höhle des Auges Und die Gestalt und den Bart, vom menschlichen Blute gewirret. Vor mir sah ich den Tod, der noch das geringste der Übel; Schon auch wähnt ich von ihm mich ergriffen und schon in die seinen
Meine Geweide versenkt, und von früher der grausige Anblick |
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temporis illius, quo vidi bina meorum ter quater adfligi sociorum corpora terrae, cum super ipse iacens hirsuti more leonis visceraque et carnes cumque albis ossa medullis semianimesque artus avidam condebat in alvum; |
Drängte der Seele sich auf, wie der Unhold zwei der Gefährten Schmetterte drei-, viermal mit der riesigen Faust an die Erde, Wie er, darübergebeugt nach der Weise des zottigen Löwen, Samt den Geweiden das Fleisch, mit dem weißlichen Marke die Knochen
Barg in den gierigen Bauch und die halblebendigen Glieder. |
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me tremor invasit: stabam sine sanguine maestus, mandentemque videns eiectantemque cruentas ore dapes et frusta mero glomerata vomentem: talia fingebam misero mihi fata parari perque dies multos latitans omnemque tremiscens |
Zittern befiel mich vor Angst, und blutlos stand ich in Nöten, Immer ihn schauend im Geist, wie er kaut' und warf aus dem Rachen Blutigen Fraß und Wein ausspie und gemengete Bissen. Ähnliches Los sei mir Unglücklichem, glaubt ich, bereitet. So viel Tage hindurch mich versteckend, bei jeglichem Laute |
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ad strepitum mortemque timens cupidusque moriri glande famem pellens et mixta frondibus herba solus inops exspes leto poenaeque relictus hanc procul adspexi longo post tempore navem oravique fugam gestu ad litusque cucurri, |
Bebend im Schreck, stets fürchtend den Tod und verlangend zu sterben, Nur mit Eicheln, mit Gras und Blättern den Hunger verscheuchend, Dürftig, allein, trostlos, zur Beute dem Tod und der Rache, Sah ich lang nachher dies rettende Schiff in der Ferne, Und ich erflehete Flucht durch Wink und lief an das Ufer, |
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et movi: Graiumque ratis Troiana recepit! tu quoque pande tuos, comitum gratissime, casus et ducis et turbae, quae tecum est credita ponto.' |
Und es gelang: Schutz fand auf troianischem Schiffe der Grieche. Sage mir nun, was du und der Führer, o liebster Gefährte, Weiter erlebt und die Schar, mit der du dem Meer dich vertrautest." |
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6. Macareus
und Circe (223-307) |
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Aeolon ille refert Tusco regnare profundo, Aeolon Hippotaden, cohibentem carcere ventos; |
Aiolos, hob der an, sei Herrscher im tuskischen Meere, Aiolos, Hippotes' Spross, der im Kerker die Winde zurückhält. |
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quos bovis inclusos tergo, memorabile munus, Dulichium sumpsisse ducem flatuque secundo lucibus isse novem et terram aspexisse petitam; proxima post nonam cum sese aurora moveret, invidia socios praedaeque cupidine victos |
Diese, verwahrt im Rücken des Stiers, merkwürdige Gabe, Habe empfahn der dulichische Fürst und bei günstigem Lufthauch Nach neuntägiger Fahrt die ersehnete Küste gesehen. Als sich erhoben jedoch nach der neunten die nächste Aurora, Hätten, verleitet von Neid und Beutebegier, die Gefährten, |
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esse; ratos aurum, dempsisse ligamina ventis; cum quibus isse retro, per quas modo venerat undas, Aeoliique ratem portus repetisse tyranni. 'inde Lami veterem Laestrygonis' inquit 'in urbem venimus: Antiphates terra regnabat in illa. |
Gold argwöhnend im Schlauch, von den Winden genommen die Bande. Die nun hätten zurück durch eben befahrene Wogen Wieder verschlagen das Schiff an den Strand des aiolischen Herrschers. "Zur laistrygonischen Stadt, die Lamos gegründet vor alters", Sprach er, "gelangten wir drauf. Dort war Antiphates König. |
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missus ad hunc ego sum, numero comitante duorum, vixque fuga quaesita salus comitique mihique, tertius e nobis Laestrygonis inpia tinxit ora cruore suo. fugientibus instat et agmen concitat Antiphates; coeunt et saxa trabesque |
Ich ward zu ihm geschickt; zwei andere waren Begleiter. Doch kaum fand ich mein Heil in der Flucht samt einem Gefährten, Während der Dritte von uns mit dem Blute dem Laistrygonen Netzte den frevligen Schlund. Antiphates, uns zu verfolgen, Rufet die Seinen zuhauf; die rotten sich, Felsen und Stämme |
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coniciunt merguntque viros merguntque carinas. una tamen, quae nos ipsumque vehebat Ulixem, effugit. amissa sociorum parte dolentes multaque conquesti terris adlabimur illis, quas procul hinc cernis (procul est, mihi crede, videnda |
Schleudern sie nach und versenken zugleich mit den Schiffen die Mannschaft. Eins kam aber davon, das uns und den Fürsten Odysseus Führete. Durch den Verlust der Gefährten bekümmert im Herzen, Viel auch klagend um sie, erreichen wir jenes Gestade, Das du fern von hier siehst. Fern - glaube mir - musst du das Eiland |
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insula visa mihi!) tuque o iustissime Troum, nate dea, (neque enim finito Marte vocandus hostis es, Aenea) moneo, fuge litora Circes! nos quoque Circaeo religata in litore pinu, Antiphatae memores inmansuetique Cyclopis, |
Sehn, das nah ich gesehn. Du auch, o gerechtester Troer,
Göttinsohn, denn Feind nicht bist du zu nennen, Aineias, Jetzt nach geendetem Streit - flieh Kirkes Ufer, ich warne. Wir auch, als wir das Schiff am Kirkeischen Ufer befestigt, Uns des Antiphates noch und des rohen Kyklopen erinnernd, |
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ire negabamus; sed tecta ignota subire sorte sumus lecti: sors me fidumque Politen Eurylochumque simul nimiique Elpenora vini bisque novem socios Circaea ad moenia misit. quae simul attigimus stetimusque in limine tecti, |
Weigerten uns zu gehn und den fremden Palast zu betreten. Wahl ward drum durchs Los, und mich und den treuen Polites Und den Eurylochos hieß und den Säufer Elpenor und achtzehn Andre Gefährten das Los hingehn zu den Mauern der Kirke. Als dorthin wir gelangt und die Schwelle des Hauses betreten, |
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mille lupi mixtaeque lupis ursaeque leaeque occursu fecere metum, sed nulla timenda nullaque erat nostro factura in corpore vulnus; quin etiam blandas movere per aera caudas nostraque adulantes comitant vestigia, donec |
War vor uns ein Gewühl von Wölfen und Bären und Löwen, Und wir erschraken darob; doch hatten wir keines zu fürchten, Denn keins schickte sich an, uns feindlich den Leib zu verletzen. Ja, sie wedelten gar mit freundlichen Schweifen und folgten Schmeichelnd unserem Schritt ganz zahm, bis dienende Mädchen |
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excipiunt famulae perque atria marmore tecta ad dominam ducunt: pulchro sedet illa recessu sollemni solio pallamque induta nitentem insuper aurato circumvelatur amictu. Nereides nymphaeque simul, quae vellera motis |
Zu der Gebieterin uns einführeten über den glatten Marmorboden des Saals. Sie sitzt im prächtigen Zimmer Hoch auf stattlichem Thron, und bekleidet mit lichtem Gewande, Ist sie darüber verhüllt am Haupte mit goldenem Schleier. Bei ihr sind Nereiden und Nymphen, die weder die Wolle |
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nulla trahunt digitis nec fila sequentia ducunt: gramina disponunt sparsosque sine ordine flores secernunt calathis variasque coloribus herbas; ipsa, quod hae faciunt, opus exigit, ipsa, quis usus quove sit in folio, quae sit concordia mixtis, |
Krempeln mit rühriger Hand noch ziehn nachfolgende Fäden: Pflanzen verteilen sie nur und scheiden in Körben der Blumen Ordnungsloses Gemisch und in Farbe verschiedene Kräuter. Kirke mustert das Werk der Geschäftigen. Was für ein Nutzen Inwohnt jeglichem Blatt, und wie der gemengeten Eintracht, |
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novit et advertens pensas examinat herbas. haec ubi nos vidit, dicta acceptaque salute diffudit vultus et reddidit omina votis. nec mora, misceri tosti iubet hordea grani mellaque vimque meri cum lacte coagula passo, |
Weiß sie und prüft achtsam die zugewogenen Kräuter. Wie nun uns sie gewahrt und gesprochen den Gruß und empfangen, Schaute sie freundlichen Blicks und ließ nur Gutes erwarten. Ohne Verzug dann heißt sie mit Körnern gerösteter Gerste
Honig vermischen und Wein und Milch, die vom Labe verdickt war; |
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quique sub hac lateant furtim dulcedine, sucos adicit. accipimus sacra data pocula dextra. quae simul arenti sitientes hausimus ore, et tetigit summos virga dea dira capillos, (et pudet et referam) saetis horrescere coepi, |
Saft noch, welcher geheimblieb unter der Süße verborgen, Gießt sie dazu. Wir nehmen den Trank aus der göttlichen Rechten.
Als mit lechzendem Mund ward durstig der Becher geleeret Und mit der Rute das Haar uns streifte die tückische Göttin –
Sei es gesagt mit Scham -, da begann ich zu starren von Borsten, |
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nec iam posse loqui, pro verbis edere raucum murmur et in terram toto procumbere vultu, osque meum sensi pando occallescere rostro, colla tumere toris, et qua modo pocula parte sumpta mihi fuerant, illa vestigia feci |
Worte gebrachen dem Mund, und ein Grunzen ersetzte die Rede, Während ich hin zur Erde mich bog mit dem ganzen Gesichte; Jetzt auch fühlt ich den Mund zum gebogenen Rüssel sich knorpeln,
Fleischig schwellen den Hals, und das Glied, womit ich den Becher Unlängst hatte gefasst, das diente mir, Schritte zu setzen. |
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cumque eadem passis (tantum medicamina possunt!) claudor hara, solumque suis caruisse figura vidimus Eurylochum: solus data pocula fugit; quae nisi vitasset, pecoris pars una manerem nunc quoque saetigeri, nec tantae cladis ab illo |
Drauf mit der Schar, die gleiches erlitt - so stark ist der Zauber - Schließet ein Koben mich ein, und wir sehen vom Bilde des Schweines Nur den Eurylochos frei. Der nur trank nicht aus dem Becher. Hätt’ er nicht ihn geflohn, noch jetzt dann wär’ ich geblieben Einer vom borstigen Vieh, dann wäre durch ihn von dem Unfall |
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certior ad Circen ultor venisset Ulixes. pacifer huic dederat florem Cyllenius album: moly vocant superi, nigra radice tenetur; tutus eo monitisque simul caelestibus intrat ille domum Circes et ad insidiosa vocatus |
Nimmer Odysseus belehrt und rächend gekommen zu Kirke. Dieser empfing ein Gewächs vom kyllenischen Boten des Friedens, Moly von Göttern genannt: weiß blüht es an schwärzlicher Wurzel.
Dadurch sicher gemacht und zugleich durch himmlische Warnung, Tritt er in Kirkes Haus, und geladen zum tückischen Becher, |
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pocula conantem virga mulcere capillos reppulit et stricto pavidam deterruit ense. inde fides dextraeque datae thalamoque receptus coniugii dotem sociorum corpora poscit. spargimur ignotae sucis melioribus herbae |
Stößt er, sobald sie versucht sein Haar mit der Rute zu streichen, Jene zurück und schreckt mit gezücketem Schwert die Verzagte. Handschlag folgt und Vertrag, und zum Lagergenossen genommen, Fordert Odysseus von ihr als Heiratsgut die Gefährten. Besseren Saft auf uns nun sprengend von seltenem Kraute, |
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percutimurque caput conversae verbere virgae, verbaque dicuntur dictis contraria verbis. quo magis illa canit, magis hoc tellure levati erigimur, saetaeque cadunt, bifidosque relinquit rima pedes, redeunt umeri et subiecta lacertis |
Rührt sie das Haupt uns an mit dem Schlag der gewendeten Rute; Worte beschwören dazu, den gesprochenen Worten entgegen. Mehr und mehr, wie jene beschwört, von der Erde gehoben, Stehen wir auf, und die Borsten vergehn, und die Spalte verschwindet Vom zweiteiligen Fuß; neu kehren die Schultern; den Achseln |
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bracchia sunt: flentem flentes amplectimur ipsi haeremusque ducis collo nec verba locuti ulla priora sumus quam nos testantia gratos. |
Schließen die Arme sich an. Wir umfangen den Weinenden weinend, Hangen dem Führer gerührt am Hals, und frühere Worte, Als die unseren Dank ihm bezeugeten, sprachen wir keine. |
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7. Picus
und Canens (308-453) |
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annua nos illic tenuit mora, multaque praesens tempore tam longo vidi, multa auribus hausi, |
Jährige Frist hielt dort uns fest, und ich sah in der langen Dauer des Aufenthalts gar vieles, und vieles vernahm ich, |
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hoc quoque cum multis, quod clam mihi rettulit una quattuor e famulis ad talia sacra paratis. cum duce namque meo Circe dum sola moratur, illa mihi niveo factum de marmore signum ostendit iuvenale gerens in vertice picum, |
Unter dem vielen auch dies, was mir im Vertrauen die eine Von vier Mädchen gesagt, die walteten heiligen Amtes. Nämlich wie Kirke allein bei meinem Gebieter verweilte, Ward mir ein Jünglingsbild, dem oben ein Specht auf dem Haupt saß,
Heimlich von jener gezeigt, aus schneeigem Marmor gefertigt, |
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aede sacra positum multisque insigne coronis. quis foret et quare sacra coleretur in aede, cur hanc ferret avem, quaerenti et scire volenti "accipe" ait, "Macareu, dominaeque potentia quae sit hinc quoque disce meae; tu dictis adice mentem! |
Stehend an heiligem Ort und reich mit Kränzen behangen.
Wer das sei und warum er in Ehren an heiliger Stätte, Auch weshalb er den Specht auf dem Haupt trug, wünscht ich zu wissen.
"Höre denn", sprach sie, "und lern auch daraus, Makareus, kennen Meiner Gebieterin Macht. Gib acht, was dir ich erzähle! |
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Picus in Ausoniis, proles Saturnia, terris rex fuit, utilium bello studiosus equorum; forma viro, quam cernis, erat: licet ipse decorem adspicias fictaque probes ab imagine verum; par animus formae; nec adhuc spectasse per annos |
In dem ausonischen Land war Picus, der Sohn des Saturnus, König, mit Eifer bedacht auf Zucht kriegtüchtiger Rosse. Seine Gestalt war, wie du sie siehst: hier schaue des Mannes Anmut selber und schließ auf das wahre vom künstlichen Bilde.
Gleich war der Schöne der Mut, und ihm fehlte nur wenig, um viermal |
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quinquennem poterat Graia quater Elide pugnam. ille suos dryadas Latiis in montibus ortas verterat in vultus, illum fontana petebant numina, naiades, quas Albula, quasque Numici, quas Anienis aquae cursuque brevissimus Almo |
Schon Zuschauer zu sein fünfjährigen Kämpfen in Elis. Alle Dryaden gewann, die erwachsen in Latiums Bergen, Seines Gesichts Liebreiz, und die Mächte der Quellen begehrten Sein, die Naiaden gesamt, die Albula, Anios Wasser, Die Numicius hegt und der kurz nur strömende Almo, |
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Narve tulit praeceps et opacae Farfarus umbrae, quaeque colunt Scythicae stagnum nemorale Dianae finitimosque lacus; spretis tamen omnibus unam ille colit nymphen, quam quondam in colle Palati dicitur ancipiti peperisse Venilia Iano. |
Oder der reißende Nar und des Farfarus dunkele Wogen, Die in dem Waldteich auch der Diana von Skythien wohnen Und in den Weihern der Näh. Doch alle verschmäht' er und liebte
Eine der Nymphen allein, die Venilia einst nach der Sage Am palatinischen Berg dem zwiefachen Ianus geboren. |
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haec ubi nubilibus primum maturuit annis, praeposito cunctis Laurenti tradita Pico est, rara quidem facie, sed rarior arte canendi, unde Canens dicta est: silvas et saxa movere et mulcere feras et flumina longa morari |
Die ward, als sie heran zu mannbaren Jahren gewachsen,
Ihm, der alle verdrängt, dem laurentischen Picus gegeben, Selten in Schönheit zwar, doch seltener noch in Gesangskunst: Canens hieß sie daher, die Sängerin. Wälder und Klippen Rührte sie, zähmte das Wild, hielt auf langwallende Ströme |
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ore suo volucresque vagas retinere solebat. quae dum feminea modulatur carmina voce, exierat tecto Laurentes Picus in agros indigenas fixurus apros tergumque premebat acris equi laevaque hastilia bina ferebat |
Mit dem bestrickenden Mund und verweilete streifende Vögel. Während sie Lieder daheim ließ tönen mit weiblicher Stimme,
Ging einst Picus hinaus, einheimische Eber zu jagen, In das laurentische Feld. Ihn trug auf dem Rücken ein Renner Feurigen Muts, und er hielt zwei Spieße bereit in der Linken; |
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poeniceam fulvo chlamydem contractus ab auro. venerat in silvas et filia Solis easdem, utque novas legeret fecundis collibus herbas, nomine dicta suo Circaea reliquerat arva. quae simul ac iuvenem virgultis abdita vidit, |
Punisches Jagdkleid deckt' ihn, geheftet mit goldener Spange. Grad in denselbigen Wald war auch Sols Tochter gekommen, Die, auf fruchtbaren Höhn sich neue Gewächse zu sammeln, Fern vom kirkaiischen Land, das benannt nach ihr, sich begeben. Wie vom Gebüsche verdeckt nunmehr sie gewahrte den Jüngling, |
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obstipuit: cecidere manu, quas legerat, herbae, flammaque per totas visa est errare medullas. ut primum valido mentem conlegit ab aestu, quid cuperet, fassura fuit: ne posset adire, cursus equi fecit circumfususque satelles. |
Stand sie erstaunt; es entfielen der Hand die gelesenen Kräuter, Und in dem innersten Mark schien brennendes Feuer zu irren. Als von der heftigen Glut ihr wiedergekehrt die Besinnung, Wollte sie gleich ihr Verlangen gestehn; doch Schnelle des Rosses Und der umringende Tross der Begleiter verwehrte den Zugang. |
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'non' ait 'effugies, vento rapiare licebit, si modo me novi, si non evanuit omnis herbarum virtus, nec me mea carmina fallunt.' dixit et effigiem nullo cum corpore falsi fingit apri praeterque oculos transcurrere regis |
"Doch nicht", sprach sie, "entkommst du, wenn auch dich entrafften die Winde, Kenn ich anders mich selbst, und schwand nicht alles Vermögen Unserer Kräuter dahin, und sind nicht trüglich die Sprüche." Also sprach sie und schuf ein Gebilde von trüglichem Eber Unleibhaftig und ließ es den Augen des Königs vorüber |
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iussit et in densum trabibus nemus ire videri, plurima qua silva est et equo loca pervia non sunt. haut mora, continuo praedae petit inscius umbram Picus equique celer spumantia terga relinquit spemque sequens vanam silva pedes errat in alta. |
Laufen und gehn zum Schein in des Waldes verschlungenes Dickicht, Wo es sich engte zumeist und nicht zugänglich dem Ross war. Ohne Verzug folgt gleich nichts ahnend dem Schatten der Beute Picus und schwingt sich behend vom schäumenden Rücken des Rosses,
Und das Gehölz durchirrt er zu Fuß im eitelen Trachten. |
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concipit illa preces et verba venefica dicit ignotosque deos ignoto carmine adorat, quo solet et niveae vultum confundere Lunae et patrio capiti bibulas subtexere nubes. tum quoque cantato densetur carmine caelum |
Kirke murmelt Gebet und spricht bannwirkende Worte;
Dunkle Gewalten beschwört ihr Mund mit dem dunkelen Zauber, Der ihr hilft, das Gesicht des silbernen Mondes zu trüben Oder dem Vater das Haupt zu umziehen mit wässrigen Wolken. Jetzt auch hüllt sich in Nacht vom gesprochenen Zauber der Himmel, |
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et nebulas exhalat humus, caecisque vagantur limitibus comites, et abest custodia regis. nacta locum tempusque 'per o, tua lumina,' dixit 'quae mea ceperunt, perque hanc, pulcherrime, formam, quae facit, ut supplex tibi sim dea, consule nostris |
Und von dem Grund wird Nebel gehaucht, und auf finsteren Wegen Schweift das Gefolg umher, und fern ist die Wache dem König. Zeit wahrnimmt sie und Ort: "Bei den Augen, womit du die meinen", Sagte sie, "also bestrickt, und bei deiner Gestalt, o du Schönster, Die mich zwingt, dir bittend zu nahn, die unsterbliche Göttin; |
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ignibus et socerum, qui pervidet omnia, Solem accipe nec durus Titanida despice Circen.' dixerat; ille ferox ipsamque precesque repellit et 'quaecumque es,' ait 'non sum tuus; altera captum me tenet et teneat per longum, conprecor, aevum, |
Lindere unsere Glut! Lass Sol, der auf alles herabsieht, Schwäher dir sein, und verschmäh nicht hart die titanische Kirke."
Kirke sprach's; doch rauh abweisend sie selbst und die Bitte, Redet er: "Wer du auch seist, nie bin ich der Deine: gefesselt Hält mich eine bereits und wird zeitlebens mich halten |
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nec Venere externa socialia foedera laedam, dum mihi Ianigenam servabunt fata Canentem.' saepe retemptatis precibus Titania frustra 'non inpune feres, neque' ait reddere Canenti, laesaque quid faciat, quid amans, quid femina, disces |
Hoffentlich. Nimmer entweih ich durch Buhlschaft unseren Ehbund, Weil das Geschick mir erhält die von Ianus gezeugete Canens." Als sie noch oft nutzlos ihn gebeten, begann die Titane: "Straflos bleibt es dir nicht, und du kehrst nie wieder zu Canens! Wessen ein liebendes Weib, die einer beleidigt, vermögend, |
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rebus; at est et amans et laesa et femina Circe!' tum bis ad occasus, bis se convertit ad ortus, ter iuvenem baculo tetigit, tria carmina dixit. ille fugit, sed se solito velocius ipse currere miratur: pennas in corpore vidit, |
Lern aus der Tat; und ein Weib ist Kirke, beleidigt und liebend." Westwärts wendet sie sich zweimal, zwei Male gen Osten; Dreimal rührt sie ihn an mit dem Stab; drei Sprüche gesellt sie.
Jener entflieht und sieht mit Verwunderung, dass er von dannen Rascher enteilt als sonst. Am Leibe gewahrt er Gefieder. |
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seque novam subito Latiis accedere silvis indignatus avem duro fera robora rostro figit et iratus longis dat vulnera ramis; purpureum chlamydis pennae traxere colorem; fibula quod fuerat vestemque momorderat aurum, |
Ärgerlich, dass er zum Volk der latinischen Wälder auf einmal Kommt als Vogel hinzu, durchbohrt er mit hackendem Schnabel Knorriges Holz und verwundet im Zorn langstehende Äste. Purpurfarbe behält von dem Jagdkleid auch das Gefieder; Gold, das hatte zuvor das Gewand als Spange geheftet, |
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pluma fit, et fulvo cervix praecingitur auro, nec quicquam antiquum Pico nisi nomina restat. Interea comites, clamato saepe per agros nequiquam Pico nullaque in parte reperto, inveniunt Circen (nam iam tenuaverat auras |
Zeigt sich als Flaum, und es geht vor dem Nacken ein goldener Streifen, Und von dem Picus verbleibt nichts Früherers, außer dem Namen.
Picus' Genossen indes, nachdem sie zum öfteren fruchtlos Hatten gerufen im Feld und nirgends gefunden den König, Treffen die Zauberin an - denn sie hatte, die Lüfte verdünnend, |
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passaque erat nebulas ventis ac sole recludi) criminibusque premunt veris regemque reposcunt vimque ferunt saevisque parant incessere telis: illa nocens spargit virus sucosque veneni et Noctem Noctisque deos Ereboque Chaoque |
Wieder erlaubt, dass Wind und Sonne verteilten den Nebel - Und sie beschuldigen sie mit Recht und verlangen den König, Drohen Gewalt und rüsten erbost angreifende Waffen. Jene, mit schädlichem Seim sie besprengend und giftigen Säften, Ruft vom Erebos auf und vom Chaos die Nacht und die finstern |
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convocat et longis Hecaten ululatibus orat. exsiluere loco (dictu mirabile) silvae, ingemuitque solum, vincinaque palluit arbor, sparsaque sanguineis maduerunt pabula guttis, et lapides visi mugitus edere raucos |
Mächte der Nacht und erfleht lang heulend der Hekate Beistand. Auf sprang plötzlich der Wald - seltsam zu erzählen - vom Orte,
Stöhnen erscholl vom Grund, in der Nähe die Bäume erblassten, Und das besprengete Gras ward rot von blutigen Tropfen, Und das Gestein stieß aus, so schien es, ein heiseres Brüllen, |
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et latrare canes et humus serpentibus atris squalere et tenues animae volitare silentum: attonitum monstris vulgus pavet; illa paventis ora venenata tetigit mirantia virga, cuius ab attactu variarum monstra ferarum |
Hundegebell ward laut, und es war, wie wenn schwärzliche Nattern kröchen umher und die Luft durchflatterten dunstige Schemen. Starr bei dem Schrecknis steht in Entsetzen der Tross. Die Entsetzten Rührt mit verzaubertem Stab sie an das verwunderte Antlitz. Von dem Berühren sogleich kam über die Jünglinge Wandlung |
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in iuvenes veniunt: nulli sua mansit imago. Sparserat occiduus Tartessia litora Phoebus, et frustra coniunx oculis animoque Canentis exspectatus erat: famuli populusque per omnes discurrunt silvas atque obvia lumina portant; |
In vielfaches Getier; sein Bild war keinem geblieben.
Am tartessischen Strand hin streifte der sinkende Phoibos, Und noch harrte daheim mit Augen und Herzens vergebens Canens ihres Gemahls. Mit dem Volk durchlaufen die Diener Alle die Wälder umher und tragen ihm Fackeln entgegen. |
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nec satis est nymphae flere et lacerare capillos et dare plangorem (facit haec tamen omnia) seque proripit ac Latios errat vesana per agros. sex illam noctes, totidem redeuntia solis lumina viderunt inopem somnique cibique |
Nicht ist der Nymphe genug zu weinen, die Haare zu raufen, Wund zu schlagen die Brust - doch all das tat sie -, hinaus auch Stürzt sie in Hast und durchirrt sinnlos die latinischen Fluren. Sechsmal sah sie die Nacht, und sechsmal sah sie der Sonne wiederkehrendes Licht, so Kost wie Schlummer entbehrend, |
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per iuga, per valles, qua fors ducebat, euntem; ultimus adspexit Thybris luctuque viaque fessam et iam longa ponentem corpora ripa. illic cum lacrimis ipso modulata dolore verba sono tenui maerens fundebat, ut olim |
Über Gebirg und Tal, wie der Zufall führte, dahingehn. Thybris erblickte zuletzt die vom Weg und von Trauer Erschöpfte, Wie sie den Leib hinstreckte zur Rast am kühlenden Ufer. Dort mit Tränen ergoss sanft hallende Klage die Ärmste, Und zum Gesang ließ eben der Schmerz sich gestalten die Worte, |
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carmina iam moriens canit exequialia cycnus; luctibus extremum tenues liquefacta medullas tabuit inque leves paulatim evanuit auras, fama tamen signata loco est, quem rite Canentem nomine de nymphae veteres dixere Camenae." |
Wie noch sterbend der Schwan anhebt mit Totengesängen.
Endlich vom ständigen Harm im geschmeidigen Marke geschmolzen, Schwand sie dahin und zerging allmählich in wehende Lüfte. Aber die Sage besteht an dem Ort, den alte Camenen Canens haben benannt mit Fug nach dem Namen der Nymphe." |
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'Talia multa mihi longum narrata per annum visaque sunt. resides et desuetudine tardi rursus inire fretum, rursus dare vela iubemur,
ancipitesque vias et iter Titania vastum dixerat et saevi restare pericula ponti: |
So ward vieles alldort mir erzählt, und vieles erlebt ich Selbst in der jährigen Frist. Unrührig und träg in Entwöhnung
Mussten wir wieder in See und wieder entfalten die Segel. Missliche Fahrt und Weite des Wegs und Gefahren der argen Meerflut standen bevor, so hatte gesagt die Titane. |
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pertimui, fateor, nactusque hoc litus adhaesi.' Finierat Macareus, urnaque Aeneia nutrix condita marmorea tumulo breve carmen habebat hic me caietam notae pietatis alumnus ereptam argolico quo debuit igne cremavit |
Davor bang, ich gesteh es, verblieb ich an diesem Gestade." Makareus war am Schluss. In der Marmorurne bestattet, Hatte Aineias' Amm auf dem Hügel die kurze Gedenkschrift: "Mich, Caieta, verbrannt allhier im gebührenden Feuer, Der dem argolischen einst mich entrissen, der biedere Pflegsohn." |
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solvitur herboso religatus ab aggere funis, et procul insidias infamataeque relinquunt tecta deae lucosque petunt, ubi nubilus umbra in mare cum flava prorumpit Thybris harena; Faunigenaeque domo potitur nataque Latini, |
Drauf nun lösen das Tau vom grasigen Damm die Troianer, Und von dem lauernden Trug und dem Haus der verrufenen Göttin Gehn sie hinweg und erstreben den Hain, wo dunkel von Schatten Thybris die Wellen ergießt in das Meer mit gelblichem Sande. Sein wird Tochter und Haus des von Faunus gezeugten Latinus, |
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non sine Marte tamen. bellum cum gente feroci suscipitur, pactaque furit pro coniuge Turnus. concurrit Latio Tyrrhenia tota, diuque ardua sollicitis victoria quaeritur armis. |
Doch nicht ohne den Mars. Mit streitbarem Volke erhebt sich Blutiger Krieg, und in Wut heischt Turnus die früher Verlobte. Ganz Tyrrhenien trifft auf Latium, und sie erstreben Lange den schwierigen Sieg mit rastlos tätigen Waffen. |
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8. Diomedes
und seine Gefährten (454-511) |
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auget uterque suas externo robore vires, |
Durch auswärtige Macht mehrt jeder von beiden die Kräfte; |
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et multi Rutulos, multi Troiana tuentur castra, neque Aeneas Euandri ad moenia frustra, at Venulus frustra profugi Diomedis ad urbem venerat: ille quidem sub Iapyge maxima Dauno moenia condiderat dotaliaque arva tenebat; |
Viele verstärken das Heer der Rutuler, viele der Troer Lager. Umsonst nicht kam zu der Schwell Euanders Aineias, Venulus aber umsonst zu der Stadt Diomedes' des Flüchtlings. Der zwar hatte erbaut im Gebiet des iapygischen Daunus Mauern an Umfang reich und besaß ausstattende Fluren, |
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sed Venulus Turni postquam mandata peregit auxiliumque petit, vires Aetolius heros excusat: nec se aut soceri committere pugnae velle sui populos, aut quos e gente suorum armet habere ullos, 'neve haec commenta putetis, |
Doch als Venulus nun, ausrichtend des Turnus Bestellung,
Beistand heischet, versagt Streitmacht der aitolische Heros, Und die Entschuldigung ist,: Er möge die Mannen des Schwähers Nicht aufbieten zum Kampf, und Krieger vom eigenen Volke Ständen ihm nicht zu Gebot. "Dass nicht ihr es glaubet erdichtet,
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admonitu quamquam luctus renoventur amari, perpetiar memorare tamen. postquam alta cremata est Ilios, et Danaas paverunt Pergama flammas, Naryciusque heros, a virgine virgine rapta, quam meruit poenam solus, digessit in omnes, |
Mag die Erinnerung auch mir erneuen die bitteren Leiden, Will ich mich doch zum Erzählen verstehn. Wie gesunken die stolze Ilios und sich genährt an Pergama Danaerflammen Und der narykische Held auf alle gezogen die Strafe, Die allein er verwirkt, der die Jungfrau riss von der Jungfrau, |
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spargimur et ventis inimica per aequora rapti fulmina, noctem, imbres, iram caelique marisque perpetimur Danai cumulumque Capherea cladis, neve morer referens tristes ex ordine casus, Graecia tum potuit Priamo quoque flenda videri. |
Da, von den Winden zerstreut und gejagt durch feindliche Wogen, Stehen wir Danaer aus Blitzstrahl und Dunkel und Regen, Zorn von Himmel und Meer und die Höhe der Not bei Kaphareus. Dass nicht weile zu lang mein Bericht bei der Reihe der Mühsal: Graecia hätte geweckt damals auch Priamos' Mitleid. |
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me tamen armiferae servatum cura Minervae fluctibus eripuit, patriis sed rursus ab agris pellor, et antiquo memores de vulnere poenas exigit alma Venus, tantosque per alta labores aequora sustinui, tantos terrestribus armis, |
Schirmend errettete mich Obhut der bewehrten Minerva
Aus dem Gewoge des Meers. Doch wieder vom heimischen Boden Werd ich gescheucht, und Strafe verhängt die beglückende Venus,
Früherer Wunde gedenk, und ich stand so viele Beschwerden Aus auf der Höhe der See, so viele in Kriegen zu Lande, |
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ut mihi felices sint illi saepe vocati, quos communis hiems inportunusque Caphereus mersit aquis, vellemque horum pars una fuissem. 'Ultima iam passi comites belloque fretoque deficiunt finemque rogant erroris, at Acmon |
Dass glückselig von mir oft wurden genannt die Gefährten, Die der gemeinsame Sturm und der unwirtbare Kaphareus Warf in die Flut, und dass ich versenkt mich wünschte mit ihnen. Wie sie das Äußerste nun in Fehden und Wogen erduldet, Heischen ein Ende der Fahrt die entmutigten Mannen. Doch Akmon, |
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fervidus ingenio, tum vero et cladibus asper, "quid superest, quod iam patientia vestra recuset ferre, viri?" dixit "quid habet Cytherea, quod ultra, velle puta, faciat? nam dum peiora timentur, est in vota locus: sors autem ubi pessima rerum, |
Hitzigen Sinns und dazu durch die Drangsal vollends erbittert, Sprach: "Was wäre denn noch, das auszustehen, ihr Männer, Weigerte eure Geduld? Was kann die kytherische Göttin, Falls sie es will, noch tun? Solange man Ärgeres fürchtet, Hat noch Statt das Gebet; wenn aber das Ärgste gefallen, |
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sub pedibus timor est securaque summa malorum. audiat ipsa licet, licet, ut facit, oderit omnes sub Diomede viros, odium tamen illius omnes spernimus: haud magno stat magna potentia nobis." talibus inritans Venerem Pleuronius Acmon |
Liegt am Boden die Furcht, und des Unglücks Gipfel ist sorglos. Mag sie's hören und so, wie sie tut, Diomedes' Gefährten Alle verfolgen mit Hass: wir alle verachten der Göttin Drohenden Hass, und uns gilt viel ihr großes Vermögen." Durch das vermessene Wort bringt neu der Pleuronier Akmon |
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instimulat verbis veteremque resuscitat iram. dicta placent paucis, numeri maioris amici Acmona conripimus; cui respondere volenti vox pariter vocisque via est tenuata, comaeque in plumas abeunt, plumis nova colla teguntur |
Venus die grollende auf und erweckt vormalige Zornglut.
Wenige stimmten ihm zu. Wir anderen Freunde, die Mehrzahl, Tadeln Akmon darob. Wie der zu erwidern sich anschickt, Ist mit der Stimme der Weg für die Stimme verengt, und in Federn Wandelt sich plötzlich das Haar; neu deckt sich der Hals mit Gefieder,
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pectoraque et tergum, maiores bracchia pennas accipiunt, cubitique leves sinuantur in alas; magna pedis digitos pars occupat, oraque cornu indurata rigent finemque in acumine ponunt. hunc Lycus, hunc Idas et cum Rhexenore Nycteus, |
Ebenso Rücken und Brust; Schwungfedern bekommen die Arme, Während die Beugen des Arms krumm gehen zu hebenden Flügeln; Viel einnehmen des Raums an den Füßen die Zehn, und gehärtet Starret der Mund von Hörn und läuft spitz aus an dem Ende. Ihn sieht Lykos zugleich und Idas und mit dem Rhexenor |
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hunc miratur Abas, et dum mirantur, eandem accipiunt faciem, numerusque ex agmine maior subvolat et remos plausis circumvolat alis: si volucrum quae sit subitarum forma requiris, ut non cycnorum, sic albis proxima cygnis. |
Nykteus und Abas erstaunt, und während sie staunen, empfahn sie Ähnlich gewandelte Form, und die größere Zahl von der Mannschaft Flattert empor und umfliegt mit klatschenden Schwingen die Ruder. Fragest du nach der Gestalt der plötzlich entstandenen Vögel: Schwanengestalt war's nicht, doch schneeigen Schwänen am nächsten. |
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vix equidem has sedes et Iapygis arida Dauni arva gener teneo minima cum parte meorum.' |
Hier den Sitz und das dürre Gefild des iapygischen Daunus Schütz ich, der Eidam, kaum mit dem mindesten Teile der Meinen." |
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9. Oleaster (512-526) |
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Hactenus Oenides, Venulus Calydonia regna Peucetiosque sinus Messapiaque arva relinquit. in quibus antra videt, quae, multa nubila silva |
Also des Oineus Spross. Weg vom kalydonischen Reiche, Von dem peuketischen Strand und Messapiens Fluren begibt sich Venulus. Der sieht dort die vom Wald umdunkelte Höhle, |
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et levibus cannis latitantia semicaper Pan nunc tenet, at quodam tenuerunt tempore nymphae. Apulus has illa pastor regione fugatas terruit et primo subita formidine movit, mox, ubi mens rediit et contempsere sequentem, |
Immer betropft von sickerndem Nass, die jetzo bewohnt ist Vom bocksfüßigen Pan, doch früher von Nymphen bewohnt war.
Diese erschreckete einst ein apulischer Hirt aus der Gegend, Und sie entflohen zuerst, da plötzliche Angst sie ergriffen. Bald, zur Besinnung gekehrt und ihren Verfolger verachtend, |
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ad numerum motis pedibus duxere choreas; inprobat has pastor saltuque imitatus agresti addidit obscenis convicia rustica dictis, nec prius os tacuit, quam guttura condidit arbor: arbor enim est, sucoque licet cognoscere mores. |
Führeten Reigen sie auf, nach dem Takte die Füße bewegend. Die missbilligt der Hirt, und er ahmt sie mit bäurischen Sprüngen Selbst auch nach und fügt Schmähreden zu garstigen Worten Plump und gemein so lang, bis Holz ihm die Kehle verdeckte. Denn er ist Holz, und am Saft ist noch zu erkennen die Sitte. |
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quippe notam linguae bacis oleaster amaris exhibet: asperitas verborum cessit in illa. |
Als Oleaster bewahrt er in bitteren Beeren der Zunge Merkliche Spur; in sie ging über die Herbe der Worte. |
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10. Aeneas'
Schiffe (527-565) |
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Hinc ubi legati rediere, negata ferentes arma Aetola sibi, Rutuli sine viribus illis bella instructa gerunt, multumque ab utraque cruoris |
Als von dort den Bescheid, dass aitolische Hilfe versagt sei,
Heim die Gesandten gebracht, da heben die Rutuler Fehde Ohne verstärkende Macht, und es lässt jedweder der Teile |
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parte datur; fert ecce avidas in pinea Turnus texta faces, ignesque timent, quibus unda pepercit. iamque picem et ceras alimentaque cetera flammae Mulciber urebat perque altum ad carbasa malum ibat, et incurvae fumabant transtra carinae,
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Reichliches Blut. In das fichtne Gebälk wirft gierige Fackeln Turnus, und Feuer erschreckt die, deren geschont die Gewässer. Schon nun brannte das Pech und das Wachs und den übrigen Brennstoff Mulciber weg und stieg am erhöheten Mast zu den Linnen, Und des gebogenen Kiels Querbänke begannen zu rauchen: |
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cum memor has pinus Idaeo vertice caesas sancta deum genetrix tinnitibus aera pulsi aeris et inflati conplevit murmure buxi perque leves domitis invecta leonibus auras 'inrita sacrilega iactas incendia dextra, |
Da lässt schallen, gedenk, dass auf dem idaiischen Gipfel Wurden die Fichten gefällt, die erhabene Mutter der Götter Dumpfes Getön von Buchs und Klirren geschlagenen Erzes, Und von dem Löwengespann durch weichende Lüfte gezogen, Sprach sie: "Du schleuderst den Brand umsonst mit der frevelnden Rechten,
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Turne!' ait. 'eripiam: nec me patiente cremabit ignis edax nemorum partes et membra meorum.' intonuit dicente dea, tonitrumque secuti cum saliente graves ceciderunt grandine nimbi, aeraque et tumidum subitis concursibus aequor |
Turnus! Ich rette sie doch, und Teile von unseren Hainen Soll die gefräßige Glut nicht raffen mit unserer Duldung." Während die Göttin sprach, scholl Donner, und gleich nach dem Donner Fiel in gewichtigem Guss Platzregen mit prasselndem Hagel; Hader beginnen zugleich, aufrührend die Luft und die Meerflut, |
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Astraei turbant et eunt in proelia fratres. e quibus alma parens unius viribus usa stuppea praerupit Phrygiae retinacula classis, fertque rates pronas medioque sub aequore mergit; robore mollito lignoque in corpora verso |
Die vom plötzlichen Prall anschwoll, die astraiischen Brüder. Nutzend von einem die Kraft, lässt jetzo die segnende Mutter Bersten die Taue von Werg, die hielten die phrygische Flotte, Treibet die Schiffe hinaus und versenkt sie inmitten des Meeres. Wie das Gebälk sie erweicht und das Holz zum Leibe geworden, |
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in capitum faciem puppes mutantur aduncae, in digitos abeunt et crura natantia remi, quodque prius fuerat, latus est, mediisque carina subdita navigiis spinae mutatur in usum, lina comae molles, antemnae bracchia fiunt, |
Nehmen des Hauptes Gestalt die gebogenen Hinterverdecke;
Finger entstehen zugleich aus den Rudern und schwimmende Füße; Seite verbleibt, was sonst auch Seite gewesen, und mitten Unter den Schiffen der Kiel wird fürder verwendet als Rückgrat; Tauwerk wird zu geschmeidigem Haar und zu Armen die Rahen; |
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caerulus, ut fuerat, color est; quasque ante timebant, illas virgineis exercent lusibus undas Naides aequoreae durisque in montibus ortae molle fretum celebrant nec eas sua tangit origo; non tamen oblitae, quam multa pericula saepe |
Blau ist die Farbe wie sonst. In den Wellen, wovor sie sich ehdem Fürchteten, tummeln sich froh die neuen Naiaden des Meeres An jungfräulichem Spiel, und erwachsen auf hartem Gebirge, Ziehn sie durch weiches Gewog, und es kümmert sie nimmer ihr Ursprung.
Doch sie vergaßen es nicht, wie viele Gefahr sie bestanden |
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pertulerint pelago, iactatis saepe carinis subposuere manus, nisi siqua vehebat Achivos: cladis adhuc Phrygiae memores odere Pelasgos Neritiaeque ratis viderunt fragmina laetis vultibus et laetis videre rigescere puppim |
Auf feindseligem Meer, und unter verschlagene Schiffe
Stemmten die Hände sie oft, wenn nicht eins führte Achiver. Troias Fall nachtragend verfolgt ihr Hass die Pelasger; Darum sahn sie das Wrack der zerschellten neritischen Barke Freudigen Blicks und sahen erfreut, wie starrende Klippe |
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vultibus Alcinoi saxumque increscere ligno. |
Ward des Alkinoos Schiff, und Felsen erwuchs an dem Holze. |
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11. Ardea (566-580) |
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Spes erat, in nymphas animata classe marinas posse metu monstri Rutulum desistere bello: perstat, habetque deos pars utraque, quodque deorum est instar, habent animos; nec iam dotalia regna, |
Hoffnung war, als die Flotte belebt zu Nymphen des Meeres,
Dass, von dem Wunder geschreckt, von der Fehde der Rutuler ließe. Doch er beharrt, und jeglicher Teil hat Götter und Göttern Gleich zu erachtenden Mut. Nicht mehr Lavinia gilt es, |
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nec sceptrum soceri, nec te, Lavinia virgo, sed vicisse petunt deponendique pudore bella gerunt, tandemque Venus victricia nati arma videt, Turnusque cadit: cadit Ardea, Turno sospite dicta potens; quam postquam barbarus ignis |
Nicht ausstattendes Reich, nicht mehr als Zepter des Schwähers, Sondern den Sieg, und dieweil nicht lässt abstehen die Ehre, Führen sie Krieg. Zuletzt sieht Venus die Waffen des Sohnes Siegreich. Turnus erliegt; auch Ardea liegt, zu des Turnus Lebzeit die Starke genannt. Als die fremdländisches Feuer |
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abstulit et tepida latuerunt tecta favilla, congerie e media tum primum cognita praepes subvolat et cineres plausis everberat alis. et sonus et macies et pallor et omnia, captam quae deceant urbem, nomen quoque mansit in illa |
Hatte gerafft und die Häuser in glimmender Asche verschwanden, Fliegt, noch keinem bekannt, aus der Mitte des Schuttes ein neuer Vogel und schüttelt sich ab mit schlagenden Schwingen die Asche. Ton und mächtiger Leib und Blässe und alles geziemet Ganz der eroberten Stadt; von der Stadt auch blieb ihm der Name. |
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urbis, et ipsa suis deplangitur Ardea pennis. |
Ardea jammert um sich nun selber mit eigenen Flügeln.
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12. Aeneas'
Apotheose (581-608) |
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Iamque deos omnes ipsamque Aeneia virtus Iunonem veteres finire coegerat iras, cum, bene fundatis opibus crescentis Iuli, tempestivus erat caelo Cythereius heros. |
Jetzt aber hatte der Wert des Aineias die sämtlichen Götter,
Selbst auch Iuno, bewegt, langwierigem Groll zu entsagen, Als nun, wo die Gewalt für den Knaben Iulus genügend Feststand, reif für den Himmel erschien der kytherische Heros. |
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ambieratque Venus superos colloque parentis circumfusa sui 'numquam mihi' dixerat 'ullo tempore dure pater, nunc sis mitissimus, opto, Aeneaeque meo, qui te de sanguine nostro fecit avum, quamvis parvum des, optime, numen, |
Venus verwendete sich bei den Himmlischen, und des Erzeugers Hals umschlang sie und sprach: "O Vater, du wärest ja niemals Mir unfreundlich und hart, sei jetzt willfährig der Bitte: Meinem Aineias verleih, der dich aus unserem Blute Zum Großvater gemacht, o Gütigster, göttliche Würde! |
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dummodo des aliquod! satis est inamabile regnum adspexisse semel, Stygios semel isse per amnes.' adsensere dei, nec coniunx regia vultus inmotos tenuit placatoque adnuit ore; tum pater 'estis' ait 'caelesti munere digni, |
Sei sie gering, nur mach ihn zum Gott! Es genügt, dass er einmal Sah das gefürchtete Reich, einmal durch stygische Flut fuhr." Beifall gibt ihr der Rat, und die Königin selber bewahrt nicht Regungsloses Gesicht und erlaubt es mit freundlichem Munde. Und der Erzeuger versetzt: "Wert seid ihr der himmlischen Gabe, |
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quaeque petis pro quoque petis: cape, nata, quod optas!' fatus erat: gaudet gratesque agit illa parenti perque leves auras iunctis invecta columbis litus adit Laurens, ubi tectus harundine serpit in freta flumineis vicina Numicius undis. |
Du, die begehrt, und für den du begehrst. Nimm, Kind, das Gewünschte. Iupiter sprach's. Sie dankt voll Freude dem gütigen Vater; Dann vom Taubengespann durch wehende Lüfte gezogen, Steigt sie herab am laurentischen Strand, wo zwischen dem Schilfrohr Zum nah liegenden Meer mit den Wellen Numicius hinschleicht, |
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hunc iubet Aeneae, quaecumque obnoxia morti, abluere et tacito deferre sub aequora cursu; corniger exsequitur Veneris mandata suisque, quicquid in Aenea fuerat mortale, repurgat et respersit aquis; pars optima restitit illi. |
Und sie befiehlt, dass der, was dem Tode gehört von Aineias, Spüle hinweg und der See zuführ im schweigenden Laufe. Venus' Geheiß vollbringt der Gehörnte: mit seinen Gewässern Wäscht und schwemmt er und nimmt, was Sterbliches war an Aineias, Alles hinweg. Standhielt dem Bespülen sein besseres Wesen. |
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lustratum genetrix divino corpus odore unxit et ambrosia cum dulci nectare mixta contigit os fecitque deum, quem turba Quirini nuncupat Indigetem temploque arisque recepit. |
Ihn, den Geläuterten, salbt mit göttlichem Dufte die Mutter, Und mit ambrosischem Saft, zu lieblichem Nektar gemenget, Naht sie dem Mund und macht ihn zum Gott, der bei des Quirinus Volk nun Indiges heißt und Tempel besitzt und Altäre. |
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13. Die
Könige von Alba Longa (609-621) |
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Inde sub Ascanii dicione binominis Alba |
Drauf an Askanios kam, den doppelbenameten, Alba |
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resque Latina fuit. succedit Silvius illi. quo satus antiquo tenuit repetita Latinus nomina cum sceptro, clarus subit Alba Latinum. Epytus ex illo est; post hunc Capetusque Capysque, sed Capys ante fuit; regnum Tiberinus ab illis |
Und der latinische Staat. Nach ihm war Silvius König, Dann Latinus, sein Sohn, der samt dem ererbeten Zepter Früheren Namen geführt. Den Latinus ersetzt der berühmte Alba, Epytus den, und Capetus folget und Capys, Capys eher jedoch. Von ihnen empfing Tiberinus |
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cepit et in Tusci demersus fluminis undis nomina fecit aquae; de quo Remulusque feroxque Acrota sunt geniti. Remulus maturior annis fulmineo periit, imitator fulminis, ictu. fratre suo sceptrum moderatior Acrota forti |
Zepter und Macht, und versenkt in den Wellen des tuskischen Stromes, Lieh er den Namen der Flut. Den Remulus und den entschlossnen Acrota hatt er gezeugt. Davon ward, reifer an Jahren, Remulus, wie er den Blitz nachahmte, erschlagen vom Blitzstrahl; Acrota, weniger dreist als der Bruder, vererbte dem starken |
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tradit Aventino, qui, quo regnarat, eodem monte iacet positus tribuitque vocabula monti; |
Aventinus das Reich, der unter demselbigen Hügel
Ruht, wo einst er geherrscht, und dem Hügel den Namen gegeben. |
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14. Pomona
und Vertumnus (622-771) |
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iamque Palatinae summam Proca gentis habebat. Rege sub hoc Pomona fuit, qua nulla Latinas inter hamadryadas coluit sollertius hortos |
Nun ward Proca das Haupt von dem palatinischen Volke. Damals war's, wo Pomona gelebt, die Gärten zu pflegen Trefflich wie keine verstand der latinischen Hamadryaden, |
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nec fuit arborei studiosior altera fetus; unde tenet nomen: non silvas illa nec amnes, rus amat et ramos felicia poma ferentes; nec iaculo gravis est, sed adunca dextera falce, qua modo luxuriem premit et spatiantia passim |
Die auf Baumesertrag sorgfältig wie keine bedacht war. Davon ist sie benannt. Nicht Waldungen liebt sie und Flüsse, Fluren allein und von köstlichem Obst vollhangende Zweige. Statt mit dem Spieß ist die Rechte beschwert mit gebogener Hippe, Womit bald sie beschränkt zu üppigen Wuchs und verwildert |
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bracchia conpescit, fisso modo cortice virgam inserit et sucos alieno praestat alumno; nec sentire sitim patitur bibulaeque recurvas radicis fibras labentibus inrigat undis. hic amor, hoc studium, Veneris quoque nulla cupido est; |
Schweifende Ranken verkürzt, bald auch in gespaltene Rinde Pfropfet ein Reis und Säfte gewährt dem entliehenen Pflegling. Nichts auch lässt sie vergehn vor Durst, und der saugenden Wurzel Krummes Gefaser benetzt sie mit drübergeleitetem Wasser. Dies ist Neigung und Lust; auch Lieb ist nimmer ihr Trachten. |
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vim tamen agrestum metuens pomaria claudit intus et accessus prohibet refugitque viriles. quid non et Satyri, saltatibus apta iuventus, fecere et pinu praecincti cornua Panes Silvanusque, suis semper iuvenilior annis, |
Fürchtend jedoch die Gewalt der Flurenbewohner, verschließt sie Innen den Garten und wehrt und fliehet den männlichen Zutritt. Was nicht geschah von den Satyrn, der hüpfenden Jugend, Und von den Panen im Feld mit den fichtenumwundenen Hörnern, Von Silvanus, dem Greis, der jugendlich bleibet im Alter, |
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quique deus fures vel falce vel inguine terret, ut poterentur ea? sed enim superabat amando hos quoque Vertumnus neque erat felicior illis. o quotiens habitu duri messoris aristas corbe tulit verique fuit messoris imago! |
Auch von dem Gott, der die Diebe erschreckt mit dem Glied und der Hippe, Um der Pomona Besitz! Vor ihnen sogar im Verlangen Tat sich Vertumnus hervor, doch glücklicher nicht als die andern. Oh, wie trug er so oft in der Tracht aushaltenden Schnitters Ähren im Korb und gewährte das Bild leibhaftigen Schnitters! |
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tempora saepe gerens faeno religata recenti desectum poterat gramen versasse videri; saepe manu stimulos rigida portabat, ut illum iurares fessos modo disiunxisse iuvencos. falce data frondator erat vitisque putator; |
Oftmals, wenn er ans Haupt frischduftendes Heu sich gebunden, Schien er gemähetes Gras erst eben gewendet zu haben. Oft in schwieliger Hand auch trug er den Stachel, und schwören Mochtest du, dass er entjocht vorher die ermatteten Rinder. Hielt er die Hipp: er war Laubscherer und Schnitter der Rebe. |
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induerat scalas: lecturum poma putares; miles erat gladio, piscator harundine sumpta; denique per multas aditum sibi saepe figuras repperit, ut caperet spectatae gaudia formae. ille etiam picta redimitus tempora mitra, |
Trug er die Leiter am Hals: Obst, dächte man, ging er zu brechen. Kriegsmann schien er zu sein mit dem Schwert, mit der Angel ein Fischer. So vielfache Gestalt annehmend, verschafft er sich öfter Zugang, dass er die Lust der betrachteten Schöne genösse. Der nun auch, an den Schläfen verhüllt mit zierlicher Haube, |
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innitens baculo, positis per tempora canis, adsimulavit anum: cultosque intravit in hortos pomaque mirata est 'tanto' que 'potentior!' inquit paucaque laudatae dedit oscula, qualia numquam vera dedisset anus, glaebaque incurva resedit |
Trat, mit dem Stabe geschützt und erblichenes Haar an den Schläfen, Als hochaltriges Weib in den sorglich gewarteten Garten, Und er bewundert das Obst und spricht: "Wie bist du gesegnet!" Und der Gepriesenen gibt er etliche Küsse, wie niemals Wirkliche Alte sie gibt, und gebückt auf die Scholle sich setzend, |
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suspiciens pandos autumni pondere ramos. ulmus erat contra speciosa nitentibus uvis: quam socia postquam pariter cum vite probavit, 'at si staret' ait 'caelebs sine palmite truncus, nil praeter frondes, quare peteretur, haberet; |
Schaut er empor zum Gezweig, das Bürde des Herbstes herabzog. Vor ihm ragte, behängt mit schwellenden Trauben, ein Ulmbaum. Als er diesen gerühmt und zugleich den geselleten Weinstock, Sagte er: "Stände der Stamm da ehlos ohne die Rebe, Hätt’ er doch außer dem Laub gar nichts, weshalb man ihn suchte.
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haec quoque, quae iuncta est, vitis requiescit in ulmo: si non nupta foret, terrae acclinata iaceret; tu tamen exemplo non tangeris arboris huius concubitusque fugis nec te coniungere curas. atque utinam velles! Helene non pluribus esset |
Aber die Rebe zugleich, die ruht am verbundenen Ulmbaum,
Wäre sie nicht ihm vermählt, sie läge geneigt an der Erde.
Doch du lässest dich nicht von des Baums Vorbilde bewegen, Meidest den Liebesverein und sorgst um keine Vermählung. Wolltest du nur, führwahr, nicht Helena wäre von Freiern |
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sollicitata procis nec quae Lapitheia movit proelia nec coniunx nimium tardantis Ulixis. nunc quoque, cum fugias averserisque petentes, mille viri cupiunt et semideique deique et quaecumque tenent Albanos numina montes. |
Mehr umschwärmt, noch sie, die erregte den Kampf der Lapithen, Noch auch das Weib des besonnenen bald, bald kühnen Odysseus. Jetzt auch, wo du entfliehst von den Werbenden und sie verachtest, Wünschen dich Hunderte doch, Halbgötter mit ihnen und Götter, Was nur immer für Mächt’ albanische Berge bewohnen. |
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sed tu si sapies, si te bene iungere anumque hanc audire voles, quae te plus omnibus illis, plus, quam credis, amo: vulgares reice taedas Vertumnumque tori socium tibi selige! pro quo me quoque pignus habe: neque enim sibi notior ille est, |
Bist du verständig und willst du dich glücklich vereinen und hören, Was dir die Greisin rät, die mehr als alle die andern, Mehr als du glaubst, dich liebt, so verwirf alltäglichen Ehbund, Und den Vertumnus ersieh zum Genossen des Lagers. Für diesen Kann ich dir wohl einstehn; denn selbst nicht kennt er sich besser, |
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quam mihi; nec passim toto vagus errat in orbe, haec loca sola colit; nec, uti pars magna procorum, quam modo vidit, amat: tu primus et ultimus illi ardor eris, solique suos tibi devovet annos. adde, quod est iuvenis, quod naturale decoris |
Als ich ihn. Nicht schweift er umher allorts in den Ländern; Weit ist sein Wohnsitz nicht; auch nicht, wie manche der Freier, Liebet er jede vom Sehn: dich wird er am ersten und letzten Lieben allein, und dir nur weiht er die Jahre des Lebens. Jugendlich ist er zudem, und natürliche Gabe der Anmut |
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munus habet formasque apte fingetur in omnes, et quod erit iussus, iubeas licet omnia, fiet. quid, quod amatis idem, quod, quae tibi poma coluntur, primus habet laetaque tenet tua munera dextra! sed neque iam fetus desiderat arbore demptos |
Ward ihm verliehn, und er weiß sich in jede Gestalt zu begeben: Was du verlangst, und du darfst jedwedes verlangen, er wird es. Gleiches ja liebt ihr auch; denn Obst, wofür du besorgt bist, Hat er zuerst und hält dein Gut in der fröhlichen Rechten. Doch nun wünschet er nicht vom Baume gebrochene Früchte, |
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nec, quas hortus alit, cum sucis mitibus herbas nec quicquam nisi te: miserere ardentis et ipsum, qui petit, ore meo praesentem crede precari. ultoresque deos et pectora dura perosam Idalien memoremque time Rhamnusidis iram! |
Nicht, die der Garten ernährt, safthaltige milde Gewächse, Nichts mehr wünscht er als dich. Oh, gönne dem Schmachtenden Mitleid!
Denke, du hörtest in mir jetzt flehen den Werbenden selber. Rächender Götter Gewalt und die Macht von Idalion scheue, Welche den Starrsinn hasst, und den Zorn der rhamnusischen Göttin. |
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quoque magis timeas, (etenim mihi multa vetustas scire dedit) referam tota notissima Cypro facta, quibus flecti facile et mitescere possis. |
Dass du sie mehr noch scheuest, erzähl ich - vieles zu wissen Gab mir Länge der Zeit - ein Begebnis, Zyperns Bewohnern Allen bekannt, das leicht kann wenden dein Herz und erweichen. |
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15. Iphis
und Anaxarete (698-771) |
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'Viderat a veteris generosam sanguine Teucri Iphis Anaxareten, humili de stirpe creatus, |
Niederem Blut entstammt, sah Iphis die edelgeborne Anaxarete einst vom alten Geschlechte des Teuker, |
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viderat et totis perceperat ossibus aestum luctatusque diu, postquam ratione furorem vincere non potuit, supplex ad limina venit et modo nutrici miserum confessus amorem, ne sibi dura foret, per spes oravit alumnae, |
Sah sie und fühlte sogleich Glut wallen durch Mark und Gebeine. Als er sich lange gesträubt, doch mit dem Verstand die Betörung Nicht zu besiegen vermocht, da naht' er flehend der Schwelle. Bald sein liebendes Leid ihr gestehend, beschwor er die Amme, Ihm nicht strenge zu sein, beim Glück und Gedeihen des Pflegkinds; |
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et modo de multis blanditus cuique ministris sollicita petiit propensum voce favorem; saepe ferenda dedit blandis sua verba tabellis, interdum madidas lacrimarum rore coronas postibus intendit posuitque in limine duro |
Freundlich beredet’ er bald jedwede der dienenden Mägde, Sie um gewogene Gunst ansprechend mit dringlicher Bitte, Oft von rührendem Brief auch ließ er bestellen die Worte; Manchmal hängt' er vom Taue der Tränen befeuchtete Kränze Auf an den Pfosten und lag, an die steinerne Schwelle die weiche |
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molle latus tristisque serae convicia fecit. saevior illa freto surgente cadentibus Haedis, durior et ferro, quod Noricus excoquit ignis, et saxo, quod adhuc vivum radice tenetur, spernit et inridet, factisque inmitibus addit |
Seite gedrückt, und schalt und verwünschte den leidigen Riegel. Sie, unsanft wie das Meer, das steigt beim Sinken der Zicklein, Hart wie Eisen und Stahl, in der norischen Esse geschmolzen, Oder Gestein, das fest noch haftet an lebender Wurzel, Weist ihn höhnisch zurück und gesellt hochmütige Worte |
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verba superba ferox et spe quoque fraudat amantem. non tulit impatiens longi tormenta doloris Iphis et ante fores haec verba novissima dixit: "vincis, Anaxarete, neque erunt tibi taedia tandem ulla ferenda mei: laetos molire triumphos |
Schnöde zu kränkendem Tun und benimmt dem Bewerber die Hoffnung. Nicht hielt weiter die Qual so lange getragener Schmerzen Iphis aus, und er sprach vor der Tür noch dieses zum Abschied: "Du, Anaxarete, siegst, und von meiner beschwerlichen Nähe Will ich dich endlich befrein. Auf, rüste zum frohen Triumphe, |
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et Paeana voca nitidaque incingere lauru! vincis enim, moriorque libens: age, ferrea, gaude! certe aliquid laudare mei cogeris amoris, quo tibi sim gratus, meritumque fatebere nostrum. non tamen ante tui curam excessisse memento |
Rufe den Paian laut und winde dir glänzenden Lorbeer!
Dein ist der Sieg; ich wähle den Tod. Frohlocke, du Spröde! Etwas sollst du an mir nun wenigstens loben, in einem Werd ich genehm dir sein, und Verdienst nicht wirst du mir leugnen. Aber vergiss auch nicht, dass erst mit dem Atem ich aufgab |
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quam vitam geminaque simul mihi luce carendum. nec tibi fama mei ventura est nuntia leti: ipse ego, ne dubites, adero praesensque videbor, corpore ut exanimi crudelia lumina pascas. si tamen, o superi, mortalia facta videtis, |
Liebe zu dir: ich muss zwei Leben entbehren auf einmal. Kunde von unserem Tod soll nicht das Gerede dir bringen: Ich will - zweifele nicht - nah sein und sichtlich erscheinen, Dass am entseeleten Leib dein grausames Auge du weidest. Wenn ihr Götter jedoch auf menschliche Taten herabseht, |
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este mei memores (nihil ultra lingua precari sustinet) et longo facite ut narremur in aevo, et, quae dempsistis vitae, date tempora famae!" dixit, et ad postes ornatos saepe coronis umentes oculos et pallida bracchia tollens, |
O seid meiner gedenk - nichts Weiteres waget die Zunge Noch zu erflehn - und von uns lasst lange erzählen die Nachwelt! Was ihr dem Leben geraubt an Zeit, das gebt dem Gedächtnis." So sprach Iphis und hob mit den tränenden Augen die blassen Arme hinan zu den oft mit Kränzen behangenen Pfosten, |
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cum foribus laquei religaret vincula summis, "haec tibi serta placent, crudelis et inpia!" dixit inseruitque caput, sed tum quoque versus ad illam, atque onus infelix elisa fauce pependit. icta pedum motu trepidantum aperire iubentem |
Und an der Pforte zuhöchst anknüpfend die Schlinge des Strickes, Sagte er: "Solch ein Geflecht, unselige Spröde, behagt dir!" Rasch einfügt er das Haupt, auch jetzt nach jener gewendet, Und die entsetzliche Last hing da mit geschnüreter Kehle. Ächzenden Ton ließ hören die Tür beim Schlage der Füße, |
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visa dedisse sonum est adapertaque ianua factum prodidit, exclamant famuli frustraque levatum (nam pater occiderat) referunt ad limina matris; accipit illa sinu conplexaque frigida nati membra sui postquam miserorum verba parentum |
Gleichwie bange vor Schreck, und geöffnet verriet sie den Selbstmord. Laut schrie auf das Gesind, und sie trugen zur Schwelle der Mutter –
Tot war, der ihn gezeugt - den vergeblich gelöseten Leichnam. Jene empfängt ihn im Schoß und umfasst des erkalteten Sohnes Teueren Leib; dann, als sie die Wort’ unglücklicher Eltern |
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edidit et matrum miserarum facta peregit, funera ducebat mediam lacrimosa per urbem luridaque arsuro portabat membra feretro. forte viae vicina domus, qua flebilis ibat pompa, fuit, duraeque sonus plangoris ad aures |
Alle gesagt und das Tun unglücklicher Mütter erschöpft war, Führte sie hin durch die Stadt den Tränen erregenden Grabzug Und ließ tragen zum Brand den verblichenen Leib auf der Bahre. Dicht an der Gasse, wodurch sich bewegte das Leichenbegängnis, Lag Anaxaretes Haus, und die Klagen erreichten der spröden |
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venit Anaxaretes, quam iam deus ultor agebat. mota tamen "videamus" ait "miserabile funus" et patulis iniit tectum sublime fenestris vixque bene inpositum lecto prospexerat Iphin: deriguere oculi, calidusque e corpore sanguis |
Jungfrau Ohr, die nun schon spürte die rächende Gottheit. "Lasst uns", sprach sie gerührt, "anschauen den traurigen Grabzug!" Und ein erhöhtes Gemach mit geräumigen Fenstern betrat sie. Kaum nun sah sie gestreckt auf der Bahre den Iphis, und plötzlich Sind ihr die Augen erstarrt, und das wärmende Blut in den Adern |
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inducto pallore fugit, conataque retro ferre pedes haesit, conata avertere vultus hoc quoque non potuit, paulatimque occupat artus, quod fuit in duro iam pridem pectore, saxum. neve ea ficta putes, dominae sub imagine signum |
Weicht aus dem Leib, den Blässe bezieht. Rückwärts mit dem Fuße Wollte sie gehn: fest hing er. Das Antlitz wollte sie wenden: Das auch konnte sie nicht, und Gestein, das längst in dem harten Busen gewesen zuvor, durchdringt ihr allmählich die Glieder. Halte für Mär das nicht; denn Salamis wahret das Steinbild, |
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servat adhuc Salamis, Veneris quoque nomine templum Prospicientis habet. - quorum memor, o mea, lentos pone, precor, fastus et amanti iungere, nymphe: sic tibi nec vernum nascentia frigus adurat poma, nec excutiant rapidi florentia venti!' |
Völlig der Lebenden gleich, noch jetzt im Tempel der Venus, Die Hinschauende heißt. Dies nimm, mein Kind, dir zur Warnung, Lass von dem störrischen Sinn, und dem Liebenden füge dich, Nymphe.
Dafür möge dir auch nie Keime des Obstes im Frühling Sengen der Frost, nie raffender Wind abschütteln die Blüten." |
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Haec ubi nequiquam formae deus aptus anili edidit, in iuvenem rediit et anilia demit instrumenta sibi talisque apparuit illi, qualis ubi oppositas nitidissima solis imago evicit nubes nullaque obstante reluxit, |
Als dies hatte gesagt der umsonst zu allen Gestalten Fähige Gott, da ward er zum Jüngling wieder, von hinnen Gebend das Greisengerät, und erschien vor der Nymphe in Schöne, Wie wenn siegend sich drängt durch hemmende Wolken der Sonne Leuchtendes Bild und von keiner verdeckt neu sendet die Strahlen; |
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vimque parat: sed vi non est opus, inque figura capta dei nympha est et mutua vulnera sensit. |
Und er bereitet Gewalt. Nicht not ist Gewalt: mit Entzücken Schaut sie des Gottes Gestalt und spürt gleich jenem die Wunde. |
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16. Lautulae (772-804) |
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Proximus Ausonias iniusti miles Amuli rexit opes, Numitorque senex amissa nepotis munere regna capit, festisque Palilibus urbis |
Drauf im ausonischen Reich war herrschend Amulius' Kriegsmacht
Wider das Recht. Durch die Enkel erhält die verlorene Herrschaft Numitor wieder, der Greis, und der Hauptstadt Mauern erstehen |
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moenia conduntur; Tatiusque patresque Sabini bella gerunt, arcisque via Tarpeia reclusa dignam animam poena congestis exuit armis; inde sati Curibus tacitorum more luporum ore premunt voces et corpora victa sopore |
An dem Palilienfest, und der Führer sabinischer Väter, Tatius, führt Krieg; und als sie den Weg zur Feste erschlossen, Haucht von den Waffen erdrückt Tarpeia den schuldigen Geist aus. Cures’ Söhne darauf nach der Weise der schweigenden Wölfe Hemmen im Munde den Laut und befallen die schlummerversenkten |
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invadunt portasque petunt, quas obice firmo clauserat Iliades: unam tamen ipse reclusit nec strepitum verso Saturnia cardine fecit; sola Venus portae cecidisse repagula sensit et clausura fuit, nisi quod rescindere numquam |
Männer und schleichen heran zu den Toren, die Ilias Sprössling Sicher mit Riegeln gesperrt. Eins aber eröffnete selber Iuno, ohne Geräusch mit gedreheter Angel zu machen. Venus allein nahm wahr, dass fielen die Barren am Tore, Und sie verschlösse es gern, wenn ein Gott je dürfte vereiteln, |
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dis licet acta deum. Iano loca iuncta tenebant naides Ausoniae gelido rorantia fonte: has rogat auxilium, nec nymphae iusta petentem sustinuere deam venasque et flumina fontis elicuere sui; nondum tamen invia Iani |
Was vollführte ein Gott. Sitz hatten dem Ianus benachbart, Wo vom Borne der Grund nass war, ausonische Nymphen. Die ruft jene zum Schutz: die Naiaden versagen der Göttin Nicht das gerechte Begehr und lassen die Adern und Bäche Rinnen dem Quell. Noch nicht war aber des offenen Ianus |
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ora patentis erant, neque iter praecluserat unda: lurida subponunt fecundo sulphura fonti incenduntque cavas fumante bitumine venas. viribus his aliisque vapor penetravit ad ima fontis, et Alpino modo quae certare rigori |
Mündung unnahbar, noch sperrte die Welle den Weg nicht. Unter den fruchtbaren Quell nun legen sie grünlichen Schwefel, Und sie erhitzen im Grund das Geäder mit rauchendem Erdpech. Solcher und anderer Stoff lässt dringen zur Tiefe der Quelle Kochende Glut, und die ihr zuvor mit der Kälte der Alpen |
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audebatis aquae, non ceditis ignibus ipsis! flammifera gemini fumant aspergine postes, portaque nequiquam rigidis promissa Sabinis fonte fuit praestructa novo, dum Martius arma indueret miles; quae postquam Romulus ultro |
Wagtet den Streit, ihr Wasser, besteht mit dem Feuer die Wette. Rauch nun wirkte den zwei Torpfosten die heiße Bespülung, Und an dem Tor, das umsonst den gestählten Sabinern verheißen, War der verbrennende Born Vorbau, bis Waffen ergriffen Mavor's streitbares Volk. Als Romulus diese zum Angriff |
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obtulit, et strata est tellus Romana Sabinis corporibus strata estque suis, generique cruorem sanguine cum soceri permiscuit inpius ensis. pace tamen sisti bellum nec in ultima ferro decertare placet Tatiumque accedere regno. |
Gegen die Feinde gekehrt und bereits mit sabinischen Leichen War Roms Boden bedeckt und mit eigenen auch, und des Schwähers Blut mit des Eidams Blut vom frevligen Schwerte gemischt war, Ziehen sie vor, anstatt aufs äußerste sich zu bekämpfen, Friedlich zu schlichten den Streit, dass Tatius teile die Herrschaft. |
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17. Apotheose
des Romulus (805-828) |
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Occiderat Tatius, populisque aequata duobus, Romule, iura dabas: posita cum casside Mavors talibus adfatur divumque hominumque parentem: 'tempus adest, genitor, quoniam fundamine magno res Romana valet nec praeside pendet ab uno, |
Tot war Tatius längst, und zugleich zwei Völkern verliehst du, Romulus, gleiches Gesetz, als Mars, sich des Helmes begebend, Also zu reden begann zum Zeuger der Götter und Menschen: "Vater, die Zeit ist da, weil nun auf verlässigem Grunde Steht Roms Macht und nicht abhängt von dem einen Beschirmer, |
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praemia, (sunt promissa mihi dignoque nepoti) solvere et ablatum terris inponere caelo. tu mihi concilio quondam praesente deorum (nam memoro memorique animo pia verba notavi) "unus erit, quem tu tolles in caerula caeli" |
Dass du den Lohn, der mir und dem würdigen Enkel versprochen, Zollest und ihn von der Erd entrückt in den Himmel versetzest. Weiland sagtest du mir in der seligen Götter Versammlung – Denn ich weiß und behielt dein väterlich Wort im Gedächtnis -:
"Einer ersteht, den wirst du erhöhn in die Bläue des Himmels!" |
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dixisti: rata sit verborum summa tuorum!' adnuit omnipotens et nubibus aera caecis occuluit tonitruque et fulgure terruit orbem. quae sibi promissae sensit rata signa rapinae, innixusque hastae pressos temone cruento |
Also hast du gelobt: Vollzug nun gib der Verheißung."
Ihm winkt gütig Gewähr der Allmächtige, und mit Gewölken Schwärzt er die Luft und erschreckt durch Donner und Blitze den Weltkreis.
Als er die Zeichen erkannt, die ermächtigen zu der Entführung, Steigt, auf die Lanze gestützet, der furchtlos kühne Gradivus |
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inpavidus conscendit equos Gradivus et ictu verberis increpuit pronusque per aera lapsus constitit in summo nemorosi colle Palati
reddentemque suo iam regia iura Quiriti abstulit Iliaden: corpus mortale per auras |
Hinter der Rosse Gespann an blutiger Deichsel und schwinget Schwirrend die Geißel zum Schlag, und jäh durch die Lüfte gesunken,
Hält er den Wagen zuhöchst auf Palatiums waldigem Hügel. Während der Ilia Sohn dort königlich seinen Quiriten Recht sprach, rafft er ihn fort. In die wehenden Lüfte zerronnen, |
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dilapsum tenues, ceu lata plumbea funda missa solet medio glans intabescere caelo; pulchra subit facies et pulvinaribus altis dignior, est qualis trabeati forma Quirini. |
Wich sein sterblicher Leib, wie fliegend von kräftiger Schleuder Mitten im himmlischen Raum oft schmilzet die bleierne Kugel. Schöner dafür wird seine Gestalt, des erhöheten Polsters Würdiger, so wie das Bild des Quirinus im Königsmantel. |
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18. Hersilia (829-851) |
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Flebat ut amissum coniunx, cum regia Iuno |
Ihn als verloren beweint sein Weib. Doch Iuno die Herrin |
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Irin ad Hersilien descendere limite curvo imperat et vacuae sua sic mandata referre: 'o et de Latia, o et de gente Sabina praecipuum, matrona, decus, dignissima tanti ante fuisse viri coniunx, nunc esse Quirini, |
Heißt auf gebogenem Pfad zu Hersilia Iris hinabgehn Und der Verwitweten so ausrichten von ihr die Bestellung: "Du im latinischen Volk, du auch im sabinischen Volke Edelste Zierde der Fraun, so würdig vor allen, die Gattin Früher vom trefflichsten Mann, nun aber zu sein von Quirinus, |
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siste tuos fletus, et, si tibi cura videndi coniugis est, duce me lucum pete, colle Quirini qui viret et templum Romani regis obumbrat'; paret et in terram pictos delapsa per arcus, Hersilien iussis conpellat vocibus Iris; |
Stille die Tränen getrost, und verlangt dich den Gatten zu schauen, Folge mir nach in den Hain, der an dem quirinischen Hügel Grünet und schattig verdeckt den Tempel des römischen Königs." Iris gehorcht, und zur Erde gesenkt auf farbigem Boden, tritt sie Hersilia nah und sagt die befohlenen Worte. |
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illa verecundo vix tollens lumina vultu 'o dea (namque mihi nec, quae sis, dicere promptum est, et liquet esse deam) duc, o duc' inquit 'et offer coniugis ora mihi, quae si modo posse videre fata semel dederint, caelum accepisse fatebor!' |
Kaum hebt jene den Blick mit bescheidener Miene vom Boden: "Göttin - welche du seist, nicht kann ich es sagen, gewiss nur Weiß ich, dass du es bist -, o führe mich", sprach sie, "und zeige Mir des Gemahls Antlitz! Wenn dieses zu schauen das Schicksal Einmal noch mir vergönnt, dann hab ich den Himmel erhalten." |
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nec mora, Romuleos cum virgine Thaumantea ingreditur colles: ibi sidus ab aethere lapsum decidit in terras; a cuius lumine flagrans Hersilie crinis cum sidere cessit in auras: hanc manibus notis Romanae conditor urbis |
Ohne Verzug nun geht sie hinaus mit der Thaumantide Auf den romulischen Berg. Dort gleitet, vom Aither gefallen, Nieder zur Erd ein Stern, und brennend vom Lichte des Sternes, Wich mit diesem zugleich Hersilias Haar in die Lüfte. Doch sie selber umfasst der Begründer von Rom mit bekannten |
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excipit et priscum pariter cum corpore nomen mutat Horamque vocat, quae nunc dea iuncta Quirino est. |
Armen und wandelt zugleich mit dem Leib vormaligen Namen. Hora heißet sie nun, als Göttin gesellt dem Quirinus. |
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Übersetzung nach R.Suchier bearbeitet von E.Gottwein |