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Publius Ovidius Naso

Metamorphosen - Verwandlungen

4. Buch - deutsch

1. Die Töchter des Minyas (1-415), 2. Pyramus und Thisbe (1. Tochter) (55-166), 3. Leucothoe und Clytie(2. Tochter) (167-270), 4. Salmacis und Hermaphroditus (3. Tochter) (271-388), 5. Verwandlung der drei Minyastöchter (389-415), 6. Athamas und Ino (416-562), 7. Cadmus und Harmonia (563-603), 8. Perseus (4,604-5,249), 9. Perseus und Atlas (621-662), 10. Perseus und Andromeda (663-739), 11. Corallium (740-752), 12. Medusa (753-803)

 
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  1. Die Töchter des Minyas (1-415)
Minyas' Tochter jedoch, Alkithoe, meinet, des Gottes
Orgien brauche sie nicht. Dass Bakchos von Iupiter stamme,
Leugnet sie noch mit vermessenem Trotz, und es teilen die Schwestern
Solch unheiligen Sinn. Zu dem Fest hieß kommen der Priester
Frauen und Mägde zugleich, ablassend von ihren Geschäften,
Decken mit Fellen die Brust, vom Haupt abnehmen die Binden,
Kränze sich legen ins Haar, in die Hand grünlaubige Thyrsen.
Furchtbar werde, versäumt, zum Zorne sich wenden die Gottheit,
Hatte voraus er gesagt. So Mütter wie Schnuren gehorchend
Lassen Gewebe und Korb und die unvollendete Arbeit.
Weihrauch dampft, und es schallt: Heil, Bromios, Bacchos, Lyaios,
Feuergezeugter, allein Zweimüttriger, Wiedergeborner!
Nyseus! tönt ihr Ruf und: nimmer geschorner Thyoneus!
Heitrer Lenaios! erschallt's, du Pflanzer der labenden Traube,
Eleleus, Euan dazu, Nyktelios, Vater Iakchos
Und was du sonst für Namen noch hast bei den grajischen Stämmen,
Liber, in reichlicher Zahl. Dir bleibt nie welkende Jugend;
Du wirst droben geschaut im Himmels als ewiger Knabe,
Allen in Schönheit voran; du trägst, wenn dir fehlen die Hörner,
Jungfrauähnliches Haupt. Dir huldigt bezwungen der Aufgang,
Bis wo der Ganges benetzt am Ende die bräunlichen Inder.
Pentheus schlachtest du hin und den Beil-aufheber Lykurgos,
Deine Verächter, hoher Gott; du wirfst die Tyrrhener
Nieder ins Meer. Du beugst den Hals, den prächtige Zügel
Schmücken, dem Luchsegespann. Mitziehn Bacchanten und Satyrn
Samt dem trunkenen Greis, der am Rohre die schlotternden Glieder
Stützt und haltlos hängt auf dem Rücken des bauchigen Esels.
Wo du ziehst des Wegs, tönt lärmender Jünglinge Jubel,
Weiblicher Stimmen Geschrei; von den Händen geschlagene Trommeln,
Bauchiges Erz und der Buchs mit dem langhin gehenden Rohre.
"Nah uns gnädig und mild!" - So flehen die Ismeniden,
Und sie begehn den geheißenen Dienst. Nur Minyas' Töchter,
Durch das unzeitige Werk der Minerva die Feier entweihend,
Hecheln Wolle daheim, drehn Fäden mit hurtigem Daumen,
Oder beschicken Gewebe und drängen die Mägde zur Arbeit.
Eine davon, mit dem Daumen behend ausziehend den Faden,
Spricht: "Da andere ruhn und folgen ersonnener Feier,
Lasst auch uns, die zu Haus hier Pallas, die bessere Göttin,
Fesselt, das nützliche Werk leicht machen mit wechselnder Rede,
Und mit ergötzlicher Mär, dass lang nicht werde die Weile,
Lasst jedwede von uns die müßigen Ohren erfreuen!"
Billigend heißen zuerst sie selber erzählen die Schwestern.
Uneins erst in der Wahl - denn sie konnte so vieles erzählen –
Sinnet sie, ob sie von dir, babylonische Derketis, rede,
Die mit gewandeltem Leib, da Schuppen verhüllten die Glieder,
Schwamm im Weiher umher, wie glaubet das Volk Palästinas,
Ob vielmehr, wie die Tochter von ihr die letzten der Jahre,
Als ihr Gefieder gesprosst, auf ragenden Türmen verlebte,
Oder wie einst mit Bann und mit allzu wirksamen Kräutern
Jünglinge eine Naiade in schweigende Fische verkehrte,
Bis sie Gleiches erlitt, ob lieber, wie dunkle Früchte
Trägt, weil Blut ihn genetzt, der Baum, der weiße getragen.
Dies zu erzählen beliebt, weil nicht alltäglich das Märchen,
Und so hebet sie an, aus der Woll' ausziehend den Faden:
  2. Pyramus und Thisbe (1. Tochter) (55-166)
Thisbe und Pyramus einst, der Jünglinge schönster der eine,
Hoch die andre berühmt vor allen den Mädchen im Osten,
Wohnten als Nachbarn dort, wo die prächtige Stadt nach der Sage
Hatte Semiramis rings mit Backsteinmauern umgeben.
Umgang brachte zuweg' und vertraute Gewöhnung die Nähe;
Liebe erwuchs mit der Zeit, und sie wären vereint in der Ehe,
Ohne der Väter Verbot. Was die nicht konnten verbieten:
Beider Gemüt war gleich entzündet von heißem Verlangen.
Jeglicher Zeuge ist fern. Sie reden mit Winken und Zeichen,
Und je enger beschränkt, desto mächtiger wallet die Flamme.
Von kaum merklichem Riss, den schon beim Bau sie bekommen,
War durchspalten die Wand, die gemein jedwedem der Häuser.
Dieses Gebrechen, erkannt noch nie seit Reihen von Jahren,
Ward - was merkt nicht Liebe? - zuerst euch Liebenden sichtbar,
Dann als Weg für die Stimme gewählt, und in leisem Geflüster
Pflegten verstohlen hindurch zu gehn liebkosende Worte.
Oft, wenn sie standen davor, hier Thisbe, Pyramus drüben,
Und jedwedes den Hauch auffing von des anderen Munde,
Sprachen sie: 'Neidische Wand, was bist du der Liebenden Hemmnis?
Wie viel hätt' es bedurft, dass ganz du uns ließest vereint sein
Oder, wenn dieses zuviel, uns Raum doch gäbest zum Küssen!
Doch nicht weigern wir Dank. Dir sind wir mit Freuden erkenntlich,
Dass zu befreundetem Ohr Durchgang du gewährest den Worten.'
Wenn von einander getrennt sie solches vergeblich geredet,
Sagten sie gegen die Nacht Lebwohl und gaben ein jedes
Küsse der eigenen Seite, die nicht hinüber gelangten.
Früh nun hatte verscheucht die nächtlichen Leuchten Aurora,
Und das betaute Gras mit Strahlen die Sonne getrocknet,
Als der gewöhnliche Ort sie vereint. Mit leisem Geflüster
Klagen sie lang und beschließen sodann, die Hüter zu täuschen
Mitten in schweigender Nacht und sacht aus der Türe zu schleichen;
Wenn sie entkommen dem Haus, die Gebäude der Stadt zu verlassen,
Dann, dass draußen sie nicht fehlgingen im weiten Gefilde,
Beide zu kommen zum Grab des Ninus und sich zu verbergen
Unter dem schattigen Baum. Dort ragte beladen mit weißen
Früchten ein Maulbeerbaum ganz nahe bei kühlender Quelle..
So ist bestimmt, und das Licht, das langsam schien zu entweichen,
Sinkt in die Wogen hinab, und die Nacht steigt auf aus den Wogen.
Sacht drehte Thisbe die Tür in der Angel und schlüpft in dem Dunkel
Leise hinaus von keinem bemerkt und, verhüllet das Antlitz,
Langt bei dem Hügel sie an und setzt an dem Baume sich nieder.
Liebe machte sie stark und beherzt. Da nahet ein Löwe
Frisch von dem Mord der Rinder befleckt den schäumenden Rachen,
Dass er sich lösche den Durst im nahen Gewässer der Quelle.
Diesen gewahrte von fern im Mondschein Babylons Tochter
Thisbe und floh mit ängstlichem Fuß zur finsteren Höhle;
Aber sie ließ auf der Flucht das Gewand entfallen dem Rücken.
Als mit reichlichem Trank der grimmige Leu sich gesättigt,
Sieht er, während zum Wald er zurückkehrt, ohne die Jungfrau
Liegen das dünne Gewand und zerfetzt es mit blutigem Maule.
Später entschritten dem Haus nimmt wahr in dem lockeren Sande
Sichere Spuren des Tiers und erblasst im ganzen Gesichte
Pyramus. Wie er das Kleid auch findet vom Blute gerötet,
Spricht er: 'Die selbe Nacht wird den Tod zwei Liebenden bringen,
Ach, und die würdigste war doch sie vieljährigen Lebens!
Ich nur trage die Schuld; ich habe dich, Ärmste, gemordet,
Der ich kommen dich hieß bei Nacht an grausige Stätte,
Und als der spätere kam. Reißt meinen Körper in Stücke
Und mit dem grimmen Gebiss zehrt auf die verruchten Geweide,
All ihr Löwen zumal, die ihr haust hier unter dem Felsen!
Aber den Tod nur zu wünschen ist feig." Und die Hülle der Thisbe
Hebt er vom Boden und nimmt sie mit in den Schatten des Baumes.
Wie dem bekannten Gewand er Tränen gegeben und Küsse,
Spricht er: ‚Empfange denn nun auch meines Blutes Verströmen;'
Und er versenkt in die Weichen den Stahl, mit dem er gegürtet;
Rasch dann zieht er ihn sterbend heraus aus der brennenden Wunde.
Hochauf spritzte das Blut, wie er rücklings lag auf dem Boden,
Ähnlicher Art, wie wenn die beschädigte bleierne Röhre
Aufplatzt und mit Gewalt weithin feinstrahliges Wasser
Schleudert aus zischendem Loch und die Luft wegdrängt mit dem Schusse.
Von dem bespritzenden Blut gehn über die Früchte des Baumes
Plötzlich in schwarze Gestalt, und die Wurzel, vom Blute befeuchtet,
Tränkt sie mit purpurnem Saft und färbt die hangenden Beeren.
Sieh, da kehrt noch bang, um nicht den Geliebten zu täuschen,
Thisbe zurück und sucht mit Augen und Herzen den Jüngling,
Ihm, wie großer Gefahr sie entging, zu erzählen verlangend.
Während den Ort sie erkennt und am Baum die gesehene Bildung,
Macht sie die Farbe der Frucht doch irr: ob dieser es wäre,
Stutzte sie. Zweifelnd im Sinn sah zuckende Glieder sie plötzlich
Schlagen den blutigen Grund, und sie wich mit dem Schritt, und im Antlitz
Wurde sie bleicher als Buchs und schauderte ähnlich dem Meere,
Welches erbebt, wenn leicht hinstreift an dem Spiegel ein Lufthauch.
Aber sobald sie erkannt nach kurzem Verzug den Geliebten,
Schlägt sie mit hallendem Schlag die schuldlos leidenden Arme,
Rauft sich das Haar und umschlingt den teuren Leib, und die Wunde
Füllt mit Tränen sie an und mischt mit dem Blute der Zähren
Heißen Erguss und bedeckt mit Küssen das eisige Antlitz.
‚Pyramus', jammert sie laut, ,was raubte dich mir für ein Schicksal?
Pyramus, rede zu mir! Sieh, deine geliebteste Thisbe
Ruft dich. Höre mich doch und erhebe das liegende Antlitz!'
Als sie Thisbe gesagt, schlug wieder die brechenden Augen
Pyramus auf und schloss, wie er Thisbe geschaut, sie für immer.
Jetzt gewahrt sie ihr eignes Gewand und die elfene Scheide
Ohne das Schwert. ,Dein Arm, Unglücklicher', ruft sie, ,und Liebe
Haben den Tod dir gebracht. Auch mir ist der Arm zu dem einen
Stark; auch mir wird Kraft zu Wunden verleihen die Liebe.
Ja, dir folg' ich im Tod; dann heiß' ich deines Verderbens
Grund und Begleiterin auch, und den allein mir entreißen
Konnte der bittere Tod, soll Tod auch nicht mir entreißen.
Um dies Einzige nur seid noch von uns beiden gebeten,
O von mir und von ihm ihr viel unglücklichen Väter:
Uns, die entschlossene Lieb' in der Stunde des Todes vereinte,
Uns missgönnet es nicht, beisammen zu ruhen im Grabe.
Doch du, Baum, der du jetzt die traurige Leiche des einen
Deckst mit deinem Gezweig, bald deckst du von zweien die Leichen:
Wahre die Zeichen der Tat und behalte für immer der Trauer
Ziemende dunkle Frucht als Mal zwiefältigen Mordes.'
Sprach's, und unter die Brust sich stemmend die Spitze des Schwertes,
Stürzte sie sich in den Stahl, der noch von dem Morde gewärmt war.
Aber es rührt' ihr Wunsch die Götter und rührte die Eltern.
Denn, wenn ganz sie gereift, ist schwarz an den Beeren die Farbe,
Und was die Flammen verschont, das ruht in gemeinsamer Urne."
  3. Leucothoe und Clytie(2. Tochter) (167-270)
Damit war sie am Schluss. Kurz währte die Frist, und zu reden
Hub Leukonoe an. Still waren die achtsamen Schwestern.
"Ihn auch, welcher das All durchdringt mit dem himmlischen Lichte,
Fasste die Liebe, den Sol. Sols Liebschaft will ich erzählen.
Dieser zuerst, wie Glauben besteht, sah, dass im Geheimen
Buhleten Venus und Mars. Der Gott sieht alles am ersten.
Drob unwillig entdeckt er dem Iunogeborenen Gatten
Schleunig die Schande des Betts und den Ort der Schande. Dem Gatten
Wich die Besinnung zugleich und das Werk, das eben die Rechte
Fertigte. Ketten sofort ganz dünn aus Erze geschmiedet,
Schlingen und Netze dazu, die den Blick wohl konnten betrügen,
Feilt er zurecht. Nicht mögen das Werk die zartesten Fäden,
Nicht am hohen Gebälk das Spinnengewebe beschämen.
Dass es dem leisesten Druck nachgibt und schwacher Berührung,
Macht er zugleich und legt es geschickt ringsher um das Lager.
Wie in das Bett nun kam mit dem Buhlen zusammen die Gattin,
Sind durch die Kunst des Gemahls und die schlau erfundenen Bande
Mitten im Liebesumfangen die beiden ertappt und gefangen.
Jetzto im Nu geht auf die helfene Tür, und die Götter
Läßt der Lemnier ein. Sie lagen verschlungen in Schande.
Aber es wünscht wohl mancher der höchlich erheiterten Götter,
So in Schande zu sein. Die Himmlischen lachten, und lange
Blieb das Tagesgespräch im ganzen Olympos der Vorfall.
Bald mit Strafe vergilt den Verrat die kytherische Göttin.
Denn nicht minder ihm selbst, der störte die heimliche Liebe,
Stört sie mit Liebe die Ruh. Was frommt, o Sohn Hyperions,
Farb' und Gestalt dir nun und die Fülle des strahlenden Lichtes?
Du, des eigene Glut durchbrennt die sämtlichen Lande,
Brennst von anderer Glut. Da alles zu schauen dir obliegt,
Schaust du Leukothoe nur und heftest allein auf die Jungfrau
Augen, die doch zukommen der Welt. Am östlichen Himmel
Steigst du zu früh bald auf, bald sinkst du zu spät in die Wogen,
Und du verlängerst vertieft im Schauen die Stunden des Winters;
Manchmal fehlst du ganz, und das Siechtum deines Gemütes
Dringt in das Licht, und dunkel erschreckst du der Sterblichen Seelen.
Auch nicht stehest du bleich, weil näher der Erde des Mondes
Bild dir sperrte den Weg: es entfärbt dich also die Liebe.
Sie nur trägst du im Sinn. Nicht Klymene hält dich, noch Rhodos,
Nicht die schönste der Frauen, die Mutter der aiischen Kirke,
Klytie nicht, die heiß, obgleich vom Geliebten verschmähet,
Deine Umarmung ersehnt' und zu eben der Zeit an der Wunde
Schmerzvoll litt. Dich ließ Leukothoe viele vergessen,
Die Eurynome einst, des Weihrauch zeugenden Landes
Schönste, gebracht zur Welt. Als aber die Tochter heranwuchs,
War sie der Mutter voraus, wie allen die Mutter, an Schönheit.
Im achaimenischen Reich war Orchamos König, ihr Vater,
Der als siebenter Spross von dem Urahn Belos gezählt wird.
Unter dem westlichen Pol ist die Weide des Sonnengespannes,
Welchem als Gras Ambrosia dient. Die nähret die Glieder
Müde vom Dienste des Tags und kräftigt sie wieder zur Arbeit.
Während die Rosse sich dort abrupfen das himmlische Futter
Und sich umher ausbreitet die Nacht, tritt in das geliebte
Zimmer der Gott, die Gestalt der Mutter Eurynome borgend.
Mit zwölf Mägden erblickt er Leukothoe, wie sie geschäftig
Glattes Gespinst beim Licht auszieht an gedreheter Spindel.
Drauf nun, wie er geküsst als Mutter die teuere Tochter,
Sprach er: 'Die Sach' ist geheim; geht fort, ihr Mägd' und benehmet
Nicht der Mutter das Recht, ein Wort im Vertrauen zu reden.'
Also geschah es, und als im Gemach kein Zeuge geblieben,
Sagte der Gott: 'Ich bin's, der misset die Länge des Jahres.
Ich, der alles erschaut, der macht, dass alles die Erde
Schauet, das Auge der Welt. Du gefällst mir, glaub' es.' Sie zittert;
Rocken und Spindel entfällt im Schrecken den lässigen Fingern.
Selber die Furcht stand ihr schön. Und der Gott, nicht länger mehr zögernd,
Kehrte zurück in die wahre Gestalt und den ständigen Schimmer.
Jene, wie sehr sie geschreckt auch war von dem plötzlichen Anblick,
Fügte besiegt von dem Glanz sich dem Gott einstellend die Klage.
Klytie sah es mit Neid - denn vormals hatte sie Phoibos
Über die Maßen geliebt - und gestachelt vom Zorn auf die Buhle
Macht sie die Liebschaft kund und meldet dem Vater der Tochter
Ruchbare Schuld. Der aber im Grimm gräbt ohne Erbarmen,
Während sie fleht und zum Lichte des Sol aufhebet die Hände
Und: 'Ich erlitt abwehrend Gewalt!' ihm beteuert, sie grausam
Tief in die Erd' und beschwert sie dazu mit sandigem Hügel.
Diesen zerstreut mit Strahlen der Sohn Hyperions und schafft dir
Ausgang, wo du vermagst aus der Grube zu heben das Antlitz.
Aber du konntest das Haupt nicht mehr aufrichten, o Nymphe,
Schon von der Erde erdrückt; du lagst, ein verblichener Leichnam.
Nie seit Phaethons Brand war schmerzlicher irgend ein Anblick,
Gehet die Sage, als der, für den Lenker des Flügelgespannes.
Lang war jener bemüht, wenn möglich, die frostigen Glieder
Durch der Strahlen Gewalt zur Wärme des Lebens zu wecken;
Aber dieweil das Geschick so großem Beginnen entgegen,
Sprengt' er auf Leib und Ort wohlriechenden Nektar und sagte,
Als noch viel er geklagt: 'Doch sollst du berühren den Aither.'
Sieh, da zergeht alsbald, durchdrungen vom himmlischen Nektar,
Schmelzend der Leib und tränkt mit duftigen Tropfen das Erdreich;
Und aus den Schollen gemach, darinnen er Wurzel geschlagen,
Hebt sich ein Weihrauchstamm und zerteilt mit der Spitze den Hügel.
Aber der Klytie mag, wenn auch entschuldigen konnte
Liebe den Schmerz und Schmerz den Verrat, der Spender des Lichtes
Nicht mehr nahn, und er setzt dem Bund mit jener ein Ende.
Seitdem schwand sie dahin, unsinnig sich härmend in Sehnsucht,
Nie zu den Nymphen gesellt, und im Freien auf offener Erde
Saß sie bei Tag und Nacht, achtlos auf das hangende Haupthaar,
Und neun Tage hindurch sich Trank und Speise versagend
Gab sie dem nüchternen Mund nur Tau und eigene Tränen.
Nie auch wich sie vom Sitz. Zum Gesicht des wandelnden Gottes
Schaute sie nur und wandte sich stets nach ihm mit dem Antlitz,
Haften blieb, wie es heißt, am Boden ihr Leib, und die fahle
Blässe entfärbt sich zum Teil zu saftentbehrendem Kraute;
Rot ist gefärbt ein Teil, und violenähnliche Blume
Deckt das Gesicht. Sie wendet, obgleich von der Wurzel gehalten,
Immer dem Sol sich zu und bewahrt verwandelt die Liebe."
  4. Salmacis und Hermaphroditus (3. Tochter) (271-388)
Schluss war nun, und es hatten gehorcht auf das Wunder die Ohren.
Glauben versagt ein Teil, ein Teil meint, wirkliche Götter
Hätten zu allem die Macht; doch nicht ist Bakchos darunter.
Jetzt an Alkithoe ist, wie die Schwestern geschwiegen, die Reihe,
Und sie beginnt, mit dem Schiff durcheilend den stehenden Aufzug:
"Nicht die verbreitete Mär von der Liebe des Hirten am Ida,
Daphnis, ersah ich mir aus, den die eifersüchtige Nymphe
Hart ließ werden zu Stein. So heiß drängt Schmerz die Verliebten.
Auch nicht red' ich, wie einst der natürlichen Ordnung entgegen
Mann bald war, bald Weib der wechselgestaltige Sithon.
Die auch, Stahl anjetzt, sonst Iupiters treuer Gefährte,
Kelmis, und euch, Kureten, erzeugt vom reichlichen Regen,
Krokos und Smilax auch, in niedliche Blumen verwandelt,
Lass' ich weg, und den Sinn soll fesseln ergötzliche Neuheit.
Warum Salmakis kam in Verruf, weshalb sie verweichlicht
Mit arg wirkendem Quell und erschlafft umflossene Glieder,
Höret es. Wenig bekannt ist der Grund, allkundig der Zauber.
Von Mercurius einst erzeugt mit der Göttin Kytheras
Ward von Naiaden ein Knab' in des Ida Grotten erzogen.
Also war sein Gesicht, dass leicht so Vater wie Mutter
Wieder erkannte der Blick; auch ward er nach beiden geheißen.
Wie er erreicht dreimal fünf Jahre, da zog von der Heimat
Bergen der Knabe hinaus und, getrennt von dem nährenden Ida,
War es ihm Lust zu schweifen umher durch fremde Gefilde,
Fremde Gewässer zu sehn; die Mühen verringerte Neugier.
Auch zu dem lykischen Land und den Karern, Lykiens Nachbarn,
Kommt er des Wegs. Hier lockt ihn mit glänzendem Wasser ein Weiher
Klar bis zum untersten Grund. Dort war kein sumpfiges Röhricht,
Dort kein mageres Schilf, noch Binsen mit stachliger Spitze.
Hell durchscheint die Flut. Doch außen umsäumet den Weiher
Frisch aufkeimendes Gras und grün stets bleibender Rasen.
Die ihn bewohnt, die Nymph' ist zur Jagd untüchtig, und niemals
Zieht den Bogen sie straff, noch mag sie eifern im Wettlauf,
Von den Naiaden allein ganz fremd der behenden Diana.
Oft wohl sprachen zu ihr - so meldet die Sage - die Schwestern:
,Salmakis, nimm den Spieß, den zierlich gefertigten Köcher,
Und mit der stärkenden Jagd vertausche behagliche Muße!'
Doch nicht nimmt sie den Spieß, noch den zierlich gefertigten Köcher,
Mag mit der stärkenden Jagd nicht tauschen behagliche Muße,
Sondern bespült in dem Wasser des Quells die reizenden Glieder,
Streicht die Haare sich glatt mit dem Kamm von kytorischem Buchsbaum
Oder befragt, was schön ihr stehe, die spiegelnden Wellen;
Mit durchsichtigem Kleid auch öfter umgeben den Körper
Wählt bald schwellendes Laub, bald schwellendes Gras sie zum Lager;
Oft pflückt Blumen sie ab. Auch damals pflückte sie Blumen,
Als sie den Knaben erblickt und den kaum Erblickten begehret.
Noch nicht nahte sie ihm, obgleich sie sich eilte zu nahen,
Bis sie geordnet den Putz und musternd besehen den Anzug,
Freundlich die Miene gemacht und verdient liebreizend zu scheinen.
‚Jüngling', redet sie nun, ,als einer der Götter zu gelten
Würdig zumeist! Wofern du ein Gott, wohl bist du Cupido;
Doch wenn sterblicher Art, dann selig die beiden Erzeuger,
Glücklich der Bruder von dir, fürwahr zu beneiden die Schwester,
Falls dein eine du nennst, und die einst dich säugte, die Amme!
Doch glückselig und reich vor allen und über die Maßen,
Die als Braut dir gehört, die würdig du findest der Fackel.
Hast du diese bereits, sei mein Umfangen verstohlen;
Hast du sie nicht, sei ich's, und lass uns einen das Brautbett!'
Hiermit schwieg die Naiad'. Es errötet die Wange des Jünglings,
Welchem die Liebe noch fremd. Doch schön auch stand das Erröten.
So ist der Apfel zu sehn, der hängt am sonnigen Baume,
Oder das Elfenbein, das gefärbt ist, oder mit Weiße
Röte vereinend der Mond, wenn fruchtlos helfendes Erz tönt.
Als ihn um Schwesterkuss zum wenigsten ständig die Nymphe
Bittet und schon ausstreckt nach dem helfenen Nacken die Arme,
Ruft er: 'Hinweg! Sonst flieh' ich und meide den Ort und dich selber.'
Salmakis bangte darob und sprach: 'Frei mögest du, Fremdling,
Hier dich ergehn!' Und sie wendet zum Schein weggehend die Schritte.
Doch stets blickt sie zurück, und versteckt im Wald der Gebüsche
Lugt sie geduckt mit gebogenem Knie. Doch jener, wie Knaben
Pflegen, und unbelauscht sich wähnend im einsamen Grase,
Geht lustwandelnd umher, und hinein in die plätschernden Wellen
Taucht er die Sohlen zuerst, dann bis an die Knöchel die Füße.
Bald auch legt er, gelockt von der Milde des schmeichelnden Wassers,
Nieder das weiche Gewand von dem zartgebildeten Körper.
Da kommt Salmakis ganz von Sinnen und brennt von Begierde
Nach der enthüllten Gestalt, und es glühen die Augen der Nymphe
Ähnlicher Art, wie wenn vollglänzend mit lauterer Scheibe
Prallt die Sonne zurück vom entgegen gehaltenen Spiegel.
Kaum erträgt sie Verzug, kann kaum ihr Entzücken verschieben,
Wünscht ihn schon zu umarmen; von Sinnen kann kaum sie sich halten.
Jener beklatscht sich den Leib mit offenen Händen und springet
Rasch in die Wellen hinein, und rudernd mit wechselnden Armen
Scheinet er durch in der Flut, wie wenn schneeige Lilien einer
Oder ein elfenes Bild zudeckt mit hellem Kristallglas.
,Sieg! er ist mein!' So ruft die Naiad', und jegliche Hülle
Schleudert sie fort und wirft sich mitten hinein in die Wellen,
Hält den Streitenden fest und raubt im Ringen ihm Küsse,
Schiebt ihm unter die Händ' und berührt den wehrenden Busen,
Und bald schmiegt sie sich hier, bald schmiegt sie sich dort an den Jüngling.
Endlich hält sie, wie sehr er sich sträubt und sucht zu entkommen,
Ihn wie die Schlange umstrickt, die der Königsvogel davonträgt
Und hoch rafft in die Luft - im Schweben umwickelt ihm jene
Füße und Kopf und umschlingt mit dem Schwanz die gebreiteten Flügel -
Oder wie Efeu pflegt sich zu ranken an ragenden Stämmen,
Oder wie unter der Flut der Polyp den ergriffenen Gegner
Hält mit den Fängen gepackt, die er streckt nach jeglicher Seite.
Stand hält Atlas' Spross und weigert der Nymphe die Freuden,
Die sie ersehnt. Sie drängt und spricht, wie sie dicht an den Jüngling
Sich mit dem Leibe gefügt: 'Wie sehr, Grausamer, du wehrest,
Doch entkommst du mir nicht. So möge, verhängt es, ihr Götter,
Jenen von mir kein Tag, kein Tag mich trennen von jenem!'
Götter alsbald willfuhren dem Wunsch. Die Körper der beiden
Werden vermengt und zu einer Gestalt miteinander verbunden.
Wie oft einer gewahrt, der Zweige vereint mit der Rinde,
Dass sie verwachsen in eins und dann aufschießen gemeinsam:
Also, wie sich verschränkt die Glieder in enger Verschlingung,
Sind's nicht zwei und doch ein Doppelgeschöpf, das zu heißen
Knabe so wenig wie Weib; sie scheinen so keines wie beides.
Wie er sich sieht von der Flut, worein als Mann er gestiegen,
Zum Halbmann gemacht und schlaff die Glieder geworden,
Bittet, die Hände gestreckt, mit schon unmännlicher Stimme
Hermaphroditus und spricht: 'Erweist, o Vater und Mutter,
Euerem Sohne die Gunst, der führt von euch beiden den Namen:
Wer in den Quell hier kommt als Mann, der steige als Zwitter
Wieder heraus und erschlaffe sogleich, wie er taucht in das Wasser.'
Gütig erfüllend den Wunsch des doppelgestaltigen Sohnes
Geben die Eltern dem Quell das Geschlecht verwirrenden Zauber."
  5. Verwandlung der drei Minyastöchter (389-415)
Damit schloss das Gespräch. Noch fördern des Minyas Töchter
Immer das Werk und verachten den Gott und entweihen die Feier,
Als mit dumpfem Getön von keinem gesehene Trommeln
Treffen das Ohr und Flöten dazu mit gebogenem Horne
Schallen und klirrendes Erz. Duft steigt von Myrrhen und Safran,
Und - kaum glaublich erscheint's - zu grünen beginnet der Webstuhl,
Während das hangende Zeug sich belaubt als treibendes Efeu
Oder als Reben sich zeigt; was jüngst noch Faden gewesen,
Wandelt in Ranken sich um; Weinlaub entsprießet dem Aufzug;
Purpurgewirk gibt her den Schimmer zu farbigen Trauben.
Nunmehr hatte der Tag sich geneigt, und gegen die Zeit war's,
Die nicht Helle des Tags, doch auch nicht Dunkel zu nennen,
Sondern der Übergang zur dämmernden Nacht von dem Lichte.
Plötzlich erschien's, wie wenn bebte das Haus und harzige Fackeln
Flammten empor und rot sich erhellte von Glut das Gebäude
Und laut heulten umher Trugbilder von reißenden Tieren.
Längst schon suchen Versteck im rauchigen Hause die Schwestern,
Jed' an gesondertem Ort, und meiden das Licht und das Feuer.
Während sie sich Schlupfwinkel ersehn, spannt zwischen die kleinen
Glieder sich Haut, und die Arme beziehn kaum merkliche Schwingen.
Aber zu sehen die Art, wie die alte Gestalt sie verloren,
Ist von dem Dunkel verwehrt. Nicht hob sie vom Boden Gefieder;
Dennoch schwebten sie frei mit hell durchscheinenden Flügeln.
Wie sie zu reden sich mühn, tönt schwach nach dem Maße des Körpers
Nur ein Geschwirr, und sie klagen ihr Leid in leisem Gewisper.
Häuser bewohnen sie stets, nicht Wälder, und hassend die Helle
Fliegen sie nachts und werden genannt nach dem Flattern am Abend.
  6. Athamas und Ino (416-562)
In ganz Theben berühmt war jetzt die Gottheit des Bakchos,
Und von der hohen Gewalt des neu einziehenden Gottes
Redet die Muhme allorts. Sie allein von allen den Schwestern
War vom Leide verschont und empfand nur Leid um die Schwestern.
Iuno aber gewahrt, wie die Kinder und Athamas' Lager
Und der erzogene Gott das Gemüt ihr wandten zur Hoffart,
Und sie ergrimmt und spricht für sich: "Macht hatte der Bastard,
Dass er gewandelt ins Meer die maionischen Schiffer versenkte
Und die Geweide des Sohns hingab zum Zerreißen der Mutter
Und mit Gefieder den Leib umhüllte den drei Minyaden:
Iuno sollte sich nur abhärmen, auf Rache verzichtend?
Das wohl ist mir genug? Das wohl mein ganzes Vermögen?
Er lehrt, was mir zu tun. Man darf auch lernen vom Feinde.
Wozu mächtig die Wut, hat jener am Morde des Pentheus
Über Genüge gezeigt. Warum nicht sollte denn Ino
Folgen, gestachelt von Wut, dem Beispiel ihrer Verwandten?"
Steil geht nieder ein Pfad, umdüstert von giftigen Eiben,
Der in das untere Reich durch schweigende Stille hinabführt.
Nebel verhaucht unrührig die Styx. Neukommende Schatten
Steigen hinab alldort und Gebilde bestatteter Toten.
Winter beherrscht und Grau das dornige Land, und die neuen
Manen sind ungewiss, wo der Weg zur stygischen Stadt sei,
Wo sich der finstere Dis erkoren die schaurige Hofburg.
Zahllos sind an der Stadt Zugäng' und offene Tore
Allseits, und wie das Meer die Flüsse von allen den Ländern,
Also empfängt dies Reich die sämtlichen Seelen, und nimmer
Wird es dem Volke zu eng, noch merkt es der Menge Vermehrung.
Ohne Gebein und Leib gehn blutlos irrende Schatten.
Manche besuchen den Markt und manche das Haus des Beherrschers;
Andere treiben Gewerbe als Abbild früheren Lebens.
Wieder ein anderer Teil ist im Dulden der Strafe befangen.
Dorthin zwingt sich zu gehn, entstiegen dem himmlischen Wohnsitz –
Soviel tat sie dem Hass und dem Zorn -, die saturnische Iuno.
Wie sie hinein nun trat, und gedrückt von dem heiligen Leibe
Seufzend die Schwelle sich bog, hob Kerberos dräuend der Häupter
Drei und erhob dreifaches Gebell. Sie rufet die Schwestern,
Welche geboren die Nacht, die streng unerbittlichen Mächte.
Vor dem verriegelten Tor, das schließt mit Stahle den Kerker,
Saßen sie da, wegkämmend vom Haar schwarzschillernde Nattern.
Aber sobald sie Iuno erkannt im Schatten des Dunkels,
Standen die Göttinnen auf. Die Statt heißt Ort der Verdammnis.
Tityos bot alldort zum Zerfleischen die Leber und deckte,
Wie er so lag, neun Hufen zugleich. Du, Tantalos, haschest
Stets nach Wasser umsonst, und der Baum, der winket, entweicht dir.
Sisyphos holt und drängt das immer entrollende Felsstück.
Kreisend am Rad verfolgt und flieht sich selber Ixion.
Die an den Vettern den Mord zu verüben gewagt, die Beliden
Schöpfen mit stetem Bemühn gleich wieder verlorene Wellen.
Als die Tochter Saturns die alle mit finsterem Auge
Hatte geschaut und Ixion zumeist, da blickt sie von diesem
Wieder auf Sisyphos hin und spricht: "Warum von den Brüdern
Trägt er ewige Pein und stolz darf Athamas wohnen
Im hochherrlichen Haus, der stets mirsamt der Gemahlin
Hohn sprach?" Und sie erklärt die Gründe des Grolls und des Weges
Und ihr Begehr. Sie begehrt, dass stehn nicht bleibe des Kadmos
Königshaus und zu Greuel den Athamas reißen die Schwestern.
Strenges Geheiß und Versprechen zugleich und Bitten vereinend
Regt sie die Göttinnen an. Wie Iuno also gesprochen,
Schüttelt Tisiphone wirr, wie sie hingen am Haupt, die ergrauten
Haare und wirft vom Gesicht zurück die vorstrebenden Schlangen;
Drauf hob also sie an: "Nicht Not ist schweifige Rede:
Achte getan, was nur du befiehlst. Von dem freudlosen Reiche
Flieh und begib dich zurück zu den Lüften des schöneren Himmels."
Froh kehrt Iuno zurück; doch eh' in den Himmel sie eintrat,
Ward sie vom träufelnden Nass der thaumantischen Iris gereinigt.
Aber Tisiphone nimmt die blutdurchdrungene Fackel
Unheilbrütend und wirft den Mantel sich um, den gerötet
Flüssiges Blut, und gürtet den Leib mit gewundener Schlange.
Also verlässt sie das Haus. Mit der Schreitenden gehn als Begleiter
Trauer und Schrecken und Angst und unstet blickender Irrsinn.
Wie auf der Schwelle sie stand, da zitterten, heißt es, die Pfosten
An dem aiolischen Tor, und die Ahornflügel erblassten;
Selber die Sonne entwich. Bang schaut die Gattin das Schrecknis;
Athamas schauet es bang, und sie wollten enteilen dem Hause;
Aber die Tür hielt sperrend besetzt die grause Erinys.
Jetzo, die Arme gestreckt, die geknotete Schlangen umwinden,
Regt sie schüttelnd das Haupt. Laut rascheln geschüttelt die Nattern.
Teils auf die Schultern gesenkt, teils auch umschlüpfend den Busen
Zischen sie wild und speien ihr Gift und schnellen die Zungen.
Zwei der Schlangen darauf entreißt sie der Mitte des Haupthaars,
Packt und schleudert sie hin mit der unheilbringenden Rechten.
Gleich durchkriecht das Gezücht des Athamas Busen und Inos,
Streifend die Haut mit giftigem Hauch; doch Wunden am Leibe
Schlagen sie nicht, der Geist nur fühlt die entsetzlichen Stiche.
Grässlichen Trank auch brachte sie mit von flüssigem Gifte,
Schaum aus Kerberos' Maul und den scheußlichen Geifer Echidnas,
Unstet schweifenden Wahn und verblendeten Sinnes Verstörung,
Frevel dazu und Wut und Tränen und schreckliche Mordlust,
Alles gerieben in eins und gemengt mit frischem Geblüte,
Dann im Kessel gekocht und gerührt mit grünendem Schierling.
Während sie stehen entsetzt, gießt jene den gärenden Gifttrank
Beiden hinab in die Brust und empört tief innen den Busen.
Drauf in dem selbigen Kreis zum öfteren drehend die Fackel
Folgt sie dem Brand stets nach mit schleunig geschwungenem Brande.
Ledig des Auftrags nun und siegreich kehrt sie zum öden
Reiche des mächtigen Dis und löst die umgürtende Schlange.
Aiolos' Sohn alsbald schreit rasend inmitten des Hofes:
"Auf, ihr Gefährten, voran! Hier stellt im Walde die Garne!
Hier mit doppelter Brut soeben ersah ich die Löwin."
Und er verfolgt, als war' es ein Wild, wahnwitzig die Gattin,
Reißt vom Busen ihr weg den lächelnden Knaben Learchos,
Während die Ärmchen er streckt, und schwingt ihn nach Art einer Schleuder
Zwei, drei Mal in der Luft und zerschmettert am harten Gesteine
Grimmig des Kindes Gesicht. Da erst ward rasend die Mutter,
Ob nun Schmerz das tat, ob schuld das verbreitete Gift war.
Laut aufheult sie und flieht wahnsinnig mit fliegenden Haaren.
Während auf nackendem Arm sie das Kindlein trägt, Melkertes,
Schreit sie: "Bakchos, io!" Laut lacht beim Namen des Bakchos
Iuno und spricht: "So möge Gewinn dir bringen der Zögling!"
Weit in das Meer hängt über ein Fels; ihn höhlen die Fluten
Unten am Fuß, und er schirmt wie ein Dach vor Regen die Wellen.
Starr ist das Haupt und ragt mit der Stirn in die offene Meerflut.
Dorthin - Kräfte verlieh ihr der Wahnsinn - kletterte Ino,
Und in die Fluten hinaus, nicht säumend in ängstlichem Zagen,
Stürzte sie sich und die Last. Weiß schäumte die Woge vom Anprall.
Aber im Herzen gerührt von der schuldlosen Enkelin Leiden
Schmeichelte Venus dem Ohm und bat: "O Gott der Gewässer,
Dem die Gewalt zufiel, die dem Himmel am nächsten, Neptunus,
Großes begehr' ich fürwahr; doch lass dich jammern die Meinen,
Die des ionischen Meers endloses Gewoge umherwirft:
Nimm als Götter sie auf. Ich stehe ja selber der Meerflut
Nicht gar fern, wenn anders aus Schaum inmitten der Tiefe
Einst ich erwuchs und behielt daher den graiischen Namen."
Nickend verhieß ihr Gewähr Neptunus, und alles, was sterblich,
Nahm er von ihnen hinweg und verlieh ehrwürdige Hoheit
Ihrer Gestalt und erneute zugleich mit der Bildung den Namen;
Denn Leucothea nannt' er die Mutter, Palaimon den Meergott.
Ihre sidonischen Fraun, die den Spuren, so weit sie vermochten,
Waren gefolgt, erspähen die letzten am Rande der Klippe.
Nicht mehr zweifeln sie nun an dem Tod und schlagen den Busen,
Jammernd um Kadmos' Geschlecht, und zerreißen Gewänder und Haupthaar,
Während als wenig gerecht und grausam gegen die Buhle
Über Gebühr die Göttin sie schmähn. Nicht litt die Beschimpfung
Iuno und sprach: "Ihr selbst sollt werden das deutlichste Denkmal
Unserer Grausamkeit!" Und die Tat kam rasch nach den Worten.
Die sich getreu erwiesen zumeist, rief aus: "In die Wogen
Folg' ich der Königin nach!" Doch wie sie zum Sprunge bereit war,
Konnte sie nicht sich regen und hing an die Klippe geheftet.
Während die andre versucht, wehklagend den Busen zu geißeln,
So wie es Brauch, fühlt schon sie erstarrt die strebenden Arme.
Jene, die eben gestreckt nach den Wellen des Meeres die Hände,
Streckte gewandelt in Stein nach den nämlichen Wellen die Hände.
Dieser, wie grade das Haar sie ergriff und raufte vom Scheitel,
Waren im Haar urplötzlich erharscht die Finger zu sehen.
Jede verbleibt als Fels in dem Tun, darin sie betroffen.
Auch ward Vögel ein Teil. Noch jetzt mit den Enden der Flügel
Streifen im dortigen Meer die Ismeniden die Fläche.
  7. Cadmus und Harmonia (563-603)
Aber Agenors Sohn weiß nicht, dass Tochter und Enkel
Götter geworden im Meer. Von dem Gram und der Reihe der Leiden
Und von den Zeichen besiegt, die er häufig gesehen, verlässt er,
Der sie gegründet, die Stadt, als ob ihn drückte des Ortes,
Nicht sein eigen Geschick, und lang in die Irre getrieben
Kam er zuletzt zum illyrischen Land mit der flüchtigen Gattin.
Als sie von Jahren und Mühen gebeugt durchgingen vom Anfang,
Was ausstand ihr Geschlecht, und ihre Beschwerden besprachen,
Sagte der Greis: "Vielleicht, dass heilig gewesen der Drache,
Den ich erlegt mit dem Speer zur Zeit, da ich, kommend von Sidon,
Natternzähne gestreut, die seltsame Saat, in das Erdreich,
Wenn so sicheren Zorns ihn rächt die Fürsorge der Götter,
Wünscht' ich selber den Leib langhin als Schlange zu strecken."
Sprach's und begann den Leib langhin als Schlange zu dehnen,
Und er gewahrt, wie sich härtet die Haut und Schuppen ihr wachsen
Und der gedunkelte Leib bunt schillert mit bläulichen Flecken.
Vorwärts fällt er hinab auf die Brust, und in eins sich verschlingend
Engen sich nach und nach zu gerundeter Spitze die Beine.
Arme verbleiben ihm noch. Die verbliebenen Arme erhebt er,
Während ihm Tränen betaun sein jetzt noch menschliches Antlitz.
"Kommt", so redet er dann, "o komm, unglückliche Gattin;
Rühre mich an, da etwas von mir noch bleibt, und die Hand hier
Nimm, da sie Hand noch ist, eh' völlig die Schlange mich einnimmt."
Mehr gern hätt' er gesagt; da war urplötzlich die Zunge
In zwei Teile getrennt, und es standen die Worte dem Willen
Nicht zu Gebot, und so oft er Klage gedacht zu erheben,
War's ein Gezisch: das ließ die Natur ihm übrig als Stimme.
Schlagend die nackende Brust mit der Hand ruft jammernd die Gattin:
"Kadmos, o bleib und wind, Unglücklicher, dich aus dem Untier!
Kadmos, was wird? Wo ist dein Fuß? Wo Schultern und Hände,
Wo das Gesicht und die Färb' und alles, indem ich noch rede?
Warum wandelt ihr nicht auch mich, ihr Götter, zur Schlange?"
So rief klagend sie aus. Er beleckt der Gattin das Antlitz,
Schlüpft, als ob er bekannt schon wär', in den teueren Busen,
Schmiegt sich liebend ihr an und schlingt sich vertraut um den Nacken.
Wer nah steht - nah stand das Gefolg' -, ist entsetzt. Doch die Gattin
Streichelt den schlüpfrigen Hals des kammaufrichtenden Drachen.
Da sind plötzlich es zwei, und sie kriechen in Windungen einig,
Bis sie erreicht das Versteck des nahe gelegenen Haines.
Jetzt auch fliehn vor den Menschen sie nicht, nicht schlagen sie Wunden,
Und was sie waren zuvor, des denken die friedlichen Drachen.
  8. Perseus (4,604-5,249)
Doch ein erheblicher Trost war beiden gewesen der Enkel,
Als sich gewandelt ihr Leib. Ihm zollte bezwungen Verehrung
Indien; ihm zum Ruhm errichtete Tempel Achaia.
Nur der abantische Spross, der stammte von gleichem Geschlechte,
Ist es, Akrisios, noch, der ihm der argolischen Hauptstadt
Mauern verschließt und den Gott mit Waffen befehdet und leugnet,
Dass er des Iupiter Sohn. Ihm schien auch Iupiters Sohn nicht,
Der im regnenden Gold empfangen von Danae, Perseus.
Aber es reut ihn bald - so wirksam zeigt sich die Wahrheit -,
Dass er beleidigt den Gott und nicht den Enkel gewürdigt.
Längst war jener versetzt in den Himmel; der andere aber,
Kehrend mit rühmlichem Raub, mit dem schlangenumringelten Schreckbild,
Teilte die regsame Luft mit rauschend geschwungenen Flügeln.
Während als Sieger er schwebt' hoch über dem libyschen Sande,
Rannen zur Erde hinab Blutstropfen vom Haupte der Gorgo,
Welche das Land einsog und belebte zu schillernden Schlangen.
Drum ist jenes Gebiet unsicher von häufigen Ottern.
  9. Perseus und Atlas (621-662)
Drauf im unendlichen Raum von zwistigen Winden verschlagen
Treibt bald hier, bald dort nach der Weise der wässrigen Wolke
Jener umher und schaut auf weit abstehende Länder
Hoch vom Aither hinab und fliegt rings über den Erdkreis.
Dreimal sah er den Krebs, dreimal die frostigen Bären;
Oft zu dem Untergang, oft ward er entführt zu dem Aufgang.
Endlich bei sinkendem Tag, besorgt, sich der Nacht zu vertrauen,
Macht im hesperischen Land er Halt, im Gebiete des Atlas
Kurz zu rasten gewillt, bis wieder die Gluten Auroras
Lucifer rufe hervor und Aurora den Wagen des Tages.
Dort, mit dem riesigen Leib obragend vor allen den Menschen,
Hausete Atlas, der Sohn des Iapetos. Waltend als König
Hatt' er das äußerste Land und das Meer, das unter des Phoibos
Keuchenden Rossen sich beugt und empfängt die ermattende Achse.
Herden von wolligem Vieh wohl tausend und tausend von Rindern
Irrten im Gras, und beschränkt war nirgends der Boden von Nachbarn.
Auch war ein Baum alldort, des Blätter von strahlendem Golde
Glänzten und Äste von Gold und Äpfel von Golde verdeckten.
"Freund", sprach Perseus zu ihm, "wofern dich hohen Geschlechtes
Ehre zu rühren vermag: von Iupiter bin ich entsprossen;
Hörst du von Taten mit Lust: mit Lust wohl hörst du die meinen.
Obdach wünsch' ich und Rast." Da wurde des alten Orakels
Jener gedenk. So hatte gesagt die parnassische Themis:
"Einst kommt, Atlas, die Zeit, wo dein Baum des Goldes verlustig
Stehet und Iupiters Sohn die rühmliche Beute davonträgt."
Darum hatte besorgt mit sicheren Mauern den Garten
Atlas umhegt und zum Hüter gesetzt einen riesigen Drachen,
Jeden, der fernher kam, wegweisend aus seinem Gebiete.
Ihm auch ruft er im Zorn: "Geh fort, sonst möchtest du wenig
Von dem erlogenen Ruhm und wenig von Iupiter haben!"
Drohungen folget Gewalt, und er will ihn drängen von hinnen,
Wie er noch säumt und derbe gesellt zu glimpflichen Worten.
Perseus, schwächer an Kraft - wer hätte die Kräfte des Atlas? –
Sprach: "Weil meine Gunst du gering nur achtest im Werte,
Nimm denn dieses Geschenk1" Und er hielt ihm vor mit der Linken,
Rückwärts selber gewandt, das starrende Haupt der Medusa.
Groß, wie er war, wird Atlas zum Berg. Denn es gehen in Wälder
Haupthaar über und Bart; Anhöhn sind Schultern und Hände;
Was noch eben das Haupt, ist oben am Berge der Gipfel;
Knochen erstarren zu Stein. Drauf wachsend nach jeglicher Seite
Dehnt' er unendlich sich aus - so wolltet ihr Götter - und mächtig
Ruhte das Himmelsgewölbe auf ihm samt allen Gestirnen.
  10. Perseus und Andromeda (663-739)
Fest hielt Hippotes' Spross in dem ewigen Kerker die Winde,
Und in der Höh' ging auf am Himmel der Mahner zum Tagwerk,
Lucifer, strahlend in Glanz. Da bindet die Fittiche Perseus
Wieder an jeglichen Fuß und schnallt die gebogene Wehr um
Und durchschneidet die Luft mit dem Schwung der geflügelten Sohlen.
Völker unendlich an Zahl tief unter sich lassend und seitwärts
Wird der Aithioper Land er gewahr, die Gefilde des Kepheus.
Schuldlos sollte gerad' Andromeda büßen der Mutter
Frevelndes Wort auf Geheiß des unbarmherzigen Ammon.
Als an das harte Gestein mit den Armen geschlossen die Jungfrau
Sah der abantische Held - wenn nicht vom Winde das Haupthaar
Wäre bewegt und Zähren ihr nicht heiß flössen vom Auge,
Hätt' er ein Werk von Marmor gewähnt -, entbrennt er im Innern,
Ohn' es zu wissen, und staunt, und betroffen vom Bilde der Schönheit
Hätt' er vergessen beinah in der Luft zu schlagen die Flügel.
"O du", spricht er anhaltend, "die anderer Bande, nicht dieser,
Wert, der Bande, wodurch sich sehnende Herzen vereinen:
Tue dem Fragenden kund den Namen des Landes und deinen,
Und was die Fesseln bewirkt." Erst schweigt sie und scheut sich?, ein Mädchen,
Anzureden den Mann, und sie hätte das sittsame Antlitz
Gern mit den Händen bedeckt, wenn nicht die Bande sie hielten.
Nur die Augen vermag sie zu füllen mit quellenden Tränen.
Wie er des öfteren drängt, dass nicht sie schiene zu hehlen
Eigene Schuld, entdeckt sie den Namen des Landes und ihren,
Und wie großes Vertrauen die Mutter gesetzt auf die Schönheit.
Aber noch hatte sie nicht ihm alles verkündet, da rauschte
Plötzlich die Flut, und hervor aus der unermesslichen Tiefe
Taucht ein Getier und bedeckt mit der Brust weit reichend die Fläche.
Aufschreit jene vor Angst. Mit dem Vater ist nahe die Mutter,
Beide in Trauer und Not, doch sie mit größerem Rechte.
Beistand bringen sie nicht, nur Tränen entsprechend dem Jammer
Und wildtobenden Schmerz, und sie hangen am Leib der Gebundnen,
Als der Fremde beginnt: "Zeit bleibt euch immer zu Tränen
Lange genug; kurz nur ist die Stunde bemessen zur Rettung.
Würb' ich, Perseus, um sie, des Iupiter Sohn und der Jungfrau,
Die mit befruchtendem Gold im Gewahrsam Iupiter füllte,
Perseus, welcher bezwang die schlangenumzottelte Gorgo
Und in aitherischer Luft mit Fittichen wagte zu gehen,
Würde die Braut mir sicher erkannt. Zu dem herrlichen Brautschatz
Tracht' ich verdienstliche Tat, wenn Götter gewogen, zu fügen.
Dass sie, wofern mein Arm sie befreit, mein werde, beding' ich."
Solchen Beding gehn ein - wer hätte gezögert? - die Eltern,
Bitten und flehn und versprechen das Reich noch drüber zur Mitgift.
Sieh, wie ein treibendes Schiff mit dem Stoß des beschlagenen Schnabels
Furchet die Wasser, bewegt von der Jünglinge schwitzenden Armen,
Also mit drängender Brust zerteilte die Wogen das Untier,
So weit noch von dem Fels, wie weit in dem mittleren Luftraum
Fliegt das geschwungene Blei, wenn es schnellt balearische Schleuder.
Da steigt plötzlich, das Land mit dem Fuß abstoßend, der Jüngling
Hoch in die Wolken empor. Wie das Tier den Schatten des Mannes
Sieht auf der Fläche des Meers, fährt grimmig es los auf den Schatten.
Doch, wie im offenen Feld oft Iupiters Vogel die Schlange,
Die er von oben erspäht, wie sie sonnet den bläulichen Rücken,
Packt von hinten und rasch, dass nicht sie den grimmigen Rachen
Wende, dem schuppigen Hals einschlägt die begierigen Krallen:
Also in eiligem Flug durch luftige Leere sich stürzend
Drückte des Inachos Spross des Untiers Rücken und bohrte
Rechts in des Schnaubenden Bug bis zur hakigen Krümme das Eisen.
Schwer von der Wunde verletzt hebt bald es sich hoch in die Lüfte,
Bald taucht's unter die Flut, bald ähnlich dem wütenden Eber
Fährt es umher, den schreckt das Gewühl der kläffenden Hunde.
Jener, dem schnappenden Maul ausweichend mit hurtigen Flügeln,
Haut, wo Blöße sich zeigt, auf den muschelbesäeten Rücken,
Haut in die Seiten mit Macht auf die Rippen, und wo sich verdünnend
Endet der Schwanz als Fisch, mit dem sichelförmigen Schwerte;
Aber das Untier speit mit purpurnem Blute vermischte
Flut aus dem Maul, und schwer vom Bespritzen triefen die Flügel.
Länger zu traun wagt nicht dem feuchten Fersengefieder
Perseus, als er ein Riff wahrnimmt, das frei mit der Spitze
Ragt bei ruhiger See, bei wallendem Meere bedeckt wird.
Dort gestemmt und gefasst mit der Linken die vorderste Zacke
Bohret er drei, vier Mal ausholend den Stahl in die Weichen.
Klatschen und Jubelgeschrei erfüllte den Strand und der Götter
Hocherhabenen Sitz. Voll Freude begrüßen den Eidam,
Ihn als einzigen Schutz und Erhalter des Hauses erhebend,
Kepheus der Vater zugleich und Kassiope. Ledig der Fesseln
Wandelt die Tochter einher, Anlass und Belohnung des Kampfes.
  11. Corallium (740-752)
Aber der Held schöpft Wasser und wäscht sich die siegenden Hände,
Und dass nicht in dem Sand das Schlangengesicht er versehre,
Deckt er den Boden mit Laub, und im Meer gewachsene Stengel
Streut er und legt darauf das Haupt der Phorkide Medusa.
Sieh, das Gewächs, noch frisch und belebt von saugendem Marke,
Litt von dem Ungetüm und erstarrte von seiner Berührung
Und nahm auf in Gezweig und Laub fremdartige Härte.
Aber die Nymphen des Meers versuchen die Wundererscheinung
Auch an anderem Gesträuch und freuen sich gleichen Erfolges,
Streun auch Samen davon in die Flut zu öfteren Malen.
Jetzt noch immer verbleibt dieselbe Natur den Korallen,
Dass an berührender Luft sie Härte gewinnen, und was erst
Strauch war unten im Meer, zu Stein wird über dem Meere.
  12. Medusa (753-803)
Dreien der Götter erhöht drei Rasenaltäre der Sieger,
Dir, Mercurius, links, dir rechts, kriegskundige Jungfrau;
Mitten ist Iupiters Herd. Man schlachtet die Kuh der Minerva
Und dem Beschwingten das Kalb, dir, höchster der Götter, den Farren.
Schleunig vermählt er sich nun Andromeda ohne die Mitgift,
Seinen erstrittenen Preis. Hymenaios und Amor mit Fackeln
Ziehen voraus; reich nähret die Glut süßduftendes Rauchwerk;
Festlich mit Kränzen behängt ist das Haus, und Leier und Flöte
Schallen umher und Gesang allorts, die glücklichen Zeichen
Frohen Gemüts. Weit steht mit erschlossenen Flügeln geöffnet
Prangend von Gold der Saal, und es treten die edlen Kephenen
Ein zu dem Hochzeitsmahl, das köstlich der König bereitet.
Als nach beendetem Schmaus die treffliche Gabe des Bakchos
Allen erheitert den Geist, fragt Lynkeus' Spross nach des Landes
Art und üblichem Brauch und nach Sinn und Sitte der Männer.
………..
Der ihn dessen belehrt, sprach drauf: "Nun, tapferer Perseus,
Tue - wir bitten dich - kund, durch was für List und mit welcher
Männlichen Tat du erlangtest das schlangenhaarige Antlitz."
Drauf erzählte der Spross des Agenor, am frostigen Atlas
Lieg' ein Gebiet, umschanzt vom Bollwerk felsiger Wände.
Vorn im Geklüft dort hätten gewohnt zwei Schwestern, des Phorkys
Töchter, die in den Gebrauch des einzigen Auges sich teilten.
Das nun hab' er entwandt, indem er mit schlauem Betruge
Während des Wechsels die Hand hinhielt. Durch pfadlose Öde
Und durch Klippen sodann, die starrten von brüchigen Wäldern,
Sei er zum Sitz der Gorgonen gelangt, und auf Feldern und Wegen
Ringsum hab' er gesehn viel Bilder von Menschen und Tieren,
Die aus belebten in Stein gewandelt der Blick der Medusa.
Doch er habe geschaut im spiegelnden Erze des Schildes,
Den an der Linken er trug, die Gestalt der grausen Medusa,
Und weil lastender Schlaf sie selber gebannt und die Schlangen,
Hab' er dem Rumpf entrissen das Haupt, und der flügelbeschwingte
Pegasus sei aus dem Blut der Mutter gezeugt mit dem Bruder.
Auch langwieriger Fahrt nicht falsche Gefahren erzählt er,
Was er von oben herab für Länder gesehen und Meere,
Was für Sterne sogar er berührt mit geschwungenen Flügeln.
Wider Erwarten jedoch schwieg jener; und einer der Edlen
Wieder beginnt und fragt, warum nur sie von den Schwestern
Wechselnd mit Haaren gemischt am Haupt die Schlangen getragen.
"Weil", antwortet der Gast, "du erfragst, was wert der Erzählung,
Höre den Grund des, was du erfragst. Obsiegend in Schönheit
War der beneidete Wunsch zahlreicher Bewerber Medusa;
Aber es fiel kein Teil an der ganzen Gestalt in das Auge
Mehr, als das Haar. So hört' ich von manchen, die selbst es gesehen.
Diese entehrt der Fürst des Meers, wie es heißt, in Minervas Tempel.
Von hinnen gewandt hielt Iupiters Tochter die Aigis
Vor ihr keusches Gesicht, und damit nicht fehlte die Strafe,
Ließ sie der Gorgo Haar sich wandeln in scheußliche Hydern."
Jetzt noch immer, mit Angst zu schlagen erbebende Feinde,
Trägt sie vorn auf der Brust von ihr selber geschaffene Schlangen.
   
  Übersetzung nach R.Suchier bearbeitet von E.Gottwein
Text und gegliederte Inhaltsangabe der Metamorphosen Ovids, Bücher I - XV
Lat.-Dt.Txt. I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV lateinisch - deutsch
Kompos. I II III IV V VI VII VIII IX X XI XII XIII XIV XV Inhalt
 

 

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