- Cicero in den Ehrenstellen des römischen
Staates:
- Quästor:
76 v. Chr. wurde Cicero einstimmig zum Quästor gewählt. Er führte das Amt auf Sizilien (in Lilybaeum). Seine Aufgabe war es, die Getreideversorgung Roms zu sichern. Auf der Rückreise fand er das Grab des Archimedes. Er genoss in Sizilien wegen seiner Amtsführung hohes Ansehen und versprach den Einwohnern bei seiner Abreise weiteren Schutz. Deswegen beauftragten ihn die sizilischen Städte 70 v. Chr. mit einer Erpressungsklage gegen Verres (73
- 71 v. Chr. Proprätor in Sizilien). Dessen Verteidiger Hortensius veranlasste den damaligen Quästor des Verres, Q.Caecilius Niger, Scheinklage gegen Verres zu erheben. So hätte er selbst leichtes Spiel mit seiner Verteidigung gehabt. Cicero setzte in der Vorverhandlung seinen Anspruch auf Anklage gegen Verres mit seiner Rede "Divinatio in Qu. Caecilium" durch. Er sammelte in 50 Tagen auf Sizilien Material gegen Verres. Auch eine Verschleppungstaktik der Verresseite konnte er mit Erfolg abwehren. Nach der "Divinatio" hat Cicero nur noch die erste Rede (Verr.1) wirklich gehalten. Ihr starker Eindruck veranlasste Verres, freiwillig in Verbannung zu gehen. Die fünf "Bücher" der 2. Rede hat Cicero schriftlich herausgegeben.
- Div.in Caec.: Divinatio in Caecilium: Cicero muss seinen Anspruch als Kläger gegen Verres aufzutreten gegen die Konkurrenz des Q.Caecilius Niger durchsetzen. Wer das Klagerecht erhält, hängt von dem Ermessen ("divinatio") des Gerichtes ab.
- Verr.1 (actio prima): Entlarvung der gegnerischen Prozesstaktik; Verzicht auf eine zusammenhängende Rede; Vortrag der einzelnen Klagepunkte, Beweismittel und Zeugenbefragung [Verres geht freiwillig in Verbannung]
- Verr.2 (actio secunda) [nur fiktive Reden, nich wirklich vor Gericht gehalten]
- Verr.2,1: Die frühere Amtsführung des Verres (bes. als praetor urbanus) bis zum Beginn seiner Prätur in Sizilien: eine lange Reihe moralischer und rechtlicher Vergehen.
- Verr.2,2: de praetura Siciliensi: Verres' Verwaltung in Sizilien; neben Urkundenfälschung und Ämterschacher besonders seine willkürliche Rechtsprechung.
- Verr.2,3: oratio frumentaria: Verres' Verwaltung des Getreidewesen: Unregelmäßigkeiten bei Steuererhebung.
- Verr.2,4: de signis: Verres' hemmungslose Kunstdiebstähle
- Verr.2,5: de suppliciis: Maßnahmen zur Sicherung der Provinz: fiktiver Sklavenkrieg, Zusammenarbeit mit Seeräubern, bes. unrechtmäßige "Strafen" (supplicia) gegen röm. Bürger.
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- Ädil:
69 v. Chr. wurde er nach seiner Rückkehr einstimmig zum Ädil gewählt. Er hatte die Organisation der öffentlichen Spiele zu besorgen. Gegen Verres fand nur eine Verhandlung statt. Danach begab er sich freiwillig in die Verbannung.
- Prätor:
66 v. Chr. wurde Cicero Prätor. Er führte den Vorsitz am Repetundengerichtshof. Während dieser Zeit hielt er die Rede "de imperio Cn. Pompei" (de lege Manilia) für den Oberbefehl des Pompeius im Krieg gegen Mithridates. Der Antrag kam vom Volkstribunen Manilius, also von demokratischer Seite, und stieß auf den Widerstand der Nobilität (Hortensius). Cicero stellte sich damit aber weder auf die Seite der Demokraten, noch der Ritter, die durch den Krieg von finanziellem Ruin bedroht waren, noch auf die Seite des Pompeius. Es ging ihm um den "universus populus Romanus" (Manil. 44). Sein politisches Idealziel war eine Allianz des zwischen Nobilität und Rittern (unter Ausschluss der reaktionären Rechten der Nobilität). Der Oberbefehl wurde an Pompeius übertragen, der 61 v. Chr. siegreich aus Kleinasien zurückkehrte.
- Konsul:
63 v. Chr. bekleidete Cicero das Konsulat.
- Quintus hatte ihm für den Wahlkampf, der in der Regel ein Jahr vor der Wahl (Wahl: ein halbes Jahr vor dem Amtsantritt am 1. Januar) begann, eine Denkschrift "de petitione" gewidmet, die die gängigen Praktiken bei der Konsulatsbewerbung im korrupten Staat zeigt.
- Ciceros Mitbewerber waren Antonius und Catilina. In einer "oratio in toga candida" prangerte Cicero die korrupten Machenschaften seiner Mitbewerber an. Cicero wurde als erster und mit den Stimmen aller Zenturien gewählt; da man vor
Catilina
in weiten Kreisen Angst hatte, wurde
Antonius sein Amtskollege.
- In seinen drei Reden "de lege agraria" (die erste hielt er am 1. Jan. 63
v. Chr. im Senat, die beiden anderen wenig später vor dem Volk) versuchte er das seit den Gracchen schwelende Problem der Landverteilung einer Lösung zuzuführen (Ausgleich zwischen dem hohen Grundstücksbedarf der Großstadt und der angemessenen Entschädigung der bisherigen Grundbesitzer)
- Er versuchte einen Machtzuwachs Caesars (seit 67 v.
Chr. im Senat) und des Crassus zu verhindern; beide eiferten Pompeius nach.
- Ciceros Tätigkeit richtete sich in der Hauptsache gegen Catilina, der nach vergeblichen Bewerbungen um das Konsulat für die Jahre
65
und
63
auf das Konsulat im nächsten Jahr rechnete. Als ein Ausgleich von Senat und Rittern zustande kam, sah sich
Catilina
endgültig auf den Weg der Revolution gedrängt.
- Catilina legt in Italien verschiedene Stützpunkte an. Gaius
Manlius, ein ehemaliger Centurio Sullas, hält sich in Etrurien (Faesulae) bereit und soll am 27. Okt. losschlagen.
- Cicero ist durch Fulvia (Freundin eines Insiders) informiert und berichtet im Senat am 21. Okt. Der Senat erteilt Cicero am 22. Okt. durch das "senatus consultum ultimum" Sondervollmachten ["videant consules, ne quid res publica detrimenti capiat" (lex Opimia aus dem Jahr
121 v. Chr.
)]
- Catilina wird nach der "lex Plautia de vi" angeklagt, entzieht sich aber der Verhandlung durch "libera custodia".
- 6.-7. Nov.: Konspirative Sitzung im Haus des
Marcus
Porcius Laeca. Cicero soll am nächsten Morgen bei der "salutatio" ermordet werden. Cicero wird rechtzeitig gewarnt.
- Senatssitzung am 8. Nov. im Tempel des Jupiter Stator: Cic.Catil.I: Cicero will
Catilina
zwingen, Rom zu verlassen und zu
Manlius zu stoßen, um sich so offen als Verschwörer zu erkennen zu geben.
- Catilina erreicht durch Verstellung als Patriot nichts mehr. Der Senat erklärte ihn zum Staatsfeind,
Catilina verlässt (nach letzten Absprachen mit seinen Leuten) Rom ("incendium meum ruina restinguam" Sall. Cat. 31).
- 9. Nov.: Cic. berichtet vor dem Volk und ruft zur Wachsamkeit auf (Cic.Catil.II).
- Lentulus und Cethegus einigen sich darauf, am 19. Dez. (Saturnalien) in Rom loszuschlagen.
- 2.- 3.Dez.: Nach einem Scheingefecht an der Mulvischen Brücke Festnahme der allobrogischen Gesandten mit Briefen als Beweismaterial. Verhaftung der in Rom verbliebenen Mitverschworenen.
- 3. Dez.: Verhör der Gefangenen.
Cic.Catil.III
("ad populum"). Cicero berichtet vor dem Volk und rechtfertigt sein Vorgehen.
- Senatssitzung am 5. Dez. im Tempel der Concordia: Cicero kann entsprechend seiner Funktion keinen Strafantrag stellen, sondern nur einen Lagebericht abgeben (referre) und die Anträge der Senatoren abfragen (sententiam rogare).
- Als "consul designatus" beantragt als erster Silanus das Todesurteil. Die folgenden schließen sich an.
- Erst Caesar warnt vor einer Hinrichtung ohne "provocatio ad populum" und beantragt lebenslange Haft.
- Cicero greift in die Debatte ein (Cic.Catil.IV) und zerstreut (persönliche) Bedenken gegen die Todesstrafe; nur die "salus rei publicae" sei entscheidend.
- Tib. Claudius Nero unterbreitet einen Vermittlungsvorschlag (Bestrafung erst nach dem Sieg über Catilina), dem sich auch Silanus anschließt.
- In seiner anschließenden Rede greift
Marcus
Porcius Cato Caesar offen an: seine vermeintliche Humanität sei politische Berechnung; er sei in Wahrheit ein Mitverschwörer.
- Der Senat stimmt für die Todesstrafe, die Cicero noch am selben Tag an Lentulus,
Cethegus,
Statilius,
Gabinius und Caeparius im Tullianum vollziehen lässt.
- Catilina fällt bei Pistoria in Etrurien im Kampf mit den Truppen des von Ciceros Mitkonsul
Antonius.
- Die Bürger Roms feierten Cicero als Retter des Staates, doch wurde er zuerst, weil er Bürger ohne die Möglichkeit der "provocatio ad populum" getötet habe, von dem Volkstribun Qu. Metellus Nepos angefeindet. Cicero konnte sich allerdings aus mehreren Gründen zu diesem Vorgehen legitimiert sehen.
- Aus dem Konsulatsjahr Ciceros sind keine Briefe erhalten.
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