- Nach
Caesars Tod:
- Die Auseinandersetzung mit Antonius
- Caesars Ermordung: Zur Lösung der Verfassungsfrage beabsichtigte Caesar, für die auswärtigen Gebiete den Königstitel anzunehmen, für Rom die Diktatur auf Lebenszeit. Für den 18. März 44 hatte Caesar den Aufbruch zu einem vierjährigen Partherfeldzug festgesetzt. Am 15. März sollte er in der Senatssitzung den Titel "rex" erhalten. Am 15. März schlugen die Attentäter zu. Man konnte sich auf die normative Kraft geschichtlicher Exempla berufen. Als Caesar tot war, hob Brutus den Dolch und rief den Namen "Cicero": Sein Name war eng mit der res publica verknüpft und er konnte sich als ihre Repräsentant fühlen. Cicero berät am nächsten Tag mit den Verschwörern auf dem Kapitol, doch Brutus begeisterte das Volk nicht. Die Caesarmörder hatten zu naiv geglaubt, mit dem Attentat sei automatisch die libera res publica wieder hergestellt. Aber mit dem Symptom Caesars waren nicht auch die strukturellen Defizite beseitigt. (Mit Ciceros Worten: "vivit tyrannis, tyrannus occidit" und "interfecto rege liberi non sumus").
- Antonius tritt Caesars Erbe an:
Man hatte auch nicht mit (dem Konsul) Antonius gerechnet. Er reißt geschickt Caesars Erbe an sich und verhindert die Durchsetzung einer Amnestie, die der Senat am 17. März auf Betreiben Ciceros in einer turbulenten Sitzung beschlossen hatte. Er mobilisierte Caesars Veteranen. Cicero fungiert wieder als Vermittler. Doch der Kompromiss ist nicht von Dauer. Brutus und Cassius verlassen Rom. Ebenso Cicero. Er begibt sich wieder zu seiner Schriftstellerei und will zunächst den Amtsantritt der neuen Konsul von 43 (Hirtius und Pansa) abwarten. Er tritt zögerlich eine Griechenlandreise an, die ihn schon bis Syrakus geführt hatte. Unterwegs verfasste er angeblich die
Topica: Ein Hilfsbuch für den Redner (nach dem Vorbild der aristotelischen Topik). Es stellt Kategorien (Gemeinplätze) zusammen, nach denen sich unabhängig vom Thema Beweisgründe finden lassen .
Antonius regiert nach den (angeblichen) Bestimmungen Caesars. Cicero wird ein mögliches Einlenken des Antonius signalisiert. Er bricht die Reise ab. Antonius ist über das Fernbleiben Ciceros an der Senatssitzung am 1. Sept. empört und droht, sein Haus niederzureißen. Die Feindschaft bricht offen aus.
- Die Philippischen Reden,
de amicitia, de officiis:
- Cic.
Phil. I: Am 2. Sept. hielt Cicero im Tempel der Concordia in Abwesenheit des Antonius vor dem Senat die erste "Philippische Rede" gegen Antonius [so genannt nach dem Vorbild der 14 "Philippischen Reden", mit denen Demosthenes die attische Demokratie gegen Philipp von Makedonien hatte retten wollen]. Er kritisiert die Amtsführung der Konsuln Antonius und Dolabella und forderte von ihnen und den Senatoren Verfassungstreue. Er erinnert an das Musterbild des wahren Staatsmanns aus de republica. Die Resonanz ist äußerst dürftig. Antonius erwiderte am 19. Sept. im Senat mit einer Rede, in der er mit (dem abwesenden) Cicero bricht. Cicero begibt sich bis zum 9. Dez. auf seine Güter.
- de amicitia
- de officiis
- Cic.
Phil. II: Ciceros Antwort gibt vor, sie sei am 19. Sept. gleich nach dem Angriff des Antonius gehalten, ist aber in Wirklichkeit eine nachträglich verfasste Broschüre. Daher fällt die Invektive ziemlich heftig aus: er lässt bei der Würdigung des bisherigen Leben des Antonius kein Laster aus und widerlegt im einzelnen alle Vorwürfe seiner Rede vom 19. Sept.
- Cic.
Phil. III: Zu dem jungen Gaius Iulius Octavianus, der im Herbst 44 die politische Bühne betritt, waren eine Veteranenlegion und zwei makedonische Legionen des Antonius übergelaufen. Er bot dem Senat seine Hilfe an. Cicero hatte eine Unterredung mit ihm und verbürgte sich für ihn im Senat. Antonius fällt in der Provinz des Decimus Albinus Brutus (Gallia citerior) ein.
Cicero beantragt in der 3. Philippischen Rede am 20.
Dez. 44 vor dem Senat, die Truppenaushebung des Brutus und das Kommando des Octavianus nachträglich zu legalisieren. Die Anhänger des Antonius sind überrumpelt, der Senat nimmt Ciceros Anträge an.
- Cic.
Phil. IV: Ebenfalls noch am 20. Dez. berichtet Cicero vor dem Volk. Ein solch markantes Redepaar im Dienste der res publica hatte Cicero zuletzt auf der Höhe seiner Laufbahn am 7. u. 8. Nov. 63 (Catilina) gehalten. Um Antonius zu isolieren, argumentiert Cicero, dass der bisherige Konsul, auch wenn er noch nicht ausdrücklich zum Staatsfeind erklärt wurde, doch de facto nach aller Urteil dafür zu gelten hat, und fordert dazu auf, die staatstragende römische "virtus" in den Dienst der Freiheit und des Wiederaufbaus zu stellen.
Antonius belagert Brutus 44/43 in Mutina (Modena). (Mutinensischer
Krieg).
- Cic.
Phil. V: In der Senatssitzung am 1. Jan.43 hatten sich die Anhänger des Antonius formiert: Antonius wolle den Frieden; man solle eine Delegation zu ihm entsenden. Cicero setzt dagegen: der Sache nach sei Antonius bereits zum "hostis" erklärt und der Senat solle den Konsuln die Vollmachten des "senatus consultum ultimum" übertragen. Für Oktavian beantragt er den Rang eines Propraetors. Die Sitzung endete an diesem Tag ohne Beschluss.
- Cic.
Phil. VI: Am 4. Jan.43 beschließt man den Kompromiss, eine Gesandtschaft solle Antonius auffordern, die Belagerung von Mutina aufzugeben und mindestens 200 Meilen von Rom entfernt zu lagern. Andernfalls werde er zum Staatsfeind erklärt. Cicero interpretiert danach (Phil. VI) die Lage vor dem Volk in seinem Sinne: das Ultimatum werde jedem klar machen, dass der Krieg gegen Antonius unvermeidlich sei.
- Cic.
Phil. VII: Als die Leute des Antonius gezielt Stimmung für seine Friedensbereitschaft schüren, ergreift Cicero Mitte Jan. im Senat das Wort und argumentiert, ein Friede mit Antonius sei schimpflich und gefährlich; man müsse militärisch gegen ihn vorgehen.
- Cic.
Phil. VIII: Als die Gesandtschaft erfolglos von Antonius zurückgekehrt war, der Senat sich aber nicht zum Handeln durchringen konnte, tadelte Cicero am 3. Febr. seine Unentschlossenheit und stellte den Antrag, denen Amnestie zu gewähren, die sich bis zum 15. März von Antonius abgesetzt hätten, die aber als "hostes" zu erklären, die sich auf seine Seite stellten. Der Antrag wurde beschlossen.
- Cic.
Phil. IX: Der Senat berät über die Ehrung des Sulpicius Rufus, der als Teilnehmer der Gesandtschaft unterwegs gestorben war. Ciceros Antrag (Phil. IX) auf ein einfaches Bronzestandbild und andere Ehrungen wird angenommen. Die Rede enthält, dem Anlass entsprechend, kaum Kritik an den Senatoren oder an Antonius.
- Cic.
Phil. X: In Makedonien hatte Brutus (eigenmächtig) Truppen um sich geschart. Als die Cäsarianer im Senat gegen ihn vorgingen, stellt Cicero (Phil. X) den erfolgreichen Antrag, seine Maßnahmen zu legalisieren. Der Senat übertrug Brutus den Schutz Griechenlands.
- Cic.
Phil. XI: Dolabella, der sich in Syrien aufhielt, war zum "hostis" erklärt worden. Cicero plädierte dafür, das Kommando gegen ihn Cassius zu übertragen. Der war nicht in seine Provinz Cyrenaica gegangen, sondern hatte sich in Syrien eine Truppe aufgestellt. (Ebenso war Brutus statt nach Kreta nach Makedonien gegangen). Die Rechtfertigung für diese Eigenmächtigkeit leitete Cicero aus dem Grundsatz ab, dass alles, was den Staat errette, legitim sei. Der Senat lehnte den Antrag ab und beauftragte die Konsuln.
- Cic.
Phil. XII: Der Senat beschloss Anfang März fünf Konsulare (darunter auch Cicero) als weitere Gesandtschaft zu Antonius zu schicken. Cicero begründet (Phil XII), warum er persönlich nicht als Gesandter teilnehmen kann. Da ein zweiter sich weigert, wird das Vorhaben insgesamt aufgegeben. Der Konsul Pansa begibt sich zu den Truppen nach Norditalien.
- Cic.
Phil. XIII: Am 20. März, dem Tag der Abreise des Pansa, tagt der Senat. Cicero hält seine XIII. Philippica. Er geht Punkt für Punkt einen Brief des Antonius durch und verwirft dessen politischen Einschätzungen. Antonius will den Konflikt als bloßen Parteienkonflikt zwischen den Cäsarianern und Pompeianern deuten; eine "res publica" existiert für ihn nicht mehr. Cicero geht von einem Konflikt aus zwischen der "res publica", um deren Rettung es geht und ihrem "hostis".
- Cic.
Phil. XIV: Am 14. April erringen die alliierten Truppen der beiden Konsuln und Octavians bei Mutina einen ersten Sieg über Antonius. In Rom geht es um die Ehrungen für die drei Feldherrn. Cicero beantragt ein Dankfest, die Verleihung des Titels Imperator an die Feldherrn und ein Denkmal für die Gefallenen. Seinem Antrag wird stattgegeben. Am 21. April folgte ein zweiter Sieg.
- Octavian setzt sich durch
- Ciceros
Ermordung: Antonius verliert zwar bei Mutina, aber auch die beiden Konsuln fallen. Antonius kann sich schnell erholen und schließt sich militärisch mit Lepidus zusammen. Octavian will nur als Konsul gegen beide antreten. Als der Senat ihm das Konsulat verweigert, marschiert er gegen Rom und ertrotzt es für sich und seinen Anhänger Q. Pedius am 29. Aug. 43. Als er die Caesarmörder gerichtlich verfolgen ließ und sich mit Antonius und Lepidus aussöhnte (11. Nov. 43: das zweite Triumvirat), war die Politik Ciceros gescheitert. Er verließ die Stadt und kümmerte sich um die Herausgabe von de officiis. Am 7. Dez. 43 v. Chr. wurde er von den Häschern des Antonius ermordet. Seinen Kopf und seine Hände ließ Antonius auf dem Forum aufstellen. Im folgenden Jahr werden die Cäsarmörder Brutus und Cassius von Antonius bei Philippi geschlagen.
- Octavian
besiegt Antonius: Als Octavian Antonius bei Actium (31 v. Chr.) besiegt hatte, machte er im nächsten Jahr Ciceros Sohn zum Konsul. Bei der Neuordnung des Staates durch Octavian spielten Gedanken Ciceros aus "de republica" eine gewisse Rolle.
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