Cic.Phil.3,1-5 | |
Cicero setzt sich für einen offiziellen Senatsbeschluss ein, der Octavianus legitimierte, gegen Antonius vorzugehen |
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I. (1) Serius omnino, patres conscripti, quam tempus rei publicae postulabat, aliquando tamen convocati sumus, quod flagitabam equidem cotidie, quippe cum bellum nefarium contra aras et focos, contra vitam fortunasque nostras ab homine profligato ac perdito non comparari, sed geri iam viderem. | 3. (1) So sind wir denn, versammelte Väter, zwar allerdings später, als es die Verhältnisse der Republik erforderten, doch endlich einmal zusammenberufen, worauf ich an meinem Teil täglich gedrungen habe, weil ich sah, dass ein verbrecherische Krieg gegen unsere Altäre und Herde, gegen unser Leben und Besitztum von einem nichtswürdigen und verzweifelten Menschen nicht erst durch Rüstungen vorbereitet, sondern bereits geführt wird. |
Expectantur Kalendae Ianuariae; quas non expectat Antonius, qui in provinciam D. Bruti, summi et singularis viri, cum exercitu impetum facere conatur; ex qua se instructum et paratum ad urbem venturum esse minitatur. | Wir warten auf den 1. Januar, den Antonius nicht abwartet, der in die Provinz des Decimus Brutus, dieses großen und ausgezeichneten Mannes mit einem Kriegsheer einzufallen wagt, von wo aus er wohlbewaffnet und gerüstet vor die Hauptstadt zu rücken droht. |
(2) Quae est igitur expectatio aut quae vel minimi dilatio temporis? Quamquam enim adsunt Kalendae Ianuariae, tamen breve tempus longum est inparatis. Dies enim adfert vel hora potius, nisi provisum est, magnas saepe clades; certus autem dies non ut sacrificiis, sic consiliis expectari solet. Quodsi aut Kalendae Ianuariae fuissent eo die, quo primum ex urbe fugit Antonius, aut eae non essent expectatae, bellum iam nullum haberemus. Auctoritate enim senatus consensuque populi Romani facile hominis amentis fregissemus audaciam. Quod confido equidem consules designatos, simul ut magistratum inierint, esse facturos; sunt enim optimo animo, summo consilio, singulari concordia. Mea autem festinatio non victoriae solum avida est, sed etiam celeritatis. | Kann also noch ein Abwarten, oder auch nur ein Aufschub von ganz kurzer Frist zulässig sein? Denn obwohl der 1. Januar vor der Tür steht, so wird doch auch eine kurze Frist lang für Ungerüstete. Denn ein Tag, oder vielmehr eine Stunde führt oft, wenn man sich nicht vorgesehen hat, große Verluste herbei. Zu Entschließungen aber pflegt man nicht, wie zu Opferzeremonien einen bestimmten Tag abzuwarten. Wäre entweder der 1. Januar auf den Tag gefallen, an dem Antonius zuerst aus Hauptstadt entfloh, oder hätte man diesen nicht abwarten wollen, so hätten wir jetzt keinen Krieg. Denn dann hätten wir durch das Ansehen des Senats und die Einstimmung des römischen Volks die Frechheit dieses rasenden Menschen leicht gebändigt. Ich hoffe aber zuversichtlich, dass dies die neu ernannten Konsuln, sobald sie ihr Amt angetreten haben, durchführen; denn sie sind Männer von bester Gesinnung, von höchster Einsicht und von seltener Übereinstimmung der Grundsätze. Ich aber dringe auf Beschleunigung der Sache, weil ich nicht bloß den Sieg, sondern auch schnelle Entscheidungen eifrig wünsche. |
(3) Quo enim usque tantum bellum, tam crudele, tam nefarium privatis consiliis propulsabitur? cur non quam primum publica accedit auctoritas? | (3) Denn wie lange soll ein so wichtiger, so grausamer, so ruchloser Krieg nur durch Privatmaßnahmen abgewehrt werden? Warum soll nicht baldmöglichst ein öffentlicher Beschluss der Behörden hinzutreten? |
II. C. Caesar adulescens, paene potius puer, incredibili ac divina quadam mente atque virtute, cum maxime furor arderet Antoni, cumque eius a Brundisio crudelis et pestifer reditus timeretur, nec postulantibus nec cogitantibus, ne optantibus quidem nobis, quia non posse fieri videbatur, firmissimum exercitum ex invicto genere veteranorum militum comparavit patrimoniumque suum ecfudit; quamquam non sum usus eo verbo, quo debui; non enim ecfudit; in rei publicae salute conlocavit. | 2. Gaius Caesar, dieser Jüngling, oder vielmehr fast noch Knabe von außerordentlichem und wunderbarem Verstand und Mut hat, gerade als die Raserei des Antonius am heftigsten war, als man dessen Rückkehr von Brundisium und mit ihr Grausamkeiten und Unheil fürchtete, ohne dass wir es verlangten, vermuteten oder auch nur, weil es unmöglich schien, wünschten, ein sehr starkes Heer aus der unbesiegten Klasse der altgedienten Soldaten angeworben und dabei sein väterliches Erbteil geopfert. Doch ich habe hier nicht das gehörige Wort gewählt: denn er hat sein Vermögen nicht aufgeopfert, sondern zum Heil des Staates angelegt. |
(4) Cui quamquam gratia referri tanta non potest, quanta debetur, habenda tamen est tanta, quantam maximam animi nostri capere possunt. Quis enim est tam ignarus rerum, tam nihil de re publica cogitans, qui hoc non intellegat, si M. Antonius a Brundisio cum iis copiis, quas se habiturum putabat, Romam, ut minabatur, venire potuisset, nullum genus eum crudelitatis praeteriturum fuisse? quippe qui in hospitis tectis Brundisi fortissimos viros optimosque civis iugulari iusserit; quorum ante pedes eius morientium sanguine os uxoris respersum esse constabat. | (4) Obwohl man ihm nun einen so großen Dank, wie er verdient, nicht abstatten kann, so muss doch unsere dankbare Gesinnunge für ihn sogroß sein, wie wir sie nur in unseren Herzen empfinden können. Denn wer ist mit der Lage der Dinge so unbekannt und so gedankenlos gegenüber den Verhältnissen der Republik, dass er nicht einsähe, dass Marcus Antonius, wenn er in der Lage gewesen wäre, von Brundisium mit den Truppen, die er dort zu bekommen glaubte, in Rom, wie er drohte, einzurücken, keine Grausamkeit ausgelassen hätte? Hat er doch in der Wohnung seines Wirtes in Brundisium die tapfersten Männer und bestgesinnten Bürger niederhauen lassen, wobei, wie allgemein bekannt ist, als sie zu seinen Füßen sterben mussten, das Gesicht seiner Gattin, mit Blut bespritzt wurde. |
Hac ille crudelitate imbutus, cum multo bonis omnibus veniret iratior, quam illis fuerat, quos trucidarat, cui tandem nostrum aut cui omnino bono pepercisset? | Diese Grausamkeit hing ihm also an, als er mit einer Wut gegen alle Wohlgesinnten heranrückte, die weit größer war als gegen jene, die er hatte niederhauen lassen. Wen von uns oder überhaupt, welchen Wohlgesinnten hätte er wohl am Ende verschont? |
(5) Qua peste privato consilio rem publicam (neque enim fieri potuit aliter) Caesar liberavit. Qui nisi in hac re publica natus esset, rem publicam scelere Antoni nullam haberemus. Sic enim perspicio, sic iudico, nisi unus adulescens illius furentis impetus crudelissimosque conatus cohibuisset, rem publicam funditus interituram fuisse. | (5) Von diesem Unheil hat Caesar durch seine Privatmaßnahmen, da kein anderer Weg möglich war, die Republik befreit. Wäre er nicht in diesem Staat geboren,hätten wir durch den Frevel des Antonius keinen Staats mehr. Denn das sehe ich deutlich ein und erkläre es: Hätte nicht der dieser eine Jüngling den Angriffen und grausamen Absichten jenes Rasenden Einhalt geboten, so wäre der Staat ganz zugrunde gegangen. |
Cui quidem hodierno die, patres conscripti (nunc enim primum ita convenimus, ut illius beneficio possemus ea, quae sentiremus, libere dicere) tribuenda est auctoritas, ut rem publicam non modo a se susceptam, sed etiam a nobis commendatam possit defendere. | Ihm sollten wir nun, versammelte Väter, am heutigen Tag (denn jetzt zum ersten Mal ist unsere Zusammenkunft von der Art, dass wir durch sein Verdienst unserer Meinung frei aussprechen dürfen) eine solche Vollmacht übertragen, dass er die öffentliche Sache nicht bloß aus eigener Intitiative, sondern in unserem Auftrag verteidigen kann. |
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