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10. Wohlstand und Luxus: Die prosperierende Gesellschaft
Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass Wirtschaftsentwicklung in Zyklen verläuft, einem Aufschwung ein Abschwung folgt und der Kreislauf von vorn beginnt. Platon lässt seinen Staat linear wachsen, so dass sich die Frage nach dem τέλος viel zwingender stellt. Die Entwicklung läuft über die notwendige Deckung der Grundbedürfnisse hinaus zu Wohlstand und Luxus.
Es ist erstaunlich, wie wenig man heute unter den Begriffen "Luxus, Wohlstand, Überversorgung, Reichtum" in volkswirtschaftlichen Büchern findet. Das scheinen Größen zu sein, die man in der realen Wirtschaft kaum vorfindet oder kaum wahrhaben will. In der Tat hört das Wirtschaften ja auch da auf, wo man, weil man aus dem Vollen schöpfen kann, nicht mehr wirtschaften muss.
Platons Text lässt hinreichend deutlich erkennen, dass sich diese Entwicklung einerseits zwangläufig und schleichend aus der prinzipiellen Unersättlichkeit menschlicher Bedürfnisse ergibt, andererseits an einem bestimmten, aber nicht genau definierbaren Punkt die Gefahr lauert, ein gesundes Maß (μεσότης, ἐγκράτεια, σωφροσύνη) zu überschreiten, weil der Preis, den man für weiteres Wachstum zahlen muss, zu hoch wird.
Eine plausible Erklärung (wenn nicht eher eine Ausrede) für die theoretische Enthaltsamkeit mag darin liegen, dass wir uns den Wirtschaftsprozess zyklisch denken und dass sich Wohlstand nicht in Zahlen messen lässt, sondern ebenso wie Bedürfnis eine psychische Befindlichkeit ausdrückt. Ansonsten ist Wohlstand immer das erklärte (kaum hinterfragte) Ziel aller wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Aktivitäten; Wohlstandstheorien wollen den Weg zum Wohlstand zeigen. Restriktive ethische Implikationen, wie sie bei Platon, heute vielleicht in der Ökologiediskussion und im Zusammenhang mit einem "planetarischen" Verantwortungsbewusstsein auftreten, sind dem Begriff eigentlich fremd.
Was bei Platons Darstellung überzeugt, ist einmal die Klarheit, mit der er den Schritt in die Wohlstandsgesellschaft als eine freie Entscheidung darstellt. Eigentlich ist die Produktpalette der Luxusgüter nicht erforderlich; zum anderen die Zwangsläufigkeit, mit der diese Entscheidung ihren Preis fordert: Wer Strom aus der Dose will, muss akzeptieren, dass sich eine Technik und eine Industrie der Stromerzeugung etabliert.
Kehren wir zu unseren Konjunkturzyklen zurück: Bedarfsdeckung, Sättigung, Wohlstand und Prosperität sind für die Volkswirtschaftslehre nur im Rahmen der Konjunkturentwicklung eine krisenhafte Erscheinung: Der Weg zur Prosperität ist von einer starken Erhöhung der Nachfrage begleitet, die eine hohe Investitionstätigkeit der Unternehmen zur Folge hat. Die Produktionssteigerung aus diesen Investitionen erfolgt häufig zeitverzögert erst, wenn bereits eine gewisse Bedarfssättigung eingetreten ist, so dass die Konjunkturkurve drehen und eine Rezession beginnen kann.
Der Aufschwung oder die Prosperität ist gekennzeichnet durch steigende Investitionstätigkeit, die ihrerseits eine Mehrbeschäftigung von Arbeitskräften zur Folge hat und eine Erhöhung auch der Konsumgüternachfrage bewirkt. Solange noch brachliegende Kapazitäten vorhanden sind, kann die Produktion der Nachfrageerhöhung folgen. Die Preise bleiben folglich konstant. Man bezeichnet diese erste Phase des Aufschwungs als Mengenkonjunktur. Die Mengenkonjunktur schlägt in die Preiskonjunktur um, wenn alle Produktionsfaktoren vollbeschäftigt sind. Das Angebot kann dann nicht mehr wesentlich erhöht werden, so dass die Preise steigen.
Die Krise, auch Zusammenbruch oder Stockung genannt, ist vor allem bedingt durch Überinvestition in der Kapitalgüterindustrie. Die wachsende Nachfrage des Aufschwungs verführt dazu, mit einer weiteren Beschleunigung der Nachfrage auch in der Zukunft zu rechnen, so dass die Investition über den langfristigen Bedarf hinaus erhöht wird. Verstärkend kommt hinzu, dass der lange Zeitraum zwischen Beginn und Beendigung der Investition (z.B. Bau von Produktionsanlagen) auch dann noch einen Mangel an Kapitalgütern vortäuscht, wenn dieser aufgrund der begonnenen Investitionsvorhaben objektiv schon nicht mehr vorhanden ist.
Interessant ist auch die Frage, inwieweit Platons theoretisches Modell in diesem Punkt ein Stück Wirklichkeit gesellschaftlicher Entwicklung des 4. Jh. v. Chr. in Griechenland beschreibt.
Der Kollektivismus der demokratischen Gesellschaften des 5. Jh. v. Chr. mit dem typischen Verzicht auf individuelle Repräsentation wurde nun abgelöst von personengebundenen Wohlstandsdemonstrationen: Lange Zeit verpönte Luxusgegenstände, großzügige Hausanlagen mit großen Räumen und prächtiger Ausstattung wie z. B. dekorativen Malereien, Mosaiken, Bädern und Heizungen kamen in Mode. Das Haus selbst, noch im 5. Jh. von bescheidener, funktionaler Gestalt, gewann zu Repräsentationszwecken an Bedeutung. Öffentlichkeit fand nun daheim statt, etwa beim Symposion im aufwendig eingerichteten, zugleich vom "Privat-Trakt" des Hauses strikt geschiedenen ándron. [...] Die Individualisierung der griechischen Polis-Gesellschaft zu Beginn des 4. Jh. v. Chr. schlägt sich unmittelbar im Hausbau nieder. Nun wird das Haus immer mehr zum Prestigeobjekt, das mittels seiner baulichen Gestaltung und seiner Einrichtung präzise Auskunft über Status und Vermögen seines Besitzers gibt. [...] Nicht selten weisen die Häuser nun nicht mehr nur ein ándron auf, sondern mehrere solcher klinenbestandenen Räume für Gelage und Symposien. Immer luxuriöser wird auch die Ausstattung: Mosaikböden, Wandverkleidungen aus kostbarem Marmor oder Wandmalereien in Freskotechnik, Heizungen und Bäder finden sich seit dem 4. Jh. v. Chr. als fester Bestandteil in Häusern [...]
Sententiae excerptae:
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