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9. Frage nach dem wünschenswerten Lebensstandard
Die Wirtschaft dient der Befriedigung der grundlegenden Bedürfnisse. Wirtschaftliches Wachstum hebt den Lebensstandard. Die Befriedigung der Bedürfnisse hat Zufriedenheit zur Folge. Weiter muss Wirtschaftswachstum wohl nicht gehen. Hat es mit der Sättigung der menschlichen Bedürfnisse nicht sein Ziel erreicht? Diese Annahme wird dadurch bestärkt, dass Wachstum ja seinen Preis hat: es verzehrt Ressourcen an Boden und Kapital und kostet vor allem Arbeit; ein Preis, den der Mensch nicht gern zahlt!
Die Beschränkung von Produktion und Konsum auf das Notwendige ergibt eine geradezu idyllische Lebensweise (ἡ δίαιτα, βίος): Allenthalben Einfachheit, Sparsamkeit, Naturnähe, Beständigkeit über Generationen. Gleichwohl festliche Hochstimmung bei intakten zwischenmenschlichen Beziehungen, gerade durch die Bescheidung Gesundheit und nach außen Frieden. Philemon und Baukis lassen grüßen. Rousseaus "Zurück zur Natur!" ganz fehl am Platz!
Die Bio-Idylle des zufriedenen Lebens, die Sokrates entwirft, ist ironisch übertrieben, um den Widerspruch zu provozieren: Glaukon fordert "Zukost" ein und einige sonstige Leckereien. Bedürfnisse müssen nicht beim Notwendigsten stehen bleiben, man darf sie ruhig etwas höher schrauben! Sokrates weitet bereitwillig den Speiseplan der naturbelassenen Rohköstler aus. Er entschuldigt sich geradezu dafür, dass er nicht selbst daran gedacht hat (ἐπελαθόμην). Oliven, Käse, Zwiebeln,... fast das Rezept des griechischen Sommersalats, doch immer noch so maßvoll, dass Gesundheit, langes Leben und Frieden außer Frage stehen (ἐν εἰρήνῃ μετὰ ὑγιείας,... γηραιοὶ τελευτῶντες...).
Jetzt ist Sokrates an seinem Ziel, denn Glaukon platzt der Kragen: Wir sind doch keine Säue! Was du uns gönnst, ist Schweinefraß!
Sokrates tut überrascht: Welche weitergehenden Bedürfnisse hat denn der Mensch? Glaukon: Nur das heutzutage Übliche (ἅπερ νομίζεται): etwas Bequemlichkeit und Esskultur.
Die Antwort zeigt, dass Platon die Reizschwelle sehr tief angesetzt hat, nicht einmal auf dem Niveau des damals erreichten Lebensstandards.
Zu den elementaren Pluspunkten, die der Reiche gegenüber dem Armen hat, zählt hierbei zweifellos der Umstand, dass er sich satt essen kann und nicht zu hungern braucht, dass er gegen Kälte geschützt ist und keinen Durst leidet. Es geht jedoch nicht allein um die Deckung des Kalorienbedarfs, um Bekleidung und Wohnung, sondern auf einer höheren Stufe insbesondere darum, wie diese Wünsche befriedigt werden.
In dieser Hinsicht steht fest, dass der Wohlstand es erlaubt, nicht bloß genügend, sondern auch gut zu essen, nicht nur Nahrungsmittel, sondern auch Genussmittel zu sich zu nehmen und auf diese Weise das subjektive Wohlbefinden zu erhöhen.
Aufgaben:
Jedem Buchhalter ist klar, dass eine Bilanz nicht bloß eine Aktivseite, sondern auch eine Passivseite umfasst und dass eine Erfolgsrechnung nicht bloß Ertragsposten, sondern auch Aufwandsposten enthält. [... Die Kritik] lautet etwa folgendermaßen: Die moderne Wirtschaft hat zwar den Wohlstand geschaffen, aber sie hat mit ihrer Arbeitsteilung und mit der Verwendung von Maschinen in großem Maßstab, mit Massenfabrikation und Fließband eine ausgeprägte Versachlichung, ja geradezu Verwirtschaftlichung des Lebens mit sich gebracht. [...] Ebenso steht außer Zweifel, dass die Verwirtschaftlichung dazu geführt hat, die Menschen weitgehend gemäß ihrem "Produktionswert" einzuschätzen und von allem übrigen als unwesentlich abzusehen.
Aufgaben:
In der Tat lässt sich das Problem nicht objektiv lösen. Die Bedürfnisse der Menschen sind grundsätzlich unersättlich. Die Ansprüche steigen mit dem Maß des Erreichten. Keinem geht es so gut, dass er nicht zu Recht den Wunsch hegen dürfe, es möge ihm noch besser gehen. Nimmt man den Bedarf als Maßstab dessen, was genug ist, so ist das "Existenzminimum" (eine statistische Größe in Relation zum durchschnittlichen Einkommen und Vermögen) eine noch am ehesten objektivierbare Kennziffer. Aufgabe des Staates scheint es zu sein, einmal durch Verteilungsmechanismen zu verhindern, dass einzelne Mitglieder der Gesellschaft unter diese Grenze zurückfallen, und zum anderen für die Mehrung des allgemeinen Wohlstandes zu sorgen.
Es hat eine Zeit gegeben, in der Wirtschaftshistoriker in aller Breite die Missstände zur Zeit der industriellen Revolution schilderten und das Massenelend in den ungesunden Industriestätten ausmalten. [...] Die 84-Stunden-Woche war die Regel, mit einer kurzen Pause für das Frühstück und gelegentlich für das Abendessen. Aus einem 6jährigen Kind ließ sich eine recht beachtliche Arbeitsleistung herausschinden, und wenn eine Frau zwei Finger an der Webmaschine verlor, konnte sie immer noch mit acht weiterarbeiten.
Ein solches Bild der Trostlosigkeit ließ bei vielen Menschen den Eindruck entstehen, dass die industrielle Revolution für die Arbeiterklasse einen Rückschritt dargestellt habe. Hatten sie in der Landwirtschaft nicht ein besseres Leben geführt als in den Fabriken?
Wahrscheinlich nicht. In den Städten sprang die Armut lediglich stärker ins Auge. Die Idylle von dem gesunden, glücklichen Leben auf dem Lande mit seinen stämmigen, selbstbewussten Freibauern und dem zufriedenen Landvolk gehört in den meisten Ländern der Welt zu den gängigen Klischees.
Aufgaben:
Wir wollen unumwunden zugeben, dass wir mit der Hinlenkung auf das "besser objektivierbare Existenzminimum", dem eigentlichen Anliegen des Sokrates nur ausgewichen sind. Seine Fragestellung lautet nämlich in Wahrheit: Gibt es ein Existenzoptimum, über das hinaus menschliches Wohlergehen und Glück durch Wirtschaftswachstum nicht mehr gesteigert (eher bedroht) werden kann?
Man könnte daher die Frage aufwerfen, ob es nicht so etwas wie ein Existenzoptimum gibt. Was das Existenzminimum ist, wissen wir sozusagen alle - am besten jene, die in der Nähe dieser Grenze leben müssen. Als Gegenstück dazu dürfte es eigentlich auch so etwas wie ein Existenzmaximum geben, gekennzeichnet durch eine Wohlstandshöhe, die sich bereits negativ auswirkt, sei es, dass man zuviel von den guten Dingen isst oder trinkt, die man sich leisten kann, sei es, dass man zuviel Auto fährt und zu wenig zu Fuß geht, oder sei es schließlich, dass man ganz allgemein einen Wohlstandsüberdruss verspürt.
Zwischen den beiden Extremen wäre folgerichtig irgendwo ein Zustand anzusiedeln, den man mit einem gewissen Recht als Existenzoptimum bezeichnen könnte.
Dieser Diskussionsbeitrag kann unser Bewusstsein dafür schärfen, dass es neben der Gefahr, in die Armut abzugleiten auch eine ernsthafte Gefährdung durch den übersteigerten Reichtum gibt. Relativer Wohlstand ist zwar eine notwendige Bedingung von Lebensqualität und Glück, aber nicht ihre ausschließliche oder auch nur bestimmende Ursache. Wir müssen wissen, dass wachsender Wohlstand seinen Preis hat, und müssen abwägen, ob es sich lohnt, diesen Preis zu zahlen.
Mit seinem Hinweis auf die gebotene μετριότης (σωφροσύνη als die bestimmende Tugend der Produzenten und Konsumenten) hat Sokrates also die Kategorie eingeführt, die die Diskussion in der Folge beherrschen wird. Unabweisbar schiebt sich ab jetzt die Frage nach der optimalen Grenze des wirtschaftlichen Wachstums, eben dem Existenzoptimum, in den Vordergrund.
In unserem Aufbauschema ist diese Grenze so sichtbar gemacht, dass sich das nach oben öffnende (wachsende) Dreieck seitlich nicht mehr verbreitet, sondern in der weiteren Aufschichtung wieder nach innen zuspitzt.
Sententiae excerptae:
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