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C.Sallustius Crispus

De Catilinae coniuratione
Die Catilinarische Verschwörung
17-22
Die Vorgeschichte der Verschwörung

 

 
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Die erste Unternehmung Catilinas (17-25)
breit dargestellt
  1. Sommer 64 Versammlung von Angehörigen der Senatoren, des Ritterstandes und des Landadels.
  2. Akt der eigentlichen Verschwörung: Catilina tritt wie ein Feldherr vor seine Truppe, ruft zur Schlacht auf und fordert den Eid ab.
  3. Mit den Begriffen der idealen Väterzeit, mit den Formen des echten Soldatentums wird das Verbrechen vollzogen: erprobte Kraft und Treue der Mannschaft.
  4. Die Niederwerfung der oligarchischen Zwingherrschaft bahnt den Weg in die Freiheit. Jugend gegen Greisentum, Armut gegen Luxus: Freiheit, Reichtum, Ruhm winken den Siegern.
  5. Catilina bewahrt die Attitüde des Feldherrn, der sich vor Schlachtbeginn jedes einzelnen Mitkämpfers durch persönlichen Anruf versichert.
  6. Die Vereidigung erfolgt unter Anwendung eines religiösen Weiheaktes (Menschenblut mit Wasser vermischt), der das Unheimliche des Vorgangs verdeutlicht.
  7. Dieser Verschwörungsszene stehen einige innere Widersprüche entgegen:
    1. Catilina fordert schließlich nur auf, seine Bewerbung um das Konsulat zu betreiben (eine sehr bürgerliche Angelegenheit);
    2. im folgenden Abschnitt, (23-26) der die Ereignisse vom Juni 63 bis Spätsommer 63 beschreibt, ist keine Rede von Schlachten oder Siegen, sondern durch Verrat eines Q.Curius und seiner Geliebten Fulvia wird einiges bekannt und die verschüchterte Nobilität duldet für 63 ein Konsulat des homo novus Cicero.
    3. Daraufhin setzt Catilina die Anwerbung neuen Anhangs fort, auch unter Frauen: Sempronia ist in ihrer Verbindung von Begabung und Liederlichkeit ein echtes Pendant zu Catilina. Aber auch jetzt kein Losschlagen, sondern neue Bewerbung um das Konsulat (für 62).
    4. Erst der zweite Misserfolg bei der Bewerbung lässt Catilina auf das Ganze gehen (26,5), ein Entschluss, der bereits für die Verschwörungsszene in Anspruch genommen wird. Dieser Frühansatz des Sallust trifft nicht zu. Tatsächlich hat sich Catilina erst nach dem zweiten Durchfall bei der Konsulatsbewerbung zum Aufstand entschlossen. Damit erreicht Sallust eine stärkere Wirkung: Der Einfluss des Hochverräters hält schon länger an, und Ciceros Wahl wird verständlicher.

Zusammenfassung zu J.Vogt (39-71)

 

(17,1)  Igitur circiter Kalendas Iunias L. Caesare et C. Figulo consulibus primo singulos appellare; hortari alios, alios temptare; opes suas, inparatam rem publicam, magna praemia coniurationis docere. (17,2)  ubi satis explorata sunt quae voluit, in unum omnis convocat, quibus maxuma necessitudo et plurumum audaciae inerat. (17,3)  eo convenere senatorii ordinis P. Lentulus Sura, P. Autronius, L. Cassius Longinus, C. Cethegus. P. et Ser. Sullae Ser. filii, L. Vargunteius, Q. Annius, M. Porcius Laeca, L. Bestia, Q. Curius; ( 17,4) praeterea ex equestri ordine M. Fulvius Nobilior, L. Statilius, P. Gabinius Capito, C. Cornelius; ad hoc multi ex coloniis et municipiis domi nobiles. (17,5) erant praeterea complures paulo occultius consili huiusce participes nobiles, quos magis dominationis spes hortabatur quam inopia aut alia necessitudo. ( 17,6) ceterum iuventus pleraque, sed maxume nobilium Catilinae inceptis favebat: quibus in otio vel magnifice vel molliter vivere copia erat; incerta pro certis, bellum quam pacem malebant. (17,7)  fuere item ea tempestate, qui crederent M. Licinium Crassum non ignarum eius consili fuisse: quia Cn. Pompeius, invisus ipsi, magnum exercitum ductabat, quoiusvis opes voluisse contra illius potentiam crescere, simul confisum, si coniuratio valuisset, facile apud illos principem se fore.
XVII (1) Um den 1. Juni, in dem Jahr, in dem Lucius Caesar und Gaius Figulus Konsuln waren, wandte er sich also zuerst an jeden einzelnen; die einen ermutigte er, die anderen suchte er zu gewinnen. Er legte seine Mittel, die mangelnde Bereitschaft im Staat und den großen Gewinn einer Verschwörung dar. (2) Sobald er sich dessen, was er wünschte, hinlänglich gewiss war, bewegte er alle, in denen er die größte Verzweiflung und am meisten Waghalsigkeit erblickt hatte, zu einer gemeinsamen Versammlung. (3) Es erschienen dabei aus dem Senatorenstand Publius Lentulus Sura, Publius Autronius, Lucius Cassius Longinus, Gaius Cethegus. Publius und Servius Sulla, Söhne des Servius Sulla, Lucius Vargunteius, Quintus Annius, Marcus Porcius Laeca, Lucius Bestia, Quintus Curius; (4)  ferner aus dem Ritterstand Marcus Fulvius Nobilior, Lucius Statilius, Publius Gabinius Capito, Gaius Cornelius; endlich viele aus Kolonien und Municipien, in ihren Heimatorten angesehene Leute. (5) Ferner wussten um den vorliegenden Plan mehr insgeheim viele Adelige, die nur die Aussicht auf Macht, nicht ein Mangel oder sonst eine größere Verlegenheit antrieb. (6) Außerdem sympathisierte der größte Teil der Jugend, besonders der adligen, mit dem Vorhaben des Catilina. Sie, die mit Pracht oder zumindest bequem im Frieden hätten leben können, zogen das gewagte Spiel dem sicheren Besitz und den Krieg dem Frieden vor. (7) Einige glaubten damals auch, Marcus Licinius Crassus sei in diese Absichten eingeweiht gewesen; weil der ihm verhasste Gnaeus Pompeius an der Spitze eines großen Heeres stand, sei er entschlossen gewesen, jeden Parteigänger als Gegengewicht gegen jenes Einfluss zu fördern, und habe ganz fest damit gerechnet, sich an die Spitze der Verschwörer zu stellen, wenn sie erstarkt wären.  
(18,1)  Sed antea item coniuravere pauci contra rem publicam, in quis Catilina fuit. (18,2) de qua quam verissume potero dicam. L. Tullo et M'. Lepido consulibus P. Autronius et P. Sulla designati consules legibus ambitus interrogati poenas dederant. (18,3)  post paulo Catilina pecuniarum repetundarum reus prohibitus erat consulatum petere, quod intra legitumos dies profiteri nequiverat. ( 18,4) erat eodem tempore Cn. Piso, adulescens nobilis,  summae audaciae, egens, factiosus, quem ad perturbandam rem publicam inopia atque mali mores stimulabant. (18,5)  cum hoc Catilina et Autronius circiter Nonas Decembris consilio communicato parabant in Capitolio Kalendis Ianuariis L. Cottam et L. Torquatum consules interficere, ipsi fascibus conreptis Pisonem cum exercitu ad optinendas duas Hispanias mittere. (18,6)  ea re cognita rursus in Nonas Februarias consilium caedis transtulerant. ( 18,7) iam tum non consulibus modo, sed plerisque senatoribus perniciem machinabantur. ( 18,8) quod ni Catilina maturasset pro curia signum sociis dare, eo die post conditam urbem Romam pessumum facinus patratum foret. quia nondum frequentes armati convenerant, ea res consilium diremit.
XVIII (1) Doch schon früher hatten sich einige, zu denen Catilina gehörte, zu einer Revolution verschworen. (2) Davon will ich so wahrheitsgetreu wie möglich berichten. Im Konsulatsjahr des Lucius Tullus und Manius Lepidus waren die designierten Konsuln Publius Autronius  und Publius Sulla wegen Wahlumtrieben angeklagt und zur gesetzlichen Strafe verurteilt worden. (3) Gleich darauf sah sich Catilina, weil man einen Prozess wegen Erpressung gegen ihn anstrengte, daran gehindert, sich um das Konsulat zu bewerben, weil er sich innerhalb der gesetzlichen Frist nicht hatte melden können. (4) Zur selben Zeit lebte in Rom Gnaeus Piso, ein junger Mann aus dem Adel, höchst verwegen, mittellos, herrschsüchtig, den seine Armut und seine Liederlichkeit zur Revolution trieben. (5) Nachdem sie sich mit diesem um den 5. Dezember über ihre Absichten verständigt hatten, trafen Catilina und Autronius Anstalten, am 1. Januar auf dem Kapitol die Konsuln Lucius Cotta und Lucius Torquatus zu ermorden, sich selbst das Konsulat anzueignen und Piso die Verwaltung der beiden spanischen Provinzen mit einem Heereskommando zu übertragen. (6) Nachdem dies ruchbar geworden war, verschoben sie die Ausführung auf den 5. Februar. (7) Jetzt aber planten sie nicht nur die Ermordung der Konsuln, sondern eines Großteils der Senatoren. (8) Hätte Catilina seinen Genossen vor der Kurie nicht zu früh das Zeichen gegeben, wäre an diesem Tag das ruchloseste Bubenstück seit dem Bestehen Roms verübt worden. Dass sich die Bewaffneten noch nicht in hinlänglicher Zahl eingefunden hatten, machte den Plan zunichte.   
(19,1)  postea Piso in citeriorem Hispaniam quaestor pro praetore missus est adnitente Crasso, quod eum infestum inimicum Cn. Pompeio cognoverat. ( 19,2) neque tamen senatus provinciam invitus dederat, quippe foedum hominem a re publica procul esse volebat, simul quia boni complures praesidium in eo putabant  et iam tum potentia Pompei formidulosa erat. (19,3)  sed is Piso in provincia ab equitibus Hispanis, quos in exercitu ductabat, iter faciens occisus est. (19,4)  sunt, qui ita dicant imperia eius iniusta, superba, crudelia barbaros nequivisse pati; (19,5)  alii autem, equites illos, Cn. Pompei veteres fidosque clientis, voluntate eius Pisonem adgressos: numquam Hispanos praeterea tale facinus fecisse, sed imperia saeva multa antea perpessos. nos eam rem in medio relinquemus. (19,6) de superiore coniuratione satis dictum.
XIX (1) Anschließend wurde Piso als Quaestor mit prätorischer Amtsgewalt in das diesseitige Spanien geschickt. Dafür verwendete sich Crassus mit Nachdruck, weil er in ihm einen erbitterten Gegner des Gnaeus Pompeius gefunden hatte. (2) Doch hatte ihm auch der Senat die Provinz ganz gern gegeben, weil er den abscheulichen Menschen aus dem Mittelpunkt der Politik entfernen wollte. Auch sahen manche Mitglieder der Senatspartei in ihm einen Wahrer ihrer Interessen; denn die Macht des Pompeius erregte schon damals die größte Besorgnis. (3) Aber dieser Piso wurde in der Provinz von spanischen Reitern, die eine Abteilung seines Heeres bildeten, auf dem Marsch getötet. (4) Manche berichten, die Einheimischen seien über seine ungerechten, arroganten und unmenschlichen Forderungen empört gewesen; (5) andere aber, jene Reiter, langjährige und ergebene Schutzbefohlene des Pompeius, hätten auf seinen Wink hin Hand an Piso gelegt; sonst hätten die Spanier nie eine solche Tat verübt, sondern sich manche arge Herrschaft gefallen lassen. Wir lassen die Sache unentschieden. (6) Genug jetzt von der früheren Verschwörung.  
(20,1)  Catilina ubi eos, quos paulo ante memoravi, convenisse videt, tametsi cum singulis multa saepe egerat, tamen in rem fore credens univorsos appellare et cohortari, in abditam partem aedium secedit atque ibi omnibus arbitris procul amotis orationem huiusce modi habuit: (20,2)  "Ni virtus fidesque vostra spectata mihi foret, nequiquam opportuna res cecidisset; spes magna, dominatio in manibus frustra fuissent, neque ego per ignaviam aut vana ingenia incerta pro certis captarem. ( 20,3) sed quia multis et magnis tempestatibus vos cognovi fortis fidosque mihi, eo animus ausus est maxumum atque pulcherrumum facinus incipere, simul quia vobis eadem quae mihi bona malaque esse intellexi; (20,4)  nam idem velle atque idem nolle, ea demum firma amicitia est. (20,5)  Sed ego quae mente agitavi, omnes iam antea divorsi audistis. (20,6)  ceterum mihi in dies magis animus adcenditur, quom considero, quae condicio vitae futura sit, nisi nosmet ipsi vindicamus in libertatem. ( 20,7) nam postquam res publica in paucorum potentium ius atque dicionem concessit, semper illis reges, tetrarchae vectigales esse, populi, nationes stipendia pendere; ceteri omnes, strenui boni, nobiles atque ignobiles, volgus fuimus sine gratia, sine auctoritate, iis obnoxii, quibus, si res publica valeret, formidini essemus. (20,8)  itaque omnis gratia, potentia, honos, divitiae apud illos sunt aut ubi illi volunt; nobis reliquere pericula, repulsas, iudicia, egestatem. ( 20,9) quae quo usque tandem patiemini, o fortissumi viri? nonne emori per virtutem praestat quam vitam miseram atque inhonestam, ubi alienae superbiae ludibrio fueris, per dedecus amittere? (20,10)  verum enim vero, pro deum atque hominum fidem, victoria in manu nobis est, viget aetas, animus valet; contra illis annis atque divitiis omnia consenuerunt. tantummodo incepto opus est, cetera res expediet. 
XX (1) Als Catilina die eben gerade genannten Personen versammelt sieht, zieht er sich mit ihnen in einen abgelegenen Teil des Hauses zurück. Er hatte zwar mit jedem einzelnen schon oft eingehende Unterredungen geführt, hielt es aber trotzdem für zweckdienlich, an alle begeisternde Worte zu richten. Hier also hielt er, nachdem alle Zeugen weit entfernt waren, eine Rede folgenden Inhalts: (2) "Hätte ich nicht von eurem Mut und eurer Ergebenheit eindeutige Beweise, hätte ich die günstige Gelegenheit ungenutzt gelassen. Die herrlichste Aussicht, die Macht im Staat hätte sich vergeblich unserem Zugriff dargeboten. Ich würde ja nicht unsere Sicherheit aufgeben, um mit wankelmütigen Feiglingen nach Gefahren zu greifen. (3) Daraus aber, dass ich euch in vielen heftigen Stürmen standhaft und treu gefunden habe, daraus schöpfe ich den Mut, die größte und herrlichste Tat zu wagen; zugleich daraus, dass ich erkannt habe, wie ihr mit mir über Glück und Unglück die gleiche Ansicht teilt. (4) Denn dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen, das erst ist feste Freundschaft. (5) Welchen Plan ich nun ausgedacht habe, habt ihr alle früher schon einzeln gehört. (6) Aber von Tag zu Tag wächst die Flamme meiner Begeisterung, wenn ich erwäge, welche trübe Aussicht wir für unser künftiges Leben haben, wenn wir uns nicht aus eigener Kraft wieder die Freiheit erringen. (7) Denn seit der Staat unter die Botmäßigkeit und Gewalt einer nicht zahlreichen Oligarchie gefallen ist, zahlten Könige und Fürsten immer nur ihnen Steuern, leisteten Völker und Stämme immer nur ihnen Abgaben. Wir anderen, alle brave und wackere Leute, adlige wie nichtadlige, galten als Pöbel ohne Wert, ohne Einfluss, denjenigen untertan, denen wir, stünde es recht um den Staat, Angst einflößen müssten. (8) So sind denn alle Gunst und Macht, alle Ehren und aller Reichtum in ihren Händen, oder in welchen sie wollen. Uns ließen sie nur Feindschaften und Wahlniederlagen, Prozesse und Armut. (9) Wie lange noch wollt ihr euch dies gefallen lassen, ihr tapfersten Männer? Ist es nicht besser, einen Heldentod zu erleiden als ein elendes und ehrloses Leben schmählich auszuhauchen, nachdem man fremden Launen zum Spielball geworden ist? (10) Nein, fürwahr, bei allem, was Göttern und Menschen heilig ist, der Sieg ist uns gewiss, jugendlich kraftvoll ist unser Körper, stark unser Mut; dagegen herrscht bei jenen dort in Folge der Jahre und der Genüsse nichts als Altersschwäche. Wir müssen nur anfangen; alles andere gibt die Zeit.
(20,11)  etenim quis mortalium, quoi virile ingenium est, tolerare potest illis divitias superare, quas profundant in extruendo mari et montibus coaequandis, nobis rem familiarem etiam ad necessaria deesse? illos binas aut amplius domos continuare, nobis larem familiarem nusquam ullum esse? (20,12)  quom tabulas, signa, toreumata emunt, nova diruunt, alia aedificant, postremo omnibus modis pecuniam trahunt, vexant, tamen summa lubidine divitias suas vincere nequeunt. (20,13)  at nobis est domi inopia, foris aes alienum, mala res, spes multo asperior: denique quid relicui habemus praeter miseram animam? (20,14)  Quin igitur expergiscimini? en illa, illa, quam saepe optastis, libertas, praeterea divitiae, decus, gloria in oculis sita sunt; fortuna omnia ea victoribus praemia posuit. (20,15)  res, tempus, pericula egestas, belli spolia magnifica magis quam oratio mea vos hortantur. (20,16)  vel imperatore vel milite me utimini: neque animus neque corpus a vobis aberit. (20,17)  haec ipsa, ut spero, vobiscum una consul agam, nisi forte me animus fallit et vos servire magis quam imperare parati estis."
(11) Kann denn ein Sterblicher, in dem ein Mannesherz schlägt, ruhig mit ansehen, wie jene Reichtum in solchem Überfluss besitzen, dass sie ihn mit der Aufschüttung von Meeren und der Einebnung von Bergen verschwenden, uns aber selbst zur Deckung der  Notdurft das eigene Vermögen fehlt? wie jene zwei und  noch mehr Häuser in einer Reihe haben, wir aber nirgends einen eigenen Herd? (12) Indem sie Gemälde, Bildsäulen, Tafelaufsätze kaufen, Neues niederreißen und anderes aufbauen, kurz auf alle Weise mit Gold klappern und um sich werfen, vermögen sie doch trotz aller Ausschweifungen mit ihrem Reichtum nicht fertig zu werden. (13) Aber uns wohnt im Haus der Kehraus, vor der Tür steht der Wucherer; schlimme Zeit, viel bösere Zukunft! Ja, was haben wir noch außer dem elenden Leben? (14) Warum also wacht ihr nicht auf? Seht da, da die Freiheit, die ihr so oft ersehnt habt, dazu stehen euch Reichtum, Ehre und Ruhm vor Augen! Das Glück hat dies alles den Siegern zum Preis ausgesetzt. (15) Gegenwart und Zukunft, Not und Armut und die reiche Beute des Krieges werden euch stärker anfeuern als meine Worte. (16) Nehmt mich zum Feldherrn oder Soldaten. Sowohl Seele als auch Leib gehören euch. (17) Dies alles werde ich mit euch, wie ich hoffe, als Konsul beginnen. Oder täusche ich mich und ihr seid gewillt, Sklavenketten zu tragen, statt die Herren zu spielen?" 
(21,1)  Postquam accepere ea homines, quibus mala abunde omnia erant, sed neque res neque spes bona ulla, tametsi illis quieta movere magna merces videbatur, tamen postulavere plerique, ut proponeret, quae condicio belli foret, quae praemia armis peterent, quid ubique opis aut spei haberent. (21,2)  tum Catilina polliceri tabulas novas, proscriptionem locupletium, magistratus, sacerdotia, rapinas, alia omnia, quae bellum atque lubido victorum fert; (21,3)  praeterea esse in Hispania citeriore Pisonem, in Mauretania cum exercitu P. Sittium Nucerinum, consili sui participes; petere consulatum C. Antonium, quem sibi collegam fore speraret, hominem et familiarem et omnibus necessitudinibus circumventum; cum eo se consulem initium agundi facturum. (21,4)  ad hoc maledictis increpabat omnis bonos, suorum unum quemque nominans laudare: admonebat alium egestatis, alium cupiditatis suae, compluris periculi aut ignominiae, multos victoriae Sullanae, quibus ea praedae fuerat. (21,5) postquam omnium animos alacris videt, cohortatus, ut petitionem suam curae haberent, conventum dimisit.
XXI (1) Nachdem dies die Leute vernommen hatten, die alle Nöte in Fülle, aber kein Glück in Gegenwart und Zukunft sahen, forderten dennoch die meisten, obwohl es schon reichlich lohnend schien, die Ruhe zu stören, er möge vorlegen, welcher Art denn die Aussichten für den Krieg seien, welchen Lohn sie mit ihren Waffen erringen sollten, welche Mittel und Erwartungen sie jeweils hätten. (2) Da stellte ihnen Catilina Schuldentilgung in Aussicht, Ächtung der Begüterten, Ämter, Priesterstellen, Plünderungen und alles andere, was Krieg und Siegeslaune mit sich bringt; (3) ferner stehe im diesseitigen Spanien Piso und in Mauretanien an der Spitze eines Heeres Publius Sittius Nucerinus; beide seien in seinen Plan eingeweiht. Um das Konsulat bewerbe sich Gaius Antonius, den er zum Kollegen zu erhalten hoffe; er sei sowohl eng mit ihm befreundet als auch von allen Verlegenheiten bedrängt; mit diesem werde er, sobald er Konsul sei, den Anfang machen. (4) Dazu lästert und schimpft er gegen alle Gutgesinnten, nennt jeden einzelnen seiner Leute bei Namen und lobt ihn. Dem einen ruft er seine Armut, einem anderen seine Wünsche in Erinnerung, etlichen eine Schmach, die sie bei Gericht zu fürchten oder bereits erlitten hatten, vielen Sullas Sieg, soweit er ihnen Beute gebracht hatte. (5) Als er alle zur Tat begeistert sieht, entlässt er die Versammlung mit der Aufforderung, sich das Gelingen seiner Kandidatur angelegen sein zu lassen.   
(22,1)  fuere ea tempestate, qui dicerent Catilinam oratione habita, quom ad ius iurandum popularis sceleris sui adigeret, humani corporis sanguinem vino permixtum in pateris circumtulisse: (22,2)  inde quom post execrationem omnes degustavissent, sicuti in sollemnibus sacris fieri consuevit, aperuisse consilium suom, atque eo dicationem fecisse, quo inter se fidi magis forent alius alii tanti facinoris conscii. (22,3) nonnulli ficta et haec et multa praeterea existumabant ab iis, qui Ciceronis invidiam, quae postea orta est, leniri credebant atrocitate sceleris eorum, qui poenas dederant. nobis ea res pro magnitudine parum conperta est.
XXII (1) Einige berichteten damals, Catilina habe nach dem Ende seiner Rede den Anhängern seiner Ruchlosigkeit einen Eid abnehmen wollen und so Menschenblut und Wein gemischt in Schalen herumgereicht: (2) Als nach dem Aussprechen der Verwünschungsformel alle, wie es bei feierlichen Opfern üblich ist, daraus getrunken hatten, habe er seinen Plan bekannt gemacht; dies habe er getan, um sie durch die gemeinsame Mitwisserschaft um ein so großes Verbrechen fester aneinander zu ketten. (3) Manche hielten dies und vieles andere für erfunden; und zwar von denen, die glaubten, dass die heftige Missstimmung, die später gegen Cicero aufkam, durch die verbrecherische Ruchlosigkeit derer gemildert würde, die bestraft worden waren. Uns gelten diese Vorwürfe in Anbetracht ihrer Bedeutung als zu wenig erwiesen.

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Sall"
99
idem velle atque idem nolle, ea demum firma amicitia est.
dasselbe wollen und dasselbe nicht wollen, das erst ist feste Freundschaft
Sall.Cat.20,4


Literatur:
zu "Sall" und "Cat"
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Beobachtungen zur Caesarrede in der Coniuratio Catilinae des Sallust
in: Vretska: Festschr., Heidelberg 1970
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Bruggisser, Ph.
Audacia in Sallusts 'Verschwörung des Catilina'
in: Herm. 130/2002, 265
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683
Büchner, K.
Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt
Heidelberg (Winter) 1964
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Büchner, K.
Römische Literaturgeschichte. Ihre Grundzüge in intrpretierender Darstellung
Stuttgart (Kröner, TB 199) 1967
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Gelzer, M.
Cicero. Ein biographischer Versuch
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Giebel, M.
Cicero
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Klingner, F.
Cicero
in: Röm.Geisteswelt, München 1965
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Klingner, Friedrich
Studien zur griechischen und römischen Literatur. Herausgegeben von Klaus Bartels, mit einem Nachwort von Ernst Zinn.
Zürich, Stuttgart (Artemis) 1964
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Sallusts Stellung zu Cato, Caesar, Cicero (Staatsdenken)
in: Klein: Staatsd., WBG 1966 (WdF 46)
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Cicero in seinen Werken und Briefen
Darmstadt (WBG) 1962
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Cicero. Wort, Staat, Welt
Stuttgart (Klett) 1967
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2807
Trassard, Francois, Royer, Sophie / Salles, Catherine
Leben im alten Griechenland.
Stuttgart 2005
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Vogt, J.
Cicero und Sallust über die Catilinarische Verschwörung
Darmstadt (WBG) 1966 [FfM 1938]
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