Pindar, Pyth.1
Einleitung
Anlass des Chorliedes ist der Sieg Hierons von Syrakus (Ἱέρων) 470 v.Chr.
in Delphi mit dem Viergespann (ἅρμασιν).
Hieron hatte kurz zuvor (etwa 475 v.Chr.) an Stelle des alten Katania,
dessen Einwohner er nach Leontinoi umsiedelte, die Stadt Aitna (Αἴτνα)
gegründet (κλεινὸς οἰκιστήρ, 31). Dort siedelte er Kolonisten aus
Syrakus und der westlichen Peloponnes an. Seinen Sohn Deinomenes bestellte
er zum König der Stadt. Er bemühte sich, mit dem Frieden eine
kulturelle Blüte heraufzuführen. Ihre Träger waren neben
Pindar Dichter wie Aischylos, Simonides und Bakchylides.
Wegen dieser Stadtgründung ließ sich Hieron bei seinem Sieg
in Delphi als Aitnaier (Αἰτναῖος) ausrufen. Pindar erhielt den Auftrag,
das Siegeslied zu dichten.
Argumentum
(sumptum e W. Christ commentario,
vix mutatum)
- Sententiam generalem, qua partes carminis comprehendantur
et in unitatem revocentur, hanc esse praeclare ferunt: harmoniam
in rerum natura atque in morali publicaque vita Iovi, summo
custodi mundi, acceptam esse eiusque praesido promoveri
et at ab infestis incursionibus inimicorum defendi.
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- Den Hauptgedanken, der die einzelnen Teile des Liedes
zur Einheit zusammenfasst, erklärt man sehr zutreffend
so: Die Harmonie in der materiellen Natur und im moralischen
und staatlichen Leben ist Zeus, dem höchsten Weltenschützer
teuer und wert; sie wird durch seinen Schutz gefördert
und vor gefährlichen feindlichen Angriffen geschützt.
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- Der Dichter beginnt mit dem Lobpreis der Phorminx, deren
lieblicher Ton sogar auf dem Olymp Zeus' Blitz und Adler
einschläfert. Aber die mit den olympischen Göttern
verfeindeten Ungeheuer versetzt sie in Angst und Schrecken
(1-14).
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- Inter ista monstra cum etiam Typhon sit, ad eruptionem
montis Aetnae transit daemonis istius vi effectam (15-28).
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- Da unter diesen Ungeheuern auch Typhon ist, geht er zum
Ausbruch des Aitna über, den die Wut dieses göttlichen
Unholds bewirkt hat (15-28).
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- Cuius stragis terrore quasi conturbatus Iovem Aetnaeum
precatur, ut urbem Aetnam nuper conditam tueatur et victoriam
Hieronis Aetnaei augurium futurorum decorum urbis esse sinat
(29-38).
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- Gleichsam außer sich über diese schreckliche
Verwüstung betet er zum Zeus vom Aitna, er möge
die erst kürzlich gegründete Stadt Aitna schützen
und den Sieg des Hieron aus Aitna ein gutes Vorzeichen für
den zukünftigen Glanz der Stadt sein lassen (29-38).
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- Victoria cum Delphis parta esset, iam Apollinem, praesidem
ludorum Pythiorum, ut insulam civesque protegat, implorat;
et quoniam deorum immortalium numine praeclara omnia fiant,
se sperare dicit fore, ut ipse tamquam bonus iaculator victoriam
Hieronis digne praedicet., atque praesentis victoriae felicitate
praeterita mala in oblivionem abeant; quodsi labores oblivione
obruantur, gratam memoriam excitari rerum praeclare gestarum
et superiorum, quibus dignitatem regiam filii Dinomenis
adepti sint, et recentium, quibus Hiero quasi alter Philocteta
superbiam Etruscorum fregerit (39-57).
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- Da der Sieg in Delphi errungen worden war, ruft er jetzt Apollon, den
Schirmherrn der Pythischen Spiele an, das er Insel und Bürger
schütze; und da ja durch den Willen der Unsterblichen
alles Glanzvolle geschieht, drückt er seine Erwartung
aus, dass er selbst wie ein guter Speerwerfer Hierons Sieg
würdig preise, und das vergangene Leid über dem
Glück des gegenwärtigen Sieges in Vergessenheit
gerate. Wenn aber die Nöte vergessen würden, werde
die Erinnerung sowohl an die frühere Großtaten
geweckt, durch die die Söhne des Deinomenes die Königswürde
erlangt hätten, als auch der neuen, in denen Hieron
gleichsam als zweiter Philoktet den Übermut der Etrusker
gebrochen habe (39-57).
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- Post Hieronem ad Dinomenem, quem pater Hiero novae urbi
praefecerat, poeta se convertit, pro eo quoque pia vota
faciens, ut Dores coloni ad veterm normam Doricarum civitatium
concorditer cum rege suo degant et in tranquilla pace ab
incursionibus hostium inviolati maneant (58-73).
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- Nach Hieron wendet sich der Dichter Deinomenes zu, den
sein Vater zum König der neuen Stadt erhoben hatte.
Auch für ihn äußert er den frommen Wunsch,
die dorischen Siedler mögen nach der alten dorischen
Verfassung einträchtig mit ihrem König leben und
in einem ruhigen Frieden unverletzt von den Einfällen
der Feinde bleiben (58-73).
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- Hinc cum ad victorias Syracusanorum illustrandas et cum
praeclaris victoriis Medici belli conferendas sese accinxissent
(74-80), se ab illis rebus longius persequendis, ne fastidium
hominum moveat, revocat (81-84) et sub finem Hieronem ad
iustitiam et liberalitatem instigat, ut perenni apud posteros
laude fruatur, similis Croesi regis benevoli, Phalaridis
tyranni crudelis dissimilis (85-100).
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- Als er sich danach anschickte, die Siege der Syrakusaner
zu beleuchten und mit den Siegen in den Perserkriegen zu
vergleichen (74-80), verzichtet er darauf, jene Dinge weiter
zu verfolgen, um nicht den Überdruss seines Publikums
zu erregen. Gegen Ende ruft er Hieron zu Gerechtigkeit und
Freigebigkeit auf, damit er bei den Nachkomme in den Genuss
anhaltender Anerkennung komme: so wie der wohlwollende König
Kroisos, ganz und gar nicht so wie der grausame Tyrann Phalaris
(85-100).
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