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Cicero: Tusculanae Disputationes

Cicero: Gespräche in Tusculum

Cic.Tusc.5,37-48

Cicero begründet dialektisch die stoische Lehre von der Autarkie des Weisen

 
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Cicero: Tusculanae Disputationes

Cic.Tusc.5,37-48

virtutem sese esse contentam

 

Cicero: Gespräche in Tusculum

Cic.Tusc.5,37-48

Die Autarkie des Weisen

37,1
Prudentiae vero quid respondebis docenti virtutem sese esse contentam, quo modo ad bene vivendum, sic etiam ad beate?Und was willst Du der Klugheit antworten, wenn sie dich lehrt, die Tugend genüge sich selbst, wie zum rechtschaffenen, so auch zum seligen Leben?
37,2
Quae si extrinsecus religata pendeat et non et oriatur a se et rursus ad se revertatur et omnia sua complexa nihil quaerat aliunde, non intellego, cur aut verbis tam vehementer ornanda aut re tantopere expetenda videatur'.Ja, wäre sie ans Äußere gebunden und hinge davon ab, entspränge sie nicht aus sich selbst und kehrte nicht wieder zu sich zurück und umfasste nicht schlechthin nur das Ihre und suchte etwas anderswoher zu gewinnen, so sähe ich nicht ein, warum man glaubt, sie müsse in Worten so sehr erhoben, in der Tat so angelegentlich erstrebt werden." -
38,1
Facilius vero etiam in bestiis, quod is sensus a natura est datus, vis ipsius naturae perspici potest.Noch leichter aber kann an den Tieren, weil sie mit Empfindung von der Natur begabt wurden, die Naturkraft selbst erkannt werden.
38,2
Namque alias bestias nantis aquarum incolas esse voluit, alias volucres caelo frui libero, serpentis quasdam, quasdam esse gradientis, earum ipsarum partim solivagas, partim congregatas, inmanis alias, quasdam autem cicures, non nullas abditas terraque tectas.Denn die einen sollten Schwimm- und Wassertiere sein, andere als Vögeln den freien Himmel genießen; einige kriechen, andere schreiten; von diesem selbst sind einige Einzelgänger, andere leben in Gesellschaft; die einen sind wild, andere zahm; einige verkriechen sich und verbergen sich in der Erde.
38,3
Atque earum quaeque suum tenens munus, cum in disparis animantis vitam transire non possit, manet in lege naturae.Und von diesen bleibt jedes bei seiner Bestimmung, da es nicht in das Leben eines andersartigen Wesens übergehen kann, und folgt so dem Gesetz der Natur.
38,4
Et ut bestiis aliud alii praecipui a natura datum est, quod suum quaeque retinet nec discedit ab eo, sic homini multo quiddam praestantius;Wie nun die Natur jedem Tier einen anderen Vorzug verlieh, an dem es festhält, ohne sich von ihm zu trennen, so wurde dem Menschen etwas weit Größeres zuteil.
38,5
etsi praestantia debent ea dici, quae habent aliquam comparationem, humanus autem animus decerptus ex mente divina cum alio nullo nisi cum ipso deo, si hoc fas est dictu, comparari potest.Auch wenn man "vorzüglich" nur das nennen sollte, was einen Vergleich zulässt: die menschliche Seele aber, gleichsam ein Ableger des göttlichen Geistes, lässt sich mit nichts anderem als mit der Gottheit selbst vergleichen, wenn dies zu sagen erlaubt ist.
39,1
Hic igitur si est excultus et si eius acies ita curata est, ut ne caecaretur erroribus, fit perfecta mens, id est absoluta ratio, quod est idem virtus.Wenn die Seele also gebildet und ihre Sehkraft so zugerichtet ist, dass sie sich von keinem Irrtum blenden lässt, wird sie vollendeter Geist, d.h. vollkommene Vernunft, oder, was dasselbe ist, Tugend.
39,2
Et si omne beatum est, cui nihil deest, et quod in suo genere expletum atque cumulatum est, idque virtutis est proprium, certe omnes virtutis compotes beati sunt.Und wenn all das glückselig ist, dem nichts fehlt, und was in seiner Art zum Ziel und Gipfel gekommen ist, und wenn dies das Eigentümliche der Tugend ist, so sind wohl alle der Tugend teilhaftige Menschen glückselig.
39,3
Et hoc quidem mihi cum Bruto convenit, id est cum Aristotele Xenocrate Speusippo Polemone.Soweit nun bin ich mit Brutus einig, ebenso mit Aristoteles, Xenokrates, Speusippos, Polemon.
40,1
Sed mihi videntur etiam beatissimi. Quid enim deest ad beate vivendum ei, qui confidit suis bonis? aut, qui diffidit, beatus esse qui potest? At diffidat necesse est, qui bona dividit tripertito.Aber mir erscheinen sie sogar höchst glückselig. Denn was fehlt dem zum glückseligen Leben, der auf seine Güter vertraut? Oder: wer ihnen misstraut, wie kann der glückselig sein? Aber misstrauen muss notwendig der, der die Güter in drei Arten einteilt.
40,2
Qui enim poterit aut corporis firmitate aut fortunae stabilitate confidere? Atqui nisi stabili et fixo et permanente bono beatus esse nemo potest.Denn wie wird er auf die Stabilität des Körpers oder die Beständigkeit des Glücks vertrauen können? Und doch, ohne dass ein Gut beständig, unverrückt und bleibend ist, kann niemand glückselig sein.
40,3
Quid ergo eius modi istorum est? ut mihi Laconis illud dictum in hos cadere videatur, qui glorianti cuidam mercatori, quod multas navis in omnem oram maritimam dimisisset, "Non sane optabilis quidem ista" inquit "rudentibus apta fortuna."Was also gehört zu den Gütern solcher Art? Es scheint mir jener Ausspruch des Spartaners diese Menschen zu treffen. Als ein Kaufmann sich rühmte, dass er viele Schiffe zu allen Meeresküsten entsandt habe, sagte er: "Wahrlich, das ist kein wünschenswertes Glück, das an Schiffstaue geknüpft ist!"
40,4
An dubium est, quin nihil sit habendum in eo genere, quo vita beata compleatur, si id possit amitti?Kann es zweifelhaft sein, dass nichts zu dem zu rechnen ist, was das glückselige Leben ausmacht, wenn es verloren werden kann?
40,5
Nihil enim interarescere, nihil extingui, nihil cadere debet eorum, in quibus vita beata consistit.Denn vertrocknen, ausgelöscht werden, fallen darf nichts von dem, worin das glückselige Leben besteht.
40,6
Nam qui timebit, ne quid ex is deperdat, beatus esse non poterit.Denn wer fürchtet, etwas von dem zu verlieren, der kann nicht glückselig sein.
41,1
Volumus enim eum, qui beatus sit, tutum esse, inexpugnabilem, saeptum atque munitum, non ut parvo metu praeditus sit, sed ut nullo.Denn wir erwarten von dem, der glückselig ist, dass er sicher, unbezwinglich und gleichsam umzäunt und verschanzt ist; nicht dass er wenig, sondern dass er keine Furcht hat.
41,2
Ut enim innocens is dicitur, non qui leviter nocet, sed qui nihil nocet, sic sine metu is habendus est, non qui parva metuit, sed qui omnino metu vacat.Denn wie unschädlich heißt, nicht wer wenig schadet, sondern wer gar nicht schadet, so ist für furchtlos zu halten, nicht wer sich wenig fürchtet, sondern wer überhaupt frei von Furcht ist.
41,3
Quae est enim alia fortitudo nisi animi adfectio cum in adeundo periculo et in labore ac dolore patiens, tum procul ab omni metu?Den was ist Tapferkeit anderes, als diejenige Seelenstimmung, die in der Übernahme von Gefahr, in der Anstrengung und im Schmerz Geduld zeigt, und fern ist von aller Furcht?
41,4
Atque haec certe non ita se haberent, nisi omne bonum in una honestate consisteret.Nun aber würde sich dies gewiss nicht so verhalten, wenn nicht alles Gut allein in der Sittlichkeit bestünde.
42,1
Qui autem illam maxume optatam et expetitam securitatem—securitatem autem nunc appello vacuitatem aegritudinis, in qua vita beata posita est—habere quisquam potest, cui aut adsit aut adesse possit multitudo malorum?Wie kann aber einer jene so sehr gewünschte und erstrebte Sicherheit haben – ich verstehe unter Sicherheit jetzt Freiheit von Kummer, worin das glückselige Leben enthalten ist – wenn ihm zur Seite eine Menge von Übeln entweder steht, oder stehen kann?
42,2
Qui autem poterit esse celsus et erectus et ea, quae homini accidere possunt, omnia parva ducens, qualem sapientem esse volumus, nisi omnia sibi in se posita censebit?Und wie kann einer hoch und erhaben sein, und alle möglichen menschlichen Zufälle geringachten, wie wir uns den Weisen wünschen, wenn er nicht all das Seine in sich selbst begründet finden wird?
42,3
An Lacedaemonii Philippo minitante per litteras se omnia, quae conarentur, prohibiturum quaesiverunt, num se esset etiam mori prohibiturus: vir is, quem quaerimus, non multo facilius tali animo reperietur quam civitas universa?Konnten die Spartaner auf die schriftliche Drohung Philipps, er werde alle ihre Unternehmungen verhindern, antworten, ob er sie auch zu sterben hindern werde; und der Mann, den wir suchen, sollte nicht viel eher so gesinnt erfunden werden, als ein ganzer Staat?
42,4
Quid? ad hanc fortitudinem, de qua loquimur, temperantia adiuncta, quae sit moderatrix omnium commotionum, quid potest ad beate vivendum deesse ei, quem fortitudo ab aegritudine et a metu vindicet, temperantia cum a libidine avocet, tum insolenti alacritate gestire non sinat?Und wie? Wenn sich mit dieser Tapferkeit, von der wir sprechen, Mäßigung verbindet, die alle Gemütsbewegungen begrenzt und ordnet: was kann zum glückseligen Leben dem fehlen, den Tapferkeit von Kummer und Furcht rettet, Mäßigung teils von der Lust abruft, teils vom wilden Ausbruch übermütiger Fröhlichkeit zurückhält?
42,5
Haec efficere virtutem ostenderem, nisi superioribus diebus essent explicata.Dass dies die Tugend bewirkt, würde ich nachweisen, wenn es nicht in den vorangegangenen Tagen entwickelt worden wäre.
43,1
Atque cum perturbationes animi miseriam, sedationes autem vitam efficiant beatam, duplexque ratio perturbationis sit, quod aegritudo et metus in malis opinatis, in bonorum autem errore laetitia gestiens libidoque versetur, quae omnia cum consilio et ratione pugnant, his tu tam gravibus concitationibus tamque ipsis inter se dissentientibus atque distractis quem vacuum solutum liberum videris, hunc dubitabis beatum dicere?Und da jegliche Leidenschaft Elend, ihre Stillung aber ein glückseliges Leben bewirkt, und da die Leidenschaft von zweifacher Art ist, wovon die eine Art, Kummer und Furcht umfasst und auf der Vorstellung von Übeln, die andere, in ausgelassener Fröhlichkeit und Lust besteht und auf dem Irrwahn von Gütern beruht; da dies alles mit der Überlegung und der Vernunft im Widerstreit ist, solltest du nun zögern, einen Mann, den du von so heftigen Erschütterungen, die selbst so wenig zusammenstimmen und so sehr voneinander getrennt sind, ledig und los und frei siehst, für glückselig zu erklären?
43,2
Atqui sapiens semper ita adfectus est; semper igitur sapiens beatus est.Nun ist der Weise aber immer so gestimmt; folglich ist der Weise immer glückselig.
43,3
Atque etiam omne bonum laetabile est; quod autem laetabile, id praedicandum et prae se ferendum; quod tale autem, id etiam gloriosum; si vero gloriosum, certe laudabile; quod laudabile autem, profecto etiam honestum; quod bonum igitur, id honestum.Ferner – alles Gute ist erfreulich; was aber erfreulich ist, verdient, gepriesen und herausgehoben zu werden; ein solches aber ist auch ruhmwürdig; ist es aber ruhmwürdig, so ist es gewiss auch löblich; was aber löblich ist, das ist gewiss auch sittlich gut; also was gut ist, das ist sittlich gut.
44,1
At quae isti bona numerant, ne ipsi quidem honesta dicunt; solum igitur bonum, quod honestum; ex quo efficitur honestate una vitam contineri beatam.Allein was jene unter die Güter rechnen, das nennen sie selbst nicht einmal das Sittlich-Rechte; es ist also allein das gut, was sittlich recht ist; woraus sich ergibt, dass nur in der Rechtschaffenheit das glückliche Leben enthalten ist.
44,2
Non sunt igitur ea bona dicenda nec habenda, quibus abundantem licet esse miserrimum.Folglich darf man das kein Gut nennen, noch dafür halten, woran man Überfluss haben, und doch dabei ein elender Mensch sein kann.
45,1
An dubitas, quin praestans valetudine, viribus, forma, acerrumis integerrumisque sensibus, adde etiam, si lubet, pernicitatem et velocitatem, da divitias, honores, imperia, opes, gloriam—si fuerit is, qui haec habet, iniustus, intemperans, timidus, hebeti ingenio atque nullo, dubitabisne eum miserum dicere?Oder zögerst du, einen Menschen, zwar ausgezeichnet durch Gesundheit, Kräfte, Gestalt, scharfe und ganz unverdorbene Sinne – und wenn du willst, ebenfalls durch Schnelligkeit und Behendigkeit; und gibt dazu noch Reichtum, Ehrestellen, Ämter, Macht, Ruhm; aber zugleich dabei ungerecht, unmäßig, furchtsam, stumpfsinnig und geistlos – wirst du zögern, einen solchen Menschen elend zu nennen?
45,2
Qualia igitur ista bona sunt, quae qui habeat miserrimus esse possit?Was sind das also für Güter, die man haben, und ganz elend sein kann?
45,3
Videamus ne, ut acervus ex sui generis granis, sic beata vita ex sui similibus partibus effici debeat.Sehen wir zu – es kann wohl nicht, wie ein Haufen aus gleichartigen Körnern, so das glückselige Leben aus sich selbst ähnlichen Teilen bestehen.
45,4
Quod si ita est, ex bonis, quae sola honesta sunt, efficiendum est beatum; ea mixta ex dissimilibus si erunt, honestum ex is effici nihil poterit; quo detracto quid poterit beatum intellegi?Verhält es sich so, so muss aus Gütern, die allein das Sittlich-Rechte sind, die Glückseligkeit sich ergeben. Sind aber die Güter aus Ungleichartigem gemischt, so wird sich daraus kein Sittlich-Rechtes ergeben können; doch was kann man sich ohne dies als glückselig denken?
45,5
Etenim, quicquid est, quod bonum sit, id expetendum est; quod autem expetendum, id certe adprobandum; quod vero adprobaris, id gratum acceptumque habendum; ergo etiam dignitas ei tribuenda est.Denn was es auch sei, das Gute, es ist erstrebenswert; was aber zu erstreben ist, das ist gewiss billigenswert; und was man billigt, das muss man für angenehm und erwünscht halten; es muss ihm also auch ein Wert beigemessen werden.
45,6
Quod si ita est, laudabile sit necesse est; bonum igitur omne laudabile, ex quo efficitur, ut, quod sit honestum, id sit solum bonum.Demnach muss es notwendig löblich sein; also ist alles Gute löblich; woraus sich ergibt, dass das Sittlich-Rechte allein das Gute ist.
46,1
Quod ni ita tenebimus, multa erunt, quae nobis bona dicenda sint;Halten wir dieses nicht so fest, so werden wir manches andere noch ein Gut nennen müssen:
46,2
omitto divitias—quas cum quivis quamvis indignus habere possit, in bonis non numero; quod enim est bonum, id non quivis habere potest -,ich rede nicht von Reichtum, den ich nicht unter die Güter zähle, weil ihn jeder, auch noch so Unwürdige, haben kann; denn was gut ist, das kann nicht jeder haben;
46,3
omitto nobilitatem famamque popularem stultorum inproborumque consensu excitatam:Ich rede nicht vom Ruf und Ruhm beim Volk, den die Übereinstimmung der Toren und Schlechten hervorruft:
46,4
haec, quae sunt minima, tamen bona dicantur necesse est, candiduli dentes, venusti oculi, color suavis et ea, quae Anticlea laudat Ulixi pedes abluens: "Lenitudo orationis, mollitudo corporis."Nein! Das, was das Unbedeutendste ist, muss man dennoch ein Gut nennen: hübsche weiße Zähne, liebliche Augen, gefällige Farbe und was Antikleia an Odysseus rühmt, als sie ihm die Füße abwäscht: "Der Sprache sanfter Ton, des Körpers weiche Haut." –
46,5
Ea si bona ducemus, quid erit in philosophi gravitate, quam in volgi opinione stultorumque turba quod dicatur aut gravius aut grandius?Nennen wir dies Güter, was hat dann noch der Ernst des Philosophen vor dem Wahn der Menge und dem Haufen der Toren voraus, was ernster oder erhabener genannt werden könnte?
47,1
At enim eadem Stoici "praecipua" vel "producta" dicunt, quae "bona" isti.Aber die Stoiker nennen doch dasselbe, was andere Philosophen Güter nennen, vorzügliche oder vorgezogene Dinge. –
47,2
Dicunt illi quidem, sed is vitam beatam completi negant; hi autem sine is esse nullam putant aut, si sit beata, beatissimam certe negant.Allerdings; aber sie bestreiten, dass durch sie das glückselige Leben vollendet wird. Die anderen aber meinen, es gebe ohne diese keines; oder, wenn es auch glückselig sei, so leugnen sie doch, dass es höchst glückselig sei.
47,3
Nos autem volumus beatissimam, idque nobis Socratica illa conclusione confirmatur.Wir aber wollen, dass es höchst glückselig sei; und dies wird uns durch jene sokratische Schlussweise bestätigt.
47,4
Sic enim princeps ille philosophiae disserebat: qualis cuiusque animi adfectus esset, talem esse hominem; qualis autem homo ipse esset, talem eius esse orationem; orationi autem facta similia, factis vitam.Denn so sprach jener Fürst der Philosophie: Wie die Seele jedes Menschen gestimmt ist, so ist der Mensch; wie der Mensch aber selbst ist, so sei seine Rede; seiner Rede aber glichen die Handlungen, den Handlungen das Leben.
47,5
Adfectus autem animi in bono viro laudabilis; et vita igitur laudabilis boni viri; et honesta ergo, quoniam laudabilis. Ex quibus bonorum beatam vitam esse concluditur.Nun ist aber die Stimmung der Seele in einem guten Menschen löblich, folglich auch das Leben des Guten; und weil löblich, deswegen auch rechtschaffen; woraus folgt, dass das Leben der Guten glückselig sei. –
48,1
Etenim, pro deorum atque hominum fidem! parumne cognitum est superioribus nostris disputationibus, an delectationis et oti consumendi causa locuti sumus, sapientem ab omni concitatione animi, quam perturbationem voco, semper vacare, semper in animo eius esse placidissimarn pacem?Denn, um aller Götter und Menschen willen! Ließen unsere früheren Untersuchungen nicht genug erkennen, oder haben wir nur zum Vergnügen und Zeitvertreib gesagt, dass der Weise von aller Gemütserregung, die ich Leidenschaft nenne, immer frei ist, dass immer in seiner Seele der sanfteste Friede ist?
48,2
Vir igitur temperatus, constans, sine metu, sine aegritudine, sine alacritate ulla, sine libidine nonne beatus?Also der gemäßigte Mann, der sich gleich bleibt, ohne Furcht, ohne Kummer, ohne jede ausgelassene Heiterkeit, ohne Begierde – ist er nicht glückselig?
48,3
At semper sapiens talis; semper igitur beatus.Aber der Weise ist immer so; immer also ist er glückselig. –
48,4
Iam vero qui potest vir bonus non ad id, quod laudabile sit, omnia referre, quae agit quaeque sentit?Und dann, wie kann der gute Mann nicht auf das Löbliche alle seine Handlungen, alle seine Gedanken beziehen?
48,5
refert autem omnia ad beate vivendum; beata igitur vita laudabilis; nec quicquam sine virtute laudabile:Er bezieht aber alles auf das glückselige Leben; ein glückseliges Leben ist also löblich; und nichts ist ohne Tugend löblich;
48,6
beata igitur vita virtute conficitur.Folglich wird das glückselige Leben durch die Tugend zustande gebracht.
     
Aufgabenvorschläge:
  1. In welchem Abschnitt des Textes ist am präzisesten die These ausgedrückt, die Cicero erweisen möchte.
  2. Ist der philosophische Gedanke, dass jedem Wesen von Natur aus eine innere Kraft innewohnt, die es trägt und in seiner Art und Entwicklung bestimmt, mit Ihren im Biologieunterricht gewonnenen Kenntnissen kompatibel?
  3. Leuchtet Ihnen die Logik der Beweisketten und Schlussfolgerungen Ciceros ein oder muss man sie mehr als Wortgeklingen oder Nebelbomben sehen?
    • Handelt es sich vielleicht eher um rhetorische Enthymeme als um logische Schlüsse?
    • Ist die Qualifizierung dieser Beweisführung mit "philosophische Dialektik" angemessen?
    • Was haben sie im einzelnen an der Argumentation auszusetzen?
Übersetzung von F.H.Kern, bearbeitet von E. Gottwein
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Sententiae excerptae:
Lat. zu "Cic" und "Tusc"
91
gloria virtutem tamquam umbra sequitur
der Ruhm folgt der Leistung wie ihr Schatten
Cic.Tusc.1,109

2034
Sitne igitur malum dolere necne, Stoici viderint.
Ob der Schmerz ein Übel ist oder nicht, mögen die Stoiker zusehen.
Cic.Tusc.2,42,3

2035
Appellata est enim ex viro virtus.
"Virtus" kommt nämlich von "vir" (Mann).
Cic.Tusc.2,43,3

2036
Viri autem propria maxime est fortitudo, cuius munera duo sunt maxima, mortis dolorisque contemptio.
Die Haupteigenschaft des Mannes aber ist die Tapferkeit, die beide Hauptrichtungen in sich begreift: Verachtung des Todes und Verachtung des Schmerzes.
Cic.Tusc.2,43,4

2037
Contemno magnitudinem doloris, a qua me brevitas temporis vindicabit ante paene, quam venerit (Epikur).
Ich verachte die Heftigkeit des Schmerzes, von der mich die Kürze der Zeit erretten wird, beinahe noch bevor er gekommen ist.
Cic.Tusc.2,44,3

2038
saepe enim videmus fractos pudore, qui ratione nulla vincerentur.
Denn oft sehen wir durch Scham überwältigt, wer durch keinen Vernunftgrund besiegt werden konnte.
Cic.Tusc.2,48,3

2039
Ferendi doloris consuetudo est non contemnenda magistra.
Im Verachten des Schmerzes ist die Gewöhnung eine nicht zu verachtende Lehrmeisterin.
Cic.Tusc.2,49,4

2023
Omninoque, quae crescentia perniciosa sunt, eadem sunt vitiosa nascentia.
Grundsätzlich ist, was in seinem Wachstum verderblich ist, auch in seiner Entstehung fehlerhaft.
Cic.Tusc.3,41,3

2024
qui vitiis modum apponit, is partem suscipit vitiorum
Wer Fehlern ein Maß setzt, ergreift Partei für die Fehler
Cic.Tusc.4,42,4

2025
iracundiam cotem fortitudinis esse dicunt
Zorn sei der Schleifstein der Tapferkeit, sagen sie
Cic.Tusc.4,43,2

2026
est enim ira ulciscendi libido
Zorn ist Lust, sich zu rächen
Cic.Tusc.4,44,1

2027
ubi quicquid est, quod disci potest, eo veniendum.
wo etwas zu lernen ist, dahin muss man kommen
Cic.Tusc.4,44,5

2028
aegritudo ut taetra et inmanis belua fugienda
den Kummer muss man wie ein hässliches, abscheuliches Ungeheuer fliehen
Cic.Tusc.4,45,1

2029
Impunitas peccatorum data videtur eis, qui ignominiam et infamiam ferunt sine dolore; morderi est melius conscientia.
Die scheinen für ihre Verfehlungen straffrei zu bleiben, die unter Schmach und Entehrung nicht leiden. Besser sind Gewissensbisse.
Cic.Tusc.4,45,2

1436
Clavus clavo eicitur. (ἧλον τῷ ἥλῳ καὶ πάτταλον ἐξέκρουσας πατάλῳ· ἀντὶ τοῦ ἁμαρτήματι τὸ ἁμάρτημα θεραπεύεις, Diog.5,16)
Ein Keil treibt den anderen heraus. (Bös muss Bös vertreiben).
Cic.Tusc.4,75

30
aut bibat aut abeat (ἢ πῖθι ἢ ἄπιθι)
sauf oder lauf!
Cic.Tusc.5,118

1038
Sisyphi saxum versare.
Den Stein des Sisyphos wälzen. (Sich vergeblich abmühen.)
nach Cic.Tusc.1,5,10


Literatur:
zu "Cic" und "Tusc"
4594
Baltes, M.
Die Todesproblematik in der griechischen Philosophie.
in: Gymnasium 95, 2/1988, 97-128
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zvab

534
Barigazzi, A.
Sulle fonte del libro primo delle Tusculane de Cicerone
in: RFIC 76/1984,181-203
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zvab

1534
Barigazzi, A.
Sulle fonte del libro primo delle Tusculane de Cicerone
in: RFIC 76/1984,181-203
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683
Büchner, K.
Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt
Heidelberg (Winter) 1964
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698
Cicero, M.T. / Kasten
An seine Freunde. (Text, Übersetzung) v.H.Kasten
Darmstadt (WBG, Tusc) 1989
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zvab

699
Cicero, M.T. / Kasten
Atticus-Briefe. (Text, Übersetzung v.H.Kasten)
Darmstadt (WBG, Tusc) 1990
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703
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Cicero's Tusculanen. Übs. und erklärt von Raphael Kühner.
Stuttgart, Krais & Hoffmann 2/1866
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zvab

707
Cicero, M.T. / Kühner, R.
Tusculanarum disputationum libri quinque. Ex Orellii recensione edidit et illustravit Raphael Kühner. Editio altera auctior et emendatior.
Jena, Frommann, 1829; 1835
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zvab

4584
Cicero, M.T. / O. Weissenfels
Auswahl aus Ciceros Philosophischen Schriften, hgg. v. Oskar Weissenfels. 3. Aufl. besorgt v. Paul Wessner
Leipzig, Berlin (Teubner) 1910
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496
Gelzer, M.
Cicero. Ein biographischer Versuch
Wiebaden (Steiner) 1969
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500
Giebel, M.
Cicero
Reinbek (rm 261) 1989
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zvab

518
Harder, R.
Proömium von Ciceros Tusculanen (Die Antithese Rom-Griechenland)
in: Kl.Schrft., München (Beck) 1960
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4595
Hermann, C.
Affektbeherrschung als Weg zum Glück. Cicero, Tusculanae disputationes V 15/16.
in: AU 37, 6/1994, 64-70.
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zvab

532
Hommel, H.
Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie, Tusculanen V 5
Heidelberg (Winter) 1968
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4596
Hross, K.
Unsterblichkeit der Seele, Lukr.3 – Cic. Tusc.1
in: Anr. 13/1967, 389
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zvab

4590
Ioannes ab Arnim (Hg.)
Stoicorum veterum fragmenta, collegit Ioannes ab Arnim. Volumen III: Chrysippi fragmenta moralia, fragmenta succcessorum Chrysippi
Stuttgart, Teubner1979
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zvab

544
Klingner, F.
Cicero
in: Röm.Geisteswelt, München 1965
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zvab

561
Kurfeß, A.
Adnotationes criticae ad Ciceronis Tusculanas disputationes
in: Gymn 62/1955,50
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zvab

4589
Long, A.A. / Sedley, D.N.
Die hellenistischen Philosophen, Texte und Kommentare (nur deutsch), übers. v. Karlheinz Hülser
Stuttgart, Weimar (J.B.Metzler) 2000 (Cambridge 1987)
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zvab

593
Plasberg, O.
Cicero in seinen Werken und Briefen
Darmstadt (WBG) 1962
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4593
Pohlenz, M.
M. Ciceronis Tusculanarum disputationum libti quinque (Heft I/II)
Amsterdam (Hakkert) 1965/1957
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zvab

622
Schmid, W.
Ein Tag und der Aion. ..zu Ciceros Doxologie der Philos.(Tusc.5,5)
in: Maurach: Philos. (WBG, WdF 193) 1976
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zvab

4597
Schmid, W.
Ein Tag und der Aion... Zu Ciceros Doxologie der Philos. (Tusc.5,5)
in: Maurach. Philos., Darmstadt (WBG, WdF 193) 1976
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zvab

638
Seel, O.
Cicero. Wort, Staat, Welt
Stuttgart (Klett) 1967
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4585
Süss, Wilhelm
Cicero. Eine Einführung in seine philosophischen Schriften (mit Ausschluss der staatsphilosophischen Werke)
Wiesbaden (Franz Steiner) 1966
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