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B.
Snell, S.114: "Hier verbindet die Erinnerung der <liebenden
über die Ferne hinweg und wieder knüpft etwas Geistig-Seelisches
die Menschen aneinander. Aber dieses Seelische ist nicht sentimental-verloren,
ist nicht weltfeindlich und weltflüchtig, sondern ist die Erinnerung
an die ganz irdischen , sinnlichen, strahlenden, schönen Dinge.
Die Erinnerung lässt all dies weiterexistieren , erhält
für die Dauer die Freude daran und gibt denen, die es genossen
haben, das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Man hat gesagt,
dieses Erinnern, wie Sappho es übt, sei eine gleichsam ewige
Art zu trösten, und auf eine Szene der Odyssee verwiesen, in
der jemand beim Abschied bittet, sich seiner zu erinnern. Doch es
ist ein feiner, aber wichtiger Unterschied. Als Odysseus das Land
der Phäaken verlässt, sagt ihm Nausikaa (8, 461): >Fahr
wohl, Fremder, damit du, wenn du einst in deinem Vaterland bist, meiner
gedenkst, weil du zuerst mir deine Rettung verdankst.< Da ist also
das Erinnern der Dank für eine empfangene Wohltat; in dem Sappho-Gedicht
finden sich die Liebenden zusammen in dem gleichen Gefühl der
Erinnerung, ohne einseitige Verpflichtung, und die reine Kontemplation,
dass die Erinnerung nichts ist als die Vergegenwärtigung des
vergangenen Schönen, stimmt die beiden Seelen gleich."
W.
Schadewaldt I, S. 135: Was wir noch lesen, verteilt sich
deutlich auf drei zeitliche Schichten. Den Todeswunsch am Anfang spricht,
wie heute nicht mehr bezweifelt wird, Sappho selbst aus der Gegenwart
dieses Gedichts, aus einem großen Schmerz, der sie jetzt bewegt.
Alles andere ist Erinnerung an den Abschied, an das, was das Mädchen
gesagt und zumal was Sappho selbst ihr dabei entgegnet hat. In dieser
Erinnerung tut sich dann die dritte noch weiter zurückliegende
Schicht auf: Das Leben, das das Mädchen früher bei Sappho
hatte, wird gegenwärtig, und diese Vergegenwärtigung dauert
noch an, als unser Text abbricht. An der Frage: wie sich die Erinnerung
von Vers 3 ab [136] zu dem Todeswunsch der Sappho am Anfang verhält,
und in welchem Sinne sich die Dichterin das, was sie in jener Abschiedsstunde
zu dem Mädchen sprach, jetzt in ihrem großen Schmerz vergegenwärtigt,
hängt offenbar das Verständnis des Ganzen.
Die Vergegenwärtigung jenes Abschieds setzt asyndetisch ein wie
etwas, was ganz selbstverständlich in dem Todeswunsch davor mitgegeben
ist. Das aber bedeutet: das einfache Erlebnis der Trennung ruht auch
über dem ganzen Gedicht, und eben aus dem Trennungsschmerz ist
auch der Todeswunsch am Anfang gesprochen. Überall, soweit wir
sehen, pflegt Sappho ihre Gedichte ganz einfach, ohne Knicke und Brüche,
aus einem einzigen Grundgefühl zu entwickeln, und geradlinig
reiht sich bei ihr der Zug der der Vorstellung aneinander, oft so,
dass der Schluss zum Anfang zurückbiegt." [...]
[137...] "Bei Sappho gehen die einzelnen Anlässe ihrer Leiden,
selbst da, wo solche etwa vorliegen mögen, in dem allgemeinen
Schicksal ihrer Liebe unter. Was sie in der Liebe erlebt und woran
sie leidet, das sind die einfachen, sich ewig wiederholenden Grundphänomene
des Daseins in der Liebe: Nähe und Ferne, Beisammensein und Trennung,
Besitzen und Lassenmüssen. Sappho erst eigentlich hat die Liebe
bei den Griechen <entdeckt> als umfassende Daseinsform und Schicksal
der Seele, und weil sie in den Natur- und Grundformen dieser Liebe
lebt, darum nicht zuletzt kann sie so ganz als Natur erscheinen."