Sen.epist.2,2-5 | |
Seneca über das Lesen
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Seneca Lucilio suo salutem.
Illud autem vide, ne ista lectio autorum multorum et omnis generis voluminum habeat aliquid vagum et instabile. Certis ingeniis inmorari et innutriri oportet, si velis aliquid trahere, quod in animo fideliter sedeat. Nusquam est, qui ubique est. Vitam in peregrinatione exigentibus hoc evenit, ut multa hospitia habeant, nullas amicitias. Idem accidat necesse est his, qui nullius se ingenio familiariter applicant, sed omnia cursim et properantes transmittunt. Non prodest cibus nec corpori accedit, qui statim sumptus emittitur; nihil aeque sanitatem impedit quam remediorum crebra mutatio; non venit vulnus ad cicatricem, in quo medicamenta temptantur; non convalescit planta, quae saepe transfertur; nihil tam utile est, ut in transitu prosit. Distringit librorum multitudo: itaque cum legere non possis, quantum habueris, satis est habere, quantum legas. "Sed modo, inquis, hunc librum evolvere volo, modo illum." Fastidientis stomachi est multa degustare; quae ubi varia sunt et diversa, inquinant, non alunt. Probatos itaque semper lege et, si quando ad alios deverti libuerit, ad priores redi! Aliquid cotidie adversus paupertatem, aliquid adversus mortem auxilii compara, nec minus adversus ceteras pestes; et cum multa percurreris, unum excerpe, quod illo die concoquas. Hoc ipse quoque facio; ex pluribus, quae legi, aliquid adprehendo. |
Seneca grüßt seinen Lucilius,
achte aber auf jenes, dass nicht diese Lektüre vieler Autoren und jeder Art Bücher etwas Unstetes und Unbeständiges hat. Bei bedeutenden Geistern zu verweilen und aufzuwachsen ist nötig, wenn Du Dir etwas aneignen möchtest, was in (Deinem) Geist zu-verlässig sitzt (sitzen soll). Nirgends ist, wer überall ist. Denen, die das Leben auf Reisen verbringen, passiert (geschieht) dies, dass sie viele Reisebekanntschaften haben, (aber) keine Freundschaften. Dasselbe muss denen geschehen, die sich keines (Menschen) Geist vertraulich zuwenden, sondern alles flüchtig und eilends überlesen. Nicht nützt die Speise, und sie kommt nicht an den Körper heran, die sogleich nach der Aufnahme (wieder) ausgeschieden wird; nichts behindert in gleicher Weise das Wohlbefinden wie der häufige Wechsel der Heilmittel. Die Wunde vernarbt nicht (w. es kommt die Wunde nicht zur Narbe), in der (an der) Arzneien versucht werden. Es erstarkt nicht die Pflanze, die oft umgepflanzt wird; nichts ist so nützlich, dass es (nur) im Vorübergehen nützt. Die Menge der Bücher lenkt ab: Wenn Du daher die Menge der Bücher nicht lesen kannst, die Du hast (w. wenn du nicht lesen kannst, wie viel Du hast), ist es genug, so viele Bücher zu haben, wie Du liest (w. zu haben, wie viel). Aber bald", sagst Du (wendest Du ein), "will ich dieses Buch aufschlagen, bald jenes." Merkmal eines übersättigten Magens ist es, vieles (viele Speisen) zu kosten. Wo dieses (diese Speisen) vielfältig und völlig verschieden ist (sind), verunreinigt es (verunreinigen sie), nährt (nähren) nicht. Die bewährten (Schriftsteller / Philosophen) lies daher immer und, wenn es einmal beliebte, einen Abstecher zu anderen zu machen, kehre zu den früheren zurück! Etwas (an) Hilfe gegen die Armut, etwas Hilfe gegen den Tod bereite, und nicht weniger Hilfe gegen die übrigen Seuchen! Wenn Du vieles durchgelesen hast, wähle eines (b. einen Gedanken) aus, das (den) Du an jenem Tag überdenkst (b. um es / ihn .... zu überdenken); dies mache auch ich selbst; von mehrerem, was ich gelesen habe, greife ich etwas auf. |
videre aliquid: h.: "auf etw. achten" - lectio, onis f.: "die Lektüre, das Lesen" -volumen, inis n.: "Buch, Band" - certis ingeniis: gemeint sind bedeutende (philosophische) Schriftsteller - trahere h.: "sich aneignen" - fideliter adv.: "zuverlässig, fest" - vitam exigere h.: "das Leben verbringen" - necesse est + Konj.: "müssen" - transmittere h. "durchqueren, überlesen" - sumptus PPP: übersetzen Sie mit Präpositionalausdruck; sumere: "einnehmen, aufnehmen" - planta, ae f.: "Setzling, Pflanze" - transferre h.: "umpflanzen" - in transitu: "im Vorübergehen" - evolvere h.: "aufschlagen" - fastidiens, entis PPA : "übersättigt, verdorben" - si (ali)quando - auxilii: Genitivus totius zu aliquid. |
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