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Gaius Suetonius Tranquillus

Nero(37-68 n.Chr.)

33-39

Opfer von Neros Wut und äußeren Katastrophen

 

 
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33. Das Morden seiner Verwandten und anderer Personen begann er mit dem (Kaiser) Claudius, an dessen Ermordung er, wenn nicht als Anstifter, doch als Mitwisser beteiligt war; daraus machte er auch keinen Hehl, denn er soll die Pilze, in denen man ihm das Gift beigebracht hatte, später des öfteren nach einem griechischen Sprichwort als Götterspeise gepriesen haben. Gewiss ist, dass er den Verstorbenen in Worten und Werken auf jede erdenkliche Weise beschimpfte, indem er ihn bald der Narrheit, bald der Grausamkeit beschuldigte. So witzelte er zum Beispiel, er habe aufgehört, unter Menschen zu "weilen", wobei er die erste Silbe des Wortes lang aussprach; auch setzte er viele seiner Beschlüsse und Verordnungen als die eines Unvernünftigen und Verrückten außer Kraft. Endlich ließ er aus Missachtung seine Verbrennungsstätte nur mit einer niedrigen und schwachen Mauer umgeben. (33,1) Parricida et caedes a Claudio exorsus est, cuius necis etsi non auctor, at conscius fuit, neque dissimulanter, ut qui boletos, in quo cibi genere venenum is acceperat, quasi deorum cibum posthac proverbio Graeco conlaudare sit solitus. Certe omnibus rerum verborumque contumeliis mortuum insectatus est, modo stultitiae, modo saevitiae arguens; nam et morari eum desisse inter homines producta prima syllaba iocabatur multaque decreta et constituta, ut insipientis atque deliri, pro irritis habuit; denique bustum eius consaepiri nisi humili levique maceria neglexit.
Den Britannicus vergiftete er ebenso aus Neid auf seine Stimme, die von Natur aus besser klang als seine, wie aus Furcht, dass er ihm einmal in der Gunst der Menschen durch das gute Andenken seines Vaters den Rang ablaufen könnte. Als das Gift, das er von einer gewissen Lucusta, einer berüchtigten Giftmischerin empfangen hatte, allzu langsam wirkte und bei Britannicus bloß Durchfall bewirkte, ließ er das Weib vor sich bringen und prügelte sie mit eigener Hand, indem er sie beschuldigte, statt des Giftes ein Heilmittel gegeben zu haben. Und als sie sich damit entschuldigte, sie habe eine geringe Dosis gegeben, um die abscheuliche Tat besser zu verheimlichen, rief er aus: „Ach freilich, ich fürchte das Iulische Gesetz!“ und nötigte sie, vor seinen Augen in seinem Schlafzimmer ihr schnellstes, augenblicklich wirkendes Gift zu bereiten. (33,2) Britannicum non minus aemulatione vocis, quae illi iucundior suppetebat, quam metu, ne quandoque apud hominum gratiam paterna memoria praevaleret, veneno adgressus est. Quod acceptum a quadam Lucusta, venenaria incluta, cum opinione tardius cederet ventre modo Britannici moto, accersitam mulierem sua manu verberavit arguens pro veneno remedium dedisse, excusantique minus datum ad occultandam facinoris invidiam: "Sane" inquit, "legem Iuliam timeo," coegitque se coram in cubiculo quam posset velocissimum ac praesentaneum coquere.
Darauf versuchte er es an einem Bock, und da sein Todeskampf fünf Stunden dauerte, ließ er es wieder und wieder durch Einkochen verstärken und warf es dann einem Ferkel vor. Als dieses unmittelbar darauf verendete, gebot er, das Gift ins Speisezimmer zu bringen und es dem mit ihm speisenden Britannicus zu reichen. Als dieser nach dem ersten Schluck zu Boden stürzte, log er den Gästen vor, es sei dies ein bei ihm gewöhnlicher Fall von Epilepsie, und ließ ihn tags darauf in großer Eile bei strömendem Regen ohne allen Aufwand bestatten. Der Lucusta erteilte er für ihre Leistung Straflosigkeit (ihrer früheren Verbrechen), große Geschenke an Grundbesitz, ja noch mehr, er gab ihr Schüler. (33,3) Deinde in haedo expertus, postquam is quinque horas protraxit, iterum ac saepius recoctum porcello obiecit; quo statim exanimato inferri in triclinium darique cenanti secum Britannico imperavit. Et cum ille ad primum gustum concidisset, comitiali morbo ex consuetudine correptum apud convivas ementitus postero die raptim inter maximos imbres tralaticio extulit funere. Lucustae pro navata opera impunitatem praediaque ampla, sed et discipulos dedit.
34. Seiner Mutter, die ihn dadurch erzürnte, dass sie seine Reden und Taten mit einer ihm unangenehmen Schärfe kontrollierte und kritisierte, setzte er anfangs nur in soweit zu, dass er sie beim Publikum verhasst machte, indem er sich den Anschein gab, er wolle abdanken und von Rom fort nach Rhodos gehen. Später beraubte er sie aller äußeren Ehren und alles Einflusses, nahm ihr die römische und germanische Ehrenwache und entzog ihr sogar die Wohnung im Palatium. Auch machte er sich kein Gewissen daraus, sie auf alle Weise zu quälen: War sie in Rom, so hetzte er ihr Prozesse auf den Hals; zog sie sich aufs Land zurück, um ruhig zu leben, so stiftete er Leute an, die, zu Lande und zu Wasser bei ihrem Landsitz vorbeifahren und sie durch Schimpfreden und schlechte Witze beleidigen mussten. (34,1) Matrem facta dictaque sua exquirentem acerbius et corrigentem hactenus primo gravabatur, ut invidia identidem oneraret quasi cessurus imperio Rhodumque abiturus; mox et honore omni et potestate privavit abductaque militum et Germanorum statione contubernio quoque ac Palatio expulit; neque in divexanda quicquam pensi habuit, summissis, qui et Romae morantem litibus et in secessu quiescentem per convicia et iocos terra marique praetervehentes inquietarent.
Allein erschreckt durch ihre Drohungen und ihre Heftigkeit, beschloss er, sie zu verderben. Nachdem er es dreimal mit Gift versucht und bemerkt hatte, dass sie mit Gegengiften vorgebaut hatte, ließ er in ihrem Schlafgemach die Decke so einrichten, dass diese durch eine technische Vorrichtung auf die Schlafende herabstürzen musste. Als dieser Plan durch die Mitwisser nicht geheim genug gehalten wurde, geriet er auf den Gedanken, ein leicht auseinandergehendes Schiff herrichten zu lassen, mittels dessen sie entweder durch Schiffbruch oder durch den Einsturz der Kajüte ums Leben kommen sollte. Er lud sie also unter dem Schein der Aussöhnung durch einen höchst liebenswürdigen Brief ein, nach Baiae zu kommen, um dort mit ihm das fünftägige Minervafest zu feiern; indem er den Trierarchen den Befehl erteilte, die Liburnische Jacht, auf der sie gekommen war, wie durch Zufall seeuntüchtig zu machen, verlängerte er das Festmahl bis in die Nacht hinein. Als sie dann nach Bauli zurückzukehren wünschte, bot er ihr statt des schadhaft gewordenen Fahrzeuges jenes künstlich hergerichtete an, gab ihr sehr heiter das Geleit bis zu diesem und küsste ihr beim Abschied sogar den Busen. (34,2) Verum minis eius ac violentia territus perdere statuit; et cum ter veneno temptasset sentiretque antidotis praemunitam, lacunaria, quae noctu super dormientem laxata machina deciderent, paravit. Hoc consilio per conscios parum celato solutilem navem, cuius vel naufragio vel camarae ruina periret, commentus est atque ita reconciliatione simulata iucundissimis litteris Baias evocavit ad sollemnia Quinquatruum simul celebranda; datoque negotio trierarchis, qui liburnicam, qua advecta erat, velut fortuito concursu confringerent, protraxit convivium repetentique Baulos in locum corrupti navigii machinosum illud optulit, hilare prosecutus atque in digressu papillas quoque exosculatus.
Den Rest der Nacht blieb er in großer Angst wach und erwartete den Ausgang seines Anschlages. Als er aber erfuhr, dass alles anders gekommen war und sie sich durch Schwimmen gerettet hatte, befahl er, da er sich weiter nicht zu helfen wusste, ihren Freigelassenen Lucius Agermus, der ihm voll Freude die Botschaft brachte, dass sie gesund und unverletzt sei, nachdem er heimlich dicht neben ihn einen Dolch geworfen hatte, als einen Meuchelmörder, der gegen ihn ausgesandt sei, festzunehmen und zu binden, seine Mutter aber zu töten und zwar so, als habe sie sich der Bestrafung für ihr entdecktes Verbrechen durch freiwilligen Tod entzogen. (34,3) Reliquum temporis cum magna trepidatione vigilavit opperiens coeptorum exitum. Sed ut diversa omnia nandoque evasisse eam comperit, inops consilii L. Agermum libertum eius salvam et incolumem cum gaudio nuntiantem, abiecto clam iuxta pugione, ut percussorem sibi subornatum arripi constringique iussit, matrem occidi, quasi deprehensum crimen voluntaria morte vitasset.
Noch Grauenvolleres wird hinzugefügt, und zwar von namhaften Schriftstellern: er sei herbeigeeilt, um den Leichnam der Ermordeten zu beschauen, habe ihre Glieder betastet, einige getadelt, andere gelobt und zuletzt, als ihn Durst ankam, getrunken. Dennoch konnte er das Bewusstsein dieses Verbrechens, obwohl Soldaten, Senat und Volk ihm durch ihre Glückwünsche Mut zu machen suchten, weder jetzt noch jemals später ertragen; oft bekannte er, er weerde durch die Erscheinung seiner Mutter und durch die Furien mit ihren Geißeln und brennenden Fackeln fort und fort verfolgt. Ja, er versuchte sogar, durch ein von Magiern veranstaltetes Opfer ihren abgeschiedenen Geist zu versöhnen. Auf seiner Reise durch Griechenland wagte er es nicht einmal, an den eleusinischen Mysterien teilzunehmen, von deren Weihe alle Schuldbeladenen und Verbrecher durch den Ruf des Herolds ferngehalten werden. (34,4) Adduntur his atrociora nec incertis auctoribus: ad visendum interfectae cadaver accurrisse, contrectasse membra, alia vituperasse, alia laudasse sitique interim oborta bibisse. Neque tamen conscientiam sceleris, quamquam et militum et senatus populique gratulationibus confirmaretur, aut statim aut umquam postea ferre potuit, saepe confessus exagitari se materna specie verberibusque Furiarum ac taedis ardentibus. Quin et facto per Magos sacro evocare Manes et exorare temptavit. Peregrinatione quidem Graeciae et Eleusinis sacris, quorum initiatione impii et scelerati voce praeconis summoventur, interesse non ausus est.
Auf den Mord an der Mutter ließ er die Hinrichtung seiner Tante folgen. Als er ihr nämlich, weil sie an Verstopfung litt, einen Krankenbesuch machte und die hochbejahrte Frau, wie das alte Leute zu tun pflegen, seinen Milchbart durch die Finger gleiten ließ und liebkosend sagte: „Wenn ich den empfange, will ich gern sterben!", sagte er wie im Scherz zu denen, die ihm zunächst standen, da wolle er ihn gleich ablegen, und gab den Ärzten Befehl, der Kranken reichlicher Erleichterung zu schaffen. Und noch war sie nicht gestorben, als er sich schon in den Besitz ihres Vermögens setzte und ihr Testament unterschlug, damit ihm nichts davon abgehe. (34,5) Iunxit parricidio matris amitae necem. Quam cum ex duritie alvi cubantem visitaret, et illa tractans lanuginem eius, ut assolet, iam grandis natu per blanditias forte dixisset: "Simul hanc excepero, mori volo", conversus ad proximos confestim se positurum velut irridens ait, praecepitque medicis, ut largius purgarent aegram; necdum defunctae bona invasit suppresso testamento, ne quid abscederet.
35. Frauen nahm er, außer der Octavia, später noch zwei, die Poppaea, deren Vater ein Mann von quästorischem Rang und die zuvor an einen römischen Ritter verheiratet gewesen war, und darauf die Statilia Messalina, Urenkelin des Taurus, der zweimal das Konsulat bekleidet und einen Triumph gefeiert hatte. Um zu ihrem Besitz zu gelangen, ließ er ihren Gemahl, den Konsul Atticus Vestinus, noch während seines Konsulates ermorden. Der Octavia wurde er bald überdrüssig und gab seinen Vertrauten, die ihn deshalb tadelten, zur Antwort, sie müsse mit dem Gattinnenrang zufrieden sein. (35,1) Uxores praeter Octaviam duas postea duxit, Poppaeam Sabinam quaestorio patre natam et equiti Romano antea nuptam, deinde Statiliam Messalinam Tauri bis consulis ac triumphalis abneptem. Qua ut poteretur, virum eius Atticum Vestinum consulem in honore ipso trucidavit. Octaviae consuetudinem cito aspernatus corripientibus amicis sufficere illi debere respondit uxoria ornamenta.
Nachdem er mehrmals versucht hatte, sie zu erdrosseln, trennte er sich von ihr unter dem Vorwand der Unfruchtbarkeit; als aber das Volk sich mit dieser Scheidung unzufrieden zeigte, ja es an Schimpfreden nicht fehlen ließ, verbannte er sie sogar. Zuletzt ermordete er sie unter dem Vorwand ehelicher Untreue, ein Vorwand, der so falsch und schamlos war, dass er zuletzt, als bei der peinlichen Untersuchung alle Befragten ihre Unschuld bezeugten, seinen gewesenen Hofmeister Anicetus dazu anstiftete, als Angeber aufzutreten und zu bekennen, er habe sich durch List den Genuss ihres Leibes verschafft. (35,2) Eandem mox saepe frustra strangulare meditatus dimisit ut sterilem, sed improbante divortium populo nec parcente conviciis etiam relegavit, denique occidit sub crimine adulteriorum adeo impudenti falsoque, ut in quaestione pernegantibus cunctis Anicetum paedagogum suum indicem subiecerit, qui fingeret et dolo stupratam a se fateretur.
Die Poppaea, die er zwölf Tage nach der Scheidung von der Octavia geheiratet hatte, liebte er leidenschaftlich; und doch tötete er auch sie, und zwar durch einen Fußtritt, weil sie, krank und guter Hoffnung, wie sie war, ihn, als er einmal sehr spät vom Wettfahren heimkehrte, heftig ausgescholten hatte. Von ihr hatte er eine Tochter, Claudia Augusta, die er aber früh wieder verlor. (35,3) Poppaeam duodecimo die post divortium Octaviae in matrimonium acceptam dilexit unice; et tamen ipsam quoque ictu calcis occidit, quod se ex aurigatione sero reversum gravida et aegra conviciis incesserat. Ex hac filiam tulit Claudiam Augustam amisitque admodum infantem.
Man kann sagen, dass es keine Art von Blutsverwandtschaft gibt, gegen die er nicht mit seiner Henkershand einen Schlag geführt hat. Die Antonia, des Claudius Tochter, die nach dem Tod der Poppaea seine Hand ausschlug, brachte er unter dem Vorwand, dass sie auf Umtriebe sinne, ums Leben. Ebenso brachte er alle um, welche mit ihm durch Blutsverwandtschaft oder Verschwägerung verbunden waren, darunter den jungen Aulus Plautius, den er vor der Hinrichtung noch erst durch unzüchtige Gewalt besudelte und dann mit den Worten zum Tod schickte: „Jetzt mag meine Mutter hingehen und meine Nachfolger liebkosen!", wobei er jedem, der es hören wollte, sagte, jener sei seiner Mutter begünstigter Liebhaber gewesen, die ihm Hoffnung auf die Regierung gemacht habe. (35,4) Nullum adeo necessitudinis genus est, quod non scelere perculerit. Antoniam Claudi filiam, recusantem post Poppaeam mortem nuptias suas quasi molitricem novarum rerum interemit; similiter ceteros aut affinitate aliqua sibi aut propinquitate coniunctos; in quibus Aulum Plautium iuvenem, quem cum ante mortem per vim conspurcasset: 'Eat nunc' inquit 'mater mea et successorem meum osculetur' iactans dilectum ab ea et ad spem imperii impulsum.
Seinen Stiefsohn Rufrius Crispinus, den Sohn der Poppaea, einen noch unreifen Knaben, ließ er durch dessen eigenen Sklaven, weil es hieß, jener spiele in seinen Knabenspielen Generalissimus und Kaiser, im Meer ersäufen, während er mit Fischen beschäftigt war. Den Tuscus, seiner Amme Sohn, verbannte er, weil er als Statthalter von Ägypten in den Bädern gebadet, welche man für die erwartete Ankunft des Kaisers hergerichtet hatte. Den Seneca, seinen Lehrer, zwang er, sich das Leben zu nehmen, obwohl er ihm auf seine wiederholten Urlaubsgesuche und sein Erbieten, dem Kaiser sein Vermögen abzutreten, hoch und heilig zugeschworen hatte, seine Besorgnis sei grundlos, er wolle lieber sterben als ihm etwas zu Leide tun. Dem Burrus, dem Befehlshaber seiner Garde, schickte er anstatt des Mittels gegen Halsweh, das er ihm versprochen hatte, Gift. Seine reichen, bereits bejahrten Freigelassenen, die ihm einst zur Adoption, dann zum Thron verhelfen und ihn auf diesem beraten hatten, räumte er heimlich durch Gift, das er ihnen teils in Speisen, teils in Getränken beibrachte, aus dem Weg. (35,5) Privignum Rufrium Crispinum Poppaea natum impuberem adhuc, quia ferebatur ducatus et imperia ludere, mergendum mari, dum piscaretur, servis ipsius demandavit. Tuscum nutricis filium relegavit, quod in procuratione Aegypti balineis in adventum suum exstructis lavisset. Senecam praeceptorem ad necem compulit, quamvis saepe commeatum petenti bonisque cedenti persancte iurasset suspectum se frustra periturumque potius quam nociturum ei. Burro praefecto remedium ad fauces pollicitus toxicum misit. Libertos divites et senes, olim adoptionis mox dominationis suae fautores atque rectores, veneno partim cibis, partim potionibus indito intercepit.
36. Mit nicht geringerer Grausamkeit wütete er außerhalb seiner Familie gegen Fremde. Hin Komet, dessen Erscheinen der allgemeinen Meinung nach den höchsten Potentaten Verderben bedeutet, hatte sich bereits mehrere Nächte hintereinander am Himmel gezeigt. Hierdurch beunruhigt, befragte er den Astrologen Balbillus, und als er von diesem den Bescheid erhielt, Könige pflegten derartige schlimme Vorzeichen durch die Hinrichtung irgendeiner ausgezeichneten Person von sich ab- und auf die Häupter ihres Adels zu wenden, beschloss er sofort, alle vornehmsten Römer zu töten, um so mehr, da ihm die Entdeckung zweier Verschwörungen dazu gleichsam einen gerechten Grund gab, von denen die der Zeit nach frühere und gefährlichere, die Pisonische, zu Rom, die spätere, die des Vinicianus, zu Benevent angezettelt und entdeckt wurde. (36,1) Nec minore saevitia foris et in exteros grassatus est. Stella crinita, quae summis potestatibus exitium portendere vulgo putatur, per continuas noctes oriri coeperat. Anxius ea re, ut ex Balbillo astrologo didicit, solere reges talia ostenta caede aliqua illustri expiare atque a semet in capita procerum depellere, nobilissimo cuique exitium destinavit; enimvero multo magis et quasi per iustam causam duabus coniurationibus provulgatis, quarum prior maiorque Pisoniana Romae, posterior Viniciana Beneventi conflata atque detecta est.
Die Verschworenen erschienen bei der Untersuchung dreifach in Ketten geschlossen; einige bekannten sich freiwillig zu dem vorgeworfenen Verbrechen, mehrere rühmten sich dessen sogar, indem sie äußerten, man habe ihm, gebrandmarkt durch alle möglichen Schandtaten, wie er sei, nicht anders als durch seine Ermordung helfen können. Die Kinder der Verurteilten wurden aus der Stadt verwiesen und durch Gift oder Hunger getötet. Es ist Tatsache, dass einige von ihnen mit ihren Pädagogen und Kapsarien durch eine und dieselbe Mittagsmahlzeit getötet wurden und dass andere verhindert wurden, sich ihren täglichen Nahrungsbedarf zu verschaffen. (36,2) Coniurati e vinculis triplicium catenarum dixere causam, cum quidam ultro crimen faterentur, nonnulli etiam imputarent, tamquam aliter illi non possent nisi morte succurrere dedecorato flagitiis omnibus. Damnatorum liberi urbe pulsi enectique veneno aut fame; constat quosdam cum paedagogis et capsariis uno prandio pariter necatos, alios diurnum victum prohibitos quaerere.
37. Von da an wurde von ihm im Morden weder Maß noch Ziel beobachtet, sondern jeder, der ihm beliebte, unter jedem beliebigen Vorwand hingewürgt. Um nur einige zu erwähnen, so wurde es dem Salvidienus Orfitus zum Verbrechen gemacht, dass er drei zu seinem Haus gehörende Tavernen in der Nähe des Forums den Gesandten auswärtiger Staaten als Absteigequartiere mietweise überlassen habe; dem Rechtsgelehrten Cassius Longinus, einem erblindeten Mann, dass er in dem alten Stammbaum seines Geschlechts die Porträts des Gaius Cassius, des Mörders von Caesar, beibehalten habe; dem Paetus Thrasea, dass er die finster-mürrische Miene eines Pädagogen zeige. (37,1) Nullus posthac adhibitus dilectus aut modus interimendi quoscumque libuisset quacumque de causa. Sed ne de pluribus referam, Salvidieno Orfito obiectum est, quod tabernas tres de domo sua circa Forum civitatibus ad stationem locasset, Cassio Longinoiuris consulto ac luminibus orbato, quod in vetere gentili stemmate C. Cassi percussoris Caesaris imagines retinuisset, Paeto Thraseae tristior et paedagogi vultus.
Den zur Selbstentleibung Verurteilten pflegte er nur stundenweise Frist zu gestatten, und damit keine Verzögerung stattfinde, schickte er ihnen Ärzte zu, die den Befehl hatten, sie, wenn sie zögerten, sofort in die Kur zu nehmen, wie er das öffnen der Adern zum Zweck des sich zu Tode Blutens nannte. Man glaubt sogar, dass er große Lust gehabt habe, einem gewissen Ägypter, einem berüchtigten Vielfraß, der rohes Fleisch und alles, was man ihm sonst gab, zwischen die Kinnbacken zu nehmen sich gewöhnt hatte, lebendige Menschen zum Zerfleischen und Verzehren vorzuwerfen. (37,2) Mori iussis non amplius quam horarum spatium dabat; ac ne quid morae interveniret, medicos admovebat, qui cunctantes continuo curarent; ita enim vocabatur venas mortis gratia incidere. Creditur etiam polyphago cuidam Aegypti generis crudam carnem et quidquid daretur mandere assueto, concupisse vivos homines laniandos absumendosque obicere.
Stolz und aufgeblasen durch das Gelingen seiner Abscheulichkeiten, äußerte er, vor ihm habe noch kein Fürst gewusst, was er sich alles erlauben könne, und warf häufig die gar nicht zweifelhafte Andeutung hin, dass er die noch übrigen Senatoren nicht verschonen, sondern den ganzen Stand bei Gelegenheit aus dem Staat vertilgen und die Kommandos der Provinzen und Heere dem Ritterstand und seinen Freigelassenen übertragen werde. In der Tat ehrte er weder beim Antritt einer Reise noch bei der Rückkehr von einer solchen irgendeinen Senator mit einem Kuss, ja nicht einmal mit einer Erwiderung des Grußes; und als er die Arbeiten zur Durchstechung des Isthmus feierlich eröffnete, lautete die Wunschformel, die er vor zahlreicher Versammlung mit lauter Stimme sprach, dass ihm und dem römischen Volk dies Unternehmen zum Heil ausschlagen möge, während des Senates gar nicht gedacht wurde. (37,3) Elatus inflatusque tantis velut successibus negavit quemquam principum scisse, quid sibi liceret, multasque nec dubias significationes saepe iecit, ne reliquis quidem se parsurum senatoribus, eumque ordinem sublaturum quandoque e re publica ac provincias et exercitus equiti Romano ac libertis permissurum. Certe neque adveniens neque proficiscens quemquam osculo impertiit ac ne resalutatione quidem; et in auspicando opere Isthmi magna frequentia clare, ut sibi ac populo Romano bene res verteret, optavit dissimulata senatus mentione.
38. Aber selbst das Volk und die Mauern der Vaterstadt verschonte er nicht. Als einmal jemand bei einem allgemeinen Gespräch den griechischen Vers zitierte:
„Bin ich erst tot, so mische Erd' und Feuer sich!"
sagte er: „Nein! Noch während ich lebe!" Und vollkommen also tat er. Denn unter dem Vorwand, dass ihm die Hässlichkeit der alten Gebäude und die engen und krummen Straßen zuwider seien, zündete er die Stadt an, und zwar so offenbar, dass viele Konsularen seine Kammerdiener, welche sie mit Pechkränzen und Fackeln in ihren Häusern ertappten, nicht anzurühren wagten und dass einige Fruchtspeicher in der Gegend seines Goldenen Hauses, nach deren Grund und Boden er hauptsächlich Verlangen trug, durch Kriegsmaschinen eingerissen und angezündet wurden, weil sie aus Quadersteinen gemauert waren.
(38,1) Sed nec populo aut moenibus patriae pepercit. Dicente quodam in sermone communi: "ἐμοῦ θανόντος γαῖα μειχθήτω πυρί" "Immo", inquit, "ἐμοῦ ζῶντος," planeque ita fecit. Nam quasi offensus deformitate veterum aedificorum etangustiis flexurisque vicorum, incendit urbem tam palam, ut plerique consulares cubicularios eius cum stuppa taedaque in praediis suis deprehensos non attigerint, et quaedam horrea circum domum Auream, quorum spatium maxime desiderabat, ut bellicis machinis labefacta atque inflammata sint quod saxeo muro constructa erant.
Sechs Tage und sechs Nächte lang wütete dieses Unheil, und das Volk war gezwungen, in Monumenten und Grabmälern Zuflucht und Obdach zu suchen. Damals verbrannten außer einer unermesslichen Zahl von Wohnhäusern die Paläste der alten Feldherrn, die noch mit den feindlichen Spolien geschmückt waren, die von den Königen und die später in den punischen und gallischen Kriegen gelobten und geweihten Göttertempel sowie überhaupt alles, was sonst noch Sehenswertes und Denkwürdiges die Zeiten überdauert hatte. Dieser Feuersbrunst schaute er vom Maece-nasturm herab zu, und in der Freude über „die Schönheit der Flammenglut", wie er sich ausdrückte, rezitierte er in seinem bekannten theatralischen Kostüm den ganzen Gesang von Ilions Eroberung. (38,2) Per sex dies septemque noctes ea clade saevitum est ad monumentorum bustorumque deversoria plebe compulsa. Tunc praeter immensum numerum insularum domus priscorum ducum arserunt hostilibus adhuc spoliis adornatae deorumque aedes ab regibus ac deinde Punicis et Gallicis bellis votae dedicataeque, et quidquid visendum atque memorabile ex antiquitate duraverat. Hoc incendium e turre Maecenantina prospectans laetusque "flammae", ut aiebat, "pulchritudine" Halosin Ilii in illo suo scaenico habitu decantavit.
Um aber selbst aus diesem Unglück soviel Gewinn und Beute wie möglich zu ziehen, kündigte er an, dass er die kostenfreie Wegschaffung des Schuttes und der Leichname übernehme, und gestattete unter diesem Vorwand niemandem, sich den Trümmern seines Eigentums zu nahen, während er zugleich durch die Hilfsbeiträge, nicht nur durch die freiwillig einlaufenden, sondern weit mehr noch durch die geforderten, die Provinzen und das Vermögen der Privaten völlig erschöpfte. (38,3) Ac ne non hinc quoque quantum posse praedae et manubiarum invaderet, pollicitus cadaverum et ruderum gratuitam egestiopnem nemini ad reliquias rerum suarum adire permisit, conlationibusque non receptis modo verum et efflagitatis provincias privatorumque census prope exhausit.
39. Zu diesen großen vom Kaiser verursachten Übeln und Misshandlungen kamen nun auch noch einige zufällige: eine Pest, die im Lauf eines Herbstes die Rechnungsbücher der Libitina mit dreißigtausend Leichenbegängnissen füllte; die britannische Niederlage, wobei die zwei bedeutendsten Städte rein ausgeplündert wurden und eine große Anzahl römischer Bürger und Bundesgenossen das Leben verloren; die Schmach im Orient, wo in Armenien die Legionen unter das Joch geschickt und Syrien nur mit genauer Not behauptet wurde. Zu verwundern und fast am merkwürdigsten unter allen diesen Dingen dürfte es sein, dass er nichts so geduldig ertrug als die Schimpfreden und Schmähungen der Leute und dass er sich sein Leben lang gegen niemand milder gezeigt hat als gegen solche, die ihn mit Bonmots oder mit Spottgedichten angriffen. (39,1) Accesserunt tantis ex principe malis probrisque quaedam et fortuita: pestilentia unius autumni, quo triginta funerum milia in rationem Libitinae venerunt; clades Britannica, qua duo praecipua oppida magna civium sociorumque caede direpta sunt; ignominia ad Orientem legionibus in Armenia sub iugum missis aegreque Syria retenta. Mirum et vel praecipue notabile inter haec fuerit nihil eum patientius quam maledicta et convicia hominum tulisse, neque in ullos leniorem quam qui se dictis aut carminibus lacessissent exstitisse.
Vieles dieser Art wurde in griechischer wie in lateinischer Sprache öffentlich angeschlagen oder sonst verbreitet, wie z. B. folgende griechische und lateinische Verse:
Nero, Orest, Alkmeon Muttermörder sind!
Erst schändete, dann schlug die Mutter Nero tot!
Wahrlich ein echter Spross von Aeneas' Stamme ist Nero:
Schafft' er die Mutter doch, wie jener den Vater beiseit'!

Spannet die Zither der unsre, den hörnenen Bogen der Parther,
Ist der unsre des Sangs, jener des Schusses Apoll.
Rom wird ein einziges Haus, nach Veii wandert, Quiriten,
Falls nicht Veii auch frisst jenes räubrische Haus.

Indessen ließ er nach den Verfassern keine besonderen Nachforschungen anstellen; ja, er verhinderte sogar die härtere Bestrafung einiger, die durch Angeber beim Senat angezeigt worden waren.

(39,2) Multa Graece Latineque proscripta aut vulgata sunt, sicut illa "Νέρων Ὀρέστης Ἀλκμέων μητροκτόνος."
"νεόψηφον· Νέρων ἰδίαν μητέρα ἀπέκτεινε."
Quis negat Aeneae magna de stirpe Neronem ?
Sustulit hic matrem, sustulit ille patrem.
Dum tendit citharam noster, dum cornua Parthus,
Noster erit Pacan, ille Hecatebeletes.

Roma domus fiet; Veios migrate, Quirites,
Si non et Veios occupat ista domus.

Sed neque auctores requisivit et quosdam per indicem delatos ad senatum adfici graviore poena prohibuit.

Der Cyniker Isidorus hatte ihm einmal im Vorbeigehen auf offener Straße mit lauter Stimme schmähend zugerufen, dass er die Übeltaten des Nauplius gut zu singen, seine eigenen guten Gaben aber schlecht anzuwenden wisse, und der Atellanenschauspieler Datus hatte bei einem Gesangsstück die griechischen Worte:
"Lebe, Vater, wohl! Lebe, Mutter, wohl!"
mit seinem Gebärdenspiel so begleitet, dass er dort die Gebärde eines Trinkenden, hier die eines Schwimmenden machte und dadurch auf den Tod des Claudius und der Agrippina anspielte und bei dem Schlussvers:
"Orkus hat bei den Füßen euch!"
durch seine Gestikulation den Senat bezeichnete. Nichtsdestoweniger begnügte sich Nero damit, den Schauspieler und den Philosophen bloß aus Rom und Italien auszuweisen, sei es, dass er überhaupt gegen Schimpf und Schande gleichgültig war oder dass er durch das Eingeständnis seines Verdrusses die Gemüter nicht aufreizen mochte.
(39,3) Transeuntem eum Isidorus Cynicus in publico clara voce corripuerat, quod Naupli mala bene cantitaret, sua bona male disponeret; et Datus Atellanarum histrio in cantico quodam
"ὑγίαινε πάτερ, ὑγίαινε μῆτερ"
Ita demonstraverat, ut bibentem natantemque faceret, exitum scilicet Claudi Agrippinaeque significans, et novissima clausula
"Orcus vobis ducit pedes"
senatum gestu notarat. Histrionem et philosophum Nero nihil amplius quam urbe Italiaque summovit, vel contemptu omnis infimiae vel ne fatendo dolorem irritaret ingenia.
 

 

Deutsche Übersetzung nach: Stahr, A.  bearbeitet von E.Gottwein

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Suet" und "Nero"
Literatur:
zu "Suet" und "Nero"
2152
Barrett, Anthony A.
Agrippina : mother of Nero
London : Batsford, 1996
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zvab

2222
Heinz, Kurt
Das Bild Kaiser Neros bei Seneca, Tacitus, Sueton und Cassius Dio
Biel: Schüler, 1948
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4532
Tacitus / Stegmann
P. Cornelius Tacitus. Annalen und Historien in Ausw. hrsg. von Carl Stegmann. Heft 1: Tiberus: Annalen I-VI nebst Ergänzungen aus Velleius, Sueton und Dio Cassius : Text m. Einl. (B. G. Teubners Schülerausgaben griechischer und lateinischer Schriftsteller). Heft 2: Nero (Annalen XII-XVI : Historien I-V)
Leipzig (u.a.) (Teubner) 5/1927, 1933
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zvab

2151
Vogt-Lüerssen, Maike
Neros Mutter : Agrippina die Jüngere und ihre Zeit
Mainz-Kostheim : Probst, 1/2002
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bottom - /Lat/suet/nero33.php - Letzte Aktualisierung: 26.02.2021 - 08:49