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Gaius Suetonius Tranquillus

Nero (37-68 n.Chr.)

8-13

 Neros Machtergreifung. Erste Maßnahmen und sein Hang zum Spiel

 

 
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8. Er (Nero) war siebzehn Jahre alt. Sobald das Ableben des Claudius offiziell verkündigt worden war, trat er zwischen der sechsten und siebten Stunde aus dem Palast zu der wachhabenden Kohorte hinaus; weil nämlich der ganze Tag ein Unglückstag war, erschien diese Stunde als der einzig passende Moment der Machtergreifung - ; er wurde auf der Freitreppe des Palastes als Kaiser begrüßt und ließ sich in einer Sänfte ins Lager und, nachdem er dort in aller Eile die Garden zur Huldigung aufgefordert hatte, zur Kurie tragen. Erst gegen Abend kehrte er zurück, überhäuft mit Ehrenbezeigungen, von denen er nur eine, den Titel „Vater des Vaterlandes“, seines Alters wegen abgelehnt hatte.
(8,1) Septemdecim natus annos, ut de Claudio palam factum est, inter horam sextam septimamque processit ad excubitores, cum ob totius diei diritatem non aliud auspicandi tempus accommodatius videretur; proque Palati gradibus imperator consalutatus lectica in castra et inde raptim appellatis militibus in curiam delatus est discessitque iam vesperi, ex immensis, quibus cumulabatur, honoribus tantum patris patriae nomine recusato propter aetatem.
9. Den Anfang seiner Regierung machte er zunächst mit der Schaustellung seiner Pietät, indem er den Claudius prachtvoll bestattete, ihm eine Lobrede hielt und ihn vergöttlichte. Dem Gedächtnis seines Vaters Domitius erwies er die größte Ehre. Seiner Mutter überließ er die ganze Leitung der Staats- und häuslichen Angelegenheiten. Auch gab er am ersten Tag seiner Regierung dem die Palastwache kommandierenden Tribunen als Parole „Die beste Mutter!" und zeigte sich in der Folge häufig mit ihr öffentlich in derselben Sänfte. Nach Antium führte er eine Kolonie zum Teil aus Veteranen der Garde und versetzte zugleich die reichsten unter den Primipilaren dorthin, erbaute dort auch mit vielen Kosten einen prachtvollen Hafen. (9,1) Orsus hinc a pietatis ostentatione Claudium apparatissimo funere elatum laudavit et consecravit. Memoriae Domiti patris honores maximos habuit. Matri summam omnium rerum privatarum publicarumque permisit. Primo etiam imperii die signum excubanti tribuno dedit "optimam matrem" ac deinceps eiusdem saepe lectica per publicum simul vectus est. Antium coloniam deduxit ascriptis veteranis e praetorio additisque per domicilii translationem ditissimis primipilarium; ubi et portum operis sumptuosissimi fecit.
10. Um aber noch deutlicher zu beweisen, wes Geistes Kind er sei, erklärte er öffentlich, dass er nach den politischen Grundsätzen des Augustus regieren werde, und ließ keine Gelegenheit unbenutzt, seine Freigebigkeit, seine Milde, ja selbst seine Leutseligkeit ins Licht zu setzen. Allzu drückende Steuern schaffte er teils ganz ab, teils verringerte er sie. Die Geldbelohnungen für diejenigen, die eine Übertretung des Papischen Gesetzes anzeigten, setzte er auf den vierten Teil herab. Unter das Volk verteilte er Mann für Mann vierhundert Sesterze und setzte allen altadeligen, aber vermögenslosen Senatoren jährliche Gehälter aus, die bei manchen sich auf fünfhunderttausend Sesterze beliefen; gleicherweise bewilligte er den prätorianischen Kohorten monatlich freies Brotkorn. (10,1) Atque ut certiorem adhuc indolem ostenderet, ex Augusti praescripto imperaturum se professus, neque liberalitatis neque clementiae, ne comitatis quidem exhibendae ullam occasionem omisit. Graviora vectigalia aut abolevit aut minuit. Praemia delatorum Papiae legis ad quartas redegit. Divisis populo viritim quadringenis nummis senatorum nobilissimo cuique, sed a re familiari destituto annua salaria et quibusdam quingena constituit item praetorianis cohortibus frumentum menstruum gratuitum.
Als man ihn daran mahnte, unter ein Todesurteil, wie herkömmlich, seine Unterschrift zu setzen, rief er aus: „Wie sehr wünschte ich, nicht schreiben zu können!" Leute aus allen Ständen grüßte er zuweilen, und zwar ohne Nomenklatur, mit ihrem Namen. Den Senat, der ihm einmal eine Danksagung darbringen wollte, wies er mit den Worten ab: „Wenn ich sie verdient haben werde!" Zu seinen Leibesübungen auf dem Marsfeld gewährte er auch dem Volk Zutritt, hielt auch öfters öffentliche Redeübungen und rezitierte Gedichte, nicht nur bei sich zu Hause, sondern auch im Theater, und zwar zu so großer Freude aller Anwesenden, dass ihm einmal wegen einer solchen Rezitation ein Dankfest zuerkannt und die vorgelesenen Gedichtstücke in goldener Schrift dem Jupiter Capitolinus geweiht wurden. (10,2) Et cum de supplicio cuiusdam capite damnati, ut ex more subscriberet, admoneretur: "quam vellem, " inquit, "nescire litteras". Omnes ordines subinde ac memoriter salutavit. Agenti senatui gracias respondit: "Cum meruero". Ad campestres exercitationes suas admisit et plebem declamavitque saepius publicae; recitavit et carmina, non modo domi sed et in theatrum, tanta universorum laetitia, ut ob recitationem supplicatio decreta sit eaque pars carminum aureis litteris Iovi Capitolino dicata.
11. Schauspiele hat er sehr viele verschiedenartige gegeben: Jugendspiele, Circusspiele, dramatische Vorstellungen und ein Gladiatorenspiel. An den Jugendspielen ließ er selbst alte Herren, die schon Konsuln gewesen, und alte Damen sich an der Aufführung beteiligen. Für die Circusspiele gab er dem Ritterstand feste, abgesonderte Sitzplätze, auch ließ er bei diesen Spielen Viergespanne von Kamelen wettrennen. (11,1) Spectaculorum plurima et varia genera edidit: iuvenales, circenses, scaenicos ludos, gladiatorium munus. Iuvenalibus senes quoque consulares anusque matronas recepit ad lusum. Circensibus loca equiti secreta a ceteris tribuit commisitque etiam camelorum quadrigas.
An den für die ewige Dauer des Reiches veranstalteten Spielen, die er „die größten" benannt wissen wollte, übernahmen sehr viele Personen beiderlei Geschlechts aus den beiden Ständen Rollen bei den Schauvorstellungen. Ein allbekannter römischer Ritter machte auf dem Rücken eines Elefanten einen Ritt auf einem ausgespannten Seil. Man spielte auch die Togata des Afranius, die „Feuersbrunst" betitelt ist, und Nero erlaubte den Schauspielern, den Hausrat des brennenden Gebäudes zu plündern und zu behalten. Desgleichen wurden Tag für Tag Gaben aller Art unter das Volk ausgeworfen: täglich tausend Vögel jeder Art, vielfältige Esswaren, schriftliche Anweisungen auf Kleidungsstücke, Gold und Silber, Edelsteine, Perlen, Gemälde, Sklaven, Zugvieh, selbst gezähmte wilde Tiere, zuletzt auch Schiffe, Wohnungen, Grundstücke. (11,2) Ludis, quos pro aeternitate imperii susceptos appellari "maximos" voluit, ex utroque ordine et sexu plerique ludicras partes sustinuerunt; notissimus eques Romanus elephanto supersidens per catadromum decucurrit; inducta Afrani togata, quae Incendium inscribitur, concessumque, ut scaenici ardentis domus supellectilem diriperent ac sibi haberent; sparsa et populo missilia omnium rerum per omnes dies: singula cotidie milia avium cuiusque generis, multiplex penus, tesserae frumentariae, vestis, aurum, argentum, gemmae, margaritae, tabulae pictae, mancipia, iumenta atque etiam mansuetae ferae, novissimae naves, insulae, agri.
12. Diesen Spielen wohnte er auf einem erhöhten Sitz des Proszeniums bei. Bei dem Fechterspiel, das er in einem hölzernen Amphitheater gab, das er in der Region des Marsfeldes binnen Jahresfrist hatte errichten lassen, ließ er keinen Gladiator umbringen, nicht einmal einen von denen, die gerichtlich abgeurteilt waren. Dagegen ließ er sogar vierhundert Senatoren und sechshundert Ritter, unter denen gar manche von großem Vermögen und unbeflecktem Ruf waren, im Schwertkampf auftreten; ja, aus denselben Ständen sah man einige sich sogar als Tierkämpfer und als Angestellte der Arena zeigen. Ferner gab er eine Seeschlacht, wobei Seeungeheuer im Meerwasser schwammen, ebenso eine Art Waffentanz, ausgeführt von einer Anzahl junger Leute, denen er am Ende ihrer Darbietung jedem das Diplom als römischer Bürger schenkte. (12,1) Hos ludos spectavit e proscaeni fastigio. Munere, quod in amphitheatro ligneo regione Martii campi intra anni spatium fabricato dedit, neminem occidit, ne noxiorum quidem. Exhibuit autem ad ferrum etiam quadringentos senatores sescentosque equites Romanos et quosdam fortunae atque existimationis integrae, ex isdem ordinibus confectores quoque ferarum et varia harenae ministeria. Exhibuit et naumachiam marina aqua innantibus beluis; item pyrrichas quasdam e numero epheborum, quibus post editam operam diplomata civitatis Romanae singulis optulit.
Unter den Sujets dieser Tänze kam auch eins vor, bei dem ein Stier die Pasiphae, die in dem hölzernen Abbild einer Kuh verschlossen war, wirklich bestieg, wie wenigstens viele Zuschauer glaubten. Ein Icarus stürzte gleich beim Beginn seines Fluges von der Höhe herab neben Neros Loge nieder und bespritzte ihn mit seinem Blut; er pflegte nämlich nur selten bei diesen Spielen den Vorsitz zu führen, sondern meistens, in seiner Loge liegend, anfangs nur durch kleine Löcher, später aus dem dazu völlig geöffneten Balkon zuzusehen. (12,2) Inter pyrricharum argumenta taurus Pasiphaam ligneo iuvencae simulacro abditam iniit, ut multi spectantium crediderunt; Icarus primo statim conatu iuxta cubiculum eius decidit ipsumque cruore respersit. Nam perraro praesidere, ceterum accubans, parvis primum foraminibus, deinde toto podio adaperto spectare consueverat.
Fr führte auch zuerst einen alle fünf Jahre gefeierten Kunstwettstreit in Rom ein, der nach griechischer Sitte die drei Bereiche der Musik, Gymnastik und Reitkunst umfasste und den er "Neronia" nannte; zugleich erbaute er Thermen und ein Gymnasium, zu dem er auch den Senat und die Ritterschaft durch Gewährung freien
Salböls einlud. Mir den gesamten Kunstwettstreit ließ er durchs Los Vorsteher unter den Konsularen ernennen, denen er den erhöhten Sitz der Prätoren verlieh. Dann begab er sich hinab in die Orchestra, wo die Senatoren saßen, und empfing dort den ihm sogar von allen Mitkämpfern einstimmig zugestandenen Siegeskranz der lateinischen Beredsamkeit und Dichtung, um den sich mit ihm die ausgezeichnetsten Redner und Dichter beworben hatten; die Siegerkrone für das Zitherspiel dagegen, die ihm von den Preisrichtern gleichfalls übergeben wurde, nahm er nicht an, sondern verneigte sich bloß verehrungsvoll vor ihr und hieß sie zu dem Standbild des Augustus bringen.
(12,3) Instituit et quinquennale certamen primus omnium Romae more Graeco triplex, musicum gymnicum equestre, quod appellavit Neronia; dedicatisque thermis atque gymnasio senatui quoque et equiti oleum praebuit. Magistros toto certamini praeposuit consulares sorte, sede praetorum. Deinde in orchestram senatumque descendit et orationis quidem carminisque Latini coronam, de qua honestissimus quisque contenderat, ipsorum consensu concessam sibi recepit, citharae autem a iudicibus ad se delatam adoravit ferrique ad Augusti statuam iussit.
Bei dem gymnastischen Festspiel, das er in den Saepten gab, legte er bei einem großen Farrenopfer zum erstenmal den Bart ab, den er in ein goldenes, mit den kostbarsten Perlen besetztes Etui tun ließ und ihn so auf dem Capitol als Weihgeschenk niederlegte. Zu den Vorstellungen der Athleten lud er auch die Vestalischen Jungfrauen ein, weil auch zu Olympia den Priesterinnen der Ceres gestattet ist, ihnen zuzuschauen. (12,4) Gymnico, quod in Saeptis edebat, inter buthysiae apparatum barbam primam posuit conditamque in auream pyxidem et pretiosissimis margaritis adornatam Capitolio consecravit. Ad athletarum spectaculum invitavit et virgines Vestales, quia Olympiae quoque Cereris sacerdotibus spectare conceditur.
13. Nicht zu Unrecht darf ich unter den von ihm gegebenen Schauspielen auch den Einzug des Königs Tiridates in Rom anführen. Diesen König von Armenien hatte er durch große Versprechungen dazu gebracht, nach Rom zu kommen. Da er ihn an dem Tag, den er durch Edikt bekannt gemacht hatte, dem römischen Volk wegen nebligen Wetters nicht zeigen konnte, führte er das Schauspiel später an einem möglichst günstigen Tag auf. Vor allen an das Forum grenzenden Tempeln waren Kohorten in voller Rüstung aufgestellt; er selbst thronte auf dem kurulischen Sitz bei der Rednerbühne im Gewand eines Triumphators, umgeben von Feldzeichen und Standarten. (13,1) Non immerito inter spectacula ad eo edita et Tiridatis in urbem introitum rettulerim. Quem Armeniae regem magnis pollicitationibus sollicitatum, cum destinato per edictum die ostensurus populo propter nubilum distulisset, produxit quo opportunissime potuit, dispositis circa Fori templa armatis cohortibus, curuli residens apud rostra triumphantis habitu inter signa militaria atque vexilla.
Darauf schritt der König die erhöhte Estrade zu ihm hinauf und ließ sich vor ihm auf die Knie nieder, worauf ihn Nero mit der Rechten aufhob, ihn mit einem Kuss begrüßte und nach Anhörung seiner Bitte ihm die Tiara vom Haupt nahm und das Diadem an ihre Stelle setzte, wahrend ein gewesener Prätor die Worte des sich der kaiserlichen Gnade empfehlenden Königs laut der Menge verdolmetschte. Dann führte er ihn ins Theater und ließ ihn, nachdem er aufs neue sein Gnadengesuch empfangen hatte, neben sich zur Rechten Platz nehmen. Dafür wurde er von der Versammlung als Imperator begrüßt, worauf er einen Lorbeerkranz auf dem Capitol niederlegte und das Doppeltor des Ianus schloss, gleich als ob kein Krieg mehr vorhanden sei. (13,2) Et primo per devexum pulpitum subeuntem admisit ad genua adlevatumque dextra exosculatus est, dein precanti tiara deducta diadema inposuit, verba supplicis interpretata praetorio viro multitudini pronuntiante; perductum inde in theatrum ac rursus supplicantem iuxta se latere dextro conlocavit. Ob quae imperator consalutatus, laurea in Capitolium lata, Ianum geminum clausit, tamquam nullo residuo bello.
 

 

Deutsche Übersetzung nach: Stahr, A.  bearbeitet von E.Gottwein

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Suet" und "Nero"
Literatur:
zu "Suet" und "Nero"
2152
Barrett, Anthony A.
Agrippina : mother of Nero
London : Batsford, 1996
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zvab

2222
Heinz, Kurt
Das Bild Kaiser Neros bei Seneca, Tacitus, Sueton und Cassius Dio
Biel: Schüler, 1948
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4532
Tacitus / Stegmann
P. Cornelius Tacitus. Annalen und Historien in Ausw. hrsg. von Carl Stegmann. Heft 1: Tiberus: Annalen I-VI nebst Ergänzungen aus Velleius, Sueton und Dio Cassius : Text m. Einl. (B. G. Teubners Schülerausgaben griechischer und lateinischer Schriftsteller). Heft 2: Nero (Annalen XII-XVI : Historien I-V)
Leipzig (u.a.) (Teubner) 5/1927, 1933
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2151
Vogt-Lüerssen, Maike
Neros Mutter : Agrippina die Jüngere und ihre Zeit
Mainz-Kostheim : Probst, 1/2002
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