Zusammenfassung der Vorrede
Cic.rep.1,12-13: Thema und Zielsetzung
12: höchste virtus: civitatis aut condere novas aut conservare iam conditas
7. (12) Haec pluribus a me verbis dicta sunt ob eam causam, quod his libris erat instituta et suscepta mihi de re publica disputatio; quae ne frustra haberetur, dubitationem ad rem publicam adeundi in primis debui tollere. Ac tamen si qui sunt, qui philosophorum auctoritate moveantur, dent operam parumper atque audiant eos, quorum summa est auctoritas apud doctissimos homines et gloria; quos ego existimo, etiamsi qui ipsi rem publicam non gesserint, tamen, quoniam de re publica multa quaesierint et scripserint, functos esse aliquo rei publicae munere. Eos vero septem, quos Graeci sapientis nominaverunt, omnis paene video in media re publica esse versatos. Neque enim est ulla res, in qua propius ad deorum numen virtus accedat humana, quam civitatis aut condere novas aut conservare iam conditas.
7. (12) Ich habe mich hierüber aus dem Grund ausführlich ausgelassen, weil ich mir vorgenommen habe, in dem vorliegenden Werk eine Untersuchung über den Staat niederzulegen. Damit aber diese Erörterung nicht als überflüssig erscheint, musste ich doch erst die Bedenklichkeit aus dem Weg räumen, als sei vielleicht die Teilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten etwas Ungehöriges. Sollte es jedoch einige geben, bei denen das Ansehen der Philosophen überwiegt, so mögen diese dem Folgenden einige Aufmerksamkeit schenken und den Männern Gehör geben, die bei den unterrichtetsten Leuten im höchsten Ansehen und Ruhm stehen; Männern, von denen ich die Überzeugung habe, dass sie, falls auch mancher von ihnen keine Rolle in der Verwaltung des Staates gespielt haben sollte, dennoch vermöge ihrer vielen Untersuchungen und Schriften über den Staat in das Staatsleben selbst einigermaßen mit eingegriffen haben. Ohnedies sind ja bekanntlich fast alle jene sieben Männer, die die Griechen mit dem Beinamen Weise bezeichneten, so recht mitten im Staatsleben, also Staatsmänner gewesen. Es gibt aber auch wirklich gar keine Beschäftigung, wo sich des Menschen edelste Bestrebungen dem Walten der Götter mehr näherten als bei der Gründung neuer oder bei der Erhaltung schon bestehender Staaten.
Aufgabenvorschläge:
- Zum Abschluss:
- Wie formuliert Cicero seine Thema?
- Wie begründet er die Ausführlichkeit seiner persönlichen Vorrede?
- Inwiefern leistet Philosophie doch einen Beitrag zur Sache?
- Worin sieht er zusammenfassend den Hauptentscheidungsgrund für ein politisches Leben?
- Thema: "de re publica
disputatio"
- Begründung für die Ausführlichkeit der Vorrede: Das Thema ist nur sinnvoll, wenn eine Vorentscheidung zugunsten der "vita activa" getroffen wurde.
- Beitrag der Philosophie: Auch die theoretische Auseinandersetzung mit dem Staat kann einen praktischen Dienst für den Staat darstellen: quos ego existimo... functos
esse aliquo rei publicae munere.
- Im Einsatz für die "res publica" wird der Mensch seiner Natur am ehesten gerecht: "Neque
enim est ulla res, in qua propius
ad deorum numen virtus accedat humana,
quam civitatis aut condere novas
aut conservare iam conditas."
13: Die Art der Schrift über den Staat: disputatio repetenda memoria est
(13) Quibus de rebus, quoniam nobis contigit, ut iidem et in gerenda re publica aliquid essemus memoria dignum consecuti et in
explicandis rationibus rerum civilium quandam facultatem non modo usu, sed etiam studio discendi et docendi essemus auctores, cum superiores alii fuissent in disputationibus perpoliti, quorum res gestae nullae invenirentur, alii in gerendo probabiles, in disserendo rudes. Nec vero nostra quaedam est instituenda nova et a nobis inventa ratio, sed unius aetatis clarissimorum ac sapientissimorum nostrae civitatis virorum disputatio repetenda memoria est, quae mihi tibique quondam adulescentulo est a P. Rutilio Rufo, Smyrnae cum simul essemus compluris dies, exposita, in qua nihil fere, quod magno opere ad rationes omnium rerum pertineret, [est] praetermissum.
8. (13) Da ich nun in der günstigen Lage bin, dass ich in dieser Beziehung nicht nur in der wirklichen Verwaltung des Staates etwas Denkwürdiges geleistet habe, sondern auch in der Entwicklung theoretischer Ansichten über das Staatsleben nicht bloß durch Übung, sondern auch durch das Bestreben, es richtig aufzufassen und vorzutragen, mir eine Gewandtheit erworben habe, während von meinen Vorgängern die einen zwar im theoretischen Vortrag Meister waren, ohne jedoch im praktischen Leben eine politische Wirksamkeit aufweisen zu können, die anderen zwar praktisch tüchtig, aber darüber nur kunstlos zu reden vermochten, so konnte ich mich an dieses Werk machen, ohne jedoch aus mir selbst eine bisher unerhörte und neu erfundene Theorie herauszuspinnen; ich brauchte vielmehr nur die Unterhaltung hochberühmter und ausgezeichneter weiser Männer einer Zeit im Gedächtnis aufzufrischen und darzustellen, die mir und dir (
Atticus) als Jüngling einst von
Publius Rutilius Rufus, als wir uns mehrere Tage beisammen in
Smyrna befanden, vollständig mitgeteilt wurde; ein Unterhaltung, in der meines Erachtens fast nichts übergangen ist, was über diesen Gegenstand in jeder Beziehung einer besondere Erörterung zu bedürfen scheint.
Aufgabenvorschläge:
- Wie sieht Cicero seinen persönlichen Platz im Spannungsfeld von Theorie und Praxis?
- Ciceros Kompetenz entspricht einem et... et
- Praxis: et in gerenda re publica
aliquid essemus memoria dignum
- Theorie: in explicandis rationibus rerum civilium quandam
facultatem ... studio discendi et
docendi essemus auctores
- Einseitige Alternativen (aut... aut)
- Theorie: alii ... in disputationibus
perpoliti, quorum res gestae nullae
invenirentur
- Praxis: alii in gerendo probabiles,
in disserendo rudes
- Wie charakterisiert Cicero die Eigenart seines Werkes über den Staat?
- Kein neues theoretisches Lehrwerk: Nec vero nostra quaedam est instituenda
nova et a nobis inventa ratio
- Bericht über einen tatsächlich geführte Diskussion: sed unius
aetatis clarissimorum ac sapientissimorum
nostrae civitatis virorum disputatio
repetenda memoria est
- Wie verhält sich Cicero mit diesem literarischen Konzept zu Platons Schrift über den Staat (Politeia)?
Platon ist zwar Theoretiker und sein bester Staat entsteht nicht wie bei Cicero am Tiber, sondern in der philosophischen Utopie, aber auch seine Politeia ist die literarische Fiktion eines in einer ganz konkreten Situation wirklich geführten Gesprächs.
Sententiae excerptae:Lat. zu "Cic" und "rep"
174
Talis est quaeque res publica, qualis eius aut natura aut voluntas, qui illam regit.
So ist jeder Staat, wie entweder der Charakter oder der Wille desjenigen, der ihn regiert.
Cic.rep.1,47
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- /Lat/cic_rep/Cic_rep112.php - Letzte Aktualisierung: 17.07.2024 - 15:58