6. Pentheus und Bacchus (3,511-576) | ||
Cognita res meritam
vati per Achaidas urbes attulerat famam, nomenque erat auguris ingens; spernit Echionides tamen hunc ex omnibus unus contemptor superum Pentheus praesagaque ridet |
Kund ward dies und erwarb
in Achaias Städten dem Seher Wohlverdienten Ruhm, und groß war der Name des Augurs. Ihn missachtet allein von allen der Götterverächter Pentheus, Echions Sohn: zu den kündenden Sprüchen des Greises |
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verba senis tenebrasque
et cladem lucis ademptae obicit. ille movens albentia tempora canis 'quam felix esses, si tu quoque luminis huius orbus' ait 'fieres, ne Bacchica sacra videres! namque dies aderit, quam non procul auguror esse, |
Lacht er mit Hohn, und
die Nacht und den Schaden benommenen Lichtes Wirft er ihm vor. Doch jener bewegt die ergraueten Schläfen: "Wahrlich, ein Glück für dich, wenn du auch", sprach er, "des Lichtes Würdest beraubt, dass nicht du erblicktest die bacchische Feier! Denn es erscheint ein Tag, der nicht, so schwanet mir, fern ist, |
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qua novus huc veniat,
proles Semeleia, Liber, quem nisi templorum fueris dignatus honore, mille lacer spargere locis et sanguine silvas foedabis matremque tuam matrisque sorores. eveniet! neque enim dignabere numen honore, |
Wo allhier einzieht der
Sprössling Semeles, Liber. Wenn du diesem versagst alsdann die Ehre der Tempel, Wirst du liegen zerstückt und zerstreut überall und die Wälder Färben mit Blut und die Mutter zugleich und die Schwestern der Mutter. Ja, es geschieht! Du wirst die Ehre versagen der Gottheit |
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meque sub his tenebris
nimium vidisse quereris.' talia dicentem proturbat Echione natus; dicta fides sequitur, responsaque vatis aguntur. Liber adest, festisque fremunt ululatibus agri: turba ruit, mixtaeque viris matresque nurusque |
Und, dass ich in der
Nacht zu hell nur schaute, beklagen." Ihn, der solches gesagt, heißt gehen der Sohn des Echion. Was er verheißen, erfolgt, und das Wort des Sehers erfüllt sich. Liber erscheint, und es dröhnet die Flur von festlichem Jauchzen. Alle zu Häuf, mit Männern gemischt so Mütter wie Schnuren, |
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vulgusque proceresque
ignota ad sacra feruntur. 'Quis furor, anguigenae, proles Mavortia, vestras attonuit mentes?' Pentheus ait; 'aerane tantum aere repulsa valent et adunco tibia cornu et magicae fraudes, ut, quos non bellicus ensis, |
Stürzen sie, Edle
wie Volk, zu der neu anhebenden Feier. "Was für ein Wahn, o Schlangengeburt, du Same des Mavors, Blendete eueren Geist?" sprach Pentheus. "Wirkt so gewaltig Erz anschlagend an Erz und die Flöte gebogenen Hornes Samt dem Gauklerbetrug, dass, die nicht streitbare Schwerter, |
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non tuba terruerit,
non strictis agmina telis, femineae voces et mota insania vino obscenique greges et inania tympana vincant? vosne, senes, mirer, qui longa per aequora vecti hac Tyron, hac profugos posuistis sede penates, |
Nicht Drommeten geschreckt,
nicht Scharen mit drohenden Speeren, Weibergeschrei nunmehr und von Wein aufgärender Wahnsinn Und unzüchtiger Schwärm und nichtige Trommeln bezwingen? Kann ich euch Greise verstehn, die über die Weite der Meerflut Tyros hierher, hierher ihr gebracht landflücht'ge Penaten, |
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nunc sinitis sine Marte
capi? vosne, acrior aetas, o iuvenes, propiorque meae, quos arma tenere, non thyrsos, galeaque tegi, non fronde decebat? este, precor, memores, qua sitis stirpe creati, illiusque animos, qui multos perdidit unus, |
Nun sie ohne Gefecht
preisgebt? Dich, stärkeres Alter, Jünglinge, näher mir selbst, die ihr besser denn festliche Thyrsen Trüget die Wehr in der Hand und den Helm statt Laub auf dem Haupte? Seid, ich bin' euch, gedenk, woher ihr genommen den Ursprung; Nehmet von ihm, der einst allein so viele getötet, |
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sumite serpentis! pro
fontibus ille lacuque interiit: at vos pro fama vincite vestra! ille dedit leto fortes: vos pellite molles et patrium retinete decus! si fata vetabant stare diu Thebas, utinam tormenta virique |
Nehmt von dem Drachen
den Mut. Im Kampf für den Quell und den Weiher Fand er den Tod; doch ihr, o siegt für euere Ehre! Er gab Helden den Tod; jagt ihr Weichlinge von dannen. Wahret den Ruhm, den die Väter vererbt. Wenn lange zu stehen Theben verbot das Geschick, o dass doch Männer die Mauern |
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moenia diruerent, ferrumque
ignisque sonarent! essemus miseri sine crimine, sorsque querenda, non celanda foret, lacrimaeque pudore carerent; at nunc a puero Thebae capientur inermi, quem neque bella iuvant nec tela nec usus equorum, |
Stürzten und Schleudergerät,
dass rasselte Eisen und Feuer! Elend wären wir dann, doch schuldlos, und zu beklagen, Nicht zu verhehlen das Los, und der Scham entbehrten die Zähren. Nun soll Thebens gar sich bemeistern ein wehrloser Knabe, Dem nicht Fehde behagt, noch Waffen, noch Tummeln der Rosse, |
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sed madidus murra crinis
mollesque coronae purpuraque et pictis intextum vestibus aurum, quem quidem ego actutum (modo vos absistite) cogam adsumptumque patrem commentaque sacra fateri. an satis Acrisio est animi, contemnere vanum |
Sondern das Haar mit
Myrrhen gesalbt und weibische Kränze, Purpur dazu und Gold in bunte Gewänder gewoben. Nötigen will ich ihn bald - steht ihr nur ab - zu bekennen, Dass er den Vater erdacht und erlogen die heilige Feier. Hat Akrisios Mut, zu verachten die eitele Gottheit, |
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numen et Argolicas
venienti claudere portas: Penthea terrebit cum totis advena Thebis? ite citi' (famulis hoc imperat), 'ite ducemque attrahite huc vinctum! iussis mora segnis abesto!' hunc avus, hunc Athamas, hunc cetera turba suorum |
Und ihm, wie er genaht,
zu verschließen die Tore von Argos – Pentheus sollte sich scheun und Theben gesamt vor dem Fremdling? Auf denn rasch", - so befiehlt er den Dienenden - "auf, und den Führer Schleppt in Banden mir her! Fern sei fahrlässiges Zaudern!" Deswegen tadeln der Ahn und Athamas und der Verwandten |
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corripiunt dictis frustraque
inhibere laborant. acrior admonitu est inritaturque retenta et crescit rabies remoraminaque ipsa nocebant: sic ego torrentem, qua nil obstabat eunti, lenius et modico strepitu decurrere vidi; |
Übrige Schar ihn
laut und mühn sich umsonst, ihn zu halten. Heftiger macht die Warnung ihn noch, und gereizt und gesteigert Wird die gehinderte Wut, und es schadete selber die Hemmung. Also hab' ich gesehn, wo nichts dem strömenden wehrte, Ruhiger fließen zu Tal und mit mäßigem Rauschen den Gießbach; |
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at quacumque trabes
obstructaque saxa tenebant, spumeus et fervens et ab obice saevior ibat. Ecce cruentati redeunt et, Bacchus ubi esset, quaerenti domino Bacchum vidisse negarunt; 'hunc' dixere 'tamen comitem famulumque sacrorum |
Wo ihn Stämme jedoch
aufhielten und sperrende Blöcke, Nahm er schäumend den Weg und kochend und wilder vom Hemmnis. Siehe, sie kehren zurück voll Blut und versetzen dem Herrscher, Da nach Bacchus er fragt: "Ihn selber erblickten wir nirgends, Diesen Begleiter jedoch und Diener der bacchischen Feier |
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cepimus' et tradunt
manibus post terga ligatis sacra dei quendam Tyrrhena gente secutum. |
Brachten wir mit."
Und sie führen, geschnürt auf den Rücken die Hände, Einen Tyrrhener herbei, der dem Dienst des Gottes gefolgt war. |