Referatsthemen
Platons Schrift über den Staat
im Vergleich mit Ciceros De republica
Cic.rep.2,52
<Plato> civitatem optandam magis quam sperandam, quam minimam potuit, non quae posset esse, sed in qua ratio rerum civilium perspici posset effecit. Ego autem, si modo consequi potuero, rationibus eisdem, quas ille vidit, non in umbra et imagine civitatis, sed in amplissima re publica enitar, ut cuiusque et boni et mali causam tamquam virgula viedear attingere. |
Plato hat einen Staat geschaffen, den man sich mehr wünschen als erhoffen darf, so klein er konnte. Er sollte zwar nicht existieren, doch sollte man an ihm die Prinzipien seiner Soziallehre ablesen können. Ich werde mich bemühen, den Eindruck zu erwecken, nach den selben Prinzipien, die er sah, aber nicht an dem Schattenbild eines Staates sondern an dem machtvollsten Staat wie mit einer Wünschelrute die Ursache sowohl eines jeden Gutes als auch Übels anzurühren. |
Plin.nat.1 (praef.)
De re publica <Cicero> Platonis se comitem profitetur |
Macrobius
inter Platonis et Ciceronis libros, quos de re publica uterque constituit, ... vitae mihi dulcedo pariter et gloria, hoc interesse prima fronte perspeximus, quod ille rem publicam ordinavit, hic rettulit, alter qualis esse deberet, alter qualis esset a maioribus instituta disseruit.
|
Favonius Eulogius
Imitatione Platonis Cicero De re publica scribens locum etiam de Eris Pamphyli reditu in vitam ... composuit. |
R.Harder
"alle tragenden Motive der Gesamtkomposition (stimmen) mit Platon überein". "Der Hellenismus liefert das Material, Plato die Kunstform und damit das Wesentliche des Gehalts." |
V.Pöschl, Römischer Staat..., S.109
"Bis auf den heutigen Tag ist niemals der Versuch gemacht worden, den Gesamtaufbau von Ciceros De re publica aus dem Staate Platons zu erklären |
|
II.) Divergenzen
Die herausgestellten Divergenzen sprechen nicht einfach gegen eine Orientierung Ciceros an Platon. Vielmehr muss man
- den veränderten Horizont Ciceros in Rechnung stellen. Dazu gehören die:
- Vertrautheit Ciceros mit den Schulen der hellenistischen Philosophie,
- persönlichen praktischen Erfahrungen Ciceros mit der Politik,
- Verankerung Ciceros in römischer Geschichte und Staatsbewusstsein (Ordnungs- und Rechtspolitik).
- bedenken, dass Cicero Platon vielfach nicht einfach wiederholen konnte, dh. so tun konnte, als gebe es Platon nicht. "Imitatio Platonis" kann hier nur prinzipielle Orientierung bedeuten aber Variation im Einzelnen.
Dialogform
Platonischer Dialog: Sich frei entfaltender, kurzschrittiger Dialog als Spiegel der dialektischen Methode (gemeinsames Suchen, Prüfen, Zugestehen: ἐλέγχειν, ὁμολογεῖν). |
Aristotelisch-peripatetischer Dialog: Zusammenhängender Lehrvortrag (durch persönliche Stellungnahmen und Einwürfe aufgelockert). |
Werkaufbau
Themenfolge: Gerechtigkeit
-> Staat -> Verfassung
|
Themenfolge: Cicero:
Staat -> Verfassung -> Gerechtigkeit
|
Für Platon ist "Gerechtigkeit" die umfassende Fragestellung. Der Staat hilft nur funktional, sie aufzufinden. |
Ciceros legt die Priorität auf den römischen Staat (als eine prinzipiell gerechte Ordnung). |
Die äußere Staatsform ist für Platon sekundär und tritt hinter der Entwicklung des inneren Ordnungsprinzips zurück.
- Selbst im 7. und 8. Buch, wo Platon die Verfassungen behandelt, geht es ihm um den krankhaften Staatsverfall (innere statt äußere Ordnung)
|
Für den Römer war (in der Nachfolge des Polybios) die Frage nach der äußeren Staatsform primär und unverzichtbar.
- Cicero hatte als Politiker vor allem die Apparat der römischen Magistratur und die "discordia ordinum" vor Augen (äußere Ordnung)
|
Methode
genetische Methode (Konstruieren): Der Staat entsteht, indem er wächst (durch das "ipse fingere" des Sokrates. |
systematisch statarische Methode: Staatsdefinition, Verfassungstheorie, Identifizierung mit der "res publica Romana". |
Gründe:
- eine Nachahmung der genetischen Konstruktion Platons hätte aufgesetzt und affektiert gewirkt;
- aus der Sache: Der Staat, den Cicero prinzipiell für den besten hält, der römische Staat muss nicht erst konstruiert werden, er besteht bereits; nur sein Bild muss er nachzeichnen.
|
theoretische Staatsmodell (τῷ λὄγῳ ἐξ ἀρχῆς ποιῶμεν)
|
geschichtlich existierender Staat (in amplissima re publica) |
Staatscharakter
-
Cic.rep.2,3: Facilius autem, quod est propositum, consequar,
si nostram rem publicam vobis et nascentem et
crescentem et adultam et iam firmam atque robustam
ostendero, quam si mihi aliquam, ut apud Platonem
Socrates, ipse finxero.
-
Cic.rep.2,52 hebt diesen Unterschied klar hervor: civitatemque
optandam magis quam sperandam, quam minimam potuit,
non quae posset esse, sed in qua ratio rerum civilium
perspici posset, effecit. Ego autem, si [quo]
modo consequi potuero, rationibus eisdem, quas
ille vidit, non in umbra et imagine civitatis,
sed in amplissima re publica enitar, ut cuiusque
et boni publici et mali causam tamquam virgula
videar attingere.
|
III.) Konvergenzen
Schlussmythos
Einbeziehung des Staates in eine höhere Weltordnung (universale Gerechtigkeit). |
Er-Mythos (Spindel der Ananke als Symbol der kosmischen Ordnung) |
Somnium Scipionis |
Werkaufbau
Die Ausgangsthematik (Platon: Gerechtigkeit; Cicero: Staatsdefinition) bildet bei beiden das durchgängige Kompositionsprinzip. |
Die Gerechtigkeit bildet als durchgängiges Thema des Dialoges Anfang und Ende. Letzte Antwort gibt erst der Schlussmythos. (Genaueres
Aufbauschema) |
Ciceros Ausgangspunkt ist die Staatsdefinition. Auch ihre Implikationen erledigen sich erst im Verlauf des Dialoges:
- iustitia (Buch III)
- utilitas (Staatsziel der sittlichen Lebensgemeinschaft: Buch IV u. V), vgl. Cic.rep.5,8
|
Wachstum
des Staates
Der platonische Idealstaat wächst (gedanklich) stetig durch Arbeitsteilung und Spezialisierung entsprechend den anfallenden Aufgaben. |
Cicero zeigt im 2. Buch den (geschichtlichen) Wachstums- und Entwicklungsprozess des römischen Staates. |
Motive
Anbindung des Staates an metaphysische, göttliche, ewige, normgebende Prinzipien |
Platons Ideenschau (Idee ist strahlend, göttlich, ewig |
Hellenistische Kosmosschau (Pöschl,
Römischer Staat... , S. 182) |
Herrscherbild
Der platonische φύλαξ, der die Herrschaft ausübt, heißt auch ἐπιμελετής und κηδεμὼν τῆς πόλεως (Plat.rep.412c). |
Dies entspricht genau der Terminologie Ciceros, die besonders klar die caritas des Königs ausdrückt. |
φύλακες, βασιλεύς |
tutor et procurator rei publicae |
|
|
Sententiae excerptae:Lat. zu "Cic" und "rep"
174
Talis est quaeque res publica, qualis eius aut natura aut voluntas, qui illam regit.
So ist jeder Staat, wie entweder der Charakter oder der Wille desjenigen, der ihn regiert.
Cic.rep.1,47
Literatur:zu "Cic" und "rep"
3357
Baier, Thomas
Cicero und Augustinus. Die Begründung ihres Staatsdenkens im jeweiligen Gottesbild
in: Gymn.109/2002, S.123-140
1008
Balzert, M.
Das 'Trojanische Pferd der Moral'. Die Gyges-Geschichte bei Platon und Cicero.
in: AU 39, 3/1996, 49-68
2618
Boissier, Gaston
Cicéron er ses amis. Étude sie la société du tempus de César.
Meisenheim (Olms, Reprint der Ausgabe Paris 1865) 1976
1009
Botermann, H.
Rechtsstaat oder Diktatur. Cicero und Caesar 46-44 v. Chr.
in: Klio 74 (1992) 179-196
1014
Büchner, K.
Somnium Scipionis und sein Zeitbezug
in: K.Büchner (Hg.): Studien zur .., S.148-172
683
Büchner, K.
Cicero. Bestand und Wandel seiner geistigen Welt
Heidelberg (Winter) 1964
684
Büchner, K.
M.Tullius Cicero. De re publica. Kommentar
Heidelberg 1984
1012
Büchner, K.
Die römische Republik im römischen Staatsdenken,
in: H.Oppermann (Hg.) (1), S.66
1013
Büchner, K.
Die beste Verfassung
in: K.Büchner (Hg.): Studien zur .., S.25-115
1015
Büchner, K.
Der Tyrann und sein Gegenbild in Ciceros "Staat"
in: K.Büchner (Hg.): Studien zur .., S.116-147
690
Christ, K.
Rez: Fuhrmann, M.: Cicero und die Römische Republik
in: GGA 243/1991,86
692
Christes, J.
Bemerkungen zu Cicero De rep. 1,60; 2,21-22; 2,30; 3,33
in: Gymn 96/1989
4584
Cicero, M.T. / O. Weissenfels
Auswahl aus Ciceros Philosophischen Schriften, hgg. v. Oskar Weissenfels. 3. Aufl. besorgt v. Paul Wessner
Leipzig, Berlin (Teubner) 1910
1017
Demandt, A.
Der Idealstaat. Die politischen Theorien der Antike
Köln 1993
1018
Demandt, A.
Cicero und die Res Publica
in: Demandt, A.: Der Idealstaat, Köln 1993, S.221ff
721
Diels, H.
Zu Aristotels' "Protreptikos" und Ciceros "Hortensius"
in: Moraux: Frühschr. Aristot. WBG 1975
473
Drumann, W. / Groebe, P.
Geschichte Roms in seinem Übergang von der republikanischen zur monarchischen Verfassung, oder: Pompeius, Caesar, Cicero und ihre Zeitgenossen. (1-6)
Königsberg 1834-1844 / Leipzig 1899-1929 | Ndr.: Hildesheim (Olms) 1964
1019
Dyck, A.R.
On the interpretation of Cicero, De Republica
in: CQ 48.2 (1998) 564-568
3337
Forschner, M.
Naturrechtliche und christliche Grundlegung der Theorie des gerechten Krieges in der Antike (bei Cicero und Augustinus)
in: Gymn.111/2004, S.557-572
489
Fuhrmann, M.
Cicero und die römische Republik
Zürich (Artemis) 1989
496
Gelzer, M.
Cicero. Ein biographischer Versuch
Wiebaden (Steiner) 1969
500
Giebel, M.
Cicero
Reinbek (rm 261) 1989
506
Gigon, O.
Studien zu Ciceros De republica
in: Die antike Philosophie, Zürich 1977
519
Harder, R.
Über Ciceros Somnium Scipionis. Zu Ciceros Rechtsphilosophie (de leg.1)
in: Kl.Schrft., München (Beck) 1960
522
Heck, E.
Bezeugung von Ciceros Schrift De re publica
Hildesheim (Olms, Spudasm. 04)
526
Heinze, R.
Ciceros "Staat" als politische Tendenzschrift
in: Vom Geist des.., Stuttgart 1960; in: Klein: Staatsd., WBG 1966 (WdF 46)
533
Hommel, H.
Zum Text von Cicero, De re publica
in: Gymn 62/1955,853
544
Klingner, F.
Cicero
in: Röm.Geisteswelt, München 1965
550
Kohl, H.
"Theorie" und "Praxis"in Ciceros "Somnium Scipionis"
in: AU XIII 1,46
551
Kohns, H.P.
Res publica - res populi (zu Cic. rep I 39) (Staatsdefinition)
in: Gymn 77/1970
558
Kumaniecki, K.
Cicerone e la crisi della repubblica romana. Traduz.di L.Constantini
Rom (Coll.Stud.Cic. 5) 1972
2885
Lehmann, Gustav Adolf
Politische Reformvorschläge in der Krise der späten römischen Republik. Cicero De legibus III und Sallusts Sendschreiben an Caesar.
Hain Verlag 1980
579
Meyerhöfer, H.
Platons Politeia - Ciceros De re publica. Versuch eines Vergleichs
in: Anr 33/4,1987,218
587
Ortmann, U.
Cicero, Brutus und Octavian. Republikaner u.Caesarianer..44/43v.Chr.
Bonn (Habelt) 1988
588
Pahnke, E.
Studien über Ciceros Kenntnis.. des Aristoteles u. Herkunft der Staatsdefinition
Diss. Freiburg 1962
590
Perlich, D.
Otium oder accedere ad rem publicam- ..polit.Betätigung bei Cicero
in: AU XIII 1,5
591
Pfaff, K.
De diversis manibus, quibus Ciceronis de rep.libr.in Vatic.corr.sunt
Heidelberg 1883
592
Pflips, H.
Ciceronachahmung und Ciceroferne d.jüngeren Plinius. Komm. Repetunden.
Bottrop 1973
593
Plasberg, O.
Cicero in seinen Werken und Briefen
Darmstadt (WBG) 1962
595
Plezia, M.
Spuren des >Politikos< des Aristoteles in Ciceros >De re publica<
in: Moraux: Frühschr. Aristot. WBG 1975
597
Pöschl, V.
Römischer Staat und griech. Staatsdenken bei Cicero. De re publica
Darmstadt (WBG) 1962
2220
Rauprich, Uwe
Medizinisches bei römischen Prosaschriftstellern aus der späten Republik und der frühen Kaiserzeit : Cicero, Seneca, Tacitus, Plinius, Sueton
2003
624
Schmidt, P.L.
Cicero und die republikanische Kunstprosa
in: Fuhrmann: HB Litwft.III, Ffm 1974
623
Schmidt, P.L.
Cicero "De re publica". Die Forschg. der letzten fünf Dezennien
in: ANRW I 4 (1973),262-333
628
Schmüdderich, L. ..
Einführung in Ciceros "De re publica"..Interpret.v. 1,36-45
in: AU VIII 5,23
630
Schönberger, O.
Cicero, De re publica. Entwurf einer Projektliste im LK Latein
in: Anr 18/1972,73
633
Schulte, H.K.
Cicero - Repräsentant des Römertums
in: AU V 3,37
636
Schwamborn, H.
Prudens - Gedanken zu Cicero, De re publica 2,64-70
in: AU XIII 1,17
1289
Schwamborn, H.
M. Tullius Cicero De Re Publica, vollständige Textausgabe und Kommentar.
Paderborn (Schönigh) o.J.
638
Seel, O.
Cicero. Wort, Staat, Welt
Stuttgart (Klett) 1967
640
Skutsch, O.
Cicero rep.1,71
in: Gymn 76/1969
641
Stark, R.
Ciceros Staatsdefinition
in: Klein: Staatsd., WBG 1966 (WdF 46)
663
Weische, A.
Plinius d.J. und Cicero zur röm.Epistolographie
in Rep.u.Kaiserzeit in: ANRW II 33,3
2019
Weische, A.
Plinius d. J. und Cicero. Untersuchungen zur römischen Epistolographie in Republik und Kaiserzeit
in: ANRW II.33.1 (1989) 375-386
669
Wübert, B.
Cicero Somnium Scipionis - Gedanken zur Sphärenharmonie
in: Anr 34/5,1988,298
- /Lat/cic_rep/ref10_plat01.php - Letzte Aktualisierung: 17.07.2024 - 15:58