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| Belege des Suchbegriffs aus ausgewählten Texten (vollständig: Caes.Gall., Cic.Arch., Cic.S.Rosc., Cic.Lael.) |
| 'neque is sum,' inquit, 'qui gravissime ex vobis mortis periculo terrear: hi sapient; si gravius quid acciderit, abs te rationem reposcent; Caes.Gall.5,30,2 | denn ich bin unter euch nicht derjenige, der am meisten vor der Gefahr des Todes bebt. Diese hier werden des empfinden und von dir Genugtuung fordern, wenn sie unglücklich sind; |
| "L. Catilina Q. Catulo. egregia tua fides, re cognita, grata mihi magnis in meis periculis, fiduciam commendationi meae tribuit. Sall.Cat.35,1 | "Lucius Catilina an Quintus Catulus. Deine mir durch die Tat bewiesene außerordentliche Freundschaft ist mir in meinen großen Nöten ein lieber Trost und ermutigt mich, mich dir zu empfehlen. |
| quam ob rem defensionem in novo consilio non statui parare: satisfactionem ex nulla conscientia de culpa proponere decrevi, quam me dius fidius veram licet cognoscas. Sall.Cat.35,2 | Aus diesem Grund will ich für meinen neuen Entschluss auf eine Rechtfertigung verzichten, halte es aber, weil ich mir keiner Schuld bewusst bin, für meine Pflicht, dir eine Erklärung vorzulegen, von deren Wahrheit du dich, so wahr mir Gott helfe, überzeugen kannst. |
| plura quom scribere vellem, nuntiatum est vim mihi parari. nunc Orestillam commendo tuaeque fidei trado; Sall.Cat.35,5 | Ich wollte zwar noch mehr schreiben, doch gerade wird mir gemeldet, man plane eine Gewalttat gegen mich. So empfehle ich dir jetzt Orestilla und vertraue sie deinem Schutz an; |
| 'Qui sim, ex eo, quem ad te misi, cognosces. fac cogites, in quanta calamitate sis, et memineris te virum esse. consideres, quid tuae rationes postulent. auxilium petas ab omnibus, etiam ab infumis.' Sall.Cat.44,5 | "Wer dir hier schreibt, wirst du von dem erfahren, den ich zu dir schicke. Erwäge ja, in wie schlimmer Lage du dich befindest, und vergiss nicht, dass du ein Mann bist! Behalte im Auge, was deine Stellung erfordert! Suche Hilfe auch bei den Geringsten!" |
| de timore supervacuaneum est disserere, quom praesertim diligentia clarissumi viri consulis tanta praesidia sint in armis. Sall.Cat.51,19 | Von Ängstlichkeit bei dir ein Wort zu verlieren, wäre ganz überflüssig, zumal durch die Sorgsamkeit des höchstgeachteten Konsuls eine so große Schutztruppe in Waffen steht. |
| Num negare audes? quid taces? Convincam, si negas. Video enim esse hic in senatu quosdam, qui tecum una fuerunt. Cic.Catil.1,8 | Wagst du es zu leugnen? Was schweigst du? Ich will dich überführen, wenn du leugnest; denn ich sehe, dass hier im Senat gewisse Leute sind, die mit dir waren. |
| Fuisti igitur apud Laecam illa nocte, Catilina, distribuisti partis Italiae, statuisti, quo quemque proficisci placeret, delegisti, quos Romae relinqueres, quos tecum educeres, discripsisti urbis partis ad incendia, confirmasti te ipsum iam esse exiturum, dixisti paulum tibi esse etiam nunc morae, quod ego viverem. Cic.Catil.1,9 | Du warst also in dieser Nacht bei Laeca, Catilina, du hast di Rollen in Italien verteilt, du hast beschlossen, wohin jeder zeihen solle; du hast diejenigen ausgewählt, die du in Rom zurücklassen und die du mit dir nehmen wolltest; du hast die Quartiere der Stadt zur Brandstiftung verteilt; du hast die Versicherung gegeben, dass du bald abreisen werdest; du hast gesagt, nur der Umstand, dass ich noch lebe, halte dich noch eine Weile zurück. |
| Educ tecum etiam omnis tuos, si minus, quam plurimos; purga urbem. Magno me metu liberaveris, modo inter me atque te murus intersit. Nobiscum versari iam diutius non potes; non feram, non patiar, non sinam. Cic.Catil.1,10 | Nimm auch alle deine Anhänger mit fort, wenn nicht alle, so doch in größtmöglicher Zahl; säubere die Hauptstadt! Du wirst mich einer großen Furcht entledigen, wenn nur einmal zwischen mir und dir die Mauer liegt. Unter uns kannst die nicht länger weilen; ich werde dies nicht zugeben, nicht ertragen, nicht dulden. |
| denique, quotienscumque me petisti, per me tibi obstiti, quamquam videbam perniciem meam cum magna calamitate rei publicae esse coniunctam. Cic.Catil.1,11 | Kurz, so oft du auf mich losgingst, habe ich dir für mich selbst widerstanden, wiewohl ich einsah, dass mein Tod ein großes Unglück für den Staat sein würde. |
| Praetermitto ruinas fortunarum tuarum, quas omnis proximis Idibus tibi impendere senties: ad illa venio, quae non ad privatam ignominiam vitiorum tuorum, non ad domesticam tuam difficultatem ac turpitudinem, sed ad summam rem publicam atque ad omnium nostrum vitam salutemque pertinent. Cic.Catil.1,14 | Ich will nichts erwähnen von dem völligen Ruin deines Vermögensstandes, der dir, wie du erfahren wirst, an den nächsten Iden bevorsteht. Ich komme auf das, was nicht die besondere Schmach deiner Ausschweifungen, nicht deine häusliche Verlegenheit und Schande, sondern die Gesamtheit des Staates und unser aller Leben und Sicherheit angeht. |
| Potestne tibi haec lux, Catilina, aut huius caeli spiritus esse iucundus, cum scias esse horum neminem, qui nesciat te pridie Kalendas Ianuarias Lepido et Tullo consulibus stetisse in comitio cum telo, manum consulum et principum civitatis interficiendorum causa paravisse, sceleri ac furori tuo non mentem aliquam aut timorem tuum sed Fortunam populi Romani obstitisse? Cic.Catil.1,15 | Kann es dir, Catilina, angenehm sein, hier am hellen Tag zu verweilen und die Luft dieses Himmels einzuatmen, da du weißt, dass es keinem Anwesenden unbekannt ist, dass du unter dem Konsulat des Lepidus und Tullus (66 v.Chr.), am letzten Dezember, bewaffnet auf dem Wahlplatz standest und zur Ermordung der Konsuln und der Vornehmsten im Staat eine Bande zusammengebracht hattest, dass dein rasender Frevel nicht durch irgend eine Überlegung oder Besorgnis von deiner Seite, sondern durch das Glück, das über dem römischen Volke waltet, hintertrieben wurde? |
| Quotiens iam tibi extorta est ista sica de manibus, quotiens excidit casu aliquo et elapsa est! Quae quidem quibus abs te initiata sacris ac devota sit, nescio, quod eam necesse putas esse in consulis corpore defigere. Cic.Catil.1,16 | Wie oft ist dir nicht jener Dolch aus den Händen gewunden worden! Wie oft ist er dir aber auch durch einen Zufall entfallen und entschlüpft! Und doch kannst du dich fernerhin nicht von ihm trennen: ich weiß nicht, unter welchen Zeremonien du denselben eingeweiht und dem Fluche gewidmet hast, dass du ihn dem Konsul ind den Leib stoßen zu müssen meinst. |
| Nunc vero quae tua est ista vita? Sic enim iam tecum loquar, non ut odio permotus esse videar, quo debeo, sed ut misericordia, quae tibi nulla debetur. Cic.Catil.1,16 | Wie magst du nun aber so leben, wie du lebst? Denn ich will jetzt so mit dir reden, dass man erkennen kann, ich sei nicht von dem Hass, der dir von meiner Seite gebührt, sondern von Mitleid, das dir nicht gebührt, beseelt. |
| Quid, quod adventu tuo ista subsellia vacuefacta sunt, quod omnes consulares, qui tibi persaepe ad caedem constituti fuerunt, simul atque adsedisti, partem istam subselliorum nudam atque inanem reliquerunt, quo tandem animo tibi ferendum putas? Cic.Catil.1,16 | Wie? Sind nicht bei deinem Eintreten jene Bänke leer geworden? Haben nicht alle Konsularen, die du so oft dir zur Ermordung bezeichnetest, sobald du dich niederließest, jenen Teil der Bänke leer und öde gelassen? Wo nimmst du noch den Mut her, dies zu ertragen? |
| Si te parentes timerent atque odissent tui neque eos ratione ulla placare posses, ut opinor, ab eorum oculis aliquo concederes. Nunc te patria, quae communis est parens omnium nostrum, odit ac metuit et iam diu nihil te iudicat nisi de parricidio suo cogitare: huius tu neque auctoritatem verebere nec iudicium sequere nec vim pertimesces? Cic.Catil.1,17 | Würden deine Eltern dich fürchten, und hassen, und könntest du sie durch kein Mittel versöhnen, so würdest du dich, denke ich, fern von ihren Blicken irgendwohin zurückziehen: nun hasst und fürchtet dich aber das Vaterland, welches unser aller gemeinsame Mutter ist, und glaubt schon lange nichts anderes von dir, als dass du auf sein Verderben sinnst: Wirst du weder sein Urteil scheuen, noch seinem Ausspruch folgen, noch seine Gewalt fürchten? |
| Quae tecum, Catilina, sic agit et quodam modo tacita loquitur: 'Nullum iam aliquot annis facinus exstitit nisi per te, nullum flagitium sine te; tibi uni multorum civium neces, tibi vexatio direptioque sociorum impunita fuit ac libera; tu non solum ad neglegendas leges et quaestiones verum etiam ad evertendas perfringendasque valuisti. Cic.Catil.1,18 | Dieses Vaterland, Catilina, verhandelt so mit dir und spricht gleichsam schweigend zu dir: „Seit einer beträchtlichen Zahl von Jahren schon ist kein frevelhaftes Unternehmen von einem andern als von dir ausgegangen, keine Schandtat geschehen ohne dich; dir allein ist die Ermordung vieler Bürger und die Quälerei und Beraubung der Bundesgenossen frei und ungestraft hingegangen. Du hast nicht allein zur Herabwürdigung der Gesetze und gerichtlichen Untersuchungen mitgewirkt, sondern auch dazu, sie zu untergraben und ihre Schranken zu durchbrechen. |
| Haec si tecum, ut dixi, patria loquatur, nonne impetrare debeat, etiam si vim adhibere non possit? Quid, quod tu te in custodiam dedisti, quod vitandae suspicionis causa ad M'. Lepidum te habitare velle dixisti? Cic.Catil.1,19 | Wenn das Vaterland so zu dir spricht, sollte es nicht Gewährung erwarten dürfen, wenn es auch keine Gewalt zu gebrauchen vermöchte? Ja, hast du dich nicht selbst unter Gewahrsam gestellt? Hast du nicht sogar erklärt, du wolltest, um den Verdacht zu beseitigen, bei Manius Lepidus wohnen? |
| A quo non receptus etiam ad me venire ausus es, atque, ut domi meae te adservarem, rogasti. Cum a me quoque id responsum tulisses, me nullo modo posse isdem parietibus tuto esse tecum, quia magno in periculo essem, quod isdem moenibus contineremur, ad Q. Metellum praetorem venisti. Cic.Catil.1,19 | Als du von diesem nicht aufgenommen wurdest, wagtest du auch, zu mir zu kommen, und batest, ich möchte dich in meinem Haus unter Aufsicht nehmen. Als du auch von mir die Antwort erhieltest, ich könne durchaus nicht unter dem selben Dach sicher mit dir wohnen, da ich schon in großer Gefahr sei, weil wir uns innerhalb der selben Mauern befinden, so gingst du zu dem Praetor Quintus Metellus. |
| Non referam, id quod abhorret a meis moribus, et tamen faciam, ut intellegas, quid hi de te sentiant. Egredere ex urbe, Catilina, libera rem publicam metu, in exsilium, si hanc vocem exspectas, proficiscere. Quid est? ecquid attendis, ecquid animadvertis horum silentium? Patiuntur, tacent. Cic.Catil.1,20 | Ich werde diesen Antrag nicht stellen: es ist meiner Gemütsart zuwider. Jedoch will ich machen, dass du merken kannst, was diese von dir denken. Gehe aus der Stadt, Catilina, befreie die Republik von der Angst; begib dich in die Verbannung, wenn es dieses Wort ist, das du erwartest. Wie nun, Catilina? Gibst du Acht? Bemerkst du, wie die Anwesenden schweigen? Sie dulden es; sie verstummen. |
| De te autem, Catilina, cum quiescunt, probant, cum patiuntur, decernunt, cum tacent, clamant, neque hi solum, quorum tibi auctoritas est videlicet cara, vita vilissima, sed etiam illi equites Romani, honestissimi atque optimi viri, ceterique fortissimi cives, qui circumstant senatum, quorum tu et frequentiam videre et studia perspicere et voces paulo ante exaudire potuisti. Cic.Catil.1,21 | Indem sie aber bei dir, Catilina, so ruhig sind, billigen sie meine Rede und beschließen, indem sie diese dulden; und ihr Schweigen ist eine laute Erklärung! Und nicht diese allein sind es, deren Spruch dir natürlich viel wert ist, obgleich du ihr Leben gering achtest, sondern auch jene römischen Ritter, hochachtbare und treffliche Männer, und die übrigen höchst wackeren Bürger, welche die Senatsversammlung umstehen, deren große Anzahl du sehen, ihre Gesinnung vernehmen und ihren Ausruf vor wenigen Augenblicken hören konntest. |
| Quorum ego vix abs te iam diu manus ac tela contineo, eosdem facile adducam, ut te haec, quae vastare iam pridem studes, relinquentem usque ad portas prosequantur. Cic.Catil.1,21 | Schon lange kann ich ihre Hände und Waffen kaum von dir zurückhalten und werde sie leicht dahinbringen, dass, wenn du diesen Ort, den du zu verwüsten schon geraume Zeit im Sinne hast, verlässt, sie dich zu den Toren begleiten. |
| Quamquam quid loquor? te ut ulla res frangat, tu ut umquam te corrigas, tu ut ullam fugam meditere, tu ut ullum exsilium cogites? Utinam tibi istam mentem di immortales duint! Cic.Catil.1,22 | Doch wozu sage ich dies? Damit du durch irgend etwas gebeugt werdest? Damit du irgend einmal dich besserst? Damit du auf irgend eine Art von Flucht denkst? Damit du dich zu einer Verbannung entschließt? Möchten die unsterblichen Götter diesen Gedanken dir in den Sinn geben! |
| Sed tu ut vitiis tuis commoveare, ut legum poenas pertimescas, ut temporibus rei publicae cedas, non est postulandum. Neque enim is es, Catilina, ut te aut pudor a turpitudine aut metus a periculo aut ratio a furore revocarit. Cic.Catil.1,22 | Aber von dir darf man nicht verlangen, dass du durch das Bewusstsein deiner Laster erschüttert wirst, dass du vor der Strafe der Gesetze erzitterst, dass du den Verhältnissen des Staates ein Opfer bringst: denn du, Catilina, bist nicht der Mann, der sich durch Schamgefühl von der Schande, durch Furcht von der Gefahr, durch vernünftige Überlegung von einer wahnsinnigen Handlung zurückhalten lässt. |
| Quam ob rem, ut saepe iam dixi, proficiscere ac, si mihi inimico, ut praedicas, tuo conflare vis invidiam, recta perge in exsilium; vix feram sermones hominum, si id feceris, vix molem istius invidiae, si in exsilium iussu consulis iveris, sustinebo. Cic.Catil.1,23 | Daher, wie ich dir schon oft gesagt habe, reise ab; und wenn du mir, der ich, wie du rühmst, dein Feind bin, Hass auf den Hals laden willst, so gehe geradezu in die Verbannung. Kaum werde ich das Gerede der Leute aushalten können, wenn du das tust, kaum werde ich die Bürde des üblen Leumunds tragen können, wenn du auf das Geheiß des Konsuls in die Verbannung gehst. |
| Quamquam quid ego te invitem, a quo iam sciam esse praemissos, qui tibi ad forum Aurelium praestolarentur armati, cui sciam pactam et constitutam cum Manlio diem, a quo etiam aquilam illam argenteam, quam tibi ac tuis omnibus confido perniciosam ac funestam futuram, cui domi tuae sacrarium sceleratum constitutum fuit, sciam esse praemissam? Cic.Catil.1,24 | Doch wozu soll ich noch einladen, da ich weiß, dass du schon Leute vorausgeschickt hast, die bei Forum Aurelium bewaffnet auf dich warten sollen; da ich weiß, dass du mit Manlius wegen des Tages deiner Ankunft im voraus schon übereingekommen bist; da ich weiß, dass du auch jenen silbernen Adler, der, wie ich zuverlässig hoffe, dir und all den Deinigen Verderben und Trauer bringen wird, dem in deinem Hause eine Kapelle zur Weihe deiner Verbrechen angewiesen war, vorausgeschickt hast? |
| Ibis tandem aliquando, quo te iam pridem tua ista cupiditas effrenata ac furiosa rapiebat; neque enim tibi haec res adfert dolorem, sed quandam incredibilem voluptatem. Cic.Catil.1,25 | Du wirst endlich dahin gehen, wohin dich längst deine zügellose und wahnsinnige Begierde zog; denn so etwas verursacht dir keine Betrübnis, sondern eine Art von unbeschreiblicher Wollust. |
| Ad hanc te amentiam natura peperit, voluntas exercuit, fortuna servavit. Cic.Catil.1,25 | Diese Raserei ist dir von Natur angeboren, deine Gesinnung hat sich darin geübt und das Schicksal hat dich dazu erhalten. |
| Hic tu qua laetitia perfruere, quibus gaudiis exsultabis, quanta in voluptate bacchabere, cum in tanto numero tuorum neque audies virum bonum quemquam neque videbis! Cic.Catil.1,26 | Welcher hohe Genuss wird dir dort zu Teil werden! In welcher Freude wirst du dich drt tummeln! In welcher Wollust wirst du schwelgen, wenn du in der großen Zahl der Deinigen einen rechtschaffenen Mann weder hören noch sehen wirst! |
| Ad huius vitae studium meditati illi sunt, qui feruntur labores tui, iacere humi non solum ad obsidendum stuprum verum etiam ad facinus obeundum, vigilare non solum insidiantem somno maritorum verum etiam bonis otiosorum. Cic.Catil.1,26 | Für die Geschäfte eines solchen Lebens waren eine Vorübung jene Anstrengungen, die man an dir rühmt: auf dem Boden zu liegen, um nicht allein den Augenblick einer Buhlschaft abzuwarten, sondern auch die Tat zu vollbringen; zu wachen, nicht allein um den Schlaf der Ehemänner zu belauern, sondern auch den Gütern der Ruhenden aufzulauern. |
| Tantum profeci, cum te a consulatu reppuli, ut exsul potius temptare quam consul vexare rem publicam posses, atque ut id, quod esset a te scelerate susceptum, latrocinium potius quam bellum nominaretur. Cic.Catil.1,27 | Den Vorteil habe ich damals errungen, als ich dich vom Konsulat abschlug, dass es dir nun zwar möglich ist, den Staat als Verbannter zu beunruhigen, aber nicht, ihn als Konsul zu Schaden zu bringen, und dass deine frevelhafte Unternehmung eher ein Räuberangriff als ein Krieg genannt wird. |
| Etenim si mecum patria, quae mihi vita mea multo est carior, si cuncta Italia, si omnis res publica loquatur: 'M. Tulli, quid agis? Tune eum, quem esse hostem comperisti, quem ducem belli futurum vides, quem exspectari imperatorem in castris hostium sentis, auctorem sceleris, principem coniurationis, evocatorem servorum et civium perditorum, exire patiere, ut abs te non emissus ex urbe, sed immissus in urbem esse videatur? Cic.Catil.1,27 | Denn wenn das Vaterland, das mir viel teurer als das Leben ist, wenn ganz Italien, wenn die ganze Republik so zu mir redete: "Was machst du, Marcus Tullius? Willst du einen Menschen, von dessen feindlicher Gesinnung du Beweise hast, in dem du einen künftigen Kriegsführer erblickst, von dem du weißt, dass er als Befehlshaber im Lager der Feinde erwartet wird, - willst du den Anstifter der Frevel, das Haupt der Verschwörung, den Aufwiegler der Sklaven und schlechter Bürger ziehen lassen, so dass man glauben kann, er sei von dir nicht aus der Stadt gewiesen, sondern gegen die Stadt losgelassen? |
| Hisce ominibus, Catilina, cum summa rei publicae salute, cum tua peste ac pernicie cumque eorum exitio qui se tecum omni scelere parricidioque iunxerunt, proficiscere ad impium bellum ac nefarium. Cic.Catil.1,33 | Unter diesen Vorbedeutungen, Catilina, ziehe hin, zum entschiedenen Heil des gesamten Staates, zu deinem Unglück und Verderben und zum Untergang jener, die sich mit dir zu allen Verbrechen und zum Hochverrat verbunden haben. Ziehe hin in den ruchlosen und fluchbeladenen Krieg! |
| Neque enim te fugit omnium laudatarum artium procreatricem quandam et quasi parentem eam, quam φιλoσoφίαv Graeci vocant, ab hominibus doctissimis iudicari; in qua difficile est enumerare quot viri quanta scientia quantaque in suis studiis varietate et copia fuerint, qui non una aliqua in re separatim elaborarint, sed omnia, quaecumque possent, vel scientiae pervestigatione vel disserendi ratione comprehenderint. Cic.de_orat.1,9. | Es ist dir ja nicht unbekannt, dass die Wissenschaft, welche die Griechen Philosophie nennen, von den gelehrtesten Männern als die Erzeugerin und Mutter aller anderen gepriesenen Wissenschaften betrachtet wird; und doch ist es schwer, alle die Männer aufzuzählen, die sich in derselben durch den größten Umfang ihres Wissens und die größte Vielseitigkeit und Fülle ihrer Bestrebungen auszeichneten, die sich nicht etwa mit einem einzelnen abgesonderten Gegenstand beschäftigen, sondern soviel als möglich alles mit ihrer wissenschaftlichen Erforschung und Erörterung umfassten. |
| Tum Scaevola comiter, ut solebat, 'cetera' inquit 'adsentior Crasso, ne aut de C. Laeli soceri mei aut de huius generi aut arte aut gloria detraham; sed illa duo, Crasse, vereor ut tibi possim concedere: unum, quod ab oratoribus civitates et initio consti tutas et saepe conservatas esse dixisti, alterum, quod remoto foro, contione, iudiciis, senatu statuisti oratorem in omni genere sermonis et humanitatis esse perfectum. Cic.de_orat.1,35. | Hierauf sagte Scaevola mit seiner gewohnten Freundlichkeit: "Im übrigen stimme ich dem Crassus bei; ich würde ja sonst die Kunst oder den Ruhm meines Schwiegervaters Gaius Laelius oder meines Schwiegersohnes hier schmälern; aber in zwei Punkten, Crassus, möchte ich doch Bedenken tragen, dir beizupflichten: Einmal, dass du behauptest, die Staaten seien in ihrem Entstehen von Rednern gegründet und oft erhalten worden; dann, dass du meinst, der Redner sei, auch abgesehen von Forum, Volksversammlung, Gerichten und Senat, in jeder Art von Vorträgen und höherer Bildung ein Meister. |
| Quis enim tibi hoc concesserit aut initio genus hominum in montibus ac silvis dissipatum non prudentium consiliis compulsum potius quam disertorum oratione delenitum se oppidis moenibusque saepsisse? aut vero reliquas utilitates aut in constituendis aut in conservandis civitatibus non a sapientibus et fortibus viris, sed a disertis ornateque dicentibus esse constitutas? Cic.de_orat.1,36. | Denn wer möchte dir das einräumen, dass anfänglich das auf Bergen und Wäldern zerstreute Menschengeschlecht sich nicht durch kluger Männer Ratschläge eher als durch bezaubernde Vorträge beredter Männer habe bewegen lassen, sich in Städten und Mauern einzuschließen? Oder aber, dass die übrigen nützlichen Einrichtungen bei der Gründung und Erhaltung der Staaten nicht von weisen und tapferen, sondern von beredten und schön redenden Männern getroffen seien? |
| Quod vero in extrema oratione quasi tuo iure sumpsisti, oratorem in omnis sermonis disputatione copiosissime versari posse, id, nisi hic in tuo regno essemus, non tulissem multisque praeessem, qui aut interdicto tecum contenderent aut te ex iure manum consertum vocarent, quod in alienas possessiones tam temere inruisses. Cic.de_orat.1,41. | Was aber den Punkt am Schluss deiner Rede betrifft, wo du dir gleichsam mit deinem Recht herausgenommen hast zu behaupten, der Redner könne sich in jeder Art von Vorträgen und wissenschaftlichen Erörterungen mit der größten Fülle bewegen, so würde ich dies, wenn ich mich hier nicht auf deinem Gebiet befände, nicht ertragen und vielen geraten haben, sie möchten gegen dich gerichtlichen Einspruch einlegen oder dich auffordern, die Sache auf dem Weg des Rechtes auszumachen, weil du so ohne weiteres in fremde Besitzungen eingedrungen seiest. |
| Agerent enim tecum lege primum Pythagorei omnes atque Democritii ceterique in iure sua physici vindicarent ornati homines in dicendo et graves, quibuscum tibi iusto sacramento contendere non liceret; urgerent praeterea philosophorum greges iam ab illo fonte et capite Socrate nihil te de bonis rebus in vita, nihil de malis, nihil de animi permotionibus, nihil de hominum moribus, nihil de ratione vitae didicisse, nihil omnino quaesisse, nihil scire convincerent; et cum universi in te impetum fecissent, tum singulae familiae litem tibi intenderent; Cic.de_orat.1,42. | Es würden nämlich mit dir rechten zuerst alle Pythagoreer und Demokritier, sowie auch die übrigen Naturphilosophen ihren Besitz in Anspruch nehmen, Männer, die sich durch eine schöne und nachdrucksvolle Rede auszeichnen, und du dürftest dich mit diesen nicht in einen Rechtsstreit unter Berufung auf ein gerichtliches Unterpfand einlassen. Bedrängen würden dich außerdem die Scharen der Philosophen, gleich von Sokrates an, ihrem Urheber und Stifter, und erweisen, dass du nichts von den Gütern im Leben, nichts von den Übeln, nichts von den Gemütsbewegungen, nichts von den Sitten der Menschen, nichts von ihrer Lebensweise gelernt, nichts überhaupt untersucht habest, nichts wissest; und nach dem Gesamtangriff aller auf dich würden auch noch die einzelnen Schulen besonders einen Rechtsstreit gegen dich erheben. |
| instaret Academia, quae, quicquid dixisses, id te ipsum negare cogeret; Stoici vero nostri disputationum suarum atque interrogationum laqueis te inretitum tenerent; Peripatetici autem etiam haec ipsa, quae propria oratorum putas esse adiumenta atque ornamenta dicendi, a se peti vincerent oportere, ac non solum meliora, sed etiam multo plura Aristotelem Theophrastumque de istis rebus, quam omnis dicendi magistros scripsisse ostenderent. Cic.de_orat.1,43. | Zusetzen würde dir die Akademie und dich nötigen, zu bekennen, dass du das nicht wissest, was du gesagt habest. Unsere Stoiker vollends würden dich in den Schlingen ihrer gelehrten Streitigkeiten und Fragen verstrickt halten. Die Peripatetiker aber würden dartun, die Stützen der Rede und die Mittel zu ihrer Verschönerung, die du für ein Eigentum der Redner hältst, müssten von ihnen entlehnt werden, und zeigen, dass Aristoteles und Theophrastos nicht nur bessere, sondern auch mehr Vorschriften über diese Gegenstände niedergeschrieben hätten als alle Lehrmeister der Beredsamkeit. |
| Ita si de re militari dicendum huic erit Sulpicio, quaeret a C. Mario adfini nostro et, cum acceperit, ita pronuntiabit, ut ipsi C. Mario paene hic melius quam ipse illa scire videatur; sin de iure civili, tecum communicabit, te hominem prudentissimum et peritissimum in eis ipsis rebus, quas abs te didicerit, dicendi arte superabit. Cic.de_orat.1,66. | Wenn zum Beispiel unser Sulpicius hier über das Kriegswesen reden soll, so wird er bei unserem Verwandten Gaius Marius Erkundigungen einziehen und, wenn er sie erhalten hat, einen solchen Vortrag halten, dass selbst Gaius Marius glauben dürfte, dieser habe davon fast eine bessere Kenntnis als er selbst. Soll er aber über das bürgerliche Recht reden, so würde er sich mit dir besprechen und dich, den einsichtsvollsten und erfahrensten Mann, in eben den Dingen, die er von dir erlernt hat, an Redekunst übertreffen. |
| Sed, ut solebat C. Lucilius saepe dicere, homo tibi subiratus, mihi propter eam ipsam causam minus quam volebat familiaris, sed tamen et doctus et perurbanus, sic sentio neminem esse in oratorum numero habendum, qui non sit omnibus eis artibus, quae sunt libero dignae, perpolitus; quibus ipsis si in dicendo non utimur, tamen apparet atque exstat, utrum simus earum rudes an didicerimus: Cic.de_orat.1,72. | Aber was Gaius Lucilius oft zu sagen pflegte, der dir ein wenig grollte und gerade deshalb mir weniger, als er es wünschte, befreundet, aber doch ein gelehrter und sehr fein gebildeter Mann war, dasselbe ist auch mein Urteil, dass nämlich niemand unter die Zahl der Redner gerechnet werden dürfe, der nicht in allen, eines freien Mannes würdigen Wissenschaften ausgebildet sei. Denn wenn wir von ihnen selbst auch beim Reden keinen Gebrauch machen, so ist es doch sichtbar und stellt sich heraus, ob wir derselben unkundig sind oder sie gelernt haben. |
| Tum ridens Scaevola 'non luctabor tecum,' inquit 'Crasse, amplius; id enim ipsum, quod contra me locutus es, artificio quodam es consecutus, ut et mihi, quae ego vellem non esse oratoris, concederes et ea ipsa nescio quo modo rursus detorqueres atque oratori propria traderes. Cic.de_orat.1,74. | Hierauf erwiderte Scaevola lachend: "Ich will nicht weiter mit dir streiten, Crassus. Deine Gegenrede selbst hast du ja mit einem gewissen Kunstgriff zustande gebracht, indem du einerseits mir in dem, was ich dem Redner abgesprochen wissen wollte, beipflichtetest, andererseits eben dieses, Gott weiß wie, wieder umdrehtest und dem Redner als Eigentum zuerteiltest. |
| Verum si tibi ipsi nihil deest, quod in forensibus rebus civilibusque versatur, quin scias, neque eam tamen scientiam, quam adiungis oratori, complexus es, videamus ne plus ei tribuamus quam res et veritas ipsa concedat.' Cic.de_orat.1,77. | Doch wenn es dir an keiner Kenntnis der gerichtlichen und bürgerlichen Angelegenheiten gebricht und du doch die Wissenschaft nicht umfasst hast, die du dem Redner beigesellst, so las uns sehen, ob du ihm nicht mehr zuteilst, als es die Sache und Wirklichkeit zulässt." |
| Quod si tibi tantum in nobis videtur esse, quibus etiam si ingenium, ut tu putas, non maxime defuit, doctrina certe et otium et hercule etiam studium illud discendi acerrimum defuit, quid censes, si ad alicuius ingenium vel maius illa, quae ego non attigi, accesserint, qualem illum et quantum oratorem futurum?' Cic.de_orat.1,79. | Wenn ich dir nun auch so schon Großes zu leisten scheine, dem es, wenn auch nicht gerade an Anlagen, wie du meinst, doch sicherlich an Gelehrsamkeit und an Muße und wahrlich auch an jener feurigen Lernbegierde gemangelt hat – was meinst du, wenn zu jemandes besseren Anlagen auch noch die Wissenschaften, die ich nicht berührt habe, hinzukämen, wie herrlich und wie groß würde ein solcher Redner sein?" |
| Quid multa? Sic mihi tum persuadere videbatur neque artificium ullum esse dicendi neque quemquam posse, nisi qui illa, quae a doctissimis hominibus in philosophia dicerentur, cognosset, aut callide aut copiose dicere; in quibus Charmadas solebat ingenium tuum, Crasse, vehementer admirari: me sibi perfacilem in audiendo, te perpugnacem in disputando esse visum. Cic.de_orat.1,93. | Wozu viele Worte? Er schien mich damals zu überzeugen, dass es keine Kunst der Beredsamkeit gebe und dass niemand mit Einsicht und Fülle reden könne, wenn er sich nicht mit den Vorträgen der gelehrtesten Philosophen bekannt gemacht habe. Hierbei pflegte Charmadas mit großer Bewunderung deine Anlagen, Crassus, zu loben und zu sagen, an mir habe er einen sehr gefälligen Zuhörer, an dir einen sehr kampflustigen Gegner gefunden. |
| Tum ille 'immo vero,' inquit 'Sulpici, rogemus Antonium, qui et potest facere, quod requiris, et consuevit, ut te audio dicere: nam me quidem [fateor semper] a genere hoc toto sermonis refugisse et tibi cupienti atque instanti saepissime negasse, [ut] tute paulo ante dixisti; quod ego non superbia neque inhumanitate faciebam neque quod tuo studio rectissimo atque optimo non obsequi vellem, praesertim cum te unum ex omnibus ad dicendum maxime natum aptumque cognossem, sed me hercule istius disputationis insolentia atque earum rerum, quae quasi in arte traduntur, inscitia.' Cic.de_orat.1,99. | Hierauf erwiderte jener: "Nein, Sulpicius, wir wollen lieber den Antonius darum bitten, der deinen Wunsch erfüllen kann und auch gewohnt ist, dieses zu tun, wie ich dich sagen höre. Denn von mir muss ich gestehen, dass ich zu jeder Zeit diese ganze Art der Unterhaltung vermieden und dir deine Wünsche und Bitten sehr oft abgeschlagen habe, wie du kurz zuvor sagtest. Doch dies tat ich nicht aus Übermut oder Unfreundlichkeit, auch nicht aus Mangel an gutem Willen, deiner lobenswerten und edlen Wissbegierde zu willfahren, zumal da ich dich vor allen gerade zur Beredsamkeit geboren und geschickt erkannt hatte, sondern in der Tat nur aus Unvertrautheit mit einem solchen wissenschaftlichen Vortrag und aus Unkunde der Gegenstände, die kunstmäßig gelehrt werden." |
| Equidem te cum in dicendo semper putavi deum, tum vero tibi numquam eloquentiae maiorem tribui laudem quam humanitatis; qua nunc te uti vel maxime decet neque defugere eam disputationem, ad quam te duo excellentes ingeniis adulescentes cupiunt accedere.' Cic.de_orat.1,106. | Ich habe dich zwar immer für einen unvergleichlichen Redner gehalten, aber nie habe ich deiner Beredsamkeit ein größeres Lob erteilt als deiner Menschenfreundlichkeit, und diese musst du gerade jetzt an den Tag legen und nicht die Erörterung ablehnen, welche die beiden jungen Männer von so ausgezeichneten Geistesgaben von dir übernommen zu sehen wünschen." |
| Hic omnes adsensi significare inter sese et conloqui coeperunt; fuit enim mirificus quidam in Crasso pudor, qui tamen non modo non obesset eius orationi, sed etiam probitatis commendatione prodesset. Tum Antonius 'saepe, ut dicis,' inquit 'animadverti, Crasse, et te et ceteros summos oratores, quamquam tibi par mea sententia nemo umquam fuit, in dicendi exordio permoveri; Cic.de_orat.1,122. | Hier drückten alle ihren Beifall aus, indem sie sich zunickten und miteinander redeten. Denn Crassus besaß eine wunderbare Schüchternheit, die jedoch seinem Vortrag nicht nachteilig, sondern vielmehr dadurch, dass sie seine innere Gediegenheit empfahl, vorteilhaft war. Hierauf sagte Antonius: "Oft habe ich, wie du sagst, die Bemerkung gemacht, Crassus, dass du und andere ausgezeichnete Redner, wiewohl dir meines Erachtens nie einer gleich kam, euch beim Beginn der Rede beunruhigt fühltet. |
| Illud vero, quod a te dictum est, esse permulta, quae orator a natura nisi haberet, non multum a magistro adiuvaretur, valde tibi adsentior inque eo vel maxime probavi summum illum doctorem, Alabandensem Apollonium, qui cum mercede doceret, tamen non patiebatur eos, quos iudicabat non posse oratores evadere, operam apud sese perdere, dimittebatque et ad quam quemque artem putabat esse aptum, ad eam impellere atque hortari solebat. Cic.de_orat.1,126. | Was aber deine Behauptung betrifft, der Redner müsse sehr viele Eigenschaften von Natur besitzen, wenn ihm der Lehrmeister förderlich sein solle, so stimme ich dir gerne bei, und in dieser Hinsicht habe ich jenem ausgezeichneten Lehrer Apollonios aus Alabanda meinen vollen Beifall geschenkt, der, obwohl er für Bezahlung Unterricht gab, doch nicht zuließ, dass junge Leute, die sich nach seinem Urteil nicht zu Rednern ausbilden konnten, sich vergeblich bei ihm abmühten, sondern vielmehr sie entließ und zu dem Fach, für das er gerade jeden geeignet hielt, anzutreiben und zu ermuntern pflegte. |
| 'Num tu igitur' inquit Sulpicius 'me aut hunc Cottam ius civile aut rem militarem iubes discere? Nam quis ad ista summa atque in omni genere perfecta potest pervenire?' Tum ille 'ego vero,' inquit 'quod in vobis egregiam quandam ac praeclaram indolem ad dicendum esse cognovi, idcirco haec exposui omnia; nec magis ad eos deterrendos, qui non possent, quam ad vos, qui possetis, exacuendos accommodavi orationem meam; et quamquam in utroque vestrum summum esse ingenium studiumque perspexi, tamen haec, quae sunt in specie posita, de quibus plura fortasse dixi, quam solent Graeci dicere, in te, Sulpici, divina sunt; Cic.de_orat.1,131. | "Nun", sagte Sulpicius, "so gibst du wohl mir oder dem Cotta hier den Rat, das bürgerliche Recht oder den Kriegsdienst zu erlernen? Denn wer möchte imstande sein, jene Höhe allseitiger Vollendung zu erreichen?" Hierauf erwiderte jener: "Ja, wahrlich gerade deshalb habe ich dieses alles auseinandergesetzt, weil ich in euch ausgezeichnete und herrliche Anlagen zur Beredsamkeit erkannte, und ich hatte in meinem Vortrag die Absicht, nicht so sehr diejenigen abzuschrecken, welche keine natürlichen Anlagen besitzen, als vielmehr euch, die ihr sie besitzt, anzuspornen, und wiewohl ich in jedem von euch die schönsten Geistesgaben und den größten Eifer finde, so sind doch die Vorzüge, welche im Äußeren liegen, worüber ich vielleicht mehr gesagt habe, als die Griechen zu sagen pflegen, in dir, Sulpicius, ganz unvergleichlich. |
| Sed, si placet, sermonem alio transferamus et nostro more aliquando, non rhetorico, loquamur.' 'Minime vero,' inquit Cotta; 'nunc enim te iam exoremus necesse est, quoniam retines nos in hoc studio nec ad aliam dimittis artem, ut nobis explices, quicquid est istud, quod tu in dicendo potes; - neque enim sumus nimis avidi; ista tua mediocri eloquentia contenti sumus - idque ex te quaerimus, (ut ne plus nos adsequamur, quam quantulum tu in dicendo adsecutus es), quoniam, quae a natura expetenda sunt, ea dicis non nimis deesse nobis, quid praeterea esse adsumendum putes?' Cic.de_orat.1,133. | Aber, wenn’s beliebt, lasst uns das Gespräch auf einen andern Gegenstand lenken und uns einmal wieder nach unserer Weise unterhalten und nicht mehr die Sprache der Redekünstler führen!" "Mitnichten", fiel Cotta ein. "Denn jetzt gerade, weil du uns nun bei dieser Wissenschaft festhalten willst und uns nicht ein anderes Fach ergreifen heißt, müssen wir dich recht dringend bitten, dass du uns belehrst. Wie viel oder wie wenig du als Redner zu leisten verstehst, soll uns nicht kümmern; denn gar zu gierig sind wir nicht, wir begnügen uns gern mit deiner mittelmäßigen Beredsamkeit und wünschen weiter nichts von dir uns anzueignen als die Kleinigkeit, die du dir im Reden angeeignet hast. Weil du nun sagst, dass uns die Gaben, die von der Natur zu erstreben sind, nicht gänzlich fehlen, so ersuchen wir dich, uns auseinanderzusetzen, was wir uns sonst noch nach deiner Meinung aneignen müssen." |
| 'Quin tu igitur facis idem,' inquit Scaevola 'quod faceres, si in aliquam domum plenam ornamentorum villamve venisses? Si ea seposita, ut dicis, essent, tu, qui valde spectandi cupidus esses, non dubitares rogare dominum, ut proferri iuberet, praesertim si esset familiaris: similiter nunc petes a Crasso, ut illam copiam ornamentorum suorum, quam constructam uno in loco quasi per transennam praetereuntes strictim aspeximus, in lucem proferat et suo quidque in loco conlocet.' Cic.de_orat.1,162. | "Warum tust du nun nicht dasselbe", sagte Scaevola, "was du tun würdest, wenn du in ein mit Kostbarkeiten angefülltes Haus oder Landgut kämest? Wenn hier alles, wie du sagst, beiseite gelegt wäre und du sehr verlangtest, es zu sehen, so würdest du nicht Anstand nehmen, den Besitzer zu ersuchen, er möchte es hervortragen lassen, zumal wenn er dir befreundet ist; bitte denn nun auch auf gleiche Weise den Crassus, jene Menge seiner Kostbarkeiten, die wir an einem Ort aufgeschichtet gleichsam durch ein Gitterfenster im Vorbeigehen obenhin erblickt haben, ans Licht zu bringen und jedes einzelne an seinem gehörigen Platz aufzustellen!" |
| 'Enimvero' inquit Crassus 'mirari satis non queo etiam te haec, Scaevola, desiderare, quae neque ego ita teneo, uti ei, qui docent, neque sunt eius generis, ut, si optime tenerem, digna essent ista sapientia ac tuis auribus.' 'Ain tu?' inquit ille: 'si de istis communibus et pervagatis vix huic aetati audiendum putas, etiamne illa neglegere possumus, quae tu oratori cognoscenda esse dixisti, de naturis hominum, de moribus, de rationibus eis, quibus hominum mentes et incitarentur et reprimerentur, de historia, de antiquitate, de administratione rei publicae, denique de nostro ipso iure civili? Hanc enim ego omnem scientiam et copiam rerum in tua prudentia sciebam inesse; in oratoris vero instrumento tam lautam supellectilem numquam videram.' Cic.de_orat.1,165. | "Ja wahrlich", sagte Crassus, "ich kann mich nicht genug wundern, dass auch du, Scaevola, nach dem verlangst,, was weder ich so gut verstehe wie die, welche es lehren, noch auch von der Art ist, dass es, wenn ich es auch noch so gut verstände, deiner Weisheit würdig sein und von dir angehört zu werden verdienen dürfte." "Meinst du?" erwiderte jener. "Wenn du auch glaubst, es eigne sich nicht für mein Alter, jene gewöhnlichen und allbekannten Regeln zu hören, dürfen wir denn auch jene Kenntnisse vernachlässigen, die sich der Redner, wie du sagtest, über die Gemütsarten der Menschen, über ihre Sitten, über die Mittel aneignen müsse, durch die die Gemüter der Menschen erregt und gedämpft werden können, über die Geschichte, über das Altertum, über die Verwaltung des Staates, endlich über unser bürgerliches Recht selbst? Allerdings wusste ich, dass diese ganze Wissenschaft und Fülle von Kenntnissen von deiner Einsicht umfasst wird; aber es war mir bis jetzt. unbekannt geblieben, dass zu den Hilfsmitteln des Redners ein, so herrliches Rüstzeug von Kenntnissen gehöre." |
| Illa vero deridenda adrogantia est, in minoribus navigiis rudem esse se confiteri, quinqueremis autem aut etiam maiores gubernare didicisse. Tu mihi cum in circulo decipiare adversari stipulatiuncula et cum obsignes tabellas clientis tui, quibus in tabellis id sit scriptum, quo ille capiatur, ego tibi ullam causam maiorem committendam putem? Citius hercule is, qui duorum scalmorum naviculam in portu everterit, in Euxino ponto Argonautarum navem gubernarit. Cic.de_orat.1,174. | Wahrlich eine lächerliche Anmaßung ist es, wenn man in der Leitung kleiner Fahrzeuge unerfahren zu sein eingesteht, sich aber rühmt, gelernt zu haben, wie ein Fünfruderer oder ein noch größeres Schiff zu lenken sei! Wenn du dich in einer Privatzusammenkunft bei einem geringfügigen Vergleich mit deinem Gegner hintergehen lässt und Urkunden deines Klienten versiegelst, in denen etwas geschrieben steht, wodurch dieser übervorteilt wird, da sollte ich dir irgendeinen wichtigeren Rechtshandel anvertrauen? Eher fürwahr dürfte der, welcher ein Schiffchen von zwei Rudern im Hafen verunglücken lässt, in dem Schwarzen Meer das Schiff der Argonauten lenken. |
| 'Quid si,' inquit Crassus 'quoniam ego, quo facilius vos apud me tenerem, vestrae potius obsecutus sum voluntati, quam aut consuetudini aut naturae meae, petimus ab Antonio, ut ea, quae continet neque adhuc protulit, ex quibus unum libellum sibi excidisse iam dudum questus est, explicet nobis et illa dicendi mysteria enuntiet?' 'Ut videtur,' inquit Sulpicius; 'nam Antonio dicente etiam quid tu intellegas, sentiemus.' Cic.de_orat.1,206. | "Nun", sagte Crassus, "um euch leichter bei mir zu behalten, bin ich euch willfährig gewesen und habe weniger auf meine Gewohnheit und Natur Rücksicht genommen; wie wäre es nun, wenn wir den Antonius bäten, das, was er bei sich zusammenhält und noch nicht zum Vorschein gebracht hat, wovon ihm, wie er kurz zuvor klagte, eine kleine Schrift entschlüpft ist, uns zu entwickeln und jene Geheimnisse der Beredsamkeit kundzutun?" "Wie es dir beliebt", erwiderte Sulpicius. "Denn aus dem Vortrag des Antonius werden wir auch deine Ansichten kennen lernen." |
| 'Peto igitur' inquit Crassus 'a te, quoniam id nobis, Antoni, hominibus id aetatis oneris ab horum adulescentium studiis imponitur, ut exponas, quid eis de rebus, quas a te quaeri vides, sentias.' 'Deprehensum equidem me' inquit Antonius 'plane video atque sentio, non solum quod ea requiruntur a me, quorum sum ignarus atque insolens, sed quia, quod in causis valde fugere soleo, ne tibi, Crasse, succedam, id me nunc isti vitare non sinunt; Cic.de_orat.1,207. | "Nun, lieber Antonius", sagte Crassus, "da nun einmal die Lernbegierde dieser jungen Männer uns Alten diese Bürde auferlegt, so bitte ich dich, deine Ansichten über die Gegenstände zu entwickeln, über die sie, wie du siehst, von dir belehrt zu werden wünschen." "Da sehe und fühle ich mich", erwiderte Antonius; "ganz und gar betroffen, nicht allein, weil man Dinge von mir verlangt, deren ich unkundig und ungewohnt bin, sondern auch weil unsere jungen Freunde mir jetzt nicht das zu vermeiden gestatten, wovor ich mich bei den gerichtlichen Verhandlungen so sehr zu hüten pflege, nämlich dein Nachfolger, Crassus, im Reden zu sein. |
| [1] Si vales, bene est. Existimaram pro mutuo inter nos animo et pro reconciliata gratia nec absentem me a te ludibrio laesum iri nec Metellum fratrem ob dictum capite ac fortunis per te oppugnatum iri; quem si parum pudor ipsius defendebat, debebat vel familiae nostrae dignitas vel meum studium erga vos remque publicam satis sublevare: nunc video illum circumventum, me desertum, a quibus minime conveniebat. Cic.ad fam.5,1,1. | Hoffentlich geht es Dir gut. Ich hätte geglaubt, dass Du mich in Anbetracht unserer gegenseitigen Hochachtung und wiedergewonnenen Sympathie nicht in meiner Abwesenheit dem kränkenden Spott preisgeben und wegen eines Wortes Leben und Vermögen meines Bruders Metellus angreifen würdest. Wenn ihn schon seine eigene von Scheu geprägte Zurückhaltung nicht schützte, so hätte ihm doch wenigstens das Ansehen unserer Familie und mein Engagement für Euch und die Republik hinreichend Erleichterung verschaffen müssen. Nun muss ich erleben, dass er von denen eingekreist und ich von denen im Stich gelassen bin, von denen es am wenigsten hätte geschehen dürfen. |
| Tu velim a me animum parumper avertas, Laelium loqui ipsum putes. Cic.Lael.5.c | Lenke jetzt deine Aufmerksamkeit auf einige Zeit von mir ab und stelle dir vor, Laelius selbst sei es, der rede; |
| hanc esse in te sapientiam existimant, ut omnia tua in te posita esse ducas humanosque casus virtute inferiores putes. Cic.Lael.7.b | Eine solche Weisheit, wie sie Sokrates besaß, glauben die Leute in dir zu sehen, die dich dein ganzes Glück in dir selbst finden und alle Zufälle als deiner Tugend untergeordnet betrachten lässt. |
| Qui esset tantus fructus in prosperis rebus, nisi haberes, qui illis aeque ac tu ipse gauderet? Cic.Lael.22.d | Was wäre für dich der volle Genuss im Glück, wenn du niemanden hättest, der sich mit dir darüber freuen könnte wie du selbst? |
| adversas vero ferre difficile esset sine eo, qui illas gravius etiam quam tu ferret. Cic.Lael.22.e | Schwer würde es dir werden, das Unglück zu ertragen, wenn du niemanden hättest, der es noch schmerzlicher fühlte als du selbst. |
| Mi frater, mi frater, mi frater, tune id veritus es, ne ego iracundia aliqua adductus pueros ad te sine litteris miserim? aut etiam ne te videre noluerim? Ego tibi irascerer? tibi ego possem irasci? Scilicet, tu enim me afflixisti; tui me inimici, tua me invidia, ac non ego te misere perdidi. Cic.ad Q.fr.1,3,1,1 | O Bruder, Bruder, Bruder! Du hast also wirklich gefürchtet, ich hätte aus Erbitterung gegen dich Sklaven ohne einen Brief an dich geschickt? Oder gar dich nicht sehen wollen? Ich dir zürnen? Dir sollte ich zürnen können? Als ob du mich angegriffen, als ob mich deine Feinde, mich deine Neider, und nicht ich selbst dich ins Unglück gestürzt hätte! |
| Meus ille laudatus consulatus mihi te, liberos, patriam, fortunas, tibi velim ne quid eripuerit praeter unum me. Cic.ad Q.fr.1,3,1,2 | Ja, gerade mein so gepriesenes Konsulat hat mir dich, und Kinder, und Vaterland, und Hab und Gut geraubt: oh, hätte es nur dir nichts weiter geraubt, als mich allein! |
| Sed certe a te mihi omnia semper honesta et iucunda ceciderunt, a me tibi luctus meae calamitatis, metus tuae, desiderium, maeror, solitudo. Cic.ad Q.fr.1,3,1,3 | Alles, was mir von deiner Seite widerfuhr, war auf jeden Fall stets durchaus ehrend und erfreulich; von mir aber widerfuhr dir nur Kummer über mein Unglück, die Furcht vor deinem, Sehnsucht, Trauer, Verlassenheit. |
| Ego te videre noluerim? Immo vero me a te videri nolui; non enim vidisses fratrem tuum, non eum, quem reliqueras, non eum, quem noras, non eum, quem flens flentem, prosequentem proficiscens dimiseras, ne vestigium quidem eius nec simulacrum, sed quandam effigiem spirantis mortui. Cic.ad Q.fr.1,3,1,4 | Ich hätte dich nicht sehen wollen? Im Gegenteil! Ich wünschte von dir nicht gesehen zu werden: denn du hättest nicht deinen Bruder gesehen, nicht den, den du verlassen hattest, nicht den, den du kanntest, nicht den, der weinend von dem Weinenden, von dem Scheidenden, dich begleitend, Abschied genommen hatte. Keine Spur, keinen Zug von ihm hättest du gesehen, nur noch das Schattenbild eines noch atmenden Toten. |
| Sed testor omnes deos me hac una voce a morte esse revocatum, quod omnes in mea vita partem aliquam tuae vitae repositam esse dicebant: qua in re peccavi scelerateque feci; nam, si occidissem, mors ipsa meam pietatem amoremque in te facile defenderet: nunc commisi, ut me vivo careres, vivo me aliis indigeres, mea vox in domesticis periculis potissimum occideret, quae saepe alienissimis praesidio fuisset. Cic.ad Q.fr.1,3,2,1 | Aber – alle Götter rufe ich zu Zeugen an – nur dies eine Wort hat mich abgehalten, den Tod zu suchen, dass alle sagten, auf meinem Leben beruhe ein Teil des deinigen. Aber das ist gerade mein Vergehen, das mein Verbrechen: Wäre ich gestorben, leicht würde gerade mein Tod mich verteidigen und meine Brudertreue und meine Liebe zu dir bezeugen. Jetzt bin ich schuld geworden, dass Du, obwohl ich lebe, mich doch nicht hast, dass du, obgleich ich lebe, dennoch fremden Schutzes bedarfst, dass meine Stimme gerade in Gefahren, die die Meinigen bedrohen, verstummen musste, die so oft wildfremden Menschen Schutz gewährt hatte. |
| Nam, quod ad te pueri sine litteris venerunt, quoniam vides non fuisse iracundiam causam, certe pigritia fuit et quaedam infinita vis lacrimarum et dolorum. Cic.ad Q.fr.1,3,2,2 | Dass die Sklaven ohne ein Schreiben von mir zu dir gekommen sind, dafür war, wie du nun wohl siehst, keine Erbitterung von meiner Seite die Ursache; es war weiter nichts, als ein lähmender Verdruss, als ein Übermaß von Tränen und Schmerzen. |
| Haec ipsa me quo fletu putas scripsisse? eodem, quo te legere certe scio. Cic.ad Q.fr.1,3,3,1 | Unter welchem Tränenerguss, meinst du, dass ich gerade dies hier schreibe? Unter ganz gleichem, wie ich von dir überzeugt bin, dass du dies liest. |
| An ego possum aut non cogitare aliquando de te aut umquam sine lacrimis cogitare? cum enim te desidero, fratrem solum desidero? ego vero suavitate prope aequalem, obsequio filium, consilio parentem; quid mihi sine te umquam aut tibi sine me iucundum fuit? Cic.ad Q.fr.1,3,3,2 | Ist es mir möglich, auch nur einen Augenblick nicht an dich zu denken, oder je deiner ohne Tränen zu gedenken? Meine Sehnsucht nach dir – ist sie bloß Sehnsucht nach dem Bruder? Nein, du warst mir zum Umgang so erwünscht, wie ein mir fast gleicher Altersgenossen. Du richtetest dich nach meinen Wünschen, wie ein Sohn, warst an besonnenem Rat einem Vater gleich. Gab es für mich je etwas Erfreuliches ohne dich, oder für dich ohne mich? |
| Sed tamen, quoquo modo potui, scripsi et dedi litteras ad te Philogono, liberto tuo, quas credo tibi postea redditas esse, in quibus idem te hortor et rogo, quod pueri tibi verbis meis nuntiarunt, ut Romam protinus pergas et properes. Cic.ad Q.fr.1,3,4,1 | Gleichwohl habe ich, so wie ich es eben vermochte, an dich geschrieben, und den Brief deinem Freigelassenen, Philogonus, gegeben; ihn hast du, hoffe ich, inzwischen erhalten. Er enthält ganz dieselben eindringlichen Bitten, die ich dir mündlich durch meine Sklaven ausrichten ließ, nämlich du mögest unverzüglich und geraden Weges nach Rom eilen. |
| spero, si quid mea spes habet auctoritatis, tibi et integritatem tuam et amorem in te civitatis et aliquid etiam misericordiam nostri praesidii laturam; sin eris ab isto periculo vacuus, ages scilicet, si quid agi posse de nobis putabis. Cic.ad Q.fr.1,3,5,2 | Hat meine Hoffnung irgend ein Gewicht, so darf ich wohl erwarten, dass deine Unbescholtenheit und die Liebe der Bürger zu dir, einigermaßen auch das Mitleid mit mir, dich dabei unterstützen werden. Bist du einmal diese Gefahr los, wirst du dich, denke ich, für mich einsetzen, wenn du meinst, dass man sich für mich einsetzen könne. |
| Sed, ista qualia sint, tu velim perspicias mihique declares. Cic.ad Q.fr.1,3,5,4 | Doch verschaffe du dir Klarheit darüber, wie sich dies verhält, und berichte mir! |
| Ego tamen, quamdiu tibi opus erit, si quid periculi subeundum videbis, vivam; diutius in hac vita esse non possum; neque enim tantum virium habet ulla aut prudentia aut doctrina, ut tantum dolorem possit sustinere. Cic.ad Q.fr.1,3,5,5 | Ich will jedoch noch so lange mein Leben fristen, als es dir nutzen kann, wenn du dich irgend einer Gefahr ausgesetzt siehst. Länger halte ich dieses Leben nicht aus. Nein, einen solchen Schmerz zu ertragen gibt keine Klugheit, keine Weisheit Kraft genug. |
| Sed haec occultabis, ne quid obsint: illud caveto — et eo puto per Pomponium fovendum tibi esse ipsum Hortensium —, ne ille versus, qui in te erat collatus, cum aedilitatem petebas, de lege Aurelia, falso testimonio confirmetur. Cic.ad Q.fr.1,3,8,2 | Doch lass dir dies nicht anmerken: sie könnten sonst Schaden anrichten. Davor nimm dich in acht! Und besonders darum, denke ich, solltest du durch Pomponius dem Hortensius schön tun, damit nicht der Vers, der auf dich, als du dich um die Aedilität bewarbst, infolge des Aurelischen Gesetzes angewandt worden war, noch gar durch ein falsches Zeugnis bestätigt werde. |
| nihil enim tam timeo, quam ne, cum intelligant homines, quantum misericordiae nobis tuae preces et tua salus allatura sit, oppugnent te vehementius. Cic.ad Q.fr.1,3,8,3 | Denn nichts fürchte ich mehr, als den Gedanken, man könnte dir noch heftiger entgegenarbeiten, wenn man bemerkt, wie viel Mitleid mir deine Bitten und deine Unversehrtheit einbringen. |
| Messalam tui studiosum esse arbitror; Pompeium etiam simulatorem puto. Sed haec utinam ne experiare! quod precarer deos, nisi meas preces audire desissent; verumtamen precor, ut his infinitis nostris malis contenti sint; in quibus non modo tamen nullius inest peccati infamia, sed omnis dolor est, quod optime factis poena maxima est constituta. Cic.ad Q.fr.1,3,9,1 | Dass Messala dir geneigt ist, glaube ich, aber Pompeius, vermute ich, ist ein Heuchler. Doch möge dir die Probe aufs Exempel erspart bleiben! Ich würde die Götter darum bitten, wären sie nicht längst gegen meine Gebete taub geworden. Dennoch flehe ich, sie möchten sich mit diesem meinem grenzenlosen Elend zufrieden geben; trifft es mich doch nicht infolge einer Verfehlung; sondern darin liegt mein ganzer Schmerz, dass dem edelsten Handeln die größte Strafe bestimmt ist. |
| Filiam meam et tuam Ciceronemque nostrum quid ego, mi frater, tibi commendem? quin illud maereo, quod tibi non minorem dolorem illorum orbitas afferet quam mihi; sed te incolumi orbi non erunt. Cic.ad Q.fr.1,3,10,1 | Meine und deine Tochter, und unseren Sohn – warum soll ich sie dir, mein Bruder, empfehlen? Ist doch gerade das auch mein Kummer, dass dich ihre Verwaistheit nicht weniger schmerzen wird, als mich. Doch, bleibst du unversehrt, werden sie nicht verwaist sein. |
| Sed de hoc scripsi ad te in ea epistula, quam Phaethonti dedi. Cic.ad Q.fr.1,4,4,4 | Doch hierüber habe ich dir in dem Brief geschrieben, den ich Phaethon mitgegeben habe. |
| Nunc tu, quoniam in tantum luctum laboremque detrusus es, quantum nemo umquam, si levare potes communem casum misericordia hominum, scilicet incredibile quiddam assequeris; sin plane occidimus — me miserum! — ego omnibus meis exitio fuero, quibus ante dedecori non eram. Cic.ad Q.fr.1,4,4,5 | Da du jetzt in einen solchen Jammer und in solche Drangsal hinabgestoßen bist, wie noch keiner jemals zuvor – wenn es dir gelingt, durch das Mitleid der Menschen unserem gemeinsamen Unglück ein Ende zu machen, so wirst du etwas schier Unglaubliches erreichen. Bin ich aber ganz verloren, werde ich Unglückseliger das Verderben über alle meine Lieben gebracht haben, denen ich zuvor nie Schande bereitet habe. |
| Sed tu, ut ante ad te scripsi, perspice rem et pertenta et ad me, ut tempora nostra, non ut amor tuus fert, vere perscribe: ego vitam, quoad putabo tua interesse aut ad spem servandam esse, retinebo. Cic.ad Q.fr.1,4,5,1 | Doch erforsche, wie ich dir früher schon schrieb, und erprobe die Lage; schreibe mir dann ganz wahrheitsgemäß, wie es meiner Lage, nicht wie es deiner Liebe entspricht. So lange will ich am Leben festhalten, als ich glaube, mein Leben habe einen Wert für dich, oder es gebe noch Hoffnung für mich. |
| Tu nobis amicissimum Sestium cognosces; credo tua causa velle Lentulum, qui erit consul: quamquam sunt facta verbis difficiliora. Cic.ad Q.fr.1,4,5,2 | Dass Sestius mir innigst zugetan ist, wirst du merken. Dir aber, glaube ich, will der künftige Konsul Lentulus sehr wohl. Doch Handeln fällt schwerer als Reden. |
| Scripsi ad te antea superiora; nunc cognosce, postea quae sint acta. Cic.ad Q.fr.2,3,1,1 | Mein letzter Brief meldete dir, was früher vorgefallen war; hier hast du die späteren Ereignisse. |
| Quae tibi eo scribo, quod me de retinenda Sestii gratia litteris saepe monuisti. Cic.ad Q.fr.2,3,6,3 | Dir schreibe ich das, weil du mich öfter in Briefen angegangen hast, ich solle mit Sestius auf freundschaftlichem Fuß bleiben. |
| Cetera sunt in rebus nostris huiusmodi, ut tu mihi fere diffidenti praedicabas: plena dignitatis et gratiae; quae quidem tua, mi frater, prudentia, patientia, virtute, pietate, suavitate etiam tibi mihique sunt restituta. Cic.ad Q.fr.2,3,7,2 | Übrigens stehen meine Verhältnisse so, wie du sie mir (wiewohl ich es fast nicht glauben wollte) schildertest: ich genieße überall Achtung und Wohlwollen und alles habe ich, mit dir, durch deine Klugheit, mein Bruder, deine Ausdauer, deinen Edelsinn, deine treue Anhänglichkeit und durch dein gefälliges Betragen wiedergewonnen. |
| A te post illam Olbiensem epistulam nullas litteras accepi: quid agas et ut te oblectes, scire cupio maximeque te ipsum videre quam primum. Cic.ad Q.fr.2,3,7,4 | Von dir habe ich seit jenem Schreiben aus Olbia keinen Brief mehr erhalten. Es liegt mir aber sehr daran, zu wissen, was du tust und wie du dich bei Laune hältst, am meisten jedoch, dich selbst baldmöglichst zu sehen. |
| petimus abs te, M. Fanni, a vobisque, iudices, ut quam acerrime maleficia vindicetis, ut quam fortissime hominibus audacissimis resistatis, ut hoc cogitetis: Cic.S.Rosc.12.b | Ich verlange von dir, Marcus Fannius, und von euch, ihr Richter, dass ihr die Verbrechen mit größter Strenge rügt, dass ihr den überfrechen Menschen möglichst entschlossen Widerstand leistet und Folgendes bedenkt: |
| neque haec tu non intellegis, sed usque eo, quid arguas, non habes, ut non modo tibi contra nos dicendum putes, verum etiam contra rerum naturam contraque consuetudinem hominum contraque opiniones omnium. Cic.S.Rosc.45.a | Doch das ist dir selbst wohl bewusst; aber es fehlt dir so sehr an Gründen für deine Beschuldigung, dass du nicht bloß gegen uns, sondern gegen alles, was natürlich ist, gegen die Gewohnheit und die allgemeine Meinung sprechen zu müssen glaubst. |
| quaeso, Eruci, ut hoc in bonam partem accipias; non enim exprobrandi causa sed commonendi gratia dicam. Cic.S.Rosc.45.b | Ich bitte dich, Erucius, das, was ich sagen will, nicht übel aufzunehmen; denn ich sage es nicht, um dir einen Vorwurf zu machen, sondern nur zu deiner Belehrung. |
| si tibi fortuna non dedit ut patre certo nascerere, ex quo intellegere posses, qui animus patrius in liberos esset, at natura certe dedit, ut humanitatis non parum haberes; Cic.S.Rosc.46.a | Wenn das Glück dir nicht gegönnt hat, deinen Vater mit Sicherheit angeben zu können, von dem Du hättest lernen können, wie Väter gegen ihre Kinder gesinnt sind, so hat dir doch die Natur einen Grad von menschlichem Gefühl verliehen; |
| eo accessit studium doctrinae, ut ne a litteris quidem alienus esses. Cic.S.Rosc.46.b | dazu kommt noch wissenschaftliche Ausbildung, so dass dir auch die Literatur nicht fremd geblieben ist. |
| age nunc, refer animum, sis, ad veritatem et considera non modo in Umbria atque in ea vicinitate, sed in his veteribus municipiis, quae studia a patribus familias maxime laudentur; Cic.S.Rosc.48.a | Wohlan denn, besinne dich doch, wenn es dir gefällt, auf das Wahre, und betrachte, welche Beschäftigungen nicht bloß in Umbrien und der Umgegend, sondern in jenen alten Freistädten bei den Hausvätern am meisten beliebt sind. |
| verum concedo tibi, ut ea praetereas, quae, cum taces, nulla esse concedis; Cic.S.Rosc.54.a | Aber ich will dir zugeben, dass du diese übergehst, weil du durch dein Stillschweigen zugibt, dass sie gar nicht vorhanden waren. |
| vere nihil potes dicere; finge aliquid saltem commode, ut ne plane videaris id facere, quod aperte facis, huius miseri fortunis et horum virorum talium dignitati inludere. Cic.S.Rosc.54.c | Zutreffend weißt du nichts zu sagen. So erdichte doch wenigstens etwas Passendes, damit man nicht ganz und gar von dir glauben muss, du tust das, was du freilich offenbar tust, nämlich du spottest des Schicksals dieses Unglücklichen, und der Würde dieser so angesehenen Männer. |
| haec te opinio falsa in istam fraudem impulit; non mehercules verbum fecisses, si tibi quemquam responsurum putasses. Cic.S.Rosc.58.f | Diese falsche Meinung hat dich zu dieser betrügerischen Anklage veranlasst. Gewiss, du wärest nicht aufgetreten, wenn du gedacht hättest, dass dir jemand antworten würde. |
| quae quoniam te fefellerunt, Eruci, quoniamque vides versa esse omnia, causam pro Sex. Roscio, si non commode, at libere dici, quem dedi putabas, defendi intellegis, quos tradituros sperabas, vides iudicare, restitue nobis aliquando veterem tuam illam calliditatem atque prudentiam, confitere huc ea spe venisse, quod putares hic latrocinium, non iudicium futurum. Cic.S.Rosc.61.a | Weil Du dies nicht geahnt hast, Erucius, weil du siehst, dass alles ganz anders geht, dass Roscius vielleicht nicht geschickt, doch freimütig verteidigt wird, weil du nun wahrnimmst, dass der, von dem du wähntest, man werde ihn dir preisgeben, nun doch Schutz findet, weil du siehst, dass diejenigen, die, wie du hofftest, dir ihn ausliefern sollten, als Richter handeln, nun so lass uns wieder einmal deine alte Geschicklichkeit und Schlauheit sehen! Gestehe, dass du hierher in der Hoffnung kamst, hier ein Räubernest und kein Gericht zu finden. |
| esto, causam proferre non potes. tametsi statim vicisse debeo, tamen de meo iure decedam et tibi, quod in alia causa non concederem, in hac concedam fretus huius innocentia. Cic.S.Rosc.73.c | Gut denn: eine Ursache kannst du nicht angegeben. Wiewohl mir nun sogleich der Sieg zuerkannt werden müsste, so will ich doch von meinem Recht keinen Gebrauch machen und im Vertrauen auf die Unschuld des Beklagten dir in dieser Sache etwas zugeben, was ich in einer anderen nicht zugeben würde. |
| non quaero abs te, qua re patrem Sex. Roscius occiderit, quaero, quo modo occiderit. ita quaero abs te, C. Eruci, quo modo, et sic tecum agam, ut meo loco vel respondendi vel interpellandi tibi potestatem faciam vel etiam, si quid voles, interrogandi. Cic.S.Rosc.73.d | Ich frage dich nicht mehr, warum Roscius seinen Vater umgebracht habe, ich frage nur, wie er ihn umgebracht habe. So frage ich dich, Gaius Erucius, und behandle die Sache so mit dir, dass ich dir gestatte, bei diesem Punkt mir zu antworten, mich zu unterbrechen oder auch, wenn du willst, zu fragen. |
| nunc, Eruci, ad te venio. conveniat mihi tecum necesse est, si ad hunc maleficium istud pertinet, aut ipsum sua manu fecisse, id quod negas, aut per aliquos liberos aut servos. Cic.S.Rosc.79.a | Nun, Erucius, komme ich zu dir. Du musst mit mir darin einig sein, dass, wenn jene Übeltat diesen angeht, er sie entweder mit eigener Hand vollbracht hat, was du leugnest, oder durch Freigeborene oder durch Sklaven. |
| restare tibi videbatur servorum nomen, quo quasi in portum reiectus a ceteris suspicionibus confugere posses; Cic.S.Rosc.79.d | Nun sollte man denken, bleibe dir noch die Benennung der Sklaven übrig, um zu ihr wie in einen Hafen deine Zuflucht zu nehmen, da du dich bei allen übrigen Verdachtsarten zurückgewiesen siehst. |
| quid ais? volgo occidebantur? per quos et a quibus? nonne cogitas te a sectoribus huc adductum esse? quid postea? nescimus per ista tempora eosdem fere sectores fuisse collorum et bonorum? Cic.S.Rosc.80.d | Was sagst du? Mordtaten wurden allethalben begangen? Durch wen und auf wessen Geheiß? Fällt es dir nicht ein, dass du von Seelenverkäufern hierher geführt worden bist? Und dann: wissen wir nicht, dass in jenen Zeiten die Seelenverkäufer und Güteraufkäufer ungefähr dieselben waren? |