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Marcus Tullius Cicero
de re publica VI: Somnium Scipionis

5.) Cic.rep.6,26-28: Der Unsterblichkeitsbeweis der Seele nach Platons Phaidros

 

 
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VI 26-28

[Die etwas barocke Übersetzung stammt von Karl Atzert. Eine eigene Übersetzung soll möglichst bald an ihre Stelle treten.]

(6,26) Quae cum dixisset, Ego vero, inquam, Africane, siquidem bene meritis de patria quasi limes ad caeli aditum patet, quamquam a pueritia vestigiis ingressus patris et tuis decori vestro non defui, nunc tamen tanto praemio exposito enitar multo vigilantius. 
Et ille: Tu vero enitere et sic habeto, non esse te mortalem, sed corpus hoc; nec enim tu is es, quem forma ista declarat, sed mens cuiusque is est quisque, non ea figura, quae digito demonstrari potest. Deum te igitur scito esse, siquidem est deus, qui viget, qui sentit, qui meminit, qui providet, qui tam regit et moderatur et movet id corpus, cui praepositus est, quam hunc mundum ille princeps deus; et ut mundum ex quadam parte mortalem ipse deus aeternus, sic fragile corpus animus sempiternus movet.
Darauf erwiderte ich: »Africanus, von Jugend auf war ich bestrebt, in deine und meines Vaters Fußstapfen zu treten und ließ es nicht daran fehlen, euch Ehre zu machen; nun aber werde ich, wenn es ja für Verdienste um das Vaterland gleichsam einen Pfad gibt, der zum Himmel führt, angesichts so hohen Lohnes noch viel reger meine Kräfte rühren.«
Darauf er: »Tue das und wisse: Nicht du bist sterblich, sondern nur dein Leib. Denn du bist nicht der, den deine äußere Gestalt darstellt, sondern durch den Geist ist der Mensch erst Mensch, nicht durch die Gestalt, auf die man mit dem Finger hinzeigen kann. Sei dir daher bewusst, dass du ein göttliches Wesen bist, wenn anders Gott als das zu verstehen ist, was lebt, fühlt, sich erinnert, voraussieht, so Lenker, Leiter, Beweger des Körpers, dem er als Herr gesetzt ist, wie jenes höchste göttliche Prinzip, das diese Welt regiert. Und wie diese Welt, soweit sie rein körperlich ist, dem Tode verfällt, Gott es aber ist, der sie in Bewegung hält, so bewegt der unsterbliche Geist des Leibs gebrechliches Gefäß.
(6,27) Nam quod semper movetur, aeternum est; quod autem motum adfert alicui, quodque ipsum agitatur aliunde, quando finem habet motus, vivendi finem habeat necesse est. Solum igitur, quod sese movet, quia numquam deseritur a se, numquam ne moveri quidem desinit; quin etiam ceteris, quae moventur, hic fons, hoc principium est movendi. Principii autem nulla est origo; nam ex principio oriuntur omnia, ipsum autem nulla ex re alia nasci potest; nec enim esset id principium, quod gigneretur aliunde; quodsi numquam oritur, ne occidit quidem umquam. Nam principium exstinctum nec ipsum ab alio renascetur nec ex se aliud creabit, siquidem necesse est a principio oriri omnia. Ita fit, ut motus principium ex eo sit, quod ipsum a se movetur; id autem nec nasci potest nec mori; vel concidat omne caelum omnisque natura et consistat necesse est nec vim ullam nanciscatur, qua a primo inpulsa moveatur.
Denn was sich dauernd bewegt, das ist ewig. Eine bewegende, aber selbst ihre Bewegung anderswoher empfangende Kraft muss mit Notwendigkeit ihre Wirksamkeit verlieren, wenn ihre Eigenbewegung aufhört. Mithin hört nur das nicht auf, bewegt zu werden, was Eigenbewegung ist, da es ja sich selbst nicht verlässt, ja, es ist sogar für alles andere, das in Bewegung ist, Quelle und Prinzip der Bewegung. Als solches hat es keinen Anfang, denn aus ihm geht alles hervor, während es selbst aus nichts anderem hervorgeht. Denn das könnte gar nicht ein Prinzip sein, was seinen Anbeginn aus einem anderen hätte. Wenn es also niemals entsteht, so vergeht es auch niemals. Ein Prinzip, das erlischt, könnte weder jemals selbst aus, einem anderen wieder erstehen noch aus sich selbst ein anderes hervorbringen, da ja notwendigerweise aus ihm als Prinzip alles hervorgeht. Folglich liegt Urgrund jeglicher Bewegung in dem, was sich aus sich selbst bewegt, das aber kann weder entstehen noch vergehen. Oder es müsste der ganze Himmel einstürzen und die gesamte Natur stillstehen, ohne jemals wieder irgendeine Kraft zu finden, von deren Anstoß sie ihre Bewegung zurückerhalten könnte.
(6,28) Cum pateat igitur aeternum id esse, quod a se ipso moveatur, quis est, qui hanc naturam animis esse tributam neget? Inanimum est enim omne, quod pulsu agitatur externo; quod autem est animal, id motu  cietur interiore et suo; nam haec est propria natura animi atque vis; quae si est una ex omnibus, quae sese moveat, neque nata certe est et aeterna est.
Da es also offenbar ist, dass ewig nur das ist, was aus sich selbst bewegt wird, so frage ich, wer könnte in Abrede stellen, dass diese Eigenschaft wesenhaft der Seele zuzuschreiben ist? Unbeseelt ist alles das, was durch eine von außen einsetzende Stoßkraft erst Bewegung erhält; was aber beseelt ist, das bewegt sich aus innerer, ihm selbst eigener Bewegung. Denn das eben ist die der Seele wesenhaft eigene Kraft, und wenn sie das einzige ist, das sich selbst bewegt, dann steht außer Zweifel, dass sie nicht entstanden, dass sie vielmehr ewig ist.

 

Aufgabenvorschläge:
  1.  

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Cic" und "rep"
174
Talis est quaeque res publica, qualis eius aut natura aut voluntas, qui illam regit.
So ist jeder Staat, wie entweder der Charakter oder der Wille desjenigen, der ihn regiert.
Cic.rep.1,47


Literatur:
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Ciceros Staatsdefinition
in: Klein: Staatsd., WBG 1966 (WdF 46)
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Plinius d. J. und Cicero. Untersuchungen zur römischen Epistolographie in Republik und Kaiserzeit
in: ANRW II.33.1 (1989) 375-386
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Wübert, B.
Cicero Somnium Scipionis - Gedanken zur Sphärenharmonie
in: Anr 34/5,1988,298
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