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C.Valerii Catulli Veronensis
carmina

Catull.9 
An den Heimkehrer Veranius

 

 
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 1 Verani, omnibus e meis amicis Mein Veranius, unter hunderttausend
  2 antistans mihi milibus trecentis, Lieben Freunden von allen mir der liebste!
  3 venistine domum ad tuos penates  Bist du wieder bei deinen Hauspenaten,
  4 fratresque unanimos anumque matrem? Herzensbrüdern und bei der greisen Mutter?
 5
venisti. o mihi nuntii beati! Ja, du bist es. O freudenvolle Botschaft.
  6 visam te incolumem audiamque Hiberum Unverletzt dich zu sehen! zu hören, was du
  7 narrantem loca, facta, nationes, Von iberischen Völkern, Städten, Sitten
  8 ut mos est tuus, applicansque collum Uns erzählst! mich an deinen Hals zu klammern!
  9 iucundum os oculosque saviabor Dir die Augen, den süßen Mund zu küssen!
 10
o quantumst hominum beatiorum,
Sagt, ihr glücklichsten aller Menschenkinder,
  11 quid me laetius est beatiusve? Wer kann glücklicher sein als ich? wer froher?
     
Versmaß:  Phalaeceus (Hendekasyllabus)
Übersetzung: M.Brod, 23  
Phalaeceus

 

Aufgabenvorschläge:
  1.  Das Gedicht ist so einfach und schlicht, dass es keiner besonderen Interpretation zu bedürfen scheint und seine Kunstform hinter dem Genuss, den es vermittelt, gleichsam verbirgt. Besonders in solchen Fällen ist es ratsam, sich ein Arbeitsblatt anzulegen, um die wichtigsten Bezüge zu skizzieren.
    Catull.9.
  2. Wenn sich das Lyrische als sich verinnernder Vorgang vollzieht, so vollzieht es sich als Bewegung (nach innen). Hat das (obige) Arbeitsblatt Hinweise auf diesen lyrischen Vorgang ergeben?
    FERNE
     
    ---->
     
    NÄHE

    Veranus antistans

    ---->
    nuntii beati
    ---->
    nihil me beatius!
    Hiberus
    ---->
    domum ad tuos penates
    --->
    ego
    Vergangenheit
    ---->
    Gegenwart
    ---->
    Zukunft
    venisti? (≈ aberas)
     
    venisti! (≈ ades)
     
    te visam ---->
    audiam ---->
    saviabor
  3. Zu den traditionellen Motiven des Begrüßungsgedichtes gehört u.a. die Vergenwärtigung des fernen Ortes, der überwundenen Gefahren und der dort erbrachten Leistungen. Wie genügt Catull diesen Erwartungen?
    Objektivität und Subjektivität
    1. Das Faktische des Gewesenen (das seiner Natur nach mehr episch als lyrisch ist) wird nur indirekt in das gegenwärtige Erleben, und die künftige Erwartung hineingespiegelt und so in den lyrischen Vorgang integriert:
      1. Veranius ist incolumis gekommen; also musster er gefahrvolle Situationen meistern;
      2. er wird seinem Freund vom Hiberus, von den loca, facta und nationes erzählen; also war er in Spanien, ist dort weit umhergekommen, hat viel erlebt und einiges Erzählenswertes geleistet.
      3. Das Faktische mündet in den Preis des persönlichen Glücks und löst sich so ganz in das subjektive Erleben auf (siehe zur Sprechhaltung).
  4. Differenzieren Sie Ihre Beobachungen nach den vier Schichten des Aufbaus:
    Schichten des Aufbaus
    1. Struktur: stichisch; die ungerade Verszahl macht eine strophische Gliederung nicht möglich, was dem Gedicht größere Einheit verleiht. Binnenstrukturen werden aufgrund anderer Aufbauschichten sichtbar [Klang (Alliterationen, Vokalisierungen) und Bedeutungsentwicklung]. So sind jeweils die Verse 1-6 und 5-11 miteinander verknüpft. Die Verse 5-6 haben Scharnierfunktion: Dort geht der Blick von dem Freund (venisti - du), dessen Ankunft glaubhaft gemeldet wurde, auf das damit verbundene persönlich Glück (visam - ego).
    2. Rhythmus: Beweglicher Elfsilber, ohne Scheu vor Elisionen, und ohne gesuchte Gleicheit von Verslänge und Aussage (Enjambements). Nähe zum Prosarhythmus.
    3. Klang: Alliterationen, Vokalisierungen, Wortwiederholungen (Polyptoton),
    4. Bedeutung: Die Bedeutung wird durch den gekennzeichneten Bewegungsablauf (Spanien - Boten - Brüder - Eltern - Freund - Erzählung - Umarmung - Kuss - Glück) verdeutlicht.
  5. Lässt sich die Lyrische Sprechhaltung mit einiger Sicherheit bestimmen?
    Lyrische Sprechhaltung
    1. Das lyrische Nennen liegt da vor, wo das Faktische zum Ausdruck kommt, also hier bewusst stark zurückgedrängt;
    2. das lyrische Ansprechen, liegt überall da vor, wo die seelische und gegenständliche Sphäre aufeinander wirken und sich in der Begegnung entfalten, und bildet somit die Grundhaltung des Gedichtes;
    3. das liedhaftes Sprechen kann man in der "Selbstaussprache der gestimmten Innerlichkeit" der beiden letzten Verse finden, wo es "keine gegenüberstehende und auf das Ich wirkende Gegenständlichkeit" mehr gibt.
  6. H.P. Syndikus empfiehlt am Ende seiner lesenswerten Interpretation des Gedichtes, unser Gedicht mit einem Begrüßungsgedicht des Horaz (Hor.c.1,36) zu vergleichen. Diese Empfehlung sei hiermit gern weitergegeben.
Sententiae excerptae:
Lat. zu "Catull.9,"