Homer, Ilias
Exposition: Das Spielfeld und die Akteure (Hom.Il.1,8-21)
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Hom.Il.1,8-32 |
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τίς τ' ἄρ σφωε
θεῶν ἔριδι ξυνέηκε
μάχεσθαι;
Λητοῦς καὶ Διὸς
υἱός· ὃ γὰρ
βασιλῆϊ χολωθεὶς |
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Wer doch der Götter hat sie in
Zwietracht zu streiten gereizt? - Letos und des Zeus Sohn. Denn
zornig gegen den König |
νοῦσον ἀνὰ στρατὸν
ὄρσε κακήν, ὀλέκοντο
δὲ λαοί,
οὕνεκα
τὸν Χρύσην ἠτίμασεν
ἀρητῆρα
Ἀτρεΐδης·
ὃ γὰρ ἦλθε θοὰς
ἐπὶ νῆας Ἀχαιῶν
λυσόμενός τε
θύγατρα φέρων
τ' ἀπερείσι'
ἄποινα,
στέμματ'
ἔχων ἐν χερσὶν
ἑκηβόλου Ἀπόλλωνος |
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erregt' er böse Seuche durch's
Heer, und es sanken die Völker hin, weil der Atride Chrysen,
den Priester, nicht geehrt. Denn dieser war gekommen zu den hurtigen
Schiffen der Achaier, willens, zu lösen die Tochter, mit
unermesslichen Sühngeschenken; in den Händen haltend
den Lorbeerkranz des ferntreffenden Apollon |
χρυσέῳ ἀνὰ
σκήπτρῳ, καὶ
λίσσετο πάντας
Ἀχαιούς,
Ἀτρεΐδα
δὲ μάλιστα δύω,
κοσμήτορε λαῶν·
Ατρεΐδαι τε
καὶ ἄλλοι ἐϋκνήμιδες
Ἀχαιοί,
ὑμῖν
μὲν θεοὶ δοῖεν
Ὀλύμπια δώματ'
ἔχοντες
ἐκπέρσαι
Πριάμοιο πόλιν,
εὖ δ' οἴκαδ' ἱκέσθαι· |
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an dem goldenen
Stab. Und er flehte alle Achaier, doch die Atriden zumeist,
die zwei Ordner der Völker: "O Atriden, und ihr anderen
schöngeschienten Achaier! Euch mögen die Götter,
der olympischen Wohnungen Besitzer, gewähren, Priamos'
Stadt zu vertilgen, und glücklich in die Heimat zu kehren; |
παῖδα δ' ἐμοὶ
λύσαιτε φίλην,
τὰ δ' ἄποινα
δέχεσθαι,
ἁζόμενοι
Διὸς υἱὸν ἑκηβόλον
Ἀπόλλωνα.
ἔνθ'
ἄλλοι μὲν πάντες
ἐπευφήμησαν
Ἀχαιοὶ
αἰδεῖσθαί
θ' ἱερῆα καὶ
ἀγλαὰ δέχθαι
ἄποινα·
ἀλλ'
οὐκ Ἀτρεΐδῃ
Ἀγαμέμνονι
ἥνδανε θυμῷ, |
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aber das Kind löset mir, das geliebte, und nehmt die Sühngeschenke
an, ehrend Zeus' Sohn, den ferntreffenden Apollon." Da
gaben die anderen Achaier alle ihren Beifall, zu ehren den Priester,
und die herrlichen Lösegeschenke anzunehmen; aber nicht
dem Atriden Agamemnon gefiel's im Herzen, |
ἀλλὰ κακῶς ἀφίει,
κρατερὸν δ' ἐπὶ
μῦθον ἔτελλε·
μή σε γέρον κοίλῃσιν
ἐγὼ παρὰ νηυσὶ
κιχείω
ἢ νῦν
δηθύνοντ' ἢ ὕστερον
αὖτις ἰόντα,
μή νύ τοι οὐ
χραίσμῃ σκῆπτρον
καὶ στέμμα θεοῖο·
τὴν δ' ἐγὼ οὐ
λύσω· πρίν μιν
καὶ γῆρας ἔπεισιν |
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sondern entließ
er ihn, und fügte die heftige Rede hinzu: "Dass ich
dich, Alter, nicht bei den hohlen Schiffen treffe, sei es jetzt
verweilend, sei es später wiederkommen; wahrlich, nichts
würde dir der Stab nützen, und der Kranz des Gottes.
Jene aber werde ich nicht lösen, |
ἡμετέρῳ ἐνὶ
οἴκῳ ἐν Ἄργεϊ
τηλόθι πάτρης
ἱστὸν ἐποιχομένην
καὶ ἐμὸν λέχος
ἀντιόωσαν·
ἀλλ' ἴθι μή μ'
ἐρέθιζε σαώτερος
ὥς κε νέηαι
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ehe sich das Alter ihr
nahtin unserm Hause zu Argos, um ferne des Vaterlandes den Webstuhl
zu umgehn, und sich meinem Lager zu gesellen; darum geh und
reize mich nicht, dass du unverletzt entkommst."
Übersetzung nach J.St.Zauper |
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Aufgaben:
- Nach der Angabe des Themas erfolgt die Exposition. Stecken Sie
in engem Bezug zum Text das Spielfeld des Geschehens ab und bestimmen
Sie das Ensemble der Akteure. Stellen Sie die grundlegenden Bezüge
heraus, die zwischen ihnen (faktisch) bestehen oder (normativ)
bestehen sollten! Die schematische Darstellung kann Sie dabei
unterstützen.
- Ergeben sich ansatzweise bereits grundlegende Aspekte einer
Struktur der homerischen Gesellschaft und eines homerischen Welt-
und Menschenbildes?
- Wie ist zu verstehen, dass die Erzählfolge der Sachbezüge
(Zorn des Achilleus - Pest - Zorn Apollons - Kränkung des
Priesters - Bitten des Priesters) kompositionell in einer zum
Geschehen umgekehrten Entwicklung dargeboten werden? Beachten
Sie dabei die entsprechenden Konnektoren: (τίς
τ' ἄρ..., 8) (ὃ γὰρ ἦλθε, 12)
Geschehensabfolge |
Erzählabfolge |
- Kränkung des Priesters durch Agamemnon
- Zorn Gottes Apollon
- Zorn des Achilleus
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- Zorn des Achilleus (1ff)
- Zorn Gottes Apollon (8f)
- Kränkung des Priesters durch Agamemnon (12ff)
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- Bestimmen Sie die Einzelelemente, die sich in der kurzen, wörtlich
vorgetragenen Bitte des Priesters (17-21) unterscheiden lassen!
- Anrede, Segenswunsch, Bitte, Appell
- Stellen Sie fest, ob die "normativen Bezüge",
die zwischen den einzelnen Akteuren des Geschehens (Aufgabe 1;
Schema) zu beachten sind, in der Bitte des Priesters auch berücksichtigt
werden!
- Soziale und humane Bindung: Der Priester anerkennt die
Interessen der Feldherrn und der Achaier insgesamt (Segenswunsch:
Eroberung Trojas und glückliche Heimkehr).
- Er legt die Erfüllung in den Willen der Götter
im allgemeinen (zunächst nicht des Apollon) (θεοὶ
δοῖεν, 18) und erwartet von
den Griechen ebenso die achtungsvolle Scheu vor Apollon (ἁζόμενοι Διὸς
υἱὸν..., 21)
- Er erwartet aber ebenso die Achtung seiner Ansprüche
als Vater (παῖδα, 20) und
Priester (ἁζόμενοι
... ἑκηβόλον Ἀπόλλωνα,
21).
- Die Zumutbarkeit und Angemessenheit der Chrysesbitte wird durch
die allgemeine Zustimmung bestätigt. Nur Agamemnon sträubt sich und setzt sich so in Gegensatz zur
allgemeinen Einschätzung. Welche Gründe darf man für
diese Sonderrolle Agamemnons vermuten? Sind diese Gründe
ehrenwert?
- Zeigen Sie, wie die wörtliche Rede, mit der Agamemnon die
Bitte des Priesters abweist (26-32) auf die Bittrede des Priesters
(17-21) bezogen ist!
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- Ehrenvolle Anrede Agamemnons u. der Achaier
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- Abweisende Anrede als "γέρον"
(wobei nicht das ehrende Element des Wortes zur Geltung
kommt, wie Vs.33).
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- Segenswunsch. Sozialintegrative Offenheit für
die Interessen des anderen mit dem Anspruch humaner
Grundhaltung.
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- Schroffe Zurückweisung, die den anderen vor den
Kopf stößt. Egoistische, aggressive Konfliktbereitschaft
mit dem Anspruch der Macht (κρατερὸν
δ' ἐπὶ μῦθον
ἔτελλε, 25).
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- Gewissheit der Übereinstimmung mit dem göttlichen
Willen (θεοὶ δοῖεν,
18 - ἁζόμενοι
Διὸς υἱὸν
ἑκηβόλον Ἀπόλλωνα,
21)
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- Durchsetzung des egoistischen Anspruchs auch gegen
den göttlichen Willen: (μή νύ
τοι οὐ χραίσμῃ
σκῆπτρον καὶ
στέμμα θεοῖο,
28).
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- Berechtigte Bitte um Lösung der Tochter. Angebot
eines Ausgleichs durch ἄποινα,
23.
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- Trotziger Ankündigung des endgültigen und
lebenslangen Sklavenloses der Tochter fern der Heimat.
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- Vertrauensvolle Hinwendung
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- Gereiztes Davonjagen
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- Wie muss die abweisende Rede Agamemnons auf die eigenen Leute
wirken, von denen Vs. 22 gesagt war, dass sie überwiegend
zustimmten?
- Überlegen Sie, wie die Ankündigung Agamemnons, dass
Chryseis als seine Sklavin (in seinem Bett) in Mykene alt werde,
sich zu dem verhält, was nach seiner Heimkehr in Mykene wirklich
passiert? Was ergibt sich aus dieser Diskrepanz für das Verständnis
seiner Worte? Gibt es so etwas wie "epische Ironie"?
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- /Grie/hom/HomIl112.php - Letzte Aktualisierung: 17.07.2024 - 15:54 |