Hesiod
Prometheus, Epimetheus und Pandora
Der Mythos von den fünf Weltaltern
(zur altgriechischen
Schrift)
A. Erzählung
von Pandora und den fünf Weltzeitaltern in
den Erga (Text und Literaturverweise zu Hesiod) |
1. Hes.erg.42-76: Prometheus,
Epimetheus und Pandora
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κρύψαντες γὰρ ἔχουσι θεοὶ βίον ἀνθρώποισιν·
ῥηιδίως γάρ κεν καὶ ἐπ' ἤματι ἐργάσσαιο,
ὥστε σε κεἰς ἐνιαυτὸν ἔχειν καὶ ἀεργὸν ἐόντα·
αἶψά κε πηδάλιον μὲν ὑπὲρ καπνοῦ καταθεῖο,
ἔργα βοῶν δ' ἀπόλοιτο καὶ ἡμιόνων ταλαεργῶν.
ἀλλὰ Ζεὺς ἔκρυψε χολωσάμενος φρεσὶν ᾗσιν,
ὅττι μιν ἐξαπάτησε Προμηθεὺς ἀγκυλομήτης·
τοὔνεκ' ἄρ' ἀνθρώποισιν ἐμήσατο κήδεα λυγρά.
κρύψε δὲ πῦρ· τὸ μὲν αὖτις ἐὺς πάις Ἰαπετοῖο
ἔκλεψ' ἀνθρώποισι Διὸς πάρα μητιόεντος
ἐν κοῒλῳ νάρθηκι λαθὼν Δία τερπικέραυνον.
τὸν δὲ χολωσάμενος προσέφη νεφεληγερέτα Ζευς·
Ἰαπετιονίδη,
πάντων πέρι μήδεα εἰδώς,
χαίρεις πῦρ κλέψας καὶ ἐμὰς φρένας ἠπεροπεύσας,
σοί τ' αὐτῷ μέγα πῆμα καὶ ἀνδράσιν ἐσσομένοισιν.
τοῖς δ' ἐγὼ ἀντὶ πυρὸς δώσω κακόν, ᾧ κεν ἅπαντες
τέρπωνται κατὰ θυμὸν ἑὸν κακὸν ἀμφαγαπῶντες.
ὣς ἔφατ'· ἐκ δ' ἐγέλασσε πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε.
Ἥφαιστον
δ' ἐκέλευσε περικλυτὸν ὅττι τάχιστα
γαῖαν ὕδει φύρειν, ἐν δ' ἀνθρώπου θέμεν αὐδὴν
καὶ σθένος, ἀθανάτῃς δὲ θεῇς εἰς ὦπα ἐίσκειν
παρθενικῆς καλὸν εἶδος ἐπήρατον· αὐτὰρ Ἀθήνην
ἔργα διδασκῆσαι, πολυδαίδαλον ἱστὸν ὑφαίνειν·
καὶ χάριν ἀμφιχέαι κεφαλῇ χρυσέην Ἀφροδίτην
καὶ πόθον ἀργαλέον καὶ γυιοβόρους μελεδώνας·
ἐν δὲ θέμεν κύνεόν τε νόον καὶ ἐπίκλοπον ἦθος
Ἑρμείην
ἤνωγε, διάκτορον Ἀργεϊφόντην.
ὣς ἔφαθ'· οἳ δ' ἐπίθοντο Διὶ Κρονιωνι ἄνακτι.
αὐτίκα δ' ἐκ γαίης πλάσσεν κλυτὸς Ἀμφιγυήεις
παρθένῳ αἰδοίῃ ἴκελον Κρονίδεω διὰ βουλάς·
ζῶσε δὲ καὶ κόσμησε θεὰ γλαυκῶπις Ἀθήνη·
ἀμφὶ δέ οἱ Χάριτές τε θεαὶ καὶ πότνια Πειθὼ
ὅρμους χρυσείους ἔθεσαν χροΐ· ἀμφὶ δὲ τήν γε
Ὧραι
καλλίκομοι στέφον ἄνθεσιν εἰαρινοῖσιν·
[πάντα δέ οἱ χροῒ κόσμον ἐφήρμοσε Παλλὰς Ἀθήνη.] |
In dem Rechtsstreit mit seinem Bruder Perses empfiehlt Hesiod seinem
Bruder die Wahrung des Rechts und Arbeit statt Betrug. Arbeit ist die
dem Menschen zugewiesene Lebensform in einer auf Recht begründeten
Gesellschaft. Die private Auseinandersetzung hebt Hesiod auf eine letzte
und grundsätzliche Ebene, in dem er sie in den Zusammenhang mit der
die Weltordnung begründenden Urauseinandersetzung stellt, der zwischen
Zeus und Prometheus (Olympiern und Titanen): Rechtsbruch führt zur
Buße. Schlag und Gegenschlag bestimmen den Kompromiß der jeweiligen
Rechtsordnung. Dem entspricht auch die Komposition des Textes.
1.Opferbetrug des Prometheus |
Zeus´ Zorn |
2.Feuerdiebstahl des Prometheus |
Pandora |
K. Kerényi, Vom Lachen der Götter (Mensch und Gott nach Homer
und Hesiod, in: Antike Religion, München 1971, S. 137f): "Wie
die griechische Art der Beziehung des Menschen zum Gott von der einen
Seite her durch die griechische Idee des Opfers beleuchtet wird, so wird
sie von der anderen Seite her durch das Lachen der Götter erhellt.
Nicht vom bösartigen Lachen des Zeus am Schluß seines Wettstreits
mit Prometheus, wie die Geschichte in den "Werken und Tagen"
ausgeführt wird. Hesiods Erzählung ist auf den Unterschied zwischen
dem nus des Zeus und der titanischen Geistesart des Prometheus gestellt.
Der nus ist stillschweigend und ruhig wie ein Spiegel bei Zeus, wo er
sich rein und vollkommen zeigt: Er entdeckt alles, ohne zu suchen, ja,
alles entdeckt sich ihm. Der titanische Geist hingegen ist unruhig, erfinderisch
und mit Vorbedacht und Spürsamkeit stets auf der Suche. Das Objekt
des Nus ist, was wirklich ist. Das Objekt des titanischen Geistes ist
die Erfindung, selbst wenn nur eine kunstreiche Lüge, ein Trug, den
die Götter selbst bewundern und sich daran ergötzen. Dem nus
gemäß ist die aletheia, die "Wahrheit" auf griechisch,
besser mit Unverborgenheit zu übersetzen, und das ist tatsächlich
die etymologische Bedeutung dieses Wortes. Die Leugnung der lethe, der
Verborgenheit und des Vergessens, tönt aus ihm. Die titanische Geistesart
liebt das "Krumme": Das Beiwort des Kronos bei Hesiod (ankylometes)
stammt davon ab. "Krumm" ist ihrem Wesen nach die Lüge,
aber auch eine geistreiche Erfindung wie die Schlinge, die im Griechischen
ebenso heißt (he ankyle).
Das notwendige Komplement zum nus ist das Sein. Wenn der nus erlischt,
bleibt das Sein blind. Das notwendige Komplement des titanischen Geistes
ist das geistige und allgemeine Elend: Dummheit, Unbedachtsamkeit, Unbeholfenheit.
Nach jeder Erfindung des Prometheus bleibt neues Elend für die Menschheit.
Nach dem gelungenen Opfer entzieht Zeus den Sterblichen das Feuer. Und
als nach dem gelungenen Feuerdiebstahl Prometheus selbst zum Erleiden
seiner Strafe der Menschheit entzogen wurde, blieb Epimetheus als Vertreter
der Menschen: an der Stelle des Listigen - als sein Komplement - der Dumme.
Die tiefste Verwandtschaft dieser Gestalten wird dadurch ausgedrückt,
dass sie Brüder sind. Man könnte sagen: Ein einziges schlaues
und dummes Urwesen erscheint hier in zwei Personen aufgelöst.
Prometheus ist der Vordenkende, Epimetheus der zu spät Nachdenkende.
Er ist es, der in seiner Unbedachtsamkeit die letzte unversiegbare Quelle
des Elends für die Menschheit, Pandora, als Geschenk der Götter,
entgegennimmt. Und Zeus - so erzählt uns Zeus diesen letzten Akt
des Wettkampf zwischen den beiden Geistesarten - Zeus, der sehend weiß,
dass die Menschen sich am Weibe ergötzen und ihr eigenes Unglück
lieben, lacht auf."
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ἐν δ' ἄρα οἱ στήθεσσι διάκτορος Ἀργεϊφόντης
ψεύδεά θ' αἱμυλίους τε λόγους καὶ ἐπίκλοπον ἦθος
[τεῦξε Διὸς βουλῇσι βαρυκτύπου· ἐν δ' ἄρα φωνὴν]
θῆκε θεῶν κῆρυξ, ὀνόμηνε δὲ τήνδε γυναῖκα
Πανδώρην, ὅτι πάντες Ὀλύμπια δώματ' ἔχοντες
δῶρον ἐδώρησαν, πῆμ' ἀνδράσιν ἀλφηστῇσιν.
αὐτὰρ ἐπεὶ δόλον αἰπὺν ἀμήχανον ἐξετέλεσσεν,
εἰς Ἐπιμηθέα πέμπε πατὴρ κλυτὸν ᾿Ἀργεϊφόντην
δῶρον ἄγοντα, θεῶν ταχὺν ἄγγελον· οὐδ' Ἐπιμηθεὺς
ἐφράσαθ', ὥς οἱ ἔειπε Προμηθεὺς μή ποτε δῶρον
δέξασθαι πὰρ Ζηνὸς Ὀλυμπίου, ἀλλ' ἀποπέμπειν
ἐξοπίσω, μή πού τι κακὸν θνητοῖσι γένηται.
αὐτὰρ ὃ δεξάμενος, ὅτε δὴ κακὸν εἶχ', ἐνόησεν.
Πρὶν μὲν γὰρ ζώεσκον ἐπὶ χθονὶ φῦλ' ἀνθρώπων
νόσφιν ἄτερ τε κακῶν καὶ ἄτερ χαλεποῖο πόνοιο
νούσων τ' ἀργαλέων, αἵ τ' ἀνδράσι Κῆρας ἔδωκαν.
[αἶψα γὰρ ἐν κακότητι βροτοὶ καταγηράσκουσιν.]
ἀλλὰ γυνὴ χείρεσσι πίθου μέγα πῶμ' ἀφελοῦσα
ἐσκέδασ'· ἀνθρώποισι δ' ἐμήσατο κήδεα λυγρά.
μούνη δ' αὐτόθι Ἐλπὶς ἐν ἀρρήκτοισι δόμοισιν
ἔνδον ἔμιμνε πίθου ὑπὸ χείλεσιν, οὐδὲ θύραζε
ἐξέπτη· πρόσθεν γὰρ ἐπέλλαβε πῶμα πίθοιο
[αἰγιόχου βουλῇσι Διὸς νεφεληγερέταο.]
ἄλλα δὲ μυρία λυγρὰ κατ' ἀνθρώπους ἀλάληται·
πλείη μὲν γὰρ γαῖα κακῶν, πλείη δὲ θάλασσα·
νοῦσοι δ' ἀνθρώποισιν ἐφ' ἡμέρῃ, αἳ δ' ἐπὶ νυκτὶ
αὐτόματοι φοιτῶσι κακὰ θνητοῖσι φέρουσαι
σιγῇ, ἐπεὶ φωνὴν ἐξείλετο μητίετα Ζεύς.
οὕτως οὔτι πη ἔστι Διὸς νόον ἐξαλέασθαι. |
Das Zurückbleiben der ἐλπίς
im πίθος der Pandora ergibt schwierige Interpretationsfragen: Gehört
die ἐλπίς zu dem Leid, das den Menschen zur Strafe ausgeteilt wurde, oder
ist sie (nach allgemeinem Verständnis) nicht vielmehr ein Positivum?
- Wenn die ἐλπίς als Leid zu gelten hat, hätte Pandora die Menschen
aus Mitleid oder Erschrecken vor einem letzten Leid bewahrt. Merkwürdig
wäre allerdings, dass sie das auf Zeus´ Anordnung getan hätte,
der das doch gar nicht wollte. Was ἐλπίς als Leid bedeuten könnte,
zeigt z.B. Semonides (1D), wo der Begriff eindeutig
negativ besetzt ist, (vgl. Theogn. 637f; Aischyl.Prom. ËÎË): Illusion,
die dem Menschen den Blick auf das real mögliche Glück verstellt,
Scheitern durch Flucht in die Irrealität der Utopie. Allgemein
ist die Erfahrung, dass Hoffnung trügt; Trug (oder besser: Selbstbetrug)
ist aber etwas Negatives.
- Wenn die ἐλπίς als Positivum (Hoffnung auf ein baldiges Ende des Leides;
vgl. z.B. Theogn. 1135) zu verstehen ist, hätte Pandora bewusst
eine realistische Aussicht auf Linderung oder gar Aufhebung des Menschenleides
verhindern wollen, was ja auch ihrem Auftrag, ihrem sonstigen Tun und
ihrem Wesen entspricht. Der Mensch erfährt in seiner Hoffnungslosigkeit
das Leid als konstitutiv für sein Menschsein, es wird zu einer
existentiellen Größe. Bei aller Plausibilität dieser
Interpretation ergibt sich aber die schwierige Frage, wie und warum
das Positive in den πίθος kam, in dem sonst nur Negatives war.
- Lesky [Motivkontamination, in: Gesammelte Schriften, Bern 1966,
S.327-330] nimmt eine "Motivkontamination" an: Ursprünglich
habe es zwei πίθοι gegeben, einen mit Gutem, einen mit Schlechtem,
Hesiod habe beide Motive vermengt. Um uns zu verwirren?
- Im Unterricht erschien folgende Erklärung einleuchtender:
Vor Pandora lebte der Mensch der Goldenen Zeit im reinen Glück.
ἐλπίς wäre in dieser Phase sinnlos gewesen, denn es gab nichts
zu erhoffen (auch nichts zu befürchten). D.h.: ἐλπίς wird erst
durch das Auftreten des Leides zu einem relativen Wert. Sie wurde
den Menschen also zusammen mit dem Leid entweder als Linderung (aber
Möglichkeit zum Selbstbetrug) gegeben oder zur Erschwernis
(aber zum Zweck illusionsloser Selbsterkenntnis) vorenthalten. Letzteres
trifft auf die herzlose Pandora zu.
K.v.Fritz referiert
(367ff) Problemstellung und Lösungsansätze. H.Fränkel (Elpis, in: Drei Interpretationen aus Hesiod (III), in: Wege und Formen
frühgriechischen Denkens, München (Beck) 1960, S. 329ff): "Dieser
Abschnitt in Hesiods Erga, der die Pandoraerzählung beschließt
(90-101), ist noch ungedeutet. Zwar ist der Text einfach, ist jeder Vers
und Satz, jedes Wort für sich klar und dem Zweifel entrückt. Aber
der Sinn des Ganzen und die Beziehung der Glieder liegen noch im Dunkel;
abgesehen von der elementaren Tatsache, dass offenbar der Einzug der Leiden
in die menschliche Welt geschildert wird. Es ist als wenn ein Rätsel
auf seine Auflösung wartete [...]. Die Schlüsselfrage scheint
die zu sein, was die Verse 96-98 meinen. Ist Elpis ein Gut, das dem Menschen
vorenthalten wird - soll das die Einschließung bedeuten? Ist sie ein
Übel, vor dem er bewahrt bleibt? Sagt die Einsperrung wirklich, dass
Elpis nicht in der Menschenwelt tätig ist? Unmöglich, denn es
gibt doch Hoffnung, und zwar nur bei den Menschen! Alle frühgriechischen
Schriften sind ja voll davon, dass sich der Mensch in eitlen, unzuverlässigen
Hoffnungen wiegt, während die Götter frei über das telos,
die Verwirklichung und Wirklichkeit, verfügen. Also
vielleicht umgekehrt: Elpis bleibt in des Menschen Haus (als Gut? oder als
Übel?), während die Übel frei und feindlich umherschweifen?
Oder wie sonst? »Vorher waren die Menschen ohne Leiden, Mühsal und
Krankheit; aber das Weib nahm von dem Pithos den Deckel ab, um den Menschen
trübe Bitternisse zu schaffen.« Der Pithos war bisher nicht genannt.
Er läßt sich schwer in der Erzählung unterbringen, solange
wir sie realistisch zu deuten versuchen. Ein Pithos ist kein Transportgefäß,
also hat Pandora ihn nicht mitgebracht. Hesiod läßt ihn einfach
da sein, und er hat sich nicht die geringste Mühe gegeben, dies zu
motivieren, um die Erzählung novellistisch oder psychologisch auszugestalten.
Der pragmatische Zusammenhang war ihm unwichtig und gleichgültig, war
ihm nur Einkleidung. Der Pithos ist für Hesiod nicht mehr als ein sinnbildliches
Gefäß der Leiden.
Bei dieser Auffassung können wir nun auch den Zusammenhang mit den
Versen der Ilias wahren, nach denen Zeus aus zwei Pithoi Leiden und Freuden
an die Menschen austeilt (W 527). Das Bild der Vorratsfässer ergab
sich für Homer aus der Analogie eines Menschen, der aus seinem Vorrat
den Hausgenossen Korn, oder Wein zuteilt. Wenn wir das im Gleichnis plastisch
Gesehene modernisierend in die nüchterne Sprache der Begriffe übersetzen,
so ist die Vorstellung die, dass es verschiedene Güter und Leiden potentiell
gibt, und dass Zeus sie in jedem Einzelfall realisiert, indem er sie dem
damit Bedachten zuteilt.
Ähnlich, wenn auch bedeutsam verschieden,
ist das Bild bei Hesiod. Auch er kennt das Gefäß der Leiden;
aber von einem Gefäß der Güter weiß er nichts. Vorher
lebte ja die Menschheit in einem Zustand vollkommenen Glücks; nun werden
alle Leiden die es gibt auf sie losgelassen, und zwar in einem einzigen
Akt, der unser ganzes Schicksal für alle Zeiten einmalig und grundsätzlich
umgestaltet. Zeus verleiht nicht mehr das einzelne Schicksal, sondern die
Übel sind mit der Kraft ausgestattet sich frei zu realisieren. Das
sagt Hesiod deutlich und ausdrücklich mit dem Beiwort automatoi (103).
Bei Homer ist alle Spontaneität des Willens und Tuns den Göttern
vorbehalten; für Hesiod sind es nicht mehr Apollon und Artemis, die
Krankheit und Sterben auf den Menschen schießen wie der Schütze
den Pfeil, sondern die Krankheit [332] fällt ihn aus eigenem Willen.
Gewiß hat auch Hesiod geglaubt, dass Gott auf den Lauf der Dinge einwirken
kann und dass er es tut. Aber er sieht nicht mehr hinter jedem eingreifenden
Ereignis Gottes besondere Fügung; vieles was geschieht, wird von den
einzelnen wirksamen Faktoren der Welteinrichtung selbsttätig vollzogen.
Mit dieser bestehenden Welteinrichtung muss man sich abfinden, und ihr mit
Einsicht, Rechtlichkeit und Tüchtigkeit möglichst viel Gutes abzugewinnen
versuchen. Eben solches zu lehren ist der Zweck von Hesiods Erga.
[...] Erweitern wir nun unsere Deutung so, dass sie dem ganzen Zusammenhang
der Erzählung gerecht wird. Das Weib entließ die Plagen aus dem
Gefäß, das sie barg, und gab ihnen damit die Freiheit selbständiger
(automatoi) Realisierung; vor der Hoffnung schlug sie den Deckel zu und
nahm ihr somit jene Fähigkeit. Die beiden Handlungen sind komplementär,
weil sie die beiden Seiten des menschlichen Zustandes abspiegeln: die Plagen
haben über uns Gewalt, unsere Wünsche haben keine Gewalt über
das Schicksal. Daß der menschlichen Hoffnung der Weg zur freien Verwirklichung
versperrt wurde, ist ein großes Unglück, ein "Übel"
- mit dieser nunmehr trivialen Feststellung erledigt sich die lästige
Frage: ob Hesiod die Hoffnung als ein Gut oder als ein Übel habe bezeichnen
wollen. Hesiod Aussage ist zu Ende, bevor sich diese Frage stellt. Das Übel,
das Hesiod meint, ist die grundsätzliche Kraftlosigkeit unserer Wünsche.
Ob es aber nun zweitens unter diesen Umständen für die Menschen
besser wäre, wenn wir überhaupt keine Wünsche hätten
und keine Hoffnungen (ob also die Hoffnung, wirkungslos wie sie nun einmal
ist, ein Übel wäre); oder ob die Hoffnung, auch unter diesen Umständen,
doch noch ein Trost oder Ansporn ist, also ein Gut - darüber hat sich
Hesiod nicht mehr ausgesprochen, nachdem er den viel elementareren Vorgang
in seiner Furchtbarkeit gezeigt hatte: die Entwirklichung der Hoffnung,
die dem wunschlos glücklichen Zeitalter ein Ende machte. Seitdem schlägt
immer wieder vor der Hoffnung die Tür ihres Gefängnisses zu: rasch
und frei, Tag und Nacht bereit, kommt ihr das Unglück zuvor. [...]
[333] Auch der Schluß des Abschnitts wird nun in seiner vollen Prägnanz
verständlich, nachdem wir die Aussage über Elpis gedeutet haben,
mit der dieser Schlußteil in genauer Kontrastbeziehung steht. Schweigend
fallen die Leiden den Menschen an, weil Gott ihnen die Sprache nahm. Wieder
müssen wir, um das in dieser Aussage Getroffene klar auszusprechen,
von der Terminologie einer späteren Zeit Gebrauch machen: während
Elpis logo alles Gute verheißt, fällt ergo das Unglück über
den Menschen her. Elpis als [334] Gedanke und Wunsch ist mit Sprache begabt;
die Gabe des Denkens und die des Redens sind ja für diese Epoche ununterscheidbar.
Die Übel hingegen sind nichts wie brutale Wirklichkeit: sie sind aloga,
sinnlose, nackte Realität. Eine Krankheit, ein Mißerfolg, ein
Unfall - sie geschehen schlechthin, sie sind da und weiter nichts. Sie haben
keine Sprache; Gott hat sie ihnen genommen, wie er den menschlichen Hoffnungen
das andre nahm: die Kraft der Wirklichkeit.
Am Kontrast zwischen enger Gefangenschaft und freier Beweglichkeit, zwischen
Rede und Stummheit, ist Hesiod das Wesen sowohl der Hoffnung wie des Unglücks
deutlich geworden. Der archaische Grieche betrachtet und beschreibt ja mit
Vorliebe die Erscheinungen in gegensätzlicher Doppelheit. Offenbar
war ihm diese Form der Apperzeption bequemer und natürlicher als die
einzielig isolierende, und sie lieferte ihm die deutlichsten und präzisesten
Bilder.
K.Kerényi (in:
Humanist. Seelenforschung, Die Geburt der Helena), Darmstadt 1966, S.
62f): "Die uralte Lehre, dass das Leid als Vergeltung durch die Frau
auf die Welt kam, ist uns bekannt. Sie steht in mythischer Fassung am
Anfang unserer Bibel. Wie man im einzelnen den Wortlaut der Paradiesgeschichte
erklärt, geht uns hier nichts an. Die Hauptsache bleibt unzweifelhaft:
sie erzählt uns, dass das durchaus weibliche Gebaren der ersten Frau
Elend und Tod als Strafe zum Geschick der Menschheit machte. Und wir begegnen
nicht nur hier einer uralten Geschichte, die das Urweib als die Quelle
des Leidens auf Erden und zugleich jenes Leiden als verschuldetes hinstellt.
Auch die Griechen besaßen dieselbe merkwürdige Auffassung von
Weiblichkeit und Menschenleid, in mythischer Form ausgedrückt. Eine
althellenische Erzählung von der Erschaffung des ersten Menschen
wird nicht überliefert, wohl aber von der Erschaffung des Urweibes,
Pandora genannt. Hesiod erzählt uns wiederholt, wie sie - das schöne
Übel (kalon kakon, Hes.theog.585)
- geschaffen wurde zur Bestrafung der Menschheit. Das Menschengeschlecht
wird wegen des Frevels des Prometheus mitbestraft, und seine Strafe ist
das Weib, die eigentlichste Quelle alles Leidens. [...] In jenem geheimnisvollen
Gefäß, dem Pithos, worüber wir von Hesiod nichts Näheres
erfahren, waren früher die Übel gebannt. Jetzt, da der Mensch
das Weib besitzt und sich seiner Schönheit erfreut, besitzt er auch
die Übel."
3. Der Mythos von den fünf Weltaltern
Der Kontext: "In zwei parallelen Erzählungen hat Hesiod darzulegen
versucht, wie der gegenwärtige Zustand des menschlichen Lebens entstanden
ist. Die eine, eine Neubearbeitung des Prometheusmythos, den der Dichter
in der Theogonie schon einmal behandelt hatte, jetzt aber in Einzelzügen
erweitert und umgestaltet, mit starker Benutzung seiner älteren Bearbeitung,
behandelt nur das Elend, das durch Prometheus' Verschuldung über die
Menschen gekommen ist (Weiber, Krankheiten und alle Übel...) wie in
der Genesis durch den Sündenfall der Urmenschen. In dem parallelen
logos, von den fünf Weltaltern, wird dagegen zugleich der Versuch gemacht,
die Entwicklung des Menschengeschlechts und seiner Kultur in einer großartigen
historischen Konstruktion darzulegen". (E.Meyer, 487f) Zur Komposition:
"Hesiod ist so verfahren, dass er nicht eine einheitliche, von oben
nach unten steigende Entwicklung gibt, sondern zwei parallele Entwicklungsreihen,
auf der einen Seite das goldene und das silberne Geschlecht, auf der anderen
das eherne und das eiserne, die beiden letzten unterbrochen durch das dazwischenliegende
Heroengeschlecht. In beiden Fällen ist das jüngere Geschlecht
(Silber und Eisen) die Entartung des vorhergehenden (Gold und Erz). Die
beiden Gruppen aber entsprechen dem Wandel im Weltregiment, der Ersetzung
der Herrschaft des Kronos durch die des Zeus; der von Zeus herbeigeführte
Untergang des silbernen Geschlechts fällt mit dem Sturz der Titanen
zusammen, oder vielmehr, er ist seinem Wesen nach mit ihm identisch."
(E.Meyer, 498) Zur Deutung: "Was Hesiod geben will: durchaus nicht
Sagengeschichte, sondern Betrachtungen über die Bedingungen und Aufgaben
des menschlichen Lebens. Gekleidet sind sie in die Form einer Entwicklungsgeschichte
der Menschheit". (Meyer 503)
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εἰ δ' ἐθέλεις, ἕτερόν τοι ἐγὼ λόγον ἐκκορυφώσω
εὖ καὶ ἐπισταμένως· σὺ δ' ἐνὶ φρεσὶ βάλλεο σῇσιν.
ὡς ὁμόθεν γεγάασι θεοὶ θνητοί τ' ἄνθρωποι.
χρύσεον μὲν πρώτιστα γένος μερόπων ἀνθρώπων
ἀθάνατοι ποίησαν Ὀλύμπια δώματ' ἔχοντες.
οἳ μὲν ἐπὶ Κρόνου ἦσαν, ὅτ' οὐρανῷ ἐμβασίλευεν·
ὥστε θεοὶ δ' ἔζωον ἀκηδέα θυμὸν ἔχοντες
νόσφιν ἄτερ τε πόνων καὶ ὀιζύος· οὐδέ τι δειλὸν
γῆρας ἐπῆν, αἰεὶ δὲ πόδας καὶ χεῖρας ὁμοῖοι
τέρποντ' ἐν θαλίῃσι κακῶν ἔκτοσθεν ἁπάντων·
θνῇσκον δ' ὥσθ' ὕπνῳ δεδμημένοι· ἐσθλὰ δὲ πάντα
τοῖσιν ἔην· καρπὸν δ' ἔφερε ζείδωρος ἄρουρα
αὐτομάτη πολλόν τε καὶ ἄφθονον· οἳ δ' ἐθελημοὶ
ἥσυχοι ἔργ' ἐνέμοντο σὺν ἐσθλοῖσιν πολέεσσιν.
ἀφνειοὶ μήλοισι, φίλοι μακάρεσσι θεοῖσιν.
αὐτὰρ ἐπεὶ δὴ τοῦτο γένος κατὰ γαῖ' ἐκάλυψε, -- τοὶ
μὲν δαίμονες ἁγνοὶ ἐπιχθόνιοι καλέονται
ἐσθλοί, ἀλεξίκακοι, φύλακες θνητῶν ἀνθρώπων,
[οἵ ῥα φυλάσσουσίν τε δίκας καὶ σχέτλια ἔργα
ἠέρα ἑσσάμενοι πάντη φοιτῶντες ἐπ' αἶαν,]
πλουτοδόται· καὶ τοῦτο γέρας βασιλήιον ἔσχον -- , |
"Das »goldene Zeitalter« ist das Idealbild vom Menschenglück,
wie es der Dichter in engem Anschluß an das Volksmärchen von
Kronos und die Festbräuche der Kronien entworfen hat. Aber für
ihn bedeutet es etwas ganz anderes, wie das Gegenbild vom silbernen Zeitalter
lehrt, das er, als freie Schöpfung seines eigenen Nachdenkens, ihm
gegenüberstellt. Wohl wäre es schön, das ist, was er lehren
will, wenn das Menschenleben so gestaltet wäre, wie das Märchen
es schildert; und wir können uns ja vorstellen und ausmalen, dass es
wirklich einmal - zur Zeit des Kronos - so ausgesehen hat: aber was ist
die notwendige Folge davon? die Degeneration, das Schwinden der körperlichen
und geistigen Kraft, auf der doch allein die Existenz des Menschen beruht."
(Meyer 502)
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ἐτρέφετ' ἀτάλλων, μέγα νήπιος, ᾧ ἐνὶ οἴκῳ.
ἀλλ' ὅτ' ἄρ' ἡβήσαι τε καὶ ἥβης μέτρον ἵκοιτο,
παυρίδιον ζώεσκον ἐπὶ χρόνον, ἄλγε' ἔχοντες
ἀφραδίῃς· ὕβριν γὰρ ἀτάσθαλον οὐκ ἐδύναντο
ἀλλήλων ἀπέχειν, οὐδ' ἀθανάτους θεραπεύειν
ἤθελον οὐδ' ἔρδειν μακάρων ἱεροῖς ἐπὶ βωμοῖς,
ἣ θέμις ἀνθρώποις κατὰ ἤθεα. τοὺς μὲν ἔπειτα
Ζεὺς Κρονίδης ἔκρυψε χολούμενος, οὕνεκα τιμὰς
οὐκ ἔδιδον μακάρεσσι θεοῖς, οἳ Ὄλυμπον ἔχουσιν.
αὐτὰρ ἐπεὶ καὶ τοῦτο γένος κατὰ γαῖ' ἐκάλυψε, -
τοὶ μὲν ὑποχθόνιοι μάκαρες θνητοῖς καλέονται,
δεύτεροι, ἀλλ' ἔμπης τιμὴ καὶ τοῖσιν ὀπηδεῖ -. |
"Der Wohlstand und das üppige Leben, wo die Natur alles von selbst
gibt, und der Mensch nur zuzugreifen braucht, um zu genießen, führt
zur Verweichlichung, zum Aufpäppeln der Kinder unter der überzärtlichen
Pflege der Mutter, und weder die Körperkraft wird entwickelt noch der
Verstand, der auch hier wie bei Sokrates und Plato und in aller richtigen Ethik in erster Linie eine sittliche Kraft
ist, die dem Leben Halt und Maß gibt. Aber diese jungen Leute, welche
die Schule des Lebens nicht durchgemacht haben, bilden sich ein, lediglich
dem eigenen Gutdünken folgen zu können, ohne Ordnung und Herkommen
zu achten: untereinander geraten sie durch ihre Selbstsucht in Streit und
von den Göttern und ihren Geboten wollen sie nichts wissen, weil sie
selbst klug genug zu sein glauben. So müssen sie zugrunde gehen: Zeus
erfüllt ihr Geschick, sie sind für das menschliche Leben unbrauchbar."
(Meyer 503)
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Ζεὺς δὲ πατὴρ τρίτον ἄλλο γένος μερόπων
ἀνθρώπων
χάλκειον ποίησ', οὐκ ἀργυρέῳ οὐδὲν ὁμοῖον,
ἐκ μελιᾶν, δεινόν τε καὶ ὄβριμον· οἷσιν Ἄρηος
ἔργ' ἔμελεν στονόεντα καὶ ὕβριες· οὐδέ τι σῖτον
ἤσθιον, ἀλλ' ἀδάμαντος ἔχον κρατερόφρονα θυμόν,
ἄπλαστοι· μεγάλη δὲ βίη καὶ χεῖρες ἄαπτοι
ἐξ ὤμων ἐπέφυκον ἐπὶ στιβαροῖσι μέλεσσιν.
ὧν δ' ἦν χάλκεα μὲν τεύχεα, χάλκεοι δέ τε οἶκοι
χαλκῷ δ' εἰργάζοντο· μέλας δ' οὐκ ἔσκε σίδηρος.
καὶ τοὶ μὲν χείρεσσιν ὕπο σφετέρῃσι δαμέντες
βῆσαν ἐς εὐρώεντα δόμον κρυεροῦ Αίδαο
νώνυμνοι· θάνατος δὲ καὶ ἐκπάγλους περ ἐόντας
εἷλε μέλας, λαμπρὸν δ' ἔλιπον φάος ἠελίοιο. |
"Zeigt das erste Paar der Entwicklung einer nicht durch eigene Kraft,
sondern durch ein gütiges Geschick verliehenen materiellen Kulturblüte
zu physischer und psychischer Degeneration und damit zum selbstverschuldeten
Untergang, so zeigt das zweite Paar, wie der umgekehrte Gang, die aufsteigende
Entwicklung von roher physischer Kraft zu hoher geistiger Kultur, nicht
minder zur Entartung führt, die den Untergang zu bereiten droht, aber
zu einer Entartung, die nicht auf Erschlaffung, sondern vielmehr auf Steigerung
der geistigen Kräfte beruht und darum nur um so ärger ist. Während
das erste Paar ein Phantasiebild ist, welches anschaulich macht, wie unmöglich
und unausführbar die Träume sind, die der Mensch in den Nöten
des Tages als ersehntes Ideal sich ausmalt, und zu welch verderblichen Konsequenzen
sie in Wirklichkeit führen würden - die Menschennatur ist, durch
den Willen der Götter, nun einmal anders geartet, als diese Träume
voraussetzten -, so handelt das zweite Paar von den wirklichen, jetzt lebenden
Menschen und von ihrer geschichtlichen Entwicklung. Eben darum kann der
Dichter hier die Erzählungen benutzen, welche von ihren früheren
Zuständen und ihrer Entstehung umlaufen." (Meyer 504) "Es
sind die Überlieferungen über das heroische Zeitalter, welche
die Farben zu diesem Bilde gegeben haben: das war eine Zeit selbstherrlicher,
mächtiger Männer, mit ununterbrochenen Kämpfen, und in diesen
Kämpfen hat schließlich das Heroengeschlecht seinen Untergang
gefunden." (Meyer 506) "Aber es »das eherne Zeitalter« ist nur
die eine Seite der Heroenzeit, die Hesiod für seine Darstellung brauchen
kann: er will die vernichtende Gewaltsamkeit einer rohen kriegerischen Generation
schildern, da kann er von dem Adel der Heroen, ihrem Zusammenleben mit den
Göttern und dem seligen Geschick, das ihnen nach dem Tode zuteil geworden
ist, nicht reden. Andererseits aber konnten in einer geschichtlichen Skizze
der Entwicklung des Menschengeschlechts die Heroen unmöglich fehlen.
Hesiod hilft sich, indem er auch hier, wie beim goldenen und silbernen Geschlecht,
die Überlieferung zerlegt: von dem gerechteren und besseren göttlichen
Geschlecht, die Halbgötter genannt werden, [...] scheidet er die Menschen
des ehernen Geschlechts, die "namenlos" in den Hades gefahren
sind, d.h. die nicht wie das goldene, silberne und Heroengeschlecht als
selige Mächte im Volksglauben fortleben, sondern verschollen sind."
(Meyer 506f)
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αὐτὰρ ἐπεὶ καὶ τοῦτο γένος κατὰ γαῖ' ἐκάλυψεν,
αὖτις ἔτ' ἄλλο τέταρτον ἐπὶ χθονὶ πουλυβοτείρῃ
Ζεὺς Κρονίδης ποίησε, δικαιότερον καὶ ἄρειον,
ἀνδρῶν ἡρώων θεῖον γένος, οἳ καλέονται
ἡμίθεοι, προτέρη γενεὴ κατ' ἀπείρονα γαῖαν.
καὶ τοὺς μὲν πόλεμός τε κακὸς καὶ φύλοπις αἰνή,
τοὺς μὲν ὑφ' ἑπταπύλῳ Θήβῃ, Καδμηίδι γαίῃ,
ὤλεσε μαρναμένους μήλων ἕνεκ' Οἰδιπόδαο,
τοὺς δὲ καὶ ἐν νήεσσιν ὑπὲρ μέγα λαῖτμα θαλάσσης
ἐς Τροίην ἀγαγὼν Ἑλένης ἕνεκ' ἠυκόμοιο.
ἔνθ' ἤτοι τοὺς μὲν θανάτου τέλος ἀμφεκάλυψε,
τοῖς δὲ δίχ' ἀνθρώπων βίοτον καὶ ἤθε' ὀπάσσας
Ζεὺς Κρονίδης κατένασσε πατὴρ ἐς πείρατα γαίης.
τηλοῦ ἀπ' ἀθανάτων· τοῖσιν Κρόνος ἐμβασιλεύει.
καὶ τοὶ μὲν ναίουσιν ἀκηδέα θυμὸν ἔχοντες
ἐν μακάρων νήσοισι παρ' Ὠκεανὸν βαθυδίνην,
ὄλβιοι ἥρωες, τοῖσιν μελιηδέα καρπὸν
τρὶς ἔτεος θάλλοντα φέρει ζείδωρος ἄρουρα. |
"Natürlich durchbricht dieses Einschieben das vom Dichter geschaffene
Schema und damit zugleich die absteigende Linie fortschreitender Degeneration;
aber [...] er hat es keineswegs nur äußerlich in die Folge der
Metallzeitalter eingeschoben, sondern in ganz genialer Weise aus der Not
eine Tugend gemacht. Erst bei Plato wieder finden wir Gedanken von demselben
tiefen Einblick in das Wesen des Menschendaseins und die Bedingungen menschlicher
Entwicklung. Die rohe Körperkraft, und das wilde Draufloshauen des
ehernen Geschlechts führt zum Krieg aller gegen alle und damit zum
Untergang. Die Heroen besitzen die gleiche physische Kraft und kriegerische
Leidenschaft; aber hier ist sie gemildert durch die dikaiosyne, den Sinn
für die soziale Ordnung, welche die Menschen aneinander bindet. So
stehen sie sittlich und kulturell weit höher; ein idealer Zustand durchbricht
die absteigende Entwicklungsreihe." Meyer 507f)
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μηκέτ' ἔπειτ' ὤφελλον ἐγὼ πέμπτοισι μετεῖναι
ἀνδράσιν, ἀλλ' ἢ πρόσθε θανεῖν ἢ ἔπειτα γενέσθαι.
νῦν γὰρ δὴ γένος ἐστὶ σιδήρεον· οὐδέ ποτ' ἦμαρ
παύονται καμάτου καὶ ὀιζύος, οὐδέ τι νύκτωρ
φθειρόμενοι. χαλεπὰς δὲ θεοὶ δώσουσι μερίμνας·
ἀλλ' ἔμπης καὶ τοῖσι μεμείξεται ἐσθλὰ κακοῖσιν.
Ζεὺς δ' ὀλέσει καὶ τοῦτο γένος μερόπων ἀνθρώπων,
εὖτ' ἂν γεινόμενοι πολιοκρόταφοι τελέθωσιν.
οὐδὲ πατὴρ παίδεσσιν ὁμοίιος οὐδέ τι παῖδες,
οὐδὲ ξεῖνος ξεινοδόκῳ καὶ ἑταῖρος ἑταίρῳ,
οὐδὲ κασίγνητος φίλος ἔσσεται, ὡς τὸ πάρος περ.
αἶψα δὲ γηράσκοντας ἀτιμήσουσι τοκῆας·
μέμψονται δ' ἄρα τοὺς χαλεποῖς βάζοντες ἔπεσσι
σχέτλιοι οὐδὲ θεῶν ὄπιν εἰδότες· οὐδέ κεν οἵ γε
γηράντεσσι τοκεῦσιν ἀπὸ θρεπτήρια δοῖεν
χειροδίκαι· ἕτερος δ' ἑτέρου πόλιν ἐξαλαπάξει.
οὐδέ τις εὐόρκου χάρις ἔσσεται οὔτε δικαίου
οὔτ' ἀγαθοῦ, μᾶλλον δὲ κακῶν ῥεκτῆρα καὶ ὕβριν
ἀνέρες αἰνήσουσι· δίκη δ' ἐν χερσί, καὶ αἰδὼς
οὐκ ἔσται· βλάψει δ' ὁ κακὸς τὸν ἀρείονα φῶτα
μύθοισιν σκολιοῖς ἐνέπων, ἐπὶ δ' ὅρκον ὀμεῖται.
ζῆλος δ' ἀνθρώποισιν ὀιζυροῖσιν ἅπασι
δυσκέλαδος κακόχαρτος ὁμαρτήσει, στυγερώπης.
καὶ τότε δὴ πρὸς Ὄλυμπον ἀπὸ χθονὸς εὐρυοδείης
λευκοῖσιν φάρεσσι καλυψαμένα χρόα καλὸν
ἀθανάτων μετὰ φῦλον ἴτον προλιπόντ' ἀνθρώπους
Αἰδὼς καὶ Νέμεσις· τὰ δὲ λείψεται ἄλγεα λυγρὰ
θνητοῖς ἀνθρώποισι· κακοῦ δ' οὐκ ἔσσεται ἀλκή. |
"Die kulturgeschichtliche Entwicklung vom ehernen zum eisernen Geschlecht
besteht keineswegs in einer Steigerung der physischen Gewaltsamkeit, wie
es der Fortgang vom weicheren zum härteren Metall erwarten lassen könnte,
sondern der Dichter blickt auch hier viel tiefer in das innere Wesen menschlicher
Entwicklung.
Bloße Körperkraft und ungezügelte kriegerische Gewaltsamkeit
führt zur Selbstvernichtung, der Versuch, durch Unterordnung unter
die Gerechtigkeit einen Ausgleich zu finden, hat sich nicht behaupten können:
der weitere Fortschritt, durch den die Menschen der Gegenwart existieren,
liegt auf intellektuellem Gebiet. Dieser intellektuelle Fortschritt bändigt
allerdings die ursprüngliche Wildheit; aber er dient lediglich dem
skrupellosen Egoismus [...], so dass das Leben noch viel unseliger wird
als in dem rohen Naturzustande des ehernen Geschlechts. [...] Kulturfortschritt
(der äußerlich in der Ersetzung des Erzes durch das Eisen zutage
tritt) ist zwar Entwicklung der intellektuellen Kräfte des Menschen,
aber zugleich moralische Zersetzung. Auflösung aller geheiligten Bande
- das ist die Entwicklung des eisernen Geschlechts." (Meyer 509)
4. Zur Rezeption:
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Wohl perlet im Glase der purpurne
Wein,
Wohl glänzen die Augen der Gäste,
Es zeigt sich der Sänger, er tritt herein,
Zu dem Guten bringt er das Beste;
Denn ohne die Leier im himmlischen Saal
Ist die Freude gemein auch beim Nektarmahl.
Erst regierte Saturnus schlicht und gerecht,
Da war es heute wie morgen,
Da lebten die Hirten, ein harmlos Geschlecht,
Und brauchten für gar nichts sorgen;
Sie liebten, und taten weiter nichts mehr,
Die Erde gab alles freiwillig her.
|
Drauf kam die Arbeit, der Kampf
begann
Mit Ungeheuern und Drachen,
Die Helden fingen, die Herrscher an,
Und den Mächtigen suchten die Schwachen;
Und der Streit zog in des Skamanders Feld,
Doch die Schönheit war immer der Gott der Welt.
Aus dem Kampf ging endlich der Sieg hervor,
Und der Kraft entblühte die Milde,
Da sangen die Musen im himmlischen Chor,
Da erhuben sich Göttergebilde;
Das Alter der göttlichen Phantasie,
Es ist verschwunden, es kehret nie. |
- Wie verändert Schiller den äußeren Stufenbau
der Weltzeitalter?
- Liegt bei Schiller eine absteigende oder eine aufsteigende Kulturentwicklung
vor?
- Entspricht die literarische Form Schillers er epischen Gestaltung
bei Hesiod?
|
LITERATUR:
- K.v.Fritz: Pandora, Prometheus und der Mythos von den Weltaltern,
in: E. Heitsch (Hg.): Hesiod, Darmstadt (WBG) 1966
- E. Meyer: Hesiods Erga und das Gedicht von den fünf Menschengeschlechtern,
in: E. Heitsch (Hg.): Hesiod, Darmstadt (WBG) 1966, S. 471ff
|
Sententiae excerptae: Griech. zu "Hes"711
πῆμα κακὸς γείτων, ὅσσον τ' ἀγαθὸς μέγ' ὄνειαρ·
Fluch ist ein tückischer Nachbar, so groß wie ein redlicher Segen.
Hes.erg.346
23
δώτῃ μέν τις ἔδωκεν, ἀδώτῃ δ' οὔ τις ἔδωκεν
Gebenden gibt man gerne, doch niemand schenket dem Kargen.
Hes.erg.350
177
εἰ γάρ κεν καὶ σμικρὸν ἐπὶ σμικρῷ καταθεῖο | καὶ θαμὰ τοῦτ' ἔρδοις, τάχα κεν μέγα καὶ τὸ γένοιτο·
Denn wofern du das Wenige nur zum Wenigen fügest, | Aber es häufiger tust, wird bald dir ein Großes erwachsen. (Viele Körner machen einen Haufen.)
Hes.erg.361f. (vgl.Ov.am.1,8,90; Ov.rem.424)
287
Ἐχθροῦ παρ’ ἀνδρὸς οὐδέν ἐστι χρήσιμον.
Von einem Feind kommt niemals etwas Nützliches. – Inimicus homo nil umquam praestat utile.
Men.Mon.166
294
Εἰ θνητὸς εἶ, βέλτιστε, θνητὰ καὶ φρόνει.
Bist sterblich du, mein Bester, denk auch Sterbliches! – Mortalis quum sis, intra mortalem sape!
Men.Mon.173
300
Ἔστιν Δίκης ὀφθαλμός, ὃς τὰ πάνθ’ ὁρᾷ.
Das Recht besitzt ein Auge, welches alles sieht. – Die Dike hat ein Auge, das nichts übersieht. – Iustitiae est oculus: is nihil non perspicit.
Men.Mon.179
379
Θησαυρός ἐστι τῶν κακῶν κακὴ γυνή.
Ein Schatz an allem Schlechten ist ein schlechtes Weib. – Ingens mali thesaurus est mulier mala.
Men.Mon.233
381
Θησαυρός ἐστι τοῦ βίου τὰ πράγματα.
Des Lebensgutes Schatz erwächst aus Tätigkeit. – Non est thesaurus vitae nisi negotia.
Men.Mon.235
387
Θεοῦ πέφυκε δῶρον εὐγνώμων τρόπος.
Ein göttliches Geschenk ist einsichtsvolle Art. – Donum divinum est bona mens et mores probi.
Men.Mon.241
436
Κρεῖττον σιωπᾶν ἐστιν ἢ λαλεῖν μάτην.
Das Schweigen übertrifft vergebliches Geschwätz. – Silentium anteferendum est vaniloquentiae.
Men.Mon.290
441
Καλὸν τὸ θησαύρισμα κειμένη χάρις.
Ein schöner Schatz: ein Dank, den du zu Gute hast! – Benefacta bene locata, thesaurus gravis. – Thesaurus est pulcher locata gratia.
Men.Mon.295
536
Ξένοις ἐπαρκῶν τῶν ἴσων τεύξῃ ποτέ.
Hilf Fremden und dereinst wird Gleiches dir geschehn. – Bene de extero quid meritus exspectes idem!
Men.Mon.391
574
Ὀργὴ δὲ πολλὰ δρᾶν ἀναγκάζει κακά.
Es zwingt der Zorn dazu, viel Hässliches zu tun. – Ad prava saepe impellit iracundia.
Men.Mon.429
671
Φίλους ἔχων νόμιζε θησαυροὺς ἔχειν.
Mit Freunden, glaub es nur, besitzt du einen Schatz. – Tibi si est amicus, esse thesaurum puta!
Men.Mon.526
693
Ψυχὴν ἔθιζε πρὸς τὰ χρηστὰ πράγματα.
Gewöhne deine Seele nur an Nützliches! – Ita tempera animum, ut rebus assuescat bonis!
Men.Mon.548
191
Βουλὴν ἅπαντος πράγματος προλάμβανε.
Vor jedem Handeln fasse einen guten Plan! – Nihil incohes, nisi inito consilio prius!
Men.Mon.70
10
εἰώθασι δὲ ἀνθρώποις φύεσθαι δι' ἔρωτα πολλαὶ συμφοραί.
Es pflegt den Menschen aus der Liebe manches Unheil zu erwachsen.
Paus.1,10,3
881
Ἄριστον μὲν ὕδωρ
Am besten ist Wasser (aber das Gold...) [am Anfang einer Priamel, die das Wasser noch dreifach überbietet: Wasser - Gold - Sonne - Olympisches Siegeslied]
Pind.Ol.1,1
882
Ὁ δὲ χρυσὸς... ἔξοχα πλούτου.
Das Gold aber steht über allem Reichtum. [Im Kontext der Priamel: Wasser - Gold - Sonne - Olympisches Siegeslied]
Pind.Ol.1,1
883
Ἦ θαυματὰ πολλά.
Ja, Wunder gibt es viele!
Pind.Ol.1,28
864
τοῦτο ἐν θνητῷ ὄντι τῷ ζῴῳ ἀθάνατον ἔνεστιν, ἡ κύησις καὶ ἡ γέννησις.
dies beides liegt als Unsterbliches in einem sterblichen Wesen: Schwangerschaft und Zeugung.
Plat.Symp.206c.
873
ὑπὲρ ἀρετῆς ἀθανάτου καὶ τοιαύτης δόξης εὐκλεοῦς πάντες πάντα ποιοῦσιν, ὅσῳ ἂν ἀμείνους ὦσι, τοσούτῳ μᾶλλον· τοῦ γὰρ ἀθανάτου ἐρῶσιν.
Für ihren unsterblichen Heldenmut und für ein solches ruhmvolles Andenken tun, wie ich meine, alle alles, je edler sie sind, desto mehr, denn sie lieben das Unsterbliche.
Plat.Symp.208d.
357
Εἶα λέγ’, εἴ τι λέγεις.
Auf sage es, wenn du etwas zu sagen hast! (Mache keine Umstände!)
Theokr.eid.5,78
754
Ἀντὶ πέρκης σκορπίον.
Statt eines Barsches einen Skorpion.
Zenob.1,88
Literatur: zu "Hes"731
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Textkritisches zu Senecas Epist.71,1
in: Herm.108/1980,499 (Misz.)
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Arion's lyre, archaic lyric into Hellenistic poetry
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Römische Staatskunst. Frühes Rom. Republik. Senat. Revolution. Prinzipat
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Gnomen der griechischen Dichtung (Homer, Hesiod, Aischylos)
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Medizinisches und naturwissenschaftliches Latein
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Ciceros rhetorisches Bildungsideal in "De oratore".. Sokrates
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Parenthese in Ovids Metamorphosen u.ihre dichterische Funktion
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Nur Theseus oder auch Peirithoos? Zur Hypothesis des Pseudo-Euripideischen "Peirithoos"
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Bd. 1: Die Philosophie der Vorsokratiker, die klassische Philosophie Athens, die Philosophie im Zeitalter des Hellenismus, die christliche Philosophie des Mittelalters
Frankfurt a.M. (Fischer) 4, 2009
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Rufus von Ephesos: Die Fragen des Arztes an den Kranken
CMG Suppl. IV, Berlin 1962
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Kleines deutsch-lateinisches Handwörterbuch
Darmstadt, WBG, 2004 (Ndr. 7/1910)
4080
Georges, Karl Ernst
Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Kleines deutsch-lateinisches Handwörterbuch. CD-Rom.
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