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C.Valerii Catulli Veronensis
carmina

Catull.7 
Wie viele Küsse, Lesbia?

 

 
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 1 Quaeris, quot mihi basiationes Sagen soll ich, wie viele deiner Küsse,
  2 tuae, Lesbia, sint satis superque. Liebste Lesbia, mir genug sind und zuviel sind? -
  3 quam magnus numerus Libyssae harenae So viel Körner Sandes die Libysche Wüste
  4 laserpiciferis iacet Cyrenis, In dem Benzoe tragenden Cyrene
 5
oraclum Iovis inter aestuosi
Zwischen Ammons Orakel und des alten
  6 et Batti veteris sacrum sepulcrum; Battus hochgeheiligtem Grabmal aufweist,
  7 aut quam sidera multa, cum tacet nox, So viel Sterne bei stummer Nacht am Himmel
  8 furtivos hominum vident amores:  Auf der Menschen verstohlne Liebe blicken,
  9 tam te basia multa basiare  So viel Küsse, von dir gegeben, möchten
 10 vesano satis et super Catullost, Dem verrückten Catull genug und zuviel sein,
  11 quae nec pernumerare curiosi Dass sie kein Neugieriger zählen könnte,
  12 possint nec mala fascinare lingua. Keine schädliche Zunge sie behexen.
     
Versmaß:   Phalaeceus (Hendekasyllabus)
Übersetzung: M.Brod, 21  
Phalaeceus

 

Aufgabenvorschläge:
  1. Finden Sie Wortbezüge, die den Aufbau des Gedichtes kennzeichnen?
    1. quot (1) - quam [magnus] (3) - quam [multa] (7) - tam [multa] (9)
      [das vielschichtigere "tam" (9) fasst beide quam-Vergleiche zusammen und gibt die eigentliche Antwort auf die Frage in Vs.1]
    2. mihi (2) - te (9)
    3. Lesbia (2) - Catullo (10)
    4. satis superque (2 und 10)
  2. Wie lässt sich das Gedicht gliedern?
    1-2: Frage: quot basiationes?
    3-12: Antwort:
    3 - 6:
    1. Vergleich (quam magnus numerus... arenae)
    7 - 10
    2. Vergleich:
     
    7 -8:
    1. Teil (quam sidera multa)
     
    9 -10:
    2. Teil (tam basia multa)
    11-12:
    Absicht: Verhinderung der fascinatio
     
  3. Aus welcher inneren Haltung Lesbias gegenüber ihrem "vesano Catullo" (10) erwächst die Eingangsfrage?
  4. Ist die Frage von Bedeutung, ob sich sprachlich in diesem Gedicht genau ausmachen lässt, wer wen küsst? (Ist "tuae" (2) subjektiv oder objektiv zu verstehen? Ist "te" (9) Subjekts- oder Objektsakkusativ?)
  5. Warum wählt Catull gerade diese (ziemlich traditionellen) Zahlenvergleiche (warum nicht auch die "Blätter des Waldes?" oder die "Ähren des Feldes" [Catull.48]). Wirken sie klischeehaft oder kann Catull ihnen neue sinnenfällige Aspekte abgewinnen?
    1. Äußeres tertium comparationis (Parallele) im Vergleich mit den Küssen: Vielzahl, die sich einem genauen Zählen entzieht.
    2. Von den Erlebnisassoziationen her eher ein Kontrast:
      Kuss
      Sandwüste / Sternenhimmel
      Intimität, Nähe, Zuwendung Weite, Ferne, Abwendung
      lebenszugewandt lebensfeindlich, unwirtlich
      Augenblick, Flüchtigkeit Ewigkeit, Unabänderlichkeit
      Konzentrierte Menschlichkeit Menschenleere (Iupiter - Unterwelt)
      Interaktion, Verschmelzung Beziehungslosigkeit, Isolation
    3. Zusätzlich kontrastieren die beiden Beispiele untereinander:
    Sandwüste
    Sternenhimmel
    gleißende Helligkeit dunkle Nacht ( nox, 7)
    Erde, Grab (unten) Himmel (oben)
    Catull.7:  So viele Küsse wie Sterne am Himmel und Sand in der Wüste
  6. Ergibt das Bild, dass die Sterne den eigentlich heimlichen Liebschaften der Menschen zusehen "furtivos hominum vident amores" (8) eher ein romantisches Ambiente oder von Seiten der Sterne eher ein indiskretes Bedrohungsszenario im Sinne der "curiosi" oder der "senes severiores" (5,2) oder eines "malus quis" (5,12) (mala lingua, 12) von Seiten der Menschen?
  7. Wäre das Gedicht ohne die beiden letzten Verse (fascinatio-Motiv) nicht geschlossener? (Was ergibt die Weglassprobe?)
  8. Handelt es sich bei diesem Gedicht eher um eine Dublette zu Catull.5 oder bringt das Gedicht variierend neue Motive zum Vorschein? [Man kann Catull.48 in diese Frage einbeziehen.]
  9. Bringen beide Gedichte echtes subjektives Erleben zum Ausdruck oder handelt es sich eher um kunstbeflissene technische Etüden?
Sententiae excerptae:
Lat. zu "Catull.7,"