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Q.Horatii Flacci
carmina

Hor.c.1,11: An Leuconoe: Carpe diem

 

 
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Übersetzung ins Griechische

     
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Tu ne quaesieris, scire nefas, quem mihi, quem tibi
finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios
temptaris numeros. ut melius, quidquid erit, pati.
seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,
Μὴ σὺ δίζεο (μὴ γὰρ θέμις ᾖ), σοὶ τίν’, ἐμοί τινα
Αἶσα νῆσε μόρον, Λευκονόη, μὴ Βαβυλωνίων
πειρῶ δ’ ἀστρολόγων· ὅττι κεν ᾖ, λωΐτερον παθεῖν,
χειμῶνας πλέονας δῶσι θεοί, ἠὲ πανύστατον,
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quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare
Tyrrhenum: sapias, vina liques, et spatio brevi
spem longam reseces. dum loquimur, fugerit invida
aetas: carpe diem quam minimum credula postero.
ὅς τε νῦν κλονέει πρὸς σκοπελοῖς ὀκριόεσσ’ ἅλα
Τυρρηνῶν· φρονέουσ’ οἰνοχόει· μηδὲ βραχεῖ βίῳ
μακρά γ’ ἔλπε’· ἐν ᾧ γαρύομεν, πρὸ φθονερὸς φύγῃ
αἰών· στέργε τὰ νῦν, τοῖς ὀπίσω μὴ πισύνη ποτέ.

Versmaß:  Ascepiadeum quintum

Übersetzung: Anonymus (Göller, 58) 

Weitere Üb.:  | Färber (25) |  K.B.Garve | R.A.Schröder (19) | J.H.Voss, 13

 

 

Übersetzung ins Deutsche

     
1zu den Anmerkungen
2zu den Anmerkungen
3zu den Anmerkungen
4zu den Anmerkungen
Tu ne quaesieris, scire nefas, quem mihi, quem tibi
finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios
temptaris numeros. ut melius, quidquid erit, pati.
seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,
Frag nicht, Leuconoe, - wissen ist Fluch - was Götter mir, was dir
ausersehen an Zeit. Frage auch nicht Babylons weisen Rat,
vielbedeutende Zahl. Besser ist's doch dulden, was kommen mag!
Ob dir Jupiter gibt Winter noch mehr oder als letzten, der
5zu den Anmerkungen
6zu den Anmerkungen
7zu den Anmerkungen
8zu den Anmerkungen
quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare
Tyrrhenum: sapias, vina liques, et spatio brevi
spem longam reseces. dum loquimur, fugerit invida
aetas: carpe diem quam minimum credula postero.
Jetzt mit trotzendem Fels, schützender Wehr, bricht des Tyrrhenums Sturm:
Sei du weise und klug, kläre den Wein, kürze die Sehnsucht ein,
auf ein sinnvolles Maß. Flüchtige Zeit neidet uns weiter noch
Worte. Sieh, welch ein Tag! Wähne doch nicht morgigen Tages Last!
       

Versmaß:  Ascepiadeum quintum

Übersetzung: Bernhard Zapp 

Weitere Üb.:  | Färber (25) |  K.B.Garve | R.A.Schröder (19) | J.H.Voss, 13
  1. tu - prononcierte Betonung der dialogischen Situation, obwohl der Gesprächspartner in der Folge keine scharfen Konturen erhält | ne quaesi(v)eris - Prohibitivus | fas (nefas) - religiös begründetes Recht (Unrecht, Frevel): Das Wissen um das Lebensende steht dem Menschen nicht zu.  zurück zum Text
  2. finem di dederint - die Parzen (Moiren) spinnen den Schicksalsfaden des Menschen bei seiner Geburt. Atropos bestimmt das Lebensende, indem sie den Faden abreißt. | Leuconoe - sprechender Name: "Klug (klar) Denkende" | Babylonios numeros temptare - Babylonische Zahlenorakel befragen  zurück zum Text
  3. ut melius <est> - Ausruf (= quantopere melius est!) | pati, ior, passus sum - hinnehmen, auf sich nehmen (auch wenn es leidvoll ist, statt bewusst zu planen) zurück zum Text
  4. pluris = plures | hiems = annus (pars pro toto; im Einklang mit dem folgenden Bild) | seu Iupiter <eam> ultimam tribuit, quae... (ultimam - Objektsprädikativum) zurück zum Text 
  5. Naturgewalten, denen der Mensch ausgeliefert ist: Der Winter kämpft erfolgreich gegen die Meeresfluten an, indem er ihnen die Felsklippen des Landes wie Schilde entgegenhält | debilitare - schwächen, niederringen | pumex, icis, m/f - Bimsstein, Tuffstein der Felsenküste  zurück zum Text
  6. Tyrrhenum ( Karte) - Konkretisierung. Lyrik meidet unanschauliche Abstraktionen. | sapere, io, sapivi - Geschmack haben, klug sein (sapias = sapiens sis: Iussivus) | vinum liquare = vinum liquidum facere - den Wein von der Hefe abziehen, klären (durch ein Siebtuch) | spatio brevi - Abl.instr. (im Deutschen ist eine freiere Übersetzung angebracht: auf eine kurze Spanne einkürzen) zurück zum Text
  7. resecare - zurückschneiden (Bild aus dem Obst- oder Weinbau: das Einkürzen der geilen Triebe) | fugerit - Fut.II | invidus, a, um - missgünstig. Dieses Attribut passt zu aetas, weil uns die (Lebens-) Zeit ein dauerhaftes Glück missgönnt: Sie hält im Glück nicht an, sondern läuft unerbittlich weiter. zurück zum Text
  8. carpere, o, carpsi, carptum - (ab)pflücken, (wie eine reife Frucht) genießen (Proportion: "spes longa : breve spatium = aetas : dies") | credulus + Dat. - leichtgläubig, vertrauensselig gegenüber (Bezug des Femin.?) | postero <diei> - man kann nicht sicher sein, dass es noch einen Folgetag gibt.  zurück zum Text

 

Aufgabenvorschläge:
  1. Charakterisieren die Sprechsituation, die dem Gedicht zugrunde liegt!
    1. Welche Frage hat die angesprochene Person bereits gestellt oder zumindest angedeutet, so dass die abwehrende Antwort des Dichters verständlich wird?
    2. In welchen Wortformen wird die angesprochene Person dem Hörer (Leser) gegenwärtig?
    3. In welchem persönlichen Verhältnis steht der Dichter zur angesprochenen Person?
    4. Bezweckt der Dichter mit seinen Worten eine langfristige Verhaltensänderung oder eine auf den Moment abzielende Einwirkung?
  2. Beschreiben Sie, wie die einzelnen Appelle an Leuconoe in Verbindung mit ihren Begründungen das Gedicht aufbauen!
    Die Erwartungen, die das weibliche Gegenüber des Dichters zur mihi-tibi-Beziehung hegt, zielen auf das ganze Leben: eine Spanne, die der menschlichen Planung nicht verfügbar ist (nefas!). Die doppelte Gefahr die damit verbunden ist,  ist einmal, dass man die verfügbare Spanne (dies) verliert, aber das Leben nicht gewinnt. Über drei Zeitabstufungen kürzt der Dichter diese verfehlten Erwartungen auf das kluge Menschenmaß ein (resecat). Selbst ein Jahr überspielt noch als kosmische Größe im Kampf der winterlichen Naturgewalten die menschlichen Möglichkeiten. Der Tag ist die Spanne, für dessen Gelingen und Scheitern alles allein von der menschlichen Klugheit abhängt. Ihn gilt es, wie eine reife Frucht zu pflücken, wenn nicht auch er ein Opfer der missgünstigen Zeit werden soll. 
    carpe diem
     
  3. Ist die Empfehlung, von einer langfristigen Lebensplanung zugunsten eines erfüllten Tages Abstand zu nehmen, von Horaz als eine prinzipielle ethische Regel gemeint oder nur aus einer situativen emotionalen Erregtheit heraus gesprochen?
  4. Im Vs. 5 hätte debilitat pumicibus aus Gründen der Metrik auch in umgekehrter Reihenfolge stehen können (pumicibus debilitat) Warum zieht der Dichter die weniger natürliche Stellung vor?
    Durch die Sperrung (Hyperbaton) von oppositis... pumicibus drückt der Dichter den Inhaltsbegriff der "Entgegenstellung" auch formal aus (Einheit von Inhalt und Form).
  5. Wie wird Zeit in diesem Gedicht subjektiv erfahren?

 

Sententiae excerptae:
Lat. zu "Hor.c.1,11,"