Nos personalia non concoquimus. Nostri consocii (Google, Affilinet) suas vias sequuntur: Google, ut intentionaliter te proprium compellet, modo ac ratione conquirit, quae sint tibi cordi. Uterque consocius crustulis memorialibus utitur. Concedis, si legere pergis.
12. Übrigens zerbrach
allmählich die Macht der Mutter,
indem Nero sich in eine Freigelassene namens Akte verliebte, wobei er ein paar anziehende junge Leute, Marcus
Otho und Claudius
Senecio, Otho von konsularischer Familie, Senecio der Sohn eines Freigelassenen Caesars,
zu Mitwissern machte. Ohne Wissen der Mutter,
später ungeachtet ihres Widerstandes, hatten sie sich zu Stunden
üppigen Genusses und verdächtiger Heimlichkeit mit ihm
zusammengefunden, und auch ältere Freunde des Fürsten
taten nichst dagegen, dass die Dirne seinen Wünschen willfuhr, weil ja niemand dadurch ein Unrecht
geschehe, da er nun einmal gegen seine Gattin Octavia,
trotz ihrer hohen Geburt und anerkannten Rechtschaffenheit aus Verhängnis,
oder weil Unerlaubtes größeren Reiz ausübt, Abneigung
empfand. Auch fürchtete man, er könnte sich, wenn man
ihm diese Lust verwehre, zu Angriffen auf die Ehre vornehmer Frauen
hinreißen lassen.
(13,12)
Ceterum infracta paulatim potentia matris delapso Nerone in amorem
libertae, cui vocabulum Acte fuit, simul adsumptis in conscientiam
M. Othone et Claudio Senecione, adulescentulis decoris, quorum Otho
familia consulari, Senecio liberto Caesaris patre genitus. ignara
matre, dein frustra obnitente, penitus inrepserat per luxum et ambigua
secreta, ne senioribus quidem principis amicis adversantibus, muliercula
nulla cuiusquam iniuria cupidines principis explente, quando uxore
ab Octavia, nobili quidem et probitatis spectatae, fato quodam an
quia praevalent inlicita, abhorrebat, metuebaturque ne in stupra
feminarum inlustrium prorumperet, si illa libidine prohiberetur.
13. Agrippina aber keifte nach Weiberart: "eine Freigelassene also meine
Nebenbuhlerin! Eine Magd meine Schwiegertochter!" Und mehr
dieser Art. Ohne des Sohnes Reue oder Sättigung abzuwarten,
schalt sie ihn recht garstig aus, und je ärger sie ihn schalt
desto mehr entbrannte er in Leidenschaft, bis er, von der Liebe
überwältigt, den Gehorsam gegen die Mutter aufkündigte
und sich ganz dem Seneca überließ, von dessen Freunden einer, Annaeus
Serenus, indem er sich selbst in das Mädchen verliebt stellte,
die entstehende Leidenschaft des jungen Fürsten zu verhüllen
suchte und seinen Namen dazu hergegeben hatte, der Dirne öffentlich
zukommen zu lassen, womit der Fürst sie verstohlener Weise
erfreuen wollte. Nun änderte Agrippina ihren Plan, machte sich jetzt mit Liebkosungen an den jungen Mann,
gab ihm zu verstehen, ihr Gemach und ihre Umarmung seien besser,
um zu verhüllen, worauf sein jugendliches Alter und seine hohe
Stellung Anspruch mache. Ja, sie gestand sogar, ihre Strenge sei
unzeitig gewesen, und überwies aus ihrem Vermögen, das
dem des Imperators nahe kam, hohe Summen an ihn, wie eben erst zu
weitgehend im Zwang gegen den Sohn, so jetzt im Übermaß
fügsam. Diese Veränderung täuschte Nero nicht, und auch seine nächsten Freunde gerieten in Besorgnis
und baten ihn, sich vor den Nachstellungen einer Frau zu hüten,
die sich immer grimmig jetzt auch falsch zeige. Als der Kaiser in
jenen Tagen zufällig den Schmuck besichtigte, in dem die Gemahlinnen
und Mütter der Fürsten geglänzt hatten, wählte
er ein Gewand und Edelsteine aus und sandte sie seiner Mutter zum
Geschenk, indem er ihr, ohne ans Sparen zu denken, das Schönste,
wonach andere gelüstet hätte, zuvorkommend zugehen ließ.
Allein, Agrippina rief laut, ihr Schmuck werde mit diesen Dingen nicht bereichert,
sondern das übrige werde ihr entzogen, und ihr Sohn verteile,
was er doch alles insgesamt von ihr habe.
(13,13)
Sed Agrippina libertam aemulam, nurum ancillam aliaque eundem in
modum muliebriter fremere, neque paenitentiam filii aut satietatem
opperiri, quantoque foediora exprobrabat, acrius accendere, donec
vi amoris subactus exueret obsequium in matrem seque Senecae permitteret,
ex cuius familiaribus Annaeus Serenus simulatione amoris adversus
eandem libertam primas adulescentis cupidines velaverat praebueratque
nomen, ut quae princeps furtim mulierculae tribuebat, ille palam
largiretur. tum Agrippina versis artibus per blandimenta iuvenem
adgredi, suum potius cubiculum ac sinum offerre contegendis quae
prima aetas et summa fortuna expeterent: quin et fatebatur intempestivam
severitatem et suarum opum, quae haud procul imperatoriis aberant,
copias tradebat, ut nimia nuper coercendo filio, ita rursum intemperanter
demissa. quae mutatio neque Neronem fefellit, et proximi amicorum
metuebant orabantque cavere insidias mulieris semper atrocis, tum
et falsae. forte illis diebus Caesar inspecto ornatu quo principum
coniuges ac parentes effulserant, deligit vestem et gemmas misitque
donum matri nulla parsimonia, cum praecipua et cupita aliis prior
deferret. sed Agrippina non his instrui cultus suos, sed ceteris
arceri proclamat et dividere filium quae cuncta ex ipsa haberet.
Es fehlte nicht an Leuten,
die es verschlimmert berichteten. Nero war über diejenigen erbittert, an denen der Stolz dieser Frau
eine Stütze fand. Er entfernte Pallas von den Geschäften, über die er von Claudius gesetzt worden war und über die er wie ein Herrscher auf seinem
Thron nach Belieben waltete. Man erzählte, Nero habe, als Pallas von einer großen Menge Begleiter umringt abgezogen sei, das
nicht üble Wort gesagt, da gehe Pallas hin, um den Schlusseid zu leisten. Wirklich hatte sich Pallas ausbedungen, über keine Handlung der Vergangenheit zur Rechenschaft
gezogen zu werden und mit dem Staat quitt zu sein. Unaufhörlich
ging es jetzt bei Agrippina zu den schrecklichsten Drohungen; selbst die Ohren des Fürsten
schonte sie nicht: Er musste hören, erwachsen sei jetzt Britannicus,
der als echter Sprössling allein würdig sei, die Herrschaft
des Vaters zu übernehmen, die der aufgepfropfte und adoptierte Nero durch die Ungerechtigkeiten seiner Mutter in Besitz habe. Sie habe
nichts dagegen, dass aller Fluch des unseligen Hauses an den Tag
komme, voran ihre Heirat und das Gift in ihrer Hand. Das sei allein
noch eine glückliche Vorsehung der Götter und ihrer selbst,
dass ihr Stiefsohn noch am Leben sei. Mit ihm werde sie ins Lager
(der Prätorianer)
gehen. Da solle man dann hören - hier die Tochter des Germanicus,
dort den verkrüppelten Burrus und den landesverwiesenen Seneca,
wie sie mit verstümmelter Hand und schulmeisterlicher Beredsamkeit
den Besitz des Weltregiments in Anspruch nehmen. Dabei ballt sie
gegen ihn die Faust, überhäuft ihn mit Schmähungen,
ruft den vergöttlichten Claudius,
ruft die Namen der (Brüder) Silanus zur Rache auf und so viele nutzlos gefallene Opfer.
(13,14)
Nec defuere qui in deterius referrent. et Nero infensus iis quibus
superbia muliebris innitebatur, demovet Pallantem cura rerum quis
a Claudio impositus velut arbitrium regni agebat; ferebaturque degrediente
eo magna prosequentium multitudine non absurde dixisse, ire Pallantem
ut eiuraret.
sane pepigerat Pallas ne cuius facti in praeteritum interrogaretur
paresque rationes cum re publica haberet. praeceps posthac Agrippina
ruere ad terrorem et minas, neque principis auribus abstinere quo
minus testaretur adultum iam esse Britannicum, veram dignamque stirpem
suscipiendo patris imperio quod insitus et adoptivus per iniurias
matris exerceret. non abnuere se quin cuncta infelicis domus mala
patefierent, suae in primis nuptiae, suum veneficium: id solum diis
et sibi provisum quod viveret privignus. ituram cum illo in castra;
audiretur hinc Germanici filia, inde debilis rursus Burrus et exul
Seneca, trunca scilicet manu et professoria lingua generis humani
regimen expostulantes. simul intendere manus, adgerere probra, consecratum
Claudium, infernos Silanorum manis invocare et tot inrita facinora.
15. Bestürzt über
diese Dinge und weil der Tag herannahte, an dem Britannicus sein 14. Jahr vollendete, bedachte Nero bei sich bald die Leidenschaftlichkeit seiner Mutter,
bald die Gemütsart seines Bruders,
wie sie unlängst, wenn auch in einer unbedeutenden Kostprobe,
die ihm aber doch weithin Gunst einbrachte, zu erkennen war. Als
nämlich an den Saturnalien unter anderen Spielen der Altersgenossen auch das Königtum
ausgelost wurde, war dieses Los dem Nero zugefallen. Also stellte er allen verschiedene Aufgaben, die aber
keinen beschämten. Als er nun Britannicus befahl, er solle aufstehen, in die Mitte vortreten und einen Gesang
anstimmen, wobei er erwartete, der Knabe, der schon mit nüchterner
Gesellschaft unbekannt war, erst recht mit trunkener, werde sich
lächerlich machen, begann dieser selbstbewusst ein Lied, das
darauf anspielte, dass er vom väterlichen Sitz und von der
höchsten Stufe verdrängt sei. Dies weckte Mitleid, das
um so unverkennbarer hervortrat, weil Nacht und Ausgelassenheit
die Verstellung verbannten. Nero,
der den Vorwurf empfand, ging von da an in seinem Hass nur um so
weiter. Von den Drohungen der Agrippinas gedrängt sann er, weil er Britannicus keine Schuld anlasten konnte und er es nicht wagte, seine Ermordung
offen zu befehlen, auf eine geheime Untat; er lässt nämlich
Gift bereiten, wozu ihm Iulius
Pollio, der Tribun einer prätorischen Kohorte, behilflich war, in dessen Gewahrsam sich die wegen Giftmischerei
verurteilte und durch viele Verbrechen berüchtigte Locusta befand. Denn dass Britannicus in seiner nächsten Umgebung nur Leute hatte, denen Recht und
Gewissen nicht galt, dafür war längst gesorgt. Das erste
Gift erhielt er von seiner eigenen Erzieherin, gab es jedoch wegen
eines Durchfalls wieder von sich, sei es dass es zu schwach oder
dass etwas beigemischt war, damit es nicht augenblicklich wirken
konnte. Aber Nero,
den eine langsame Wirkung ungeduldig machte, drohte dem Tribunen,
befahl, die Giftmischerin augenblicklich hinzurichten, weil sie,
indem sie auf das Gerede achteten und an ihre Verteidigung dächten,
seine Sicherstellung verzögerten. Jetzt versprachen sie so
jähen Tod, als wenn sie mit dem Schwert gegen ihn losgingen;
neben dem Schlafgemach des Kaisers wurde ein Gift gekocht, das nach
den zuvor angestellten Proben plötzlich wirken musste.
(13,15)
Turbatus his Nero et propinquo die quo quartum decimum aetatis annum
Britannicus explebat, volutare secum modo matris violentiam, modo ipsius indolem, levi quidem experimento
nuper cognitam, quo tamen favorem late quaesivisset. festis Saturno
diebus inter alia aequalium ludicra regnum lusu sortientium evenerat
ea sors Neroni. igitur ceteris diversa nec ruborem adlatura: ubi
Britannico iussit exsurgeret progressusque in medium cantum aliquem
inciperet, inrisum ex eo sperans pueri sobrios quoque convictus,
nedum temulentos ignorantis, ille constanter exorsus est carmen,
quo evolutum eum sede patria rebusque summis significabatur. unde
orta miseratio manifestior, quia dissimulationem nox et lascivia
exemerat. Nero intellecta invidia odium intendit; urgentibusque
Agrippinae minis, quia nullum crimen neque iubere caedem fratris
palam audebat, occulta molitur pararique venenum iubet, ministro
Pollione Iulio praetoriae cohortis tribuno, cuius cura attineatur
damnata veneficii nomine Locusta, multa scelerum fama. nam ut proximus
quisque Britannico neque fas neque fidem pensi haberet olim provisum
erat. primum venenum ab ipsis educatoribus accepit tramisitque exoluta alvo parum validum, sive temperamentum inerat ne statim saeviret. sed
Nero lenti sceleris impatiens minitari tribuno, iubere supplicium
veneficae, quod, dum rumorem respiciunt, dum parant defensiones,
securitatem morarentur. promittentibus dein tam praecipitem necem
quam si ferro urgeretur, cubiculum Caesaris iuxta decoquitur virus
cognitis antea venenis rapidum.
16. Es war Sitte, dass die
fürstlichen Kinder mit anderen Altersgenossen aus erlauchten
Familien im Sitzen und im Angesicht der Verwandten, an einer eigenen,
nur mäßig gedeckten Tafel aßen. Weil nun auch Britannicus so aß und die Speisen und Getränke von einem dazu ausersehenen
Diener vorgekostet wurden, ersann man, damit nicht die Gewohnheit
ausgesetzt oder das Verbrechen durch den Tod der beiden verraten
werde, folgende List: noch unschädlich, nur allzu heiß,
wurde dem Britannicus ein zuvor gekostetes Getränk gereicht. Nachdem er es, weil
siedend heiß, zurückwiesen hatte, wurde in kaltem Wasser
das Gift zugegossen, das alle seine Glieder so durchdrang, dass
Stimme und Atem zugleich versagten. Bestürzung ergreift die
Umsitzenden. Alle, die ahnungslos waren, stieben auseinander; diejenigen,
die tiefer sahen, bleiben wie angewurzelt sitzen und blicken auf Nero.
Dieser blieb, als wisse er von nichts, zurückgelehnt, wie er
war, und sagte, dies sei etwas Gewöhnliches, das von der Fallsucht
komme, an der Britannicus schon von früher Kindheit an leide; Gesicht und Besinnung würden
allmählich wiederkehren. Agrippina aber zeigte solchen Schrecken, solche Bestürzung, dass man
sich, so sehr sie ihre Miene in der Gewalt hatte, überzeugen
konnte: Sie war so unwissend wie Octavia,
die Schwester des Britannicus:
sah sie sich doch der letzten Stütze beraubt und einen Vorgriff
auf den - Muttermord. Auch Octavia hatte, in wie unerfahrenem Alter sie auch stand, bereits gelernt,
Schmerz, Liebe und alle Empfindungen zu verbergen. So kehrte nach
kurzem Schweigen der Frohsinn des Mahles zurück.
(13,16)
Mos habebatur principum liberos cum ceteris idem aetatis nobilibus
sedentis vesci in aspectu propinquorum propria et parciore mensa.
illic epulante Britannico, quia cibos potusque eius delectus ex
ministris gustu explorabat, ne omitteretur institutum aut utriusque
morte proderetur scelus, talis dolus repertus est. innoxia adhuc
ac praecalida et libata gustu potio traditur Britannico; dein, postquam
fervore aspernabatur, frigida in aqua adfunditur venenum, quod ita
cunctos eius artus pervasit ut vox pariter et spiritus raperentur.
trepidatur a circumsedentibus, diffugiunt imprudentes: at quibus
altior intellectus, resistunt defixi et Neronem intuentes. ille
ut erat reclinis et nescio similis, solitum ita ait per comitialem morbum quo prima ab infantia adflictaretur Britannicus, et redituros
paulatim visus sensusque. at Agrippinae is pavor, ea consternatio
mentis, quamvis vultu premeretur, emicuit ut perinde ignaram fuisse
<atque> Octaviam sororem Britannici constiterit: quippe sibi
supremum auxilium ereptum et parricidii exemplum intellegebat. Octavia
quoque, quamvis rudibus annis, dolorem caritatem, omnis adfectus
abscondere didicerat. ita post breve silentium repetita convivii
laetitia.
17. Dieselbe Nacht erlebte
den Tod des Britannicus und - seine Einäscherung; denn zu seiner Bestattung waren Vorbereitungen
getroffen worden - in bescheidenem Maße. Doch wurde er auf
dem Marsfeld bestattet,
und zwar unter so stürmischen Regengüssen, dass das Volk
glaubte, darin spreche sich der Zorn der Götter über eine
Greueltat aus, die sehr viele Menschen in der Einschätzung,
dass Bruderzwist etwas Altes und ein Thron etwas Unteilbares sei,
erst noch verzeihlich fanden. Sehr viele Geschichtsschreiber jener
Zeit berichten, Nero habe die zarte Jugend des Britannicus häufig an den Tagen vor dessen Ermordung missbraucht. Da kam
der Tod nicht zu früh, war nicht das Grausamste, was geschehen
konnte, wenn er ihn auch beim Heiligtum des gastlichen Tisches,
ohne noch zur Umarmung der Schwestern Zeit zu lassen, vor den Augen
des Feindes jäh überfiel, den letzten Spross des claudischen
Blutes, der vor der Vergiftung noch durch Schändung befleckt
sein musste! Die eilige Bestattung rechtfertigte der Kaiser durch
ein Edikt, in dem er daran erinnerte, dass es von den Vorfahren
so angeordnet sei, die Leichen früh Verstorbener den Augen
zu entziehen und nicht durch Lobreden und lange Aufzüge hinzuhalten.
Übrigens liege für ihn nach dem Verlust der Hilfe des
Bruders die einzige Hoffnung noch im Staat, und es sei zu erwarten,
dass Väter und Volk dem Fürsten, der von einer zu der
höchsten Stellung berufenen Familie allein noch übrig
sei, um so wärmere Teilnahme zuwendeten.
(13,17)
Nox eadem necem Britannici et rogum coniunxit, proviso ante funebri
paratu, qui modicus fuit. in campo tamen Martis sepultus est adeo
turbidis imbribus, ut vulgus iram deum portendi crediderit adversus
facinus cui plerique etiam hominum ignoscebant, antiquas fratrum
discordias et insociabile regnum aestimantes. tradunt plerique eorum
temporum scriptores crebris ante exitium diebus illusum isse pueritiae
Britannici Neronem, ut iam non praematura neque saeva mors videri
queat, quamvis inter sacra mensae, ne tempore quidem ad complexum
sororum dato, ante oculos inimici properata sit in illum supremum
Claudiorum sanguinem, stupro prius quam veneno pollutum. festinationem
exequiarum edicto Caesar defendit, ita maioribus institutum referens,
subtrahere oculis acerba funera neque laudationibus aut pompa detinere.
ceterum et sibi amisso fratris auxilio reliquas spes in re publica
sitas, et tanto magis fovendum patribus populoque principem qui
unus superesset e familia summum ad fastigium genita.
18. Hierauf bedachte er seine
liebsten Freunde mit Schenkungen,
und mitunter nahm man es Männern, die die ernste Miene eines
würdigen Sinnes behaupteten, übel, dass sie unter solchen
Umständen Paläste und Landsitze wie eine Beute unter sich
teilten. Andere glaubten, der Fürst habe ihnen die Geschenke aufgenötigt, weil er sich seiner Schuld bewusst sei und auf
Nachsicht hoffe, wenn er sich gerade die Bedeutendsten durch reiche
Zuwendungen verpflichte. Aber der Zorn der Mutter ließ sich
durch keine Freigebigkeit besänftigen, im Gegenteil, sie zieht
die Octavia ganz an sich, hält häufig geheimen Rat mit ihren Freundinnen,
rafft, wie die Habsucht schon mit ihr aufgewachsen war, jetzt auch,
um einen Rückhalt daran zu haben, von überall her Geld
zusammen, empfängt mit Freundlichkeit Tribunen und Centurionen,
hält Namen und Verdienste der Adligen in Ehren, die damals
noch übrig waren, als suche sie Parteiführer und Anhang.
Dies erfuhr Nero und ließ die Leibwache, die sie als kaiserliche Gemahlin von
jeher gehabt und bis dahin als Mutter behalten hatte, zusammen mit
den Germanen, die ihr zu gleicher Ehre als Leibtrabanten beigegeben
worden waren, abziehen. Damit der Schwarm der Aufwartenden aufhöre,
sonderte er ihre Wohnung von der seinigen ab und versetzte sie in
das Haus, das der Urgroßmutter Antonia gehört hatte. So oft er selbst dorthin kam, war er von einem
Schwarm von Centurionen umringt und schied wieder nach einer kurzen
Umarmung.
(13,18)
Exim largitione potissimos amicorum auxit. nec defuere qui arguerent
viros gravitatem adseverantis,
quod domos villas id temporis quasi praedam divisissent. alii necessitatem
adhibitam credebant a principe sceleris sibi conscio et veniam sperante,
si largitionibus validissimum quemque obstrinxisset. at matris ira
nulla munificentia leniri, sed amplecti Octaviam, crebra cum amicis
secreta habere, super ingenitam avaritiam undique pecunias quasi
in subsidium corripiens; tribunos et centuriones comiter excipere,
nomina et virtutes nobilium, qui etiam tum supererant, in honore
habere, quasi quaereret ducem et partis. cognitum id Neroni, excubiasque
militaris, quae ut coniugi imperatoris olim, tum ut matri servabantur,
et Germanos nuper eundem <in> honorem custodes additos degredi
iubet. ac ne coetu salutantium frequentaretur, separat domum matremque
transfert in eam quae Antoniae fuerat, quoties ipse illuc ventitaret,
saeptus turba centurionum et post breve osculum digrediens.
19. Nichts unter der Sonne
ist so unbeständig und vergänglich wie der Ruf der Macht,
wenn sie sich nicht auf die eigene Kraft stützt. Alsbald war Agrippinas Schwelle
verödet. Niemand tröstete, niemand besuchte sie, etliche
Frauen ausgenommen, ob aus Anhänglichkeit oder aus Hass, ist
ungewiss. Eine davon war Iunia
Silana, deren Ehe mit Gaius
Silius, wie ich oben berichtet habe (Tac.ann.11,12), Messalina zerrissen hatte, ausgezeichnet durch Geburt, Schönheit, Sittenlosigkeit,
und bei Agrippina lange sehr wohl gelitten; später kamen zwischen ihnen stille
Missstimmung auf, weil Agrippina den Sextius
Africanus, einen jungen Mann von hoher Geburt, von der Ehe mit Silana abgebracht
hatte, indem sie diese ein unkeusches und alterndes Weib nannte,
nicht um den Africanus sich vorzubehalten, sondern damit er nicht als ihr Mann das Vermögen
der kinderlosen Silana in seine Hand bekomme. Da sich dieser jetzt eine Gelegenheit zur
Rache bot, stellte sie zwei ihrer Klienten, Iturius und Calvisius,
als Kläger auf; sie brachte nichts Altes gegen sie vor, das
schon öfter laut geworden war, zum Beispiel dass sie unter
dem Tod des Britannicus leide, dass sie die Kränkungen, die Octavia erleide, bekannt mache usw., sondern dass sie beabsichtigt habe,
den Rubellius
Plautus, der mütterlicherseits im gleichen Grade wie Nero von Augustus abstammte,
zum Umsturz der bestehenden Ordnung der Dinge zu bringen und durch
eheliche Verbindung mit ihr und weiterhin durch seine Erhebung zum
Imperator den Staat aufs neue ihrer Gewalt untertan zu machen. Diese
Dinge eröffneten Iturius und Calvisius dem Atimetus, einem
Freigelassenen der Domitia,
einer Vatersschwester des Nero,
und dieser drängte voll Freude über diese Gelegenheit
- denn zwischen Agrippina und Domitia bestand
bittere Eifersucht - den Pantomimen Paris,
ebenfalls einen Freigelassenen der Domitia,
eiligst hinzugehen und die Beschuldigungen im schwärzesten
Licht zu hinterbringen.
(13,19)
Nihil rerum mortalium tam instabile ac fluxum est quam fama potentiae
non sua vi nixae. statim relictum Agrippinae limen: nemo solari,
nemo adire praeter paucas feminas, amore an odio incertas. ex quibus
erat Iunia Silana, quam matrimonio C. Sili a Messalina depulsam
supra rettuli, insignis genere forma lascivia, et Agrippinae diu
percara, mox occultis inter eas offensionibus, quia Sextium Africanum
nobilem iuvenem a nuptiis Silanae deterruerat Agrippina, impudicam
et vergentem annis dictitans, non ut Africanum sibi seponeret, sed
ne opibus et orbitate Silanae maritus poteretur. illa spe ultionis
oblata parat accusatores ex clientibus suis, Iturium et Calvisium,
non vetera et saepius iam audita deferens, quod Britannici mortem
lugeret aut Octaviae iniurias evulgaret, sed destinavisse eam Rubellium
Plautum, per maternam originem pari ac Nero gradu a divo Augusto,
ad res novas extollere coniugioque eius et imperio rem publicam
rursus invadere. haec Iturius et Calvisius Atimeto, Domitiae Neronis
amitae liberto, aperiunt - qui laetus oblatis (quippe inter Agrippinam
et Domitiam infensa aemulatio exercebatur) Paridem histrionem, libertum
et ipsum Domitiae, impulit ire propere crimenque atrociter deferre.
20. Schon war es tief in
der Nacht und Nero noch mit Zechen beschäftigt, als Paris eintrat, sonst gewohnt um solche Stunde, dem üblichen Genuss
des Fürsten neuen Schwung zu geben, diesmal aber mit der Miene
der Traurigkeit und mit der Erzählung des Hergangs, wie es
zu seiner Meldung gekommen sei. Mit dieser Meldung erschreckte er Nero so, dass er sich nicht allein dazu entschloss, seine Mutter und
den Plautus umzubringen, sondern auch den Burrus von der Präfektur zu entfernen; dieser sei durch Agrippinas Gunst emporgekommen und jetzt dabei, ihr das zu vergelten. Fabius
Rusticus gibt an, sofort sei eine Kabinettsorder an Caecina
Tuscus verfasst, und ihm der Befehl über die prätorischen Kohorten übertragenen worden, Burrus aber habe durch Senecas Bemühung seine Würde behalten. Plinius und Cluvius aber melden nichts von einem Zweifel an der Treue des Präfekten.
Allerdings neigt Fabius dazu, Seneca zu loben, bei dem er als Freund viel galt. Ich gedenke, mich an
die übereinstimmende Angabe der Schriftsteller zu halten; wo
sie voneinander abweichen, gebe ich meine Gewährsmänner
an. Nero lechzte in panischer Angst nach dem Blut der Mutter und ließ
sich nicht eher zu einem Aufschub bewegen, als bis Burrus ihre Hinrichtung versprach, falls sie der Untat überführt
würde: man müsse doch jedermann, am meisten einer Mutter,
Verteidigung gestatten. Es seien auch keine Ankläger vorhanden,
sondern man bringe bloß das Wort eines einzigen aus feindlichem
Hause vor. Er solle die Dunkelheit in Betracht ziehen und die beim
Becher durchschwärmte Nacht, wo alles die Übereilung und
die Verblendung begünstige.
(13,20)
Provecta nox erat et Neroni per vinolentiam trahebatur, cum ingreditur
Paris, solitus alioquin id temporis luxus principis intendere, sed tunc compositus ad maestitiam,
expositoque indicii ordine ita audientem exterret ut non tantum
matrem Plautumque interficere, sed Burrum etiam demovere praefectura
destinaret tamquam Agrippinae gratia provectum et vicem reddentem.
Fabius Rusticus auctor est scriptos esse ad Caecinam Tuscum codicillos,
mandata ei praetoriarum cohortium cura, sed ope Senecae dignationem
Burro retentam: Plinius et Cluvius nihil dubitatum de fide praefecti
referunt; sane Fabius inclinat ad laudes Senecae, cuius amicitia
floruit. nos consensum auctorum secuturi, quae diversa prodiderint
sub nominibus ipsorum trademus. Nero trepidus et interficiendae
matris avidus non prius differri potuit quam Burrus necem eius promitteret,
si facinoris coargueretur: sed cuicumque, nedum parenti defensionem
tribuendam; nec accusatores adesse, sed vocem unius ex inimica domo
adferri: reputaret tenebras et vigilatam convivio noctem omniaque
temeritati et inscitiae propiora.
21. Nachdem die Furcht des
Fürsten so beschwichtigt und der Tag angebrochen war, begab
man sich zu Agrippina,
damit sie, was man ihr vorwarf, vernehme und entweder widerlege
oder dafür büße. Burrus vollzog diesen Auftrag im Beisein Senecas.
Auch waren Freigelassene als Zeugen des Gespräches zugegen.
Darauf nahm Burrus,
als er die Beschuldigungen und Ankläger dargelegt hatte, einen
drohenden Sprache an. Agrippina aber erwiderte, ohne ihren trotzigen Mut zu verleugnen: "Es
wundert mich nicht, dass Silana,
die nie ein Kind gehabt hat, keine Muttergefühle kennt. Wechseln
ja Mütter ihre Kinder nicht auf gleiche Weise wie unzüchtige
Frauen ihre Buhler. Wenn Iturius und Calvisius,
nachdem sie ihrer Habe aufgezehrt haben, als letztes Rettungsmittel
ein altes Weib mit der Übernahme einer Anklage bezahlt machen,
soll ich darum die Schmach eines Kindesmordes auf mir haben oder
der Kaiser den Fluch eines Muttermordes auf dem Gewissen? Der Domitia würde ich für ihre Anfeindung noch dankbar sein, wenn
sie mit mir im Wohlwollen gegen meinen Nero wetteiferte. So aber dichtet sie jetzt mit ihrem Beischläfer Atimetus und dem Schauspieler Paris eine Art Theaterstück. Sie baute die Fischteiche in ihrem Baiae,
während durch meine Maßregeln Adoption, prokonsularische
Gewalt, Ernennung zum Konsul und was sonst zur Würde des Imperators
führt, angebahnt wurde. Anderfalls trete auf, wer mich bezichtigen
kann, dass ich in der Stadt Kohorten verführte, in den Provinzen
die Treue zum Wanken brachte, Sklaven und Freigelassene zu Verbrechen
bestochen habe. Konnte ich am Leben bleiben, wenn Britannicus geherrscht hätte? Und wenn Plautus oder ein anderer heute in die Lage kommen sollte, den Richter im
Staat zu machen, so fehlt es natürlich an Anklägern, die
mir - ich will nicht sagen, Worte, die Ungeduld der Liebe unvorsichtig
einmal fallen ließ, sondern solche Dinge vorzuwerfen wüssten,
von denen nur ein Sohn mich lossprechen könnte." Als sich
die Anwesenden ergriffen zeigten und sich jetzt sogar bemühten,
ihre Erregung zu besänftigen, fordert sie eine Unterredung
mit dem Sohn, in der sie kein Wort für ihre Schuldlosigkeit
sprach, gleichsam als traue sie ihr nicht recht, ebenso wenig von
ihren Wohltaten, als wolle sie ihm diese vorhalten, sondern nur
Rache an den Angebern und Belohnung für ihre Freunde durchsetzte.
(13,21)
Sic lenito principis metu et luce orta itur ad Agrippinam ut nosceret
obiecta dissolveretque vel poenas lueret. Burrus iis mandatis Seneca
coram fungebatur; aderant et ex libertis arbitri sermonis. deinde
a Burro, postquam crimina et auctores exposuit, minaciter actum.
et Agrippina ferociae memor 'non miror' inquit 'Silanam, numquam
edito partu, matrum adfectus ignotos habere; neque enim proinde
a parentibus liberi quam ab impudica adulteri mutantur. nec si Iturius
et Calvisius adesis omnibus fortunis novissimam suscipiendae accusationis
operam anui rependunt, ideo aut mihi infamia parricidii aut Caesari
conscientia subeunda est. nam Domitiae inimicitiis gratias agerem,
si benevolentia mecum in Neronem meum certaret: nunc per concubinum
Atimetum et histrionem Paridem quasi scaenae fabulas componit. Baiarum
suarum piscinas extollebat, cum meis consiliis adoptio et proconsulare
ius et designatio consulatus et cetera apiscendo imperio praepararentur. aut existat qui cohortis in urbe temptatas,
qui provinciarum fidem labefactatam, denique servos vel libertos
ad scelus corruptos arguat. vivere ego Britannico potiente rerum
poteram? ac si Plautus aut quis alius rem publicam iudicaturus obtinuerit,
desunt scilicet mihi accusatores qui non verba impatientia caritatis
aliquando incauta, sed ea crimina obiciant quibus nisi a filio absolvi
non possim.' commotis qui aderant ultroque spiritus eius mitigantibus,
conloquium filii exposcit, ubi nihil pro innocentia, quasi diffideret,
nec de beneficiis, quasi exprobraret, disseruit, sed ultionem in
delatores et praemia amicis obtinuit.
Deutsche Übersetzung nach: Bahrdt, C.F. bearbeitet von E.Gottwein
Cornelius Taciuts, Ab excessu divi Augusti (Annalen), Textauswahl und Namensverzeichnis von Hans Haas, Einleitung von Karl Meister, 3. Aufl., durchgesehen von Egon Römisch
P. Cornelius Tacitus. Annalen und Historien in Ausw. hrsg. von Carl Stegmann.
Heft 1: Tiberus: Annalen I-VI nebst Ergänzungen aus Velleius, Sueton und Dio Cassius : Text m. Einl. (B. G. Teubners Schülerausgaben griechischer und lateinischer Schriftsteller).
Heft 2: Nero (Annalen XII-XVI : Historien I-V)