Odyssee13. Gesang - deutschOdysseus' Abfahrt bei den Phaiaken und Ankunft in Ithaka |
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Odysseus, von neuem beschenkt, geht am Abend zu Schiffe, wird schlafend nach Ithaka gebracht, und in Phorkis Bucht ausgesetzt. Das heimkehrende Schiff versteinert Poseidon. Odysseus in Götternebel verkennt sein Vaterland. Athene entnebelt ihm Ithaka, verbirgt sein Gut in der Höhle der Nymphen, entwirft der Freier Ermordung, und gibt ihm die Gestalt eines bettelnden Greises. | |
Also sprach er; und alle verstummten umher, und
schwiegen, Horchten noch, wie entzückt, im großen schattigen Saale. Ihm antwortete drauf Alkinoos wieder, und sagte: Da du zu meiner hohen mit Erz gegründeten Wohnung |
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Kamst; so hoff' ich, Odysseus, dich sollen doch
jetzt von der Heimfahrt Keine Stürme verwehn, wie sehr du auch immer geduldet! Aber gehorchet nun, ihr alle, meiner Ermahnung, Die ihr beständig allhier, in meinem Palaste, des roten Ehrenweines genießt, und des Sängers Begeisterung anhört. |
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Kleider liegen bereits in der schöngeglätteten
Lade Für den Fremdling, auch Gold von künstlicher Arbeit, und andre Reiche Geschenke, so viel die phaiakischen Fürsten ihm brachten. Lasst uns noch jeden ein groß dreifüßig Geschirr und ein Becken Ihm verehren. Wir fordern uns dann vom versammelten Volke |
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Wieder Ersatz; denn einen belästigten solche
Geschenke. Also sprach er; und allen gefiel die Rede des Königs. Hierauf gingen sie heim, der süßen Ruhe zu pflegen. Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte, Eilten sie alle zum Schiffe mit männerehrendem Erze. |
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Aber die heilige Macht Alkinoos legte das alles, Selber das Schiff durchgehend, mit Sorgfalt unter die Bänke; Dass es die Ruderer nicht an der Arbeit möchte verhindern. Hierauf gingen sie alle zur Burg, und besorgten das Gastmahl. Ihnen versöhnte der König mit einem geopferten Stiere |
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Zeus den donnerumwölkten Kroniden, der alles
beherrschet. Und sie verbrannten die Lenden, und feirten das herrliche Gastmahl, Fröhliches Muts; auch sang vor ihnen der göttliche Sänger, Unter den Völkern geehrt, Demodokos. Aber Odysseus Wandte zur strahlenden Sonn' oft ungeduldig sein Haupt auf, |
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Dass sie doch unterginge; denn herzlich verlangt'
ihn zur Heimat. Also sehnt sich ein Pflüger zur Mahlzeit, welcher vom Morgen Bis zum Abend die Brache mit rötlichen Stieren geackert; Freudig sieht er, wie sich die leuchtende Sonne hinabsenkt, Eilet zur Abendkost, und dem Gehenden wanken die Kniee: |
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Also freute sich jetzt Odysseus der sinkenden
Sonne. Schnell begann er darauf zu den rudergeübten Phaiaken, Aber vor allen wandt' er sich gegen den König, und sagte: Weitgepriesener Held, Alkinoos, mächtigster König! Sendet mich jetzt, nach geopfertem Trank, in Frieden; und lebt wohl! |
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Denn ich habe nun alles, was meine Seele gewünscht
hat: Eine sichere Fahrt und werte Geschenke. Die Götter Lassen mir alles gedeihn! dass ich unsträflich die Gattin Wiederfinde daheim, und unbeschädigt die Freunde. Ihr, die ich jetzo verlasse, beglückt noch lange die Weiber |
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Eurer Jugend, und Kinder! Euch segnen die Götter
mit Tugend Und mit Heil, und nie heimsuche die Insel ein Unglück! Also sprach er; es lobten ihn alle Fürsten, und rieten, Heimzusenden den Gast, weil seine Bitte gerecht war. Aber die heilige Macht Alkinoos sprach zu dem Herold: |
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Mische Wein in dem Kelche, Pontonoos; reiche
dann allen Männern im Saal' umher; dass wir dem Vater Kronion Flehn, und unseren Gast zu seiner Heimat befördern. Sprach's; und Pontonoos mischte des herzerfreuenden Weines, Ging umher, und verteilte die vollen Becher. Sie gossen |
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Flehend den Göttern des Tranks, die den
weiten Himmel bewohnen, Jeder von seinem Sitz. Da erhob sich der edle Odysseus, Gab in Aretens Hand den schönen doppelten Becher, Redete freundlich sie an, und sprach die geflügelten Worte: Lebe beständig wohl, o Königin, bis dich das Alter |
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Sanft beschleicht und der Tod, die allen Menschen
bevorstehn! Jetzo scheid' ich von dir. Sei glücklich in diesem Palaste, Samt den Kindern, dem Volk, und Alkinoos, deinem Gemahle! Eilend ging nun der Held Odysseus über die Schwelle. Und die heilige Macht Alkinoos sandte den Herold, |
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Ihn zu dem rüstigen Schiff ans Meergestade
zu führen. Auch die Königin ließ ihn von drei Jungfrauen begleiten: Eine trug ihm den schöngewaschenen Mantel und Leibrock; Diese sandte sie mit, die zierliche Lade zu bringen; Jene folgte dem Zuge mit Speis' und rötlichem Weine. |
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Als sie jetzo das Schiff und des Meeres Ufer
erreichten, Nahmen eilig von ihnen die edlen Geleiter Odysseus' Alles, auch Speis' und Trank, und legten es nieder im Schiffe; Betteten jetzt für Odysseus ein Polster und leinenen Teppich Auf dem Hinterverdeck des hohlen Schiffes, damit er |
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Ruhig schliefe. Dann stieg er hinein, und legte
sich schweigend Auf sein Lager. Nun setzten sich alle hin auf die Bänke, Nach der Ordnung, und lösten das Seil vom durchlöcherten Steine, Beugten sich vor und zurück, und schlugen das Meer mit dem Ruder. Und ein sanfter Schlaf bedeckte die Augen Odysseus', |
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Unerwecklich und süß, und fast dem
Tode zu gleichen. Wie wenn auf ebener Bahn vier gleichgespannete Hengste Alle zugleich hinstürzen, umschwirrt von der treibenden Geißel, Hoch sich erhebend, und hurtig zum Ziele des Laufes gelangen: Also erhob sich das Steuer des Schiffs, und es rollte von hinten |
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Dunkel und groß die Woge des lautaufrauschenden
Meeres. Schnell und sicheres Laufes enteilten sie; selber kein Habicht Hätte sie eingeholt, der geschwindeste unter den Vögeln. Also durcheilte der schneidende Kiel die Fluten des Meeres, Heimwärts tragend den Mann, an Weisheit ähnlich den Göttern. |
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Ach! er hatte so viel unnennbare Leiden erduldet, Da er die Schlachten der Männer und tobende Fluten durchkämpfte; Und nun schlief er so ruhig, und alle sein Leiden vergessend. Als nun östlich der Stern mit funkelndem Schimmer emporstieg, Welcher das kommende Licht der Morgenröte verkündet; |
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Schwebten sie nahe der Insel im meerdurchwallenden
Schiffe. Phorkys, dem Greise des Meers, ist eine der Buchten geheiligt, Gegen der Ithaker Stadt, wo zwei vorragende schroffe Felsenspitzen der Reede sich an der Mündung begegnen. Diese zwingen die Flut, die der Sturm lautbrausend heranwälzt, |
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Draußen zurück; inwendig am stillen
Ufer des Hafens Ruhn unangebunden die schöngebordeten Schiffe. Oben grünt am Gestad' ein weitumschattender Ölbaum. Eine Grotte, nicht fern von dem Ölbaum, lieblich und dunkel, Ist den Nymphen geweiht, die man Naiaden benennet. |
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Steinerne Krüge stehn und zweigehenkelte
Urnen Innerhalb; und Bienen bereiten drinnen ihr Honig. Aber die Nymphen weben auf langen steinernen Stühlen Feiergewande, mit Purpur gefärbt, ein Wunder zu schauen. Unversiegende Quellen durchströmen sie. Zwei sind der Pforten: |
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Eine gen Mitternacht, durch welche die Menschen
hinabgehn; Mittagwärts die andre geheiligte: diese durchwandelt Nie ein sterblicher Mensch; sie ist der Unsterblichen Eingang. Jene lenkten hinein, denn sie kannten den Hafen schon vormals. Siehe da eilte das Schiff bis an die Hälfte des Kieles |
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Stürmend ans Land: so stark war der Schwung
von der Ruderer Händen. Und sie stiegen vom Schiffe mit zierlichen Bänken ans Ufer, Hoben zuerst Odysseus vom Hinterverdecke des Schiffes, Samt dem leinenen Teppich und schönen purpurnen Polster, Und dann legten sie ihn, wie er schlummerte, nieder im Sande. |
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Und sie enthoben das Gut, das die edlen Phaiaken
beim Abschied Ihm geschenkt, durch Fügung der mutigen Pallas Athene. Dieses legten sie alles zuhauf am Stamme des Ölbaums, Außer dem Wege, dass kein vorübergehender Wandrer Heimlich zu rauben käme, bevor Odysseus erwachte. |
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Und nun fuhren sie heim. Doch Poseidaon vergaß
nicht Seiner Drohung, die er dem göttergleichen Odysseus Ehmals hatte gedroht; er forschte den Willen Kronions: Vater Zeus, auf immer ist bei den unsterblichen Göttern Meine Ehre dahin, da Sterbliche meiner nicht achten, |
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Jene Phaiaken, die selbst von meinem Blute gezeugt
sind! Sieh, ich vermutet', es sollte nach vielen Leiden Odysseus Kommen ins Vaterland; denn gänzlich hätt' ich die Heimkehr Nimmer gewehrt, da dein allmächtiger Wink sie verheißen: Und sie bringen im Schlaf ihn über die Wogen, und setzen |
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Ihn in Ithaka aus, und geben ihm teure Geschenke, Erzes und Goldes die Meng', und schöngewebete Kleider, Mehr als Odysseus je aus Ilion hätte geführet, Wär' er auch ohne Schaden mit seiner Beute gekommen! Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: |
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Welche Red' entfiel dir, du erderschütternder
König? Nimmer verachten dich die Götter! vermessene Kühnheit Wär' es, den ältesten mächtigsten Gott mit Verachtung zu reizen. Weigert sich aber ein Mensch, durch Kraft und Stärke verleitet, Dich, wie er soll, zu ehren; so bleibt dir ja immer die Rache. |
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Tue jetzt, wie du willst, und deinem Herzen gelüstet!
Drauf erwiderte jenem der Erderschüttrer Poseidon: Gerne vollendet' ich gleich, Schwarzwolkiger, was du gestattest; Aber ich fürchte mich stets vor deinem eifernden Zorne. Jetzo will ich das schöngezimmerte Schiff der Phaiaken, |
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Das vom Geleiten kehrt, im dunkelwogenden Meere Plötzlich verderben; damit sie sich scheun, und die Männergeleitung Lassen; und rings um die Stadt will ich ein hohes Gebirg ziehn. Ihm antwortete drauf der Wolkenversammler Kronion: Teuerster, dieser Rat scheint meinem Sinne der beste. |
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Wann die Bürger der Stadt dem näher
rudernden Schiffe Alle entgegen schaun, dann verwandel' es nahe dem Ufer Zum schiffähnlichen Fels; dass alle Menschen dem Wunder Staunen; und rings um die Stadt magst du ein hohes Gebirg ziehn. Als er solches vernommen, der Erderschüttrer Poseidon, |
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Ging er gen Scheria hin, dem Lande der stolzen
Phaiaken. Allda harrt' er; und bald kam nahe dem Ufer das schnelle Meerdurchgleitende Schiff. Da nahte sich Poseidaon, Schlug es mit flacher Hand, und siehe! plötzlich versteinert, Wurzelt' es fest am Boden des Meers. Drauf ging er von dannen. |
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Aber am Ufer besprachen mit schnellgeflügelten
Worten Sich die Phaiaken, die Führer der langberuderten Schiffe. Einer wendete sich zu seinem Nachbar, und sagte: Wehe! wer hemmt im Meere den Lauf des rüstigen Schiffes, Welches zur Heimat eilte? Wir sahn es ja völlig mit Augen! |
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Also redeten sie, und wussten nicht, was geschehn
war. Aber jetzo begann Alkinoos in der Versammlung: Weh mir! es trifft mich jetzo ein längst verkündetes Schicksal. Mir erzählte mein Vater vordem, uns zürne Poseidon, Weil wir ohne Gefahr jedweden zu Schiffe geleitet. |
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Dieser würde dereinst ein treffliches Schiff
der Phaiaken, Das vom Geleiten kehrte, im dunkelwogenden Meere Plötzlich verderben, und rings um die Stadt ein hohes Gebirg ziehn. So weissagte der Greis; das wird nun alles erfüllet. Aber wohlan! gehorcht nun alle meinem Befehle. |
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Lasst die Männergeleitung, woher auch ein
Sterblicher komme, Unserem Volke zu flehn; und opfert jetzo Poseidon Zwölf erlesene Stiere! Vielleicht erbarmt er sich unser, Dass er nicht rings um die Stadt ein hohes Felsengebirg zieht. Also sprach er, und bange bereiteten jene das Opfer. |
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Also beteten dort zum Meerbeherrscher Poseidon, Für der Phaiaken Stadt, die erhabenen Fürsten und Pfleger, Stehend um den Altar. Da erwachte der edle Odysseus, Ruhend auf dem Boden der lange verlassenen Heimat. Und er kannte sie nicht; denn eine Göttin umhüllt' ihn |
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Rings mit dunkler Nacht, Zeus' Tochter, Pallas
Athene, Ihn unkennbar zu machen, und alles mit ihm zu besprechen: Dass ihn weder sein Weib noch die Freund' und Bürger erkennten, Bis die üppigen Freier für allen Frevel gebüßet. Alles erschien daher dem ringsumschauenden König |
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Unter fremder Gestalt: Heerstraßen, schiffbare
Häfen, Wolkenberührende Felsen, und hochgewipfelte Bäume. Jetzo erhob er sich, stand; und da er sein Vaterland ansah, Hob er bitterlich an zu weinen, und schlug sich die Hüften Beide mit flacher Hand, und sprach mit klagender Stimme: |
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Weh mir! zu welchem Volke hin ich nun wieder
gekommen? Sind's unmenschliche Räuber, und sittenlose Barbaren; Oder Diener der Götter, und Freunde des heiligen Gastrechts? Wo verberg' ich dies viele Gut? und wohin soll ich selber Irren? O wäre doch dies im phaiakischen Lande geblieben! |
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Und mir hätte dagegen ein anderer mächtiger
König Hilfe gewährt, mich bewirtet und hingesendet zur Heimat! Jetzo weiß ich es weder wo hinzulegen, noch kann ich's Hier verlassen, damit es nicht andern werde zur Beute! Ach! so galt denn bei jenen Gerechtigkeit weder, noch Weisheit, |
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Bei des phaiakischen Volks erhabenen Fürsten
und Pflegern, Die in ein fremdes Land mich gebracht! Sie versprachen so heilig, Mich nach Ithakas Höhn zu führen; und täuschten mich dennoch! Zeus vergelt' es ihnen, der Leidenden Rächer, der aller Menschen Beginnen schaut, und alle Sünde bestrafet! |
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Aber ich will doch jetzo die Güter zählen
und nachsehn, Ob sie mir etwas geraubt, als sie im Schiffe davon flohn. Also sprach er, und zählte die Becken und schönen Geschirre Mit drei Füßen, das Gold und die prächtig gewebeten Kleider; Und ihm fehlte kein Stück. Nun weint' er sein Vaterland wieder, |
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Wankt' umher am Ufer des lautaufrauschenden Meeres, Und wehklagete laut. Da nahte sich Pallas Athene, Eingehüllt in Jünglingsgestalt, als Hüter der Herden, Zart und lieblich von Wuchs, wie Königskinder einhergehn. Diese trug um die Schultern ein wallendes feines Gewebe, |
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Einen Spieß in der Hand, und Sohlen an
glänzenden Füßen. Als sie Odysseus erblickte; da freut' er sich, ging ihr entgegen, Redete freundlich sie an, und sprach die geflügelten Worte: Lieber, weil du zuerst mir an diesem Orte begegnest, Sei mir gegrüßt, und nahe dich nicht mit feindlichem Herzen; |
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Sondern beschütze mich selbst und dieses.
Wie einem der Götter, Fleh ich dir, und umfasse die werten Kniee voll Demut. Auch verkündige mir aufrichtig, damit ich es wisse: Wie benennt ihr das Land, die Stadt, und ihre Bewohner? Ist dies eine der Inseln voll sonnenreicher Gebirge; |
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Oder die meereinlaufende Spitze der fruchtbaren
Feste? Ihm antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: Fremdling du bist nicht klug, oder ferne von hinnen gebürtig; Da du nach diesem Lande mich fragst! Ich dächte, so gänzlich Wär' es nicht unberühmt; und sicherlich kennen es viele: |
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Alle die morgenwärts, und wo die Sonne sich
umdreht, Wohnen, oder da hinten, gewandt zum nächtlichen Dunkel. Freilich ist es rauh, und taugt nicht Rosse zu tummeln; Doch ganz elend auch nicht, wiewohl es an Ebnen ihm mangelt. Reichlich gedeihet bei uns die Frucht des Feldes, und reichlich |
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Lohnet der Wein; denn Regen und Tau befruchten
das Erdreich. Treffliche Ziegenweiden sind hier, auch Weiden der Rinder; Waldungen jeglicher Art, und immerfließende Bäche. Fremdling, Ithakas Ruf ist selbst nach Troia gekommen; Und das, sagen sie, liegt sehr fern vom achaiischen Lande! |
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Also sprach er; da freute der herrliche Dulder
Odysseus Sich im innersten Herzen des Vaterlandes, das jetzo Pallas Athene ihm nannte, des Wetterleuchtenden Tochter. Und er redte sie an, und sprach die geflügelten Worte; Doch vermied er die Wahrheit mit schlauabweichender Rede, |
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Und sein erfindungsreicher Verstand war in steter
Bewegung: Ja, von Ithaka hört' ich in Kretas weitem Gefilde, Ferne jenseit des Meers. Nun komme ich selber mit diesem Gute hierher, und ließ den Kindern noch eben so vieles, Als ich entfloh. Ich nahm Idomeneus' Sohne das Leben, |
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Jenem hurtigen Helden Orsilochos, welcher in
Kreta Alle geübtesten Läufer an Schnelle der Füße besiegte. Denn er wollte mich ganz der troischen Beute berauben, Derenthalb ich so viel unnennbare Leiden erduldet, Blutige Schlachten der Männer und tobende Fluten durchkämpfend, |
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Weil ich seinem Vater zu dienen nimmer gewillfahrt, In dem troischen Land', und selbst ein Geschwader geführet. Aber mit ehernem Speer erschoss ich ihn, als er vom Felde Kam; ich laurte versteckt mit einem Gefährten am Wege. Eine düstere Nacht umhüllte den Himmel, und unser |
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Nahm kein Sterblicher wahr, und heimlich raubt'
ich sein Leben. Dennoch, sobald ich jenen mit ehernem Speere getötet, Eilt' ich ans Ufer des Meers zum Schiffe der stolzen Phoiniker, Flehte sie an, und gewann sie mit einem Teile der Beute; Dass sie an Pylos Gestade mich auszusetzen versprachen, |
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Oder der göttlichen Elis, die von den Epeiern
beherrscht wird. Aber leider! sie trieb die Gewalt des Orkanes von dannen, Ihnen zum großen Verdruss; denn sie dachten mich nicht zu betrügen. Und wir irrten umher, und kamen hier in der Nacht an. Mühsam ruderten wir das Schiff in den Hafen, und niemand |
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Dachte der Abendkost, so sehr wir auch ihrer
bedurften; Sondern wir stiegen nur so ans Ufer, und legten uns nieder. Und ich entschlummerte sanft, ermüdet von langer Arbeit. Jene hoben indes mein Gut aus dem Raume des Schiffes, Legten es auf dem Sande, wo ich sanft schlummerte, nieder; |
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Stiegen dann ein, und steurten der wohlbevölkerten
Küste Von Sidonia zu; ich blieb mit traurigem Herzen. Also sprach er; da lächelte Zeus' blauäugige Tochter, Streichelt' ihn mit der Hand; und schien nun plötzlich ein Mädchen, Schöngebildet und groß und klug in künstlicher Arbeit. |
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Und sie redet' ihn an, und sprach die geflügelten
Worte: Geist erforderte das und Verschlagenheit, dich an Erfindung Jeglicher Art zu besiegen, und käm' auch einer der Götter! Oberlistiger Schalk voll unergründlicher Ränke, Also gebrauchst du noch selbst im Vaterlande Verstellung |
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Und erdichtete Worte, die du als Knabe schon
liebtest? Aber lass uns hievon nicht weiter reden; wir kennen Beide die Kunst: du bist von allen Menschen der erste An Verstand und Reden, und ich bin unter den Göttern Hochgepriesen an Rat und Weisheit. Aber du kanntest |
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Pallas Athene nicht, Zeus' Tochter, welche beständig Unter allen Gefahren dir beistand, und dich beschirmte, Und dir auch die Liebe von allen Phaiaken verschaffte. Jetzo komm' ich hierher, um dir Anschläge zu geben, Und zu verbergen das Gut, so viel die edlen Phaiaken |
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Dir Heimkehrenden schenkten, durch meine Klugheit
geleitet: Auch zu verkünden, dass deiner im schöngebauten Palaste Viele Drangsal noch harrt. Doch du ertrage sie standhaft, Und entdecke dich keinem der Männer oder der Weiber, Dass du von Leiden verfolgt hier ankamst; sondern erdulde |
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Schweigend dein trauriges Los, und schmiege dich
unter die Stolzen. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Schwer, o Göttin, erkennt dich ein Sterblicher, dem du begegnest, Sei er auch noch so geübt; denn du nimmst jede Gestalt an. Dennoch weiß ich es wohl, dass du vor Zeiten mir hold warst, |
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Als wir Achaier noch die hohe Troia bekriegten. Aber seit wir die Stadt des Priamos niedergerissen, Und von dannen geschafft, und ein Gott die Achaier zerstreuet, Hab' ich dich nimmer gesehn, Zeus' Tochter, und nimmer vernommen, Dass du mein Schiff betratst, mich einer Gefahr zu entreißen; |
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Sondern immer, im Herzen von tausend Sorgen verwundet, Irrt' ich umher, bis die Götter sich meines Jammers erbarmten: Außer dass du zuletzt in dem fetten phaiakischen Eiland Mich durch Worte gestärkt, und zu der Stadt mich geführt hast. Jetzo fleh' ich dich an bei deinem Vater: (ich fürchte |
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Immer, ich sei noch nicht in Ithaka, sondern
durchirre Wieder ein anderes Land, und spottend habest du, Göttin, Mir dies alles verkündet, um meine Seele zu täuschen:) Sage mir, bin ich denn wirklich im lieben Vaterlande? Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: |
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Stets bewahrest du doch im Herzen jene Gesinnung: Darum kann ich dich auch im Unglück nimmer verlassen, Weil du behutsam bist, scharfsinnig und männliches Herzens. Jeder irrende Mann der spät heimkehrte, wie freudig Würd' er nach Hause nun eilen, sein Weib und die Kinder zu sehen! |
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Aber dich kümmert das nicht, zu wissen oder
zu fragen, Eh' du selber dein Weib geprüft hast, welche beständig So im Hause sitzt; denn immer schwinden in Jammer Ihre Tage dahin, und unter Tränen die Nächte. Zwar ich zweifelte nie an der Wahrheit, sondern mein Herz war |
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Überzeugt, du kehrtest ohn' alle Gefährten
zur Heimat; Aber ich scheuete mich, Poseidon entgegen zu kämpfen, Meines Vaters Bruder, der dich mit Rache verfolgte, Zürnend, weil du das Auge des lieben Sohnes geblendet. Aber damit du mir glaubest, so zeig' ich dir Ithakas Lage. |
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Phorkys, dem Greise des Meers, ist dieser Hafen
geheiligt; Hier am Gestade grünt der weitumschattende Ölbaum; Eine Grotte, nicht fern von dem Ölbaum, lieblich und dunkel, Ist den Nymphen geweiht, die man Naiaden benennet. Dieses ist die große gewölbete Grotte des Felsens, |
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Wo du den Nymphen oft vollkommene Opfer gebracht
hast; Jenes hohe Gebirg ist Neritons waldiger Gipfel. Sprach's, und zerstreute den Nebel; und hell lag vor ihm die Gegend. Siehe da freuete sich der edle Dulder Odysseus Herzlich des Vaterlandes, und küsste die fruchtbare Erde. |
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Jetzo das Leben erhält, und den lieben
Sohn mir gesegnet! Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: Nimmer, euch wieder zu sehn; seid nun in frommem Gebete Mir gegrüßt: bald bringen wir euch Geschenke, wie ehmals, Wenn mir anders die Gnade von Zeus' siegprangender Tochter |
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Jetzo das Leben erhält, und den lieben Sohn
mir gesegnet! Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: Sei getrost, und lass dich diese Gedanken nicht kümmern! Aber wohlan, wir wollen im Winkel der heiligen Grotte Gleich verbergen das Gut, damit es in Sicherheit liege, |
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Und uns dann beraten, was jetzo das Beste zu
tun sei. Also sprach die Göttin, und ging in die dämmernde Grotte, Heimliche Winkel umher ausspähend. Aber Odysseus Brachte das Gut hinein, die schöngewebeten Kleider, Gold und daurendes Erz, das ihm die Phaiaken geschenket, |
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Und verbarg es behende; dann setzte Pallas Athene Einen Stein vor die Türe, des Wetterleuchtenden Tochter. Hierauf setzten sie sich am Stamme des heiligen Ölbaums, Und beschlossen den Tod der übermütigen Freier. Also redete Zeus' blauäugige Tochter Athene: |
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Edler Laertiad', erfindungsreicher Odysseus, Denk jetzt nach, wie dein Arm die schamlosen Freier bestrafe, Welche nun schon drei Jahr' obwalten in deinem Palaste, Und dein göttliches Weib mit Brautgeschenken umwerben. Aber mit herzlichen Tränen erwartet sie deine Zurückkunft. |
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Allen verheißt sie Gunst, und sendet jedem
besonders Schmeichelnde Botschaft; allein im Herzen denket sie anders. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Weh mir! ich wäre gewiss, wie Atreus' Sohn Agamemnon, Nun des schmählichsten Todes in meinem Hause gestorben, |
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Hättest du, Göttin, mir nicht umständlich
das alles verkündigt! Aber nun gib mir Rat, wie ich die Freier bestrafe. Stehe du selber mir bei, und hauche mir Mut und Entschluss ein, Wie vordem, da wir Troia die prächtiggetürmte zerstörten! Stündest du nun so eifrig mir bei, blauäugige Göttin, |
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Siehe so ging ich getrost dreihundert Feinden
entgegen, Heilige Göttin, mit dir, wenn du mir Hilfe gewährtest! Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter Athene: Gerne steh ich dir bei; du sollst mein nimmer entbehren, Wann wir die Arbeit einst beginnen. Auch hoff' ich, es werde. |
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Mancher mit Blut und Gehirn den weiten Boden
besudeln, Von der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren Aber damit dich keiner der sterblichen Menschen erkenne; Muss einschrumpfen das schöne Fleisch der biegsamen Glieder, Und das bräunliche Haar vom Haupte verschwinden; ein Kittel |
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Dich umhüllen, den jeglicher Mensch mit
Ekel betrachte; Triefend und blöde sein die anmutstrahlenden Augen: Dass du so ungestalt vor allen Freiern erscheinest, Deinem Weib', und dem Sohne, den du im Hause verließest. Hierauf gehe zuerst dorthin, wo der treffliche Sauhirt |
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Deiner Schweine hütet, der stets mit Eifer
dir anhängt, Und Telemachos liebt und die züchtige Penelopeia. Sitzend findest du ihn bei der Schweine weidender Herde, Nahe bei Korax' Felsen, im arethusischen Borne. Allda mästen sie sich mit lieblichen Eicheln, und trinken |
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Schattiges Wasser, wovon das Fett den Schweinen
entblühet. Bleib bei jenem, und setze dich hin, und frage nach allem. Ich will indes gen Sparta, dem Lande rosiger Mädchen, Gehn, und deinen Sohn Telemachos rufen, Odysseus: Welcher zu Menelaos in Lakedaimons Gefilde |
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Fuhr, um Kundschaft zu spähn, ob du noch
irgendwo lebtest. Ihr antwortete drauf der erfindungsreiche Odysseus: Warum sagtest du ihm nicht alles, da du es wusstest? Etwa damit auch er, in des Meeres wüsten Gewässern Todesgefahren durchirrte, da Fremde sein Eigentum fressen? |
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Drauf antwortete Zeus' blauäugige Tochter
Athene: Sorge für deinen Sohn nicht allzu ängstlich, Odysseus. Ich geleitet' ihn selbst, damit er dort in der Fremde Ruhm sich erwürb'; auch sitzt er, ohn allen Kummer, geruhig In des Atreiden Palast, und hat dort volle Genüge. |
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Jünglinge lauern zwar auf ihn im schwärzlichen
Schiffe, Dass sie ihn töten, bevor er in seine Heimat zurückkehrt. Aber ich hoffe das nicht; erst deckt die Erde noch manchen Von der Rotte der Freier, die deine Habe verzehren. Also sprach die Göttin, und rührt' ihn sanft mit der Rute. |
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Siehe da schrumpfte das schöne Fleisch der
biegsamen Glieder, Und die bräunlichen Haare des Hauptes verschwanden, und ringsum Hing an den schlaffen Gliedern die Haut des alternden Greises; Triefend und blöde wurden die anmutstrahlenden Augen. Statt der Gewand' umhüllt' ihn ein hässlicher Kittel und Leibrock, |
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Beide zerlumpt und schmutzig, vom hässlichen
Rauche besudelt. Auch bedeckt' ihn ein großes Fell des hurtigen Hirsches, Kahl von Haaren. Er trug einen Stab und garstigen Ranzen, Allenthalben geflickt, mit einem geflochtenen Tragband. Also besprachen sie sich, und schieden. Pallas Athene |
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Ging zu Odysseus' Sohn in die göttliche Stadt Lakedaimon. | |
Übersetzung nach J.H.Voß bearbeitet von E.Gottwein |
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