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Beleg gesucht für: tugend
Belege des Suchbegriffs aus ausgewählten Texten (vollständig: Caes.Gall., Cic.Arch., Cic.S.Rosc., Cic.Lael.)
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nam divitiarum et formae gloria fluxa atque fragilis est, virtus clara aeternaque habetur. Sall.Cat.1,4Denn der Ruhm von Reichtum und Schönheit ist schillernd und vergänglich, an der Tugend hat etwas in ewiger Klarheit Glänzendes.
ac mihi quidem, tametsi haudquaquam par gloria sequitur scriptorem et auctorem rerum, tamen in primis arduom videtur res gestas scribere: primum quod facta dictis exequenda sunt; dein quia plerique, quae delicta reprehenderis, malevolentia et invidia dicta putant, ubi de magna virtute atque gloria bonorum memores, quae sibi quisque facilia factu putat, aequo animo accipit, supra ea veluti ficta pro falsis ducit.  Sall.Cat.3,2Wird nun auch nicht gleicher Ruhm dem Darsteller wie dem Helden der Geschichte zuteil, so erachte ich es doch für äußerst gewagt, Geschichte zu schreiben; erstens, weil durch Worte ein vollkommen lebendig treues Bild von Taten zu geben ist, zweitens, weil die meisten von dem, was man als Vergehen tadelt, annehmen, es sei aus Böswilligkeit und Hass erwähnt, wenn man aber von großer Tugend und Ruhmestat edler Menschen berichtet, jeder nur das ohne weiteres hinnimmt, was er auch für sich selbst für leicht ausführbar hält, was aber darüber hinausgeht, für erdichtet und falsch erklärt. 
Sed primo magis ambitio quam avaritia animos hominum exercebat, quod tamen vitium propius virtutem erat. Sall.Cat.11,1Anfangs indes trieb der Ehrgeiz die Leute mehr als die Habsucht, weil jenes Laster der Tugend noch etwas näher steht.
sed erat hoc non solum ingeni ac litterarum, verum etiam naturae atque virtutis, ut domus, quae huius adulescentiae prima favit, eadem esset familiarissima senectuti. Cic.Arch.5.fAber auch das ist nicht allein eine Wirkung seines Talents und seiner wissenschaftlichen Bildung, sondern auch seines Charakters und seiner Tugend, das dasselbe Haus, das ihm in seiner Jugend das erste war, ihm auch im Alter das befreundetste blieb.
nam nisi multorum praeceptis multisque litteris mihi ab adulescentia suasissem nihil esse in vita magno opere expetendum nisi laudem atque honestatem, in ea autem persequenda omnis cruciatus corporis, omnia pericula mortis atque exsili parvi esse ducenda, numquam me pro salute vestra in tot ac tantas dimicationes atque in hos profligatorum hominum cotidianos impetus obiecissem. Cic.Arch.14.aHätte ich mir nämlich nicht durch vielseitigen Unterricht und das Lesen vieler Schriften von früher Jugend an den Grundsatz eingeprägt, dass nichts im Leben in hohem Grad wünschenswert sei außer Ruhm und Tugend, und dass, um sie zu gewinnen, alle körperlichen Qualen, alle Todesgefahr und Verbannungen gering zu achten sind, so hätte ich mich nie für euer Wohl so vielen und so schweren Kämpfen und diesen täglichen Angriffen verworfener Menschen ausgesetzt.
qui profecto, si nihil ad percipiendam colendamque virtutem litteris adiuvarentur, numquam se ad earum studium contulissent. Cic.Arch.16.cdiese Männer hätten sich gewiss niemals dem Studium der Literatur gewidmet, wären sie nicht dadurch in der Kenntnis und Übung der Tugend gefördert worden.
nullam enim virtus aliam mercedem laborum periculorumque desiderat praeter hanc laudis et gloriae; qua quidem detracta, iudices, quid est, quod in hoc tam exiguo vitae curriculo et tam brevi tantis nos in laboribus exerceamus? Cic.Arch.28.ddenn die Tugend wünscht sich keinen anderen Lohn für ihre Anstrengungen und Gefahren als den des Beifalls und des Ruhmes; wird ihr dieser entzogen, wozu, ihr Richter, sollten wir uns bei dieser engen und kurzen Lebensbahn mit so großen Anstrengungen abmühen?
nunc insidet quaedam in optimo quoque virtus, quae noctes ac dies animum gloriae stimulis concitat atque admonet non cum vitae tempore esse dimittendam commemorationem nominis nostri, sed cum omni posteritate adaequandam. Cic.Arch.29.bNun wohnt aber gerade in den edelsten Seelen eine Kraft der Tugend, die Tag und Nacht durch die Triebfedern des Ruhmes den Sinn erregt und ermuntert, das Gedächtnis unseres Namens nicht mit der Lebenszeit schwinden zu lassen, sondern auf alle Nachwelt hinaus auszudehnen.
Etenim cum illi in dicendo inciderint loci, quod persaepe evenit, ut de dis immortalibus, de pietate, de concordia, de amicitia, de communi civium, de hominum, de gentium iure, de aequitate, de temperantia, de magnitudine animi, de omni virtutis genere sit dicendum, clamabunt, credo, omnia gymnasia atque omnes philosophorum scholae sua esse haec omnia propria, nihil omnino ad oratorem pertinere; Cic.de_orat.1,56.Allerdings, wenn in der Rede, wie es sehr oft der Fall ist, Veranlassungen eintreten, jene Gemeinsätze über die unsterblichen Götter, über Frömmigkeit, über Eintracht, über Freundschaft, über das gemeinsame Recht der Bürger, der Menschen und Völker, über Billigkeit, über Besonnenheit, über Seelengröße, über jede Art der Tugend zu behandeln, so werden, glaube ich, alle Gymnasien und alle Schulen der Philosophen laut erklären, dieses alles sei ihr Eigentum, gar nichts hiervon gehe den Redner an.
Horum alii, sicuti iste ipse Mnesarchus, hos, quos nos oratores vocaremus, nihil esse dicebat nisi quosdam operarios lingua celeri et exercitata; oratorem autem, nisi qui sapiens esset, esse neminem, atque ipsam eloquentiam, quod ex bene dicendi scientia constaret, unam quandam esse virtutem, et qui unam virtutem haberet, omnis habere easque esse inter se aequalis et paris; ita, qui esset eloquens, eum virtutes omnis habere atque esse sapientem. Sed haec erat spinosa quaedam et exilis oratio longeque a nostris sensibus abhorrebat. Cic.de_orat.1,83.Einige von ihnen sowie eben jener Mnesarchos sagten, diejenigen, die wir Redner nennten, seien nichts anderes als Handlanger mit geläufiger und geübter Zunge; ein wahrer Redner sei niemand, wenn er nicht ein Weiser sei, und die Beredsamkeit selbst sei, weil sie in der Wissenschaft des guten Vortrages bestehe, eine Tugend, und wer eine Tugend besitzt, besitze alle, und diese seien untereinander völlig gleich; folglich, wer beredt sei, der besitze alle Tugenden und sei ein Weiser. Doch diese Erörterung war spitzfindig und saftlos und widersprach zu sehr unserer Auffassungsweise.
ex his enim et dignitatem maxime expetendam videmus, cum vera virtus atque honestus labor honoribus, praemiis, splendore decoratur, vitia autem hominum atque fraudes damnis, ignominiis, vinclis, verberibus, exsiliis, morte multantur; et docemur non infinitis concertationumque plenis disputationibus, sed auctoritate nutuque legum domitas habere libidines, coercere omnis cupiditates, nostra tueri, ab alienis mentis, oculos, manus abstinere. Cic.de_orat.1,194.Denn aus diesen erkennen wir einerseits, dass man die sittliche Würde vor allem erstreben müsse, weil ja die Tugend und die ehrenwerte Tätigkeit durch Ehren und Belohnungen geschmückt wird, andererseits, dass die Laster und Verbrechen der Menschen mit Geldbußen, Beschimpfungen, Kerker, Schlägen, Verbannung, Tod bestraft werden, und wir lernen nicht aus endlosen und mit Wortkämpfen angefüllten Streitschriften, sondern durch das Ansehen und den Wink der Gesetze unsere Sinnlichkeit bezähmen, alle Begierden zügeln, das Unsrige bewahren, von fremdem Gut Sinn, Augen und Hände fernhalten.
Ac si nos, id quod maxime debet, nostra patria delectat, cuius rei tanta est vis ac tanta natura, ut Ithacam illam in asperrimis saxulis tamquam nidulum adfixam sapientissimus vir immortalitati anteponeret, quo amore tandem inflammati esse debemus in eius modi patriam, quae una in omnibus terris domus est virtutis, imperi, dignitatis? Cuius primum nobis mens, mos, disciplina nota esse debet, vel quia est patria parens omnium nostrum, vel quia tanta sapientia fuisse in iure constituendo putanda est quanta fuit in his tantis opibus imperi comparandis. Cic.de_orat.1,196.Und wenn wir uns, wie es durchaus unsere Pflicht ist, unseres Vaterlandes freuen – und dies Gefühl ist so mächtig und so natürlich, dass der weiseste Mann jenes Ithaka, das wie ein Vogelnest an rauhen Felsen klebt, der Unsterblichkeit vorzog –, mit welcher Liebe müssen wir denn gegen ein solches Vaterland entflammt sein, welches unter allen Ländern der erste Wohnsitz der Tugend, der Herrschaft und der Würde ist? Von ihm müssen uns vor allem sein Geist, seine Sitten und seine Verfassung bekannt sein, teils weil es unser aller Mutter ist, teils weil wir anerkennen müssen, dass seine Weisheit sich in der Feststellung des Rechtes wie in der Gründung der so großen Macht unserer Herrschaft gleich groß erwiesen hat.
'Mihi vero' inquit Mucius 'satis superque abs te videtur istorum studiis, si modo sunt studiosi, esse factum; nam, ut Socratem illum solitum aiunt dicere perfectum sibi opus esse, si qui satis esset concitatus cohortatione sua ad studium cognoscendae percipiendaeque virtutis; quibus enim id persuasum esset, ut nihil mallent esse se, quam bonos viros, eis reliquam facilem esse doctrinam; sic ego intellego, si in haec, quae patefecit oratione sua Crassus, intrare volueritis, facillime vos ad ea, quae cupitis, perventuros, ab hoc aditu ianuaque patefacta.' Cic.de_orat.1,204."Ich aber sollte meinen", versetzte Mucius, "du habest der Lernbegierde dieser jungen Männer, wenn sie anders lernbegierig sind, reichlich Genüge geleistet. Denn so wie man von Sokrates erzählt, er habe zu sagen gepflegt, seine Arbeit sei vollendet, wenn jemand durch seine Ermahnung hinlänglich zu dem Streben angefeuert sei, die Tugend kennen zu lernen und in sich aufzunehmen; denn wem die Überzeugung beiwohne, dass er nichts lieber zu sein wünsche als ein guter Mann, dem sei die übrige Lehre leicht – so weiß ich, dass auch ihr, wenn ihr die Bahn betreten wollt, die euch Crassus durch seinen Vortrag eröffnet hat, ihr sehr leicht zum Ziel eurer Wünsche gelangen werdet, da er euch ja den Zugang und die Tür dazu eröffnet hat."
hanc esse in te sapientiam existimant, ut omnia tua in te posita esse ducas humanosque casus virtute inferiores putes. Cic.Lael.7.bEine solche Weisheit, wie sie Sokrates besaß, glauben die Leute in dir zu sehen, die dich dein ganzes Glück in dir selbst finden und alle Zufälle als deiner Tugend untergeordnet betrachten lässt.
Qui autem in virtute summum bonum ponunt, praeclare illi quidem, sed haec ipsa virtus amicitiam et gignit et continet nec sine virtute amicitia esse ullo pacto potest. Cic.Lael.20.eDiejenigen dagegen, die in der Tugend das höchste Gut finden (Stoiker, Akademiker und Peripatetiker), haben eine vortreffliche Ansicht; allein eben diese Tugend ist es, der die Freundschaft ihr Dasein und ihre Erhaltung verdankt; und ohne Tugend ist überhaupt die Freundschaft auf keine Weise denkbar.
Iam virtutem ex consuetudine vitae sermonisque nostri interpretemur nec eam, ut quidam docti, verborum magnificentia metiamur virosque bonos eos, qui habentur, numeremus, Paulos, Catones, Galos, Scipiones, Philos; Cic.Lael.21.aWir wollen uns die Tugend so denken, wie man sie nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch des gemeinen Lebens bestimmt, ohne sie nach der Art gewisser Philosophen (Stoiker) in einem überspannten Wortgepränge darzustellen; und wir wollen unter die tugendhaften Männer diejenigen zählen, die wirklich als solche gelten, Männer wie Paulus, Cato, Galus, Scipio und Philus.
deinde cum similis sensus exstitit amoris, si aliquem nacti sumus, cuius cum moribus et natura congruamus, quod in eo quasi lumen aliquod probitatis et virtutis perspicere videamur. Cic.Lael.27.dsodann in einer ähnlichen Gesinnung derjenigen Liebe, die uns anwandelt, wenn wir jemanden gefunden haben, mit dessen äußerem und innerem Charakter wir übereinstimmen, indem wir in ihm gleichsam ein leuchtendes Muster der Rechtschaffenheit und Tugend zu erkennen glauben.
Nihil est enim virtute amabilius, nihil, quod magis adliciat ad diligendum, quippe cum propter virtutem et probitatem etiam eos, quos numquam vidimus, quodam modo diligamus. Cic.Lael.28.aNichts ist ja liebenswürdiger als die Tugend; nichts zieht das Herz mehr zur Liebe an; denn um der Tugend und Rechtschaffenheit willen lieben wir in gewissem Maße selbst solche Personen, die wir noch nie gesehen haben.
Quod si tanta vis probitatis est, ut eam vel in iis, quos numquam vidimus, vel, quod maius est, in hoste etiam diligamus, quid mirum est, si animi hominum moveantur, cum eorum, quibuscum usu coniuncti esse possunt, virtutem et bonitatem perspicere videantur? Cic.Lael.29.aWenn nun die Rechtschaffenheit so viel über uns vermag, dass wir sie auch an solchen Personen, die wir noch nie gesehen haben, oder, was noch mehr sagen will, sogar am Feind hochschätzen, was Wunder, wenn auf menschliche Gemüter die Beobachtung der Tugend und Rechtschaffenheit derjenigen einen Eindruck macht, deren Umgang sie genießen können?
Ut enim quisque sibi plurimum confidit et ut quisque maxime virtute et sapientia sic munitus est, ut nullo egeat suaque omnia in se ipso posita iudicet, ita in amicitiis expetendis colendisque maxime excellit. Cic.Lael.30.aDenn je mehr einer sich selbst zutraut, je mehr ihn Tugend und Weisheit so stark machen, dass er keines anderen bedarf und alles in sich selbst zu haben glaubt, desto mehr zeichnet er sich in dem Verlangen nach Freundschaft und durch ihre Pflege aus.
Quid enim? Africanus indigens mei? Minime hercule! ac ne ego quidem illius; sed ego admiratione quadam virtutis eius, ille vicissim opinione fortasse non nulla, quam de meis moribus habebat, me dilexit; auxit benevolentiam consuetudo. Cic.Lael.30.bWie nämlich? Bedurfte Africanus meiner? Wahrlich nicht im geringsten; so wenig, als ich seiner. Vielmehr war die Hochachtung, die ich seiner Tugend zollte, und seinerseits die vielleicht nicht ungünstige Meinung, die er von meinem Charakter hatte, der Grund unserer gegenseitigen (auf Wahl beruhenden) Liebe; und das Wohlwollen erhöhte den Umgang.
nam cum conciliatrix amicitiae virtutis opinio fuerit, difficile est amicitiam manere, si a virtute defeceris. Cic.Lael.37.gDenn war die gute Meinung von der Tugend die Stifterin der Freundschaft, so kann diese wohl nicht leicht fortdauern, wenn man der Tugend untreu wird.
Quod si curam fugimus, virtus fugienda est, quae necesse est cum aliqua cura res sibi contrarias aspernetur atque oderit, ut bonitas malitiam, temperantia libidinem, ignaviam fortitudo; Cic.Lael.47.dSind wir sorgenscheu, so müssen wir auch tugendscheu werden; denn es liegt im Wesen der Tugend, mit einer gewissen Sorge ihr Gegenteil zu verabscheuen und zu hassen, wie das Gute das Schlechte, Enthaltsamkeit die Ausschweifung, Tapferkeit die Feigheit.
Neque enim sunt isti audiendi, qui virtutem duram et quasi ferream esse quandam volunt; quae quidem est cum multis in rebus, tum in amicitia tenera atque tractabilis, ut et bonis amici quasi diffundatur et incommodis contrahatur. Cic.Lael.48.cDie verdienen wohl kein Gehör, die meinen, die Tugend müsse hart und gleichsam von Eisen sein: Sie ist in vielen anderen Fällen, besonders aber in der Freundschaft, sanft und geschmeidig, so dass, wenn dem Freund Glück zuteil wird, das Herz sich weitet, und, trifft ihn Unglück, sich beengt fühlt.
Quam ob rem angor iste, qui pro amico saepe capiendus est, non tantum valet ut tollat e vita amicitiam, non plus quam ut virtutes, quia non nullas curas et molestias adferunt, repudientur. Cic.Lael.48.dDarum ist die Beklemmung des Herzens, die man oft für den Freund sich gefallen lassen muss, kein Grund, die Freundschaft aus dem Leben zu verbannen, ebenso wenig als man die Tugend verwerflich findet, weil sie uns manchmal Sorgen und Schmerzen auferlegt.
Cum autem contrahat amicitiam, ut supra dixi, si qua significatio virtutis eluceat, ad quam se similis animus applicet et adiungat, id cum contigit, amor exoriatur necesse est. Cic.Lael.48.eSchon oben habe ich bemerkt, dass eigentlich der Umstand die Freundschaft anknüpft, dass man bei jemandem ein einleuchtendes Kennzeichen der Tugend wahrnimmt, an die sich sodann ein gleichgesinntes Gemüt mit Neigung anschließt. In diesem Fall muss notwendig Liebe entstehen.
Quid enim tam absurdum quam delectari multis inanimis rebus, ut honore, ut gloria, ut aedificio, ut vestitu cultuque corporis, animo autem virtute praedito, eo, qui vel amare vel, ut ita dicam, redamare possit, non admodum delectari? Cic.Lael.49.aGibt es wohl eine größere Torheit, als wenn wir an so manchen unbeseelten Dingen Freude finden, zum Beispiel an äußerer Ehre, an Ruhm, an schönen Gebäuden und schönen Kleidern, an Putz, während ein mit Tugend begabtes Gemüt, ein solches, das der Liebe und Gegenliebe fähig ist, uns keine gar große Freude macht?
Non enim est inhumana virtus neque immunis neque superba, quae etiam populos universos tueri iisque optime consulere soleat; quod non faceret profecto, si a caritate vulgi abhorreret. Cic.Lael.50.fDenn die Tugend ist nicht gleichgültig gegenüber den Menschen, nicht gefühllos, nicht übermütig; ja sie beschützt sogar ganze Völker und pflegt für ihr Wohl aufs beste zu sorgen, was sie gewiss nicht tun würde, wenn sie der allgemeinen Menschenliebe ganz abhold wäre. –
tantumque abest, ut amicitiae propter indigentiam colantur, ut ii, qui opibus et copiis maximeque virtute, in qua plurimum est praesidii, minime alterius indigeant, liberalissimi sint et beneficentissimi. Cic.Lael.51.cund weit gefehlt, dass Freundschaften um der Hilfsbedürftigkeit willen gepflegt werden: gerade solche Menschen, die beim Besitz ihrer Macht und ihres Reichtums und besonders beim Besitz der Tugend, in der man ohnehin den meisten Schutz und die meiste Hilfe findet, anderer am wenigsten bedürfen, sind immer am freigebigsten und wohltätigsten;
virtus, quam sequitur caritas, minime repudianda est. Cic.Lael.61.dDie Tugend, die herzliche Liebe anderer zur Folge hat, darf man durchaus nicht hintansetzen.
Fructus enim ingenii et virtutis omnisque praestantiae tum maximus capitur, cum in proximum quemque confertur. Cic.Lael.70.eDenn von einem Vorzug des Geistes, der Tugend und überhaupt einer jeden Auszeichnung zieht man dann den größten Genuss, wenn man ihn jedem in dem Grad zufließen lässt, als er uns näher steht.
virtutum amicitia adiutrix a natura data est, non vitiorum comes, ut, quoniam solitaria non posset virtus ad ea, quae summa sunt, pervenire, coniuncta et consociata cum altera perveniret. Cic.Lael.83.bNicht zur Gefährtin des Lasters hat die Natur die Freundschaft ausersehen, sondern zur Gehilfin der Tugend, damit diese, weil sie nicht für sich allein zum höchsten Ziel gelangen kann, dies in enger Gemeinschaft mit der Freundschaft erreiche.
Quod cum optimum maximumque sit, si id volumus adipisci, virtuti opera danda est, sine qua nec amicitiam neque ullam rem expetendam consequi possumus; Cic.Lael.84.bWollen wir zum Besitz dieser edelsten und vollkommensten Güter gelangen, so müssen wir uns der Tugend befleißigen, ohne die uns weder die Freundschaft noch sonst ein wünschenswertes Gut zuteil werden kann.
ea vero neglecta qui se amicos habere arbitrantur, tum se denique errasse sentiunt, cum eos gravis aliquis casus experiri cogit. Cic.Lael.84.cWer aber, ohne die Tugend zu achten, dennoch Freunde zu haben wähnt, wird dann erst seine Täuschung bemerken, wenn irgend ein großes Unglück ihn nötigt, sie auf die Probe zu stellen.
Quamquam a multis virtus ipsa contemnitur et venditatio quaedam atque ostentatio esse dicitur; Cic.Lael.86.cIndes achten viele dabei die Tugend sogar gering und geben sie für Prahlerei und bloße Selbstdarstellung aus.
Omnino est amans sui virtus; optime enim se ipsa novit, quamque amabilis sit, intellegit. Cic.Lael.98.aAllerdings ist die Tugend ihr eigener Freund; sie kennt sich ja selbst am genausten und weiß, wie liebenswürdig sie ist.
Ego autem non de virtute nunc loquor sed de virtutis opinione. Virtute enim ipsa non tam multi praediti esse quam videri volunt. Cic.Lael.98.bIch rede hier aber auch nicht von der wahren Tugend, sondern von dem Tugenddünkel. Denn weniger als die, die tugendhaft scheinen wollen sind die, die tugendhaft sind.
Virtus, virtus, inquam, C. Fanni, et tu, Q. Muci, et conciliat amicitias et conservat. In ea est enim convenientia rerum, in ea stabilitas, in ea constantia; Cic.Lael.100.dDie Tugend, mein Gaius Fannius und du, Quintus Mucius, die Tugend ist es, die Freundschaften stiftet und erhält. Denn in ihr herrscht Einklang, in ihr Stetigkeit, in ihr Festigkeit.
virtutem enim amavi illius viri, quae exstincta non est; nec mihi soli versatur ante oculos, qui illam semper in manibus habui, sed etiam posteris erit clara et insignis. Cic.Lael.102.cDenn die Tugend jenes Mannes ist es, die ich liebgewann; und diese ist nicht erloschen; und nicht nur mir, dem sie beständig gegenwärtig war, schwebt sie vor Augen, sondern auch für die Nachkommen wird sie ein leuchtendes Vorbild bleiben.
Haec habui, de amicitia quae dicerem. Vos autem hortor, ut ita virtutem locetis, sine qua amicitia esse non potest, ut ea excepta nihil amicitia praestabilius putetis. Cic.Lael.104.eDies sind meine Gedanken über die Freundschaft, die ich euch vortragen wollte. Euch aber ermahne ich der Freundschaft, denn sie ist ohne die Tugend nicht möglich, nach der Tugend den höchsten Rang beizulegen.
eius virtute, fide, diligentia factum est, ut hic potius vivus in reos quam occisus in proscriptos referretur. Cic.S.Rosc.27.cDurch ihre Tugend, Treue und Bemühung geschah das, dass dieser Mann nicht als gemordet auf die Liste der Geächteten, sondern lebend auf die der Beklagten gesetzt wurde.
is enim mihi videtur amplissimus, qui sua virtute in altiorem locum pervenit, non qui ascendit per alterius incommodum et calamitatem. Cic.S.Rosc.83.cDenn der scheint mir achtungswerter zu sein, der sich durch seine Tugend zu einem hören Rang aufschwingt, nicht aber, wer durch anderer Nachteil und Unglück emporsteigt.
[Cic.Tusc.5,1,1] Quintus hic dies, Brute, finem faciet Tusculanarum disputationum, quo die est a nobis ea de re, quam tu ex omnibus maxime probas, disputatum. placere enim tibi admodum sensi et ex eo libro, quem ad me accuratissime scripsisti, et ex multis sermonibus tuis virtutem ad beate vivendum se ipsa esse contentam. Cic.Tusc.5,1,1Dieser fünfte Tag, mein Brutus, wird unserem tuskulanischen Unterredungen ein Ende machen. Unsere heutige Unterredung betrifft eine These, die du unter allen am meisten billigst. Denn du vertrittst, wie ich teils aus deiner mir gewidmeten, sorgfältigen Schrift weiß, teils aus vielen Gesprächen mit dir der Satz, dass die Tugend zum glückseligen Leben sich selbst genug ist.
[Cic.Tusc.5,2,2] Quodsi ab is inventa et perfecta virtus est, et si praesidii ad beate vivendum in virtute satis est, quis est, qui non praeclare et ab illis positam et a nobis susceptam operam philosophandi arbitretur? Cic.Tusc.5,2,2Wenn aber von ihnen die Idee der Tugend entwickelt und vollendet wurde, und wenn die Tugend genug Hilfe zum glückseligen Leben leistet, so sollte es nicht etwas Herrliches sein, dass von ihnen die Mühe des Philosophierens begonnen, von uns aber weitergeführt wurde?
[Cic.Tusc.5,2,3] Sin autem virtus subiecta sub varios incertosque casus famula fortunae est nec tantarum virium est, ut se ipsa tueatur, vereor, ne non tam virtutis fiducia nitendum nobis ad spem beate vivendi, quam vota facienda videantur. Cic.Tusc.5,2,3Wenn aber die Tugend, weil sie mannigfaltigen und ungewissen Zufällen unterworfen ist, eine Dienerin des Geschicks ist und nicht so viel Kraft in sich hat, sich selbst zu schützen, so fürchte ich fast, dass wir unsere Hoffnung auf ein glückseligen Lebens wenigr auf das Vertrauen zur Tugend stützen dürfen, als dass uns offenbar nur fromme Wünsche bleiben.
[Cic.Tusc.5,4,1] Sed in hoc me ipse castigo, quod ex aliorum et ex nostra fortasse mollitia, non ex ipsa virtute de virtutis robore existumo. Cic.Tusc.5,4,1Aber darin kritisiere ich mich selbst, dass ich vielleicht nach anderer und unserer eigenen Weichheit, nicht nach der Tugend selbst, über die Macht der Tugend urteile.
[Cic.Tusc.5,4,2] Illa enim, si modo est ulla virtus, quam dubitationem avunculus tuus, Brute, sustulit, omnia, quae cadere in hominem possunt, subter se habet eaque despiciens casus contemnit humanos culpaque omni carens praeter se ipsam nihil censet ad se pertinere. Cic.Tusc.5,4,2Denn sie – wenn es anders eine Tugend gibt, ein Zweifel, den dein Onkel (Cato), mein Brutus, aufgehoben hat – sie ist erhaben über alles, was den Menschen treffen kann; und von ihrer Höhe herabschauend verachtet sie die menschlichen Zufälle; und frei von aller Schuld, urteilt sie, nichts als sie selbst habe für sie Bedeutung.
[Cic.Tusc.5,5,3] O vitae philosophia dux, o virtutis indagatrix expultrixque vitiorum! quid non modo nos, sed omnino vita hominum sine te esse potuisset? Cic.Tusc.5,5,3Oh des Lebens Führerin, Philosophie! Oh der Tugend Erforscherin und Vertreiberin der Laster! Was wären nicht nur wir, was hätte überhaupt das menschliche Leben ohne dich sein können!
[Cic.div.2,2,3] Primus enim est de contemnenda morte, secundus de tolerando dolore, de aegritudine lenienda tertius, quartus de reliquis animi perturbationibus, quintus eum locum complexus est, qui totam philosophiam maxime inlustrat: docet enim ad beate vivendum virtutem se ipsa esse contentam.  Cic.div.2,2,3Denn das erste handelt von der Verachtung des Todes, das zweite von der Ertragung des Schmerzes, das dritte von der Linderung des Kummers, das vierte von den übrigen Leidenschaften der Seele; das fünfte umfasst den Gegenstand, der auf die ganze Philosophie das meiste Licht wirft; denn es zeigt, dass zum glückseligen Leben die Tugend sich selbst genug ist.
[Cic.fin.1,8,2] Quamquam a te ipso id quidem facio provocatus gratissimo mihi libro, quem ad me de virtute misisti. Cic.Fin.1,8,2Freilich tue ich dies, durch dich dazu aufgefordert in einer mir sehr angenehmen Schrift über die Tugend, die du mir gewidmet hast.
Quae fuerit causa, mox videro; interea hoc tenebo, si ob aliquam causam ista, quae sine dubio praeclara sunt, fecerint, virtutem iis per se ipsam causam non fuisse. -- Cic.fin.1,35,1Was der Grund war, werde ich alsbald in Betracht ziehen; inzwischen will ich das festhalten: Wenn sie aus irgend einem Grund jene Taten vollbrachten, die ohne Zweifel herrlich sind, so war ihnen die Tugend an sich selbst nicht der Beweggrund dazu. --
Id qui in una virtute ponunt et splendore nominis capti, quid natura postulet, non intellegunt, errore maximo, si Epicurum audire voluerint, liberabuntur: Cic.fin.1,42,4Die, die es (das Letztziel des Handelns) in die Tugend allein setzen und, von dem Glanz des Namens geblendet, die Ansprüche der Natur nicht einsehen, werden, wenn sie dem Epikur Gehör schenken wollen, von dem größten Irrtum befreit werden.
Iustitia restat, ut de omni virtute sit dictum. sed similia fere dici possunt. Cic.fin.1,50,1Die Gerechtigkeit bleibt noch, um von jeder Tugend geredet zu haben; aber man kann von ihr so ziemlich dasselbe sagen.
illi enim negant esse bonum quicquam nisi nescio quam illam umbram, quod appellant honestum non tam solido quam splendido nomine, virtutem autem nixam hoc honesto nullam requirere voluptatem atque ad beate vivendum se ipsa esse contentam. Cic.fin.1,61,4Denn diese behaupten, nichts sei gut, als Gott weiß was für ein Schattenbild, das sie das Sittlich-Gute nennen mit einem nicht sowohl gehaltvollen als prunkenden Namen; die Tugend aber, gestützt auf dieses Sittlich-Gute, bedürfe keiner Lust, sondern genüge sich selbst zur Glückseligkeit.
Vellem in amicitia sic erraremus et isti Hor.sat.1,3,41.Möchten wir so uns auch in der Freundschaft irren, und Tugend
(Qui primus virtutis honos), servavit ab omni Hor.sat.1,6,83.(Welche die früheste Zier in der Tugend ist) hielt er vor allem
Scilicet uni aequos virtuti atque eius amicis. Hor.sat.2,1,70.Nur friedfertig der Tugend allein und den Freunden derselben.
[Cic.off.1,15,4] Quae quattuor quamquam inter se colligata atque implicata sunt, tamen ex singulis certa officiorum genera nascuntur, velut ex ea parte, quae prima discripta est, in qua sapientiam et prudentiam ponimus, inest indagatio atque inventio veri, eiusque virtutis hoc munus est proprium. Cic.off.1,15,4Zwar sind die vier Stücke innig und unauflösbar ineinander verschlungen, dennoch aber ergeben sich aus jedem einzelnen gewisse bestimmte Gattungen des pflichtgemäßen Handelns. Aus demjenigen zum Beispiel, das in unserer Einteilung die erste Stelle hat, und das die Tugend der Weisheit und Klugheit in sich begreift, ergibt sich die Pflicht der Untersuchung und Erforschung der Wahrheit, und gerade hierin liegt die eigentümliche Aufgabe dieser Tugend.
[Cic.off.1,16,2] Quocirca huic quasi materia, quam tractet et in qua versetur, subiecta est veritas. Cic.off.1,16,2Der Stoff also, um mich so auszudrücken, den diese Tugend behandelt und bearbeitet, ist die Wahrheit.
[Cic.off.1,19,3] Virtutis enim laus omnis in actione consistit, a qua tamen fit intermissio saepe multique dantur ad studia reditus; tum agitatio mentis, quae numquam adquiescit, potest nos in studiis cognitionis etiam sine opera nostra continere. Cic.off.1,19,3Denn das Verdienst der Tugend besteht durchaus im Handeln. Jedoch gestatten uns manche Pausen zur Wissenschaft zurückzukehren; dann wird schon die Tätigkeit unseres Geistes, der nie rasten kann, ohne unser Zutun, das Nachdenken über solche Gegenstände in uns rege halten.
[Cic.off.1,20,2] cuius partes duae: iustitia, in qua virtutis splendor est maximus, ex qua viri boni nominantur, et huic coniuncta beneficentia, quam eandem vel benignitatem vel liberalitatem appellari licet. Cic.off.1,20,2Es gibt zwei Hauptpflichten: die Gerechtigkeit, in der sich die Tugend im höchsten Glanze zeigt und durch die man den Namen des rechtschaffenen Mannes erhält; ferner die sich ihr genau anschließende Wohltätigkeit, die man auch Güte oder Freigebigkeit nennen kann.
[Cic.off.1,62,1] Sed ea animi elatio, quae cernitur in periculis et laboribus, si iustitia vacat pugnatque non pro salute communi, sed pro suis commodis, in vitio est; non modo enim id virtutis non est, sed est potius immanitatis omnem humanitatem repellentis. Cic.off.1,62,1Aber die Hoheit des Geistes, die sich in Gefahren und Anstrengungen offenbart, wird fehlerhaft, wenn ihr die Gerechtigkeit ermangelt und sie nicht für das Allgemeinwohl, sondern nur für den eigenen Vorteil kämpft; so wenig hat ein solches Verhalten mit Tugend zu tun, dass es vielmehr wie ein Ungeheuer alles Menschliche ablegt.
Nec vero criminibus falsis in odium aut invidiam quemquam vocabit omninoque ita iustitiae honestatique adhaerescet, ut, dum ea conservet, quamvis graviter offendat mortemque oppetat potius, quam deserat illa, quae dixi. Cic.off.1,86,3Auch wird er keinen durch falsche Beschuldigungen dem Hass und der Anfeindung aussetzen, in allem sich aufs strengste an Gerechtigkeit und Tugend halten und ihretwegen sich lieber den bittersten Hass zuziehen, lieber sterben wollen, als dass er das, was ich sagte, aufgäbe.
est enim quiddam, idque intellegitur in omni virtute, quod deceat; quod cogitatione magis a virtute potest quam re separari. Cic.off.1,95,2Denn jede einzelne Tugend hat eine ihr eigentümliche Anständigkeit, und diese kann man von ihr mehr nur logisch als real absondern.
ut venustas et pulchritudo corporis secerni non potest a valitudine, sic hoc, de quo loquimur, decorum totum illud quidem est cum virtute confusum, sed mente et cogitatione distinguitur. Cic.off.1,95,3Wie körperliche Wohlgestalt und Schönheit nicht von der Gesundheit zu trennen ist, so fließt dieses Anständige, wovon ich spreche, gänzlich mit der Tugend zusammen; aber in der Idee und im Denken kann es geschieden werden.
[Cic.off.2,1,1] Quemadmodum officia ducerentur ab honestate, Marce fili, atque ab omni genere virtutis, satis explicatum arbitror libro superiore. Cic.off.2,1,1Wie ein Teil unserer Pflichten aus dem Sittlichguten und den verschiedenen Gattungen der Tugend herzuleiten ist, glaube ich, lieber Marcus, im ersten Buch dieses Werkes hinlänglich gezeigt zu haben.
[Cic.off.2,6,2] sive ratio constantiae virtutisque ducitur, aut haec ars est aut nulla omnino, per quam eas assequamur. Cic.off.2,6,2Oder mag man Rücksicht nehmen auf Festigkeit in Betragen und auf Tugend: so wird die Kunst, diesen Zweck zu erreichen, hier gelehrt oder sie ist überhaupt nicht vorhanden.
[Cic.off.2,6,4] Si autem est aliqua disciplina virtutis, ubi ea quaeretur, cum ab hoc discendi genere discesseris. Cic.off.2,6,4Beruht aber die Tugend auf einer Kunst und Anweisung, wo soll man sie finden, wenn man nicht gerade bei diesem Fach unseres Wissens stehen bleibt?
Quodsi is esset Panaetius, qui virtutem propterea colendam diceret, quod ea efficiens utilitatis esset, ut ii, qui res expetendas vel voluptate vel indolentia metiuntur, liceret ei dicere utilitatem aliquando cum honestate pugnare. Cic.off.3,12,1Wenn aber Panaitios wie jene, die den Wert der Dinge nach der Sinnenlust oder Schmerzfreiheit messen, verlangte, die Tugend wegen ihrer nützlichen Folgen zu üben, weil sie ihre Wirkursache sei, so dürfte er behaupten, dass der Nutzen bisweilen mit der Sittlichkeit in Streit liege.
Etenim quod summum bonum a Stoicis dicitur, convenienter naturae vivere, id habet hanc, ut opinor, sententiam, cum virtute congruere semper, cetera autem, quae secundum naturam essent, ita legere, si ea virtuti non repugnarent. Cic.off.3,13,1Denn wenn für die Stoiker das naturgemäße Leben das höchste Gut ist, so heißt das meines Erachtens nur, man solle stets mit der Tugend übereinstimmen, aber alles andere, was der menschlichen Natur zusage, sich nur auszuwählen, wenn es der Tugend nicht widerstreite.
Atque illud quidem honestum, quod proprie vereque dicitur, id in sapientibus est solis neque a virtute divelli umquam potest. Cic.off.3,13,3Jenes Sittlich-Gute nun kommt im eigentlichen und wahrhaften Wortsinn nur dem Weisen zu und ist ohne die Tugend undenkbar.
Itaque iis omnes, in quibus est virtutis indoles, commoventur. Cic.off.3,16,1Deshalb fühlen sich alle, die Anlage zur Tugend haben, durch sie angesprochen.
(5) Ac ne illud quidem vereor, ne gratus ingratusve videar, prout satis aut parum dixero. Animadverto enim, etiam deos ipsos non tam accuratis adorantium precibus, quam innocentia et sanctitate, laetari; gratioremque existimari, qui delubris eorum puram castamquem mentem, quam qui meditatum carmen intulerit. (Plin.paneg.3,5) Plin.paneg.3,5Ich fürchte auch dies nicht, je nachdem ich mehr oder weniger sagte, dankbar oder undankbar zu erscheinen. Denn ich bemerke, dass auch die Götter selbst nicht sowohl an ausgedachten Gebieten ihrer Verehrer Wohlgefallen tragen, als an ihre Unschuld und Tugend; und das der für dankbarer gehalten wird, die ihre Tempel mit einem reinen und schuldlosen Gemüt, als einer, der sie mit einem wohl ausgesonnenen Gebet betritt.
[Cic.rep.10015] unum hoc definio, tantam esse necessitatem virtutis generi hominum a natura tantumque amorem ad communem salutem defendendam datum, ut ea vis omnia blandimenta voluptatis otique vicerit Cic.rep.1,1Allein dies erkläre ich entschieden, dass in der menschlichen Natur eine solche Nötigung zur Tugend liegt und ein solcher Drang, das Gemeinwohl zu verteidigen, dass dieser Trieb alle Reize der Sinnenlust und Muße übertrifft.
[Cic.rep.10021] Nec vero habere virtutem satis est quasi artem aliquam nisi utare; etsi ars quidem cum ea non utare scientia tamen ipsa teneri potest, virtus in usu sui tota posita est; usus autem eius est maximus civitatis gubernatio, et earum ipsarum rerum, quas isti in angulis personant, reapse non oratione perfectio. Cic.rep.1,2Dabei genügt es allerdings nicht, die Tugend, wie irgend eine Kunstfertigkeit, zu besitzen, ohne sie anzuwenden. Auch wenn man eine Kunst, ohne sie auszuüben, eben als ein Wissen besitzen kann, entfaltet sich Tugend nur in der Ausübung; ihre bedeutendste Ausübung findet sie aber in der Leitung des Staates und in der realen, nicht bloß verbalen Durchführung gerade der Dinge, die jene Philosophen in ihren Winkeln bereden.
morum quoque tempora illi diversa: egregium vita famaque, quoad privatus vel in imperiis sub Augusto fuit; occultum ac subdolum fingendis virtutibus, donec Germanicus ac Drusus superfuere; idem inter bona malaque mixtus incolumi matre; intestabilis saevitia sed obtectis libidinibus, dum Seianum dilexit timuitve: postremo in scelera simul ac dedecora prorupit, postquam remoto pudore et metu suo tantum ingenio utebatur. Tac.ann.6,51,3.Auch im Charakter hatte er widersprüchliche Zeiten. Einwandfrei sein Wandel und Ruf, solange er Privatmann oder Feldherr unter Augustus war, undurchschaubar und heimtückisch, da er Tugend vorgeben musste, solange Germanicus und Drusus noch am Leben waren; ein Gemisch von Gut und Böse zu Lebzeiten seiner Mutter; fluchwürdig durch Grausamkeit gab er doch seinen geheimen Gelüsten nicht nach, solange er den Seianus liebte oder fürchtete. Zuletzt aber brachen alle Frevel und Schandtaten aus ihm hervor, als er, von keiner Scham und Furcht mehr gebunden, bloß noch seiner eigenen Anlage freien Lauf ließ.
is Calpurnio genere ortus ac multas insignisque familias paterna nobilitate complexus, claro apud vulgum rumore erat per virtutem aut species virtutibus similis. Tac.ann.15,48,2.Dieser stammte aus dem Geschlecht der Calpurnier, dessen Adel vom Vater her viele vornehme Familien umschloss, und war beim Volk hochgefeiert, durch wirkliche Tugend oder zumindest den Anschein von Tugend.
Ubi haec atque talia velut in commune disseruit, complectitur uxorem et paululum adversus praesentem fortitudinem mollitus rogat oratque, temperaret dolori neu aeternum susciperet, sed in contemplatione vitae per virtutem actae desiderium mariti solaciis honestis toleraret. illa contra sibi quoque destinatam mortem adseverat manumque percussoris exposcit. Tac.ann.15,63,1.Nachdem er dies und Ähnliches an alle gemeinsam gerichtet hatte, umarmt er seine Gattin und, der augenblicklichen Furcht gegenüber etwas weicher gestimmt, bittet und fleht er, sie möge sich fassen, sich keinem bleibenden Schmerz hingeben, vielmehr sich angesichts seines der Tugend geweihten Lebens die Sehnsucht nach dem Gatten durch edle Trostgründe erträglich machen. Sie dagegen erklärte mit Bestimmtheit, auch sie sei zum Tod entschlossen, und verlangte nach einer Hand, die sie ermorde.
atrocius in urbe saevitum: nobilitas, opes, omissi gestique honores pro crimine et ob virtutes certissimum exitium. nec minus praemia delatorum invisa quam scelera, cum alii sacerdotia et consulatus ut spolia adepti, procurationes alii et interiorem potentiam, agerent, verterent cuncta odio et terrore. corrupti in dominos servi, in patronos liberti; et quibus deerat inimicus per amicos oppressi. Tac.hist.1,2,3.Grausamer noch das Wüten in der Stadt: Adel, Vermögen, verschmähte wie angenommene Ehrenstellen als Verbrechen angesehen; die Tugend vom sichersten Untergang bedroht. Die Belohnungen der Denunzianten nicht minder hassenswert als ihre Untaten, die, nachdem sie teils Priesterwürden und Konsulate, teils Prokuratorenstellen und geheimen Einfluss als Beute erjagt haben, alles durch Hass und Schrecken aufregen, umstürzen. Sklaven gegen ihre Gebieter, Freigelassene gegen ihre Schutzherrn gekauft; wer keinen Feind hat, durch Freundeshand zu Fall gebracht.
[Cic.Tusc.1,2] Nam mores et instituta vitae resque domesticas ac familiaris nos profecto et melius tuemur et lautius, rem vero publicam nostri maiores certe melioribus temperaverunt et institutis et legibus. quid loquar de re militari? in qua cum virtute nostri multum valuerunt, tum plus etiam disciplina. iam illa, quae natura, non litteris adsecuti sunt, neque cum Graecia neque ulla cum gente sunt conferenda. quae enim tanta gravitas, quae tanta constantia, magnitudo animi, probitas, fides, quae tam excellens in omni genere virtus in ullis fuit, ut sit cum maioribus nostris comparanda? Cic.Tusc.1,2Denn die Sitten und die Einrichtungen des Lebens und die inneren und häuslichen Angelegenheiten bewahren wir wahrlich besser und herrlicher; den Staat aber haben unsere Vorfahren sicher durch bessere Anordnungen und Gesetze gestaltet. Was soll ich vom Kriegswesen sprechen? Viel haben dabei unsere Leute durch Tapferkeit vermocht, doch noch mehr durch Zucht. Und dann, was sie durch Natur und nicht durch Wissenschaft gewannen, damit hält weder Griechenland, noch sonst ein Volk den Vergleich aus. Denn wo findet sich sonst eine solch ernste Würde, wo eine solche Standhaftigkeit, Seelengröße, Rechtschaffenheit und Treue, wo irgend überhaupt so treffliche Tugend aller Art, dass sie mit unseren Vorfahren zusammengestellt werden dürfte?
Viri autem propria maxime est fortitudo, cuius munera duo sunt maxima, mortis dolorisque contemptio. Utendum est igitur his, si virtutis compotes, vel potius si viri volumus esse, quoniam a viris virtus nomen est mutuata. Cic.Tusc.2,43,4Die Haupteigenschaft des Mannes aber ist die Tapferkeit, die beide Hauptrichtungen in sich begreift: Verachtung des Todes und Verachtung des Schmerzes; diese müssen wir erfüllen, wenn wir die Tugend meistern, zutreffender, wenn wir Männer sein wollen; Denn das Wort "virtus" leitet sich von "vir" ab.
His tu praesentibus gemere et iactare te non audebis profecto; loquetur enim eorum voce Virtus ipsa tecum: Cic.Tusc.2,45,6In ihrer Gegenwart wirst du gewiss nicht wagen, zu jammern und dich umherzuwerfen; denn durch ihren Mund wird die Tugend selbst mit dir sprechen:
Volo autem dicere illud homini longe optimum esse, quod ipsum sit optandum per se, a virtute profectum vel in ipsa virtute situm, sua sponte laudabile; Cic.Tusc.2,46,6Soviel aber will ich sagen: das ist für den Menschen bei weitem das Beste, was um seiner selbst willen wünschenswert ist, das, weil es aus der Tugend hervorgeht oder in der Tugend selbst ruht, von sich aus lobenswert ist.
Si nihil esset aliud, nihil esset homine deformius; sed praesto est domina omnium et regina ratio, quae conixa per se et progressa longius fit perfecta virtus. Cic.Tusc.2,47,6Wäre dies das einzige, so gäbe es nichts Gemeineres als den Menschen. Aber da ist aller Herrin und Königin zur Stelle, die Vernunft, die aus eigener Kraft aufsteigt und in ihrer weiteren Entwicklung vollendete Tugend wird.
Quin etiam mihi quidem laudabiliora videntur omnia, quae sine venditatione et sine populo teste fiunt, non quo fugiendus sit (omnia enim bene facta in luce se collocari volunt), sed tamen nullum theatrum virtuti conscientia maius est. Cic.Tusc.2,64,2Mir wenigstens erscheint alles lobenswerter, was ohne Großtun geschieht, und ohne das Zeugnis der Öffentlichkeit; nicht als ob das zu fliehen wäre – denn alle guten Taten wollen ins Licht gestellt sein – aber doch gibt es für die Tugend keinen größeren Schauplatz als das eigene Bewusstsein.
Sed cum videas eos, qui aut studio aut opinione ducantur, in eo persequendo atque adipiscendo dolore non frangi, debeas existimare aut non esse malum dolorem aut, etiamsi, quicquid asperum alienumque natura sit, id appellari placeat malum, tantulum tamen esse, ut a virtute ita obruatur, ut nusquam appareat. Cic.Tusc.2,66,1Wenn du aber siehst, wie Menschen, die sich von einer Vorliebe oder Meinung leiten lassen, diese, ohne am Schmerz zu zerbrechen, verfolgen und erreichen, musst du daraus schließen, der Schmerz sei entweder kein Übel, oder, wenn wir, was herb und widernatürlich ist, ein Übel nennen wollen, es sei so unbedeutend, dass es von der Tugend so überdeckt wird, dass es nirgends mehr erscheint.
[Cic.Tusc.3,2,3] Sunt enim ingeniis nostris semina innata virtutum, quae si adolescere liceret, ipsa nos ad beatam vitam natura perduceret. Cic.Tusc.3,2,3Angeboren ist unserem Geist der Samen der Tugend; ließen wir diesen ungehindert emporkeimen, so würde die Natur selbst uns zum glückseligen Leben führen.
[Cic.Tusc.3,3,4] Est enim gloria solida quaedam res et expressa, non adumbrata; ea est consentiens laus bonorum, incorrupta vox bene iudicantium de eccellenti virtute, ea virtuti resonat tamquam imago; quae, quia recte factorum plerumque comes est, non est bonis viris repudianda. Cic.Tusc.3,3,4Denn der Ruhm ist etwas Wesenhaftes und Ausgeprägtes, nicht bloß Schattenhaftes; er ist das übereinstimmende Lob der Guten, die unbestechliche Stimme derer, die über eine ausgezeichnete Tugend gerecht urteilen. So hallt er der Tugend nach wie ihr Echo. Und insofern er gewöhnlich der Begleiter rechten Tuns ist, ist er von rechtschaffenen Männern nicht zu verschmähen.
Prudentiae vero quid respondebis docenti virtutem sese esse contentam, quo modo ad bene vivendum, sic etiam ad beate? Cic.Tusc.3,37,1Und was willst Du der Klugheit antworten, wenn sie dich lehrt, die Tugend genüge sich selbst, wie zum rechtschaffenen, so auch zum seligen Leben?
et si haec virtute efficiuntur, quid est cur virtus ipsa per se non efficiat beatos? Cic.Tusc.5,17,2Und wenn dies von der Tugend bewirkt wird, warum sollte nicht die Tugend allein durch sich selbst glückselig machen?
Hic igitur si est excultus et si eius acies ita curata est, ut ne caecaretur erroribus, fit perfecta mens, id est absoluta ratio, quod est idem virtus. Cic.Tusc.5,39,1Wenn die Seele also gebildet und ihre Sehkraft so zugerichtet ist, dass sie sich von keinem Irrtum blenden lässt, wird sie vollendeter Geist, d.h. vollkommene Vernunft, oder, was dasselbe ist, Tugend.
Et si omne beatum est, cui nihil deest, et quod in suo genere expletum atque cumulatum est, idque virtutis est proprium, certe omnes virtutis compotes beati sunt. Cic.Tusc.5,39,2Und wenn all das glückselig ist, dem nichts fehlt, und was in seiner Art zum Ziel und Gipfel gekommen ist, und wenn dies das Eigentümliche der Tugend ist, so sind wohl alle der Tugend teilhaftige Menschen glückselig.
Haec efficere virtutem ostenderem, nisi superioribus diebus essent explicata. Cic.Tusc.5,42,5Dass dies die Tugend bewirkt, würde ich nachweisen, wenn es nicht in den vorangegangenen Tagen entwickelt worden wäre.
refert autem omnia ad beate vivendum; beata igitur vita laudabilis; nec quicquam sine virtute laudabile: Cic.Tusc.5,48,5Er bezieht aber alles auf das glückselige Leben; ein glückseliges Leben ist also löblich; und nichts ist ohne Tugend löblich;
beata igitur vita virtute conficitur. Cic.Tusc.5,48,6Folglich wird das glückselige Leben durch die Tugend zustande gebracht.
Quid est autem in homine sagaci ac bona mente melius? Eius bono fruendum est igitur, si beati esse volumus; bonum autem mentis est virtus; ergo hac beatam vitam contineri necesse est. Cic.Tusc.5,67,2Was ist dabei im Menschen besser, als ein scharfsinnige, guter Geist? Sein Gut also muss man genießen, wenn man glückselig sein will; das Gut des Geistes aber ist die Tugend; in ihr also muss das glückselige Leben enthalten sein.
Ex perpetuis autem plenisque gaudiis cum perspicuum sit vitam beatam existere, sequitur, ut ea existat ex honestate. Cic.Tusc.5,67,4Da aber offenbar ist, wie aus ununterbrochener Fülle der Freuden das glückselige Leben entsteht, so folgt, dass es aus der Tugend entsteht.
Primum ingenio eximio sit necesse est; tardis enim mentibus virtus non facile comitatur; deinde ad investigandam veritatem studio incitato. Cic.Tusc.5,68,3Fürs erste muss er ausnehmend intelligent sei; denn den Stumpfsinn begleitet selten die Tugend; dann muss ihn das Verlangen treiben, die Wahrheit zu erforschen.
Hinc illa cognitio virtutis existit, efflorescunt genera partesque virtutum, invenitur, quid sit quod natura spectet extremum in bonis, quid in malis ultumum, quo referenda sint officia, quae degendae aetatis ratio deligenda. Cic.Tusc.5,71,2So entsteht jene Erkenntnis der Tugend; erblühen die Tugenden nach ihren Gattungen und Arten; es findet sich, was das Höchse ist, das die Natur im Guten bezweckt, was das Äußerste ist im Bösen; worauf die Pflichten zu beziehen sind, welcher Lebensplan zu wählen.
Quibus et talibus rebus exquisitis hoc vel maxime efficitur, quod hac disputatione agimus, ut virtus ad beate vivendum sit se ipsa contenta. Cic.Tusc.5,71,3Durch die Untersuchung dieser und solcher Fragen gelangen wir vornehmlich zu dem Resultat, das Thema dieser Unterredung ist, dass die Tugend zum glückseligen Leben sich selbst genügt.
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