Diversa omnium, quae umquam accidere, civilium armorum facies. non proelio, non adversis e castris, sed isdem e cubilibus, quos simul vescentis dies, simul quietos nox habuerat, discedunt in partis, ingerunt tela. Clamor, vulnera, sanguis palam, causa in occulto; cetera fors regit. et quidam bonorum caesi, postquam intellect, in quos saeviretur, pessimi quoque arma rapuerant. Tac.ann.1,49,1. | Wann immer Bürger gegen Bürger das Schwert gebraucht haben, ähnliches hatte man nie gesehen. Nicht im Treffen, nicht aus gegnerischem Lager, sondern von denselben Lagerstätten her, wo der Tag sie an einem Tisch hatte essen, die Nacht sie friedlich nebeneinander hatte ruhen sehen, trennen sie sich zu Feind und Feind, fallen sich mit der Waffe an. Geschrei, Wunden, Blut vor aller Augen: die Ursache in Dunkel gehüllt. Das Weitere lenkt der Zufall. Auch Gutgesinnte ließen hie und da ihr Leben. Denn als die Schlimmen zu merken anfingen, wem das Wüten galt, griffen auch sie hastig zu den Waffen; |
quod si fugerent, pluris silvas, profundas magis paludes, saevitiam hostium superesse; at victoribus decus, gloriam. quae domi cara, quae in castris honesta, memorat; reticuit de adversis. Tac.ann.1,67,2. | Würden sie fliehen, so warteten ihrer mehr Wälder, noch tiefere Sümpfe und obendrein die Wut der Feinde; den Siegern dagegen werde Preis und Ruhm. Auch dessen gedenkt er, was ihnen zuhause teuer, im Lager ehrenvoll ist; das Missliche verschwieg er. |
hosti facile excidium et paucos ac semermos cogitanti sonus tubarum, fulgor armorum, quanto inopina, tanto maiora offunduntur; cadebantque, ut rebus secundis avidi, ita adversis incauti. Tac.ann.1,68,4. | Die Feinde, die sich ein müheloses Niedermachen von wenigen halb Wehrlosen vorstellten, beeindruckte der Schall der Trompeten, das Blitzen der Waffen um so mehr, je weniger sie es erwartet hatten; und sie fielen, wie im Glück gierig, so im Unglück planlos. |
denserent ictus, ora mucronibus quaererent: non loricam Germano, non galeam, ne scuta quidem ferro nervove firmata, sed viminum textus vel tenuis et fucatas colore tabulas; primam utcumque aciem hastatam, ceteris praeusta aut brevia tela. iam corpus ut visu torvum et ad brevem impetum validum, sic nulla vulnerum patientia: sine pudore flagitii, sine cura ducum abire, fugere, pavidos adversis, inter secunda non divini, non humani iuris memores. Tac.ann.2,14,3. | Sie sollen nur Hieb auf Hieb fallen lassen und auf das Gesicht zielen. Der Germane habe weder Panzer noch Helm; selbst der Schild sei nicht durch Eisen oder Leder haltbar gemacht, sondern nur ein Weidengeflecht oder ein dünnes, mit Farbe übertünchtes Brett; allenfalls die erste Linie trage Lanzen; die übrigen hätten nur im Feuer gehärtete oder wenigstens kurze Spieße. Der Mann selbst habe zwar eine für das Auge grässliche Gestalt und sei für den Moment des Angriff kräftig genug, aber könne keine Wunden aushalten, sondern laufe weg und fliehe ohne Schamgefühl, ohne nach den Führern zu fragen, verzagt im Unglück, im Glück ohne einen Gedanken an göttliches und menschliches Recht. |
Orationem ducis secutus militum ardor, signumque pugnae datum. nec Arminius aut ceteri Germanorum proceres omittebant suos quisque testari, hos esse Romanos Variani exercitus fugacissimos, qui ne bellum tolerarent, seditionem induerint; quorum pars onusta vulneribus terga, pars fluctibus et procellis fractos artus infensis rursum hostibus, adversis dis obiciant, nulla boni spe. Tac.ann.2,15,1. | Der Rede des Feldherrn löste beim Heer Begeisterung aus, und es wurde das Zeichen zum Kampf aufgesteckt. Auch Arminius und die übrigen Führer der Germanen unterließen es nicht, jeweils ihre Scharen anzufeuern: diese Römer vor ihnen seien die besten Läufer aus dem Heer des Varus. Um vom Krieg verschont zu bleiben, hätten sie Aufruhr angezettelt. Ein Teil von ihnen schleppe seine Wundenlast auf dem Rücken, ein anderer die von Fluten und Stürmen zerschlagenen Gliedmaßen einem von neuem erbitterten Feind und zürnenden Göttern entgegen, ohne Hoffnung auf Erfolg. |
hunc comitem exilii admodum infantem pater Sempronius in insulam Cercinam tulerat. illic adultus inter extorris et liberalium artium nescios, mox per Africam ac Siciliam mutando sordidas merces sustentabatur; neque tamen effugit magnae fortunae pericula. ac ni Aelius Lamia et L. Apronius qui Africam obtinuerant insontem protexissent, claritudine infausti generis et paternis adversis foret abstractus. Tac.ann.4,13,3. | Diesen hatten noch als kleinen Knaben sein Vater Sempronius mit sich in die Verbannung nach Kerkina genommen. Hier war er unter Verbannten und ungebildeten Leuten aufgewachsen und verschaffte sich später seinen Lebensunterhalt durch gemeine Krämerei in Africa und Sizilien. Trotzdem entging er nicht den Gefahren einer hohen Stellung. Hätten nicht Aelius Lamia und Lucius Apronius, die in Africa Statthalter waren, den Unschuldigen unterstützt - auch er wäre durch die Bekanntheit seines unglücklichen Geschlechts und durch das Missgeschick seines Vaters mit fortgerissen worden. |
contra alii fatum quidem congruere rebus putant, sed non e vagis stellis, verum apud principia et nexus naturalium causarum; ac tamen electionem vitae nobis relinquunt, quam ubi elegeris, certum imminentium ordinem. neque mala vel bona, quae vulgus putet: multos, qui conflictari adversis videantur, beatos, at plerosque, quamquam magnas per opes miserrimos, si illi gravem fortunam constanter tolerent, hi prospera inconsulte utantur. Tac.ann.6,22,2. | Andere dagegen glauben, eine Vorbestimmung stimme mit dem Gang der Dinge überein; aber der Schlüssel dazu liege nicht in planlos wandelnden Gestirnen, sondern in den ersten Anfängen und der weiteren Verkettung natürlicher Ursachen; dabei lassen sie dem Menschen noch eine freie Wahl des Lebenspfades; habe man diesen gewählt, so sei damit die Abfolge der anstehenden Entwicklungen festgelegt. Glück und Unglück sei aber nicht, was der Pöbel dafür halte. Viele seien, obwohl sie mit Missgeschick zu kämpfen scheinen, innerlich glücklich, und sehr viele trotz großen Besitzes höchst elend: jene, wenn sie ein schweres Geschick standhaft ertragen, diese, wenn sie vom Glück einen törichten Gebrauch machen. |
utrumque enim consequitur, ut et considerandis rebus humanis proprio philosophiae fruatur officio et adversis casibus triplici consolatione sanetur, primum quod posse accidere diu cogitavit, quae cogitatio una maxime molestias omnis extenuat et diluit, deinde quod humana humane ferenda intellegit, postremo quod videt malum nullum esse nisi culpam, culpam autem nullam esse, cum id, quod ab homine non potuerit praestari, evenerit. Cic.Tusc.3,34,4 | Denn beides erreicht er, einmal genügt er dadurch, dass er das Menschliche in den Blick fasst, der eigentümlichen Pflicht der Philosophie; dann sieht er sich im Missgeschick durch dreifachen Trost geheilt: erstens dadurch, dass er länger bedacht hat, es könne passieren; ein Gedanke, der ganz besonders alle Beschwerden mindert und auflöst, zweitens dass er die Notwendigkeit erkennt, das Menschliche als Mensch zu ertragen; endlich dass er einsieht, es gebe kein Übel außer der Schuld; Schuld aber gebe es nur, wenn das eintrete, wofür der Mensch einstehen könne. |
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