Etenim si mecum patria, quae mihi vita mea multo est carior, si cuncta Italia, si omnis res publica loquatur: 'M. Tulli, quid agis? Tune eum, quem esse hostem comperisti, quem ducem belli futurum vides, quem exspectari imperatorem in castris hostium sentis, auctorem sceleris, principem coniurationis, evocatorem servorum et civium perditorum, exire patiere, ut abs te non emissus ex urbe, sed immissus in urbem esse videatur? Cic.Catil.1,27 | Denn wenn das Vaterland, das mir viel teurer als das Leben ist, wenn ganz Italien, wenn die ganze Republik so zu mir redete: "Was machst du, Marcus Tullius? Willst du einen Menschen, von dessen feindlicher Gesinnung du Beweise hast, in dem du einen künftigen Kriegsführer erblickst, von dem du weißt, dass er als Befehlshaber im Lager der Feinde erwartet wird, - willst du den Anstifter der Frevel, das Haupt der Verschwörung, den Aufwiegler der Sklaven und schlechter Bürger ziehen lassen, so dass man glauben kann, er sei von dir nicht aus der Stadt gewiesen, sondern gegen die Stadt losgelassen? |
ergo illi alienum, quia poeta fuit, post mortem etiam expetunt; nos hunc vivum, qui et voluntate et legibus noster est, repudiabimus, praesertim cum omne olim studium atque omne ingenium contulerit Archias ad populi Romani gloriam laudemque celebrandam? Cic.Arch.19.d | Jene also wollen sich einen Fremden, weil er Dichter war, auch nach seinem Tod zueignen; und wir sollten den, der noch lebt, der nach seiner Gesinnung und den Gesetzen der unsere ist, verschmähen, zumal da Archias von jeher seinen ganzen Fleiß und sein ganzes Talent dem Ruhm und Lobpreis der römischen Volkes gewidmet hat? |
qua re conservate, iudices, hominem pudore eo, quem amicorum videtis comprobari cum dignitate, tum etiam vetustate, ingenio autem tanto, quantum id convenit existimari, quod summorum hominum ingeniis expetitum esse videatis, causa vero eius modi, quae beneficio legis, auctoritate municipi, testimonio Luculli, tabulis Metelli comprobetur. Cic.Arch.31.a | Erhaltet also, ihr Richter, einen Mann von einer ehrenhafter Gesinnung, wie ihr sie nicht allein durch das Ansehen seiner Freunde, sondern auch durch die lange Dauer ihrer Freundschaft bewährt seht; einen Mann von so hohem Geist, wie ihr ihn mit Grund bei ihm voraussetzen dürft, da offenbar die geistreichsten Köpfe seinen Umgang gesucht haben; einen Mann, dessen Sache von der Art ist, dass sie durch die Wohltat des Gesetzes, durch die Bürgschaft einer Municipialstadt, durch das Zeugnis eines Lucullus und die Bürgerlisten des Metellus begründet erscheint. |
deinde cum similis sensus exstitit amoris, si aliquem nacti sumus, cuius cum moribus et natura congruamus, quod in eo quasi lumen aliquod probitatis et virtutis perspicere videamur. Cic.Lael.27.d | sodann in einer ähnlichen Gesinnung derjenigen Liebe, die uns anwandelt, wenn wir jemanden gefunden haben, mit dessen äußerem und innerem Charakter wir übereinstimmen, indem wir in ihm gleichsam ein leuchtendes Muster der Rechtschaffenheit und Tugend zu erkennen glauben. |
primum ne quid fictum sit neve simulatum; aperte enim vel odisse magis ingenui est, quam fronte occultare sententiam; Cic.Lael.65.g | Erstens keine Verstellung, keine Heuchelei darf stattfinden; denn sogar andere zu hassen, ist, wenn es offen geschieht, noch edler, als die Gesinnung unter verstellter Miene zu verbergen. |
nisi in hac causa, qui vester animus sit, ostendetis, eo prorumpere hominum cupiditatem et scelus et audaciam, ut non modo clam, verum etiam hic in foro ante tribunal tuum, M. Fanni, ante pedes vestros, iudices, inter ipsa subsellia caedes futurae sint. Cic.S.Rosc.12.c | Wenn ihr in dieser Sache nicht euere Gesinnung kundgebt, so wird die Habgier, der Frevel, die Frechheit der Menschen so sehr alle Schranken durchbrechen, dass nicht etwa nur heimlich, sondern hier auf dem Forum vor deinem Richterstuhl, Marcus Fannius, vor euren Füßen, ihr Richter, und innerhalb dieser Bänke Mord und Todschlag stattfinden. |
[Cic.fin.1,3,3] Nam ut Terentianus Chremes non inhumanus, qui novum vicinum non vult “fodere aut arare aut aliquid ferre denique” -- non enim illum ab industria, sed ab inliberali labore deterret --, sic isti curiosi, quos offendit noster minime nobis iniucundus labor. Cic.Fin.1,3,3 | Denn so wie Chremes bei Terentius eine recht freundliche Gesinnung zeigt, wenn er will, dass sein neuer Nachbar
“Nicht grabe und nicht pflüge, auch nicht trage schwer…”
– er will ihn ja nicht von aller Tätigkeit, sondern nur von unedler Arbeit abhalten –, so machen sich jene hingegen gar zuviel Sorge, die an unserer uns keineswegs unerfreulichen Arbeit Anstoß nehmen. |
Invitat igitur vera ratio bene sanos ad iustitiam, aequitatem, fidem, neque homini infanti aut inpotenti iniuste facta conducunt, qui nec facile efficere possit, quod conetur, nec optinere, si effecerit, et opes vel fortunae vel ingenii liberalitati magis conveniunt, qua qui utuntur, benivolentiam sibi conciliant et, quod aptissimum est ad quiete vivendum, caritatem, praesertim cum omnino nulla sit causa peccandi. Cic.fin.1,52,1 | So fordert also ein rechtes Denken die Verständigen zur Gerechtigkeit, Billigkeit und Redlichkeit auf. Einerseits nützen dem unberedten oder machtlosen Mann ungerechte Handlungen nichts, da er weder das, was er unternimmt, leicht ausführen, noch, wenn er es auch ausgeführt hat, behaupten kann; andererseits taugen die Güter des Glücks oder des Geistes für eine edle Gesinnung besser. Wer diese besitzt, erwirbt sich Wohlwollen und – was das taugliche Mittel zu einem ruhigen Leben ist – achtungsvolle Liebe, besonders da überhaupt kein Grund zum Sündigen vorhanden ist. |
Non patre praeclaro, sed vita et pectore puro. Hor.sat.1,6,64. | Nicht nach edler Geburt, nein, lauterer Sitt' und Gesinnung. |
Et vox et ratio. Nam si natura iuberet Hor.sat.1,6,93. | Red' und Gesinnung getrennt. Denn hieße Natur von gewissen |
[Cic.off.1,66,2] Altera est res, ut, cum ita sis affectus animo, ut supra dixi, res geras magnas illas quidem et maxime utiles, sed ut vehementer arduas plenasque laborum et periculorum cum vitae, tum multarum rerum, quae ad vitam pertinent. Cic.off.1,66,2 | Das zweite Merkmal ist, dass diese oben beschriebene Gesinnung sich auch in Taten äußere, die nicht nur groß und besonders nützlich sind, sondern daneben höchst schwierig, mühevoll und riskant, sowohl für das Leben selbst als für viele andere Dinge, die zum Leben gehören. |
[Cic.off.1,67,3] Id autem ipsum cernitur in duobus, si et solum id, quod honestum sit, bonum iudices et ab omni animi perturbatione liber sis.
Cic.off.1,67,3 | Diese Gesinnung selbst aber äußert sich nach zwei Seiten: dass man einerseits das Sittlich-Gute für das einzig Gute hält, andererseits sich von jeder Leidenschaft freihält. |
[Cic.off.1,72,2] Capessentibus autem rem publicam nihilominus quam philosophis, haud scio an magis etiam, et magnificentia et despicientia adhibenda est rerum humanarum, quam saepe dico, et tranquillitas animi atque securitas, si quidem nec anxii futuri sunt et cum gravitate constantiaque victuri. Cic.off.1,72,2 | Und nicht weniger als die Philosophen, ja vielleicht noch mehr, dürften die, die die Geschäfte des Staates besorgen, jener Hoheit der Gesinnung und jener Geringschätzung der äußeren Dingen, jener öfter genannten Ruhe und Sicherheit des Gemüts bedürfen; oder sie lebten stets in Angst und ohne Würde und Festigkeit. |
Minime vero: non enim mihi est vita mea utilior quam animi talis affectio, neminem ut violem commodi mei gratia. Cic.off.3,29,2 | Nimmermehr! Denn mein Leben hat keinen höheren Wert für mich, als die Gesinnung, keinen meines Vorteils wegen zu verletzen. |
at apud prudentes vita eius varie extollebatur arguebaturve. hi pietate erga parentem et necessitudine rei publicae, in qua nullus tunc legibus locus, ad arma civilia actum, quae neque parari possent neque haberi per bonas artes. Tac.ann.1,9,3. | Bei den Verständigen dagegen sprach man in verschiedener Weise über sein Leben, teils heraushebend teils vorwurfsvoll. Die einen meinten, durch seine kindliche Gesinnung gegen den Vater und die Notlage des Staates, in dem es für Recht und Gesetz damals keinen Raum gab, sei er zum Bürgerkrieg gezwungen worden, der allerdings auf rechtlichem Weg weder erhoben noch geführt werden könne. |
facilem adsensum Gallo sub nominibus honestis confessio vitiorum et similitudo audientium dedit. adiecerat et Tiberius non id tempus censurae nec, si quid in moribus labaret, defuturum corrigendi auctorem. Tac.ann.2,33,4. | Das mit so ehrbaren Worten verhüllte Bekenntnis des Sittenverfalls und die gleiche Gesinnung der Zuhörer verschaffte Gallus willige Zustimmung. Auch hatte Tiberius zusätzlich bemerkt, jetzt sei nicht Zeit zum Sittenrichten, und wenn die Moral in Gefahr käme, so wisse er einen, der dem abhelfe. |
Ambigua gens ea antiquitus hominum ingeniis et situ terrarum, quoniam nostris provinciis late praetenta pe?nitus ad Medos porrigitur; maximisque imperiis interiecti et saepius discordes sunt, adversus Romanos odio et in Parthum invidia. Tac.ann.2,56,1. | Seit alten Zeiten war dieses Volk unzuverlässig, teils wegen der Gesinnung der Bevölkerung, teils wegen der geographischen Lage des Landes. Denn einerseits bildet es auf weite Strecken hin die Grenze zu unserenProvinzen, reicht aber andererseits bis nach Medien hin; in der Mitte zwischen zwei gewaltigen Reichen sind sie oft auch unter sich uneinig, gegen Rom aus Hass und aus Neid auf die Parther. |
Nec ignoro in conviviis et circulis incusari ista et modum posci: set si quis legem sanciat, poenas indicat, idem illi civitatem verti, splendidissimo cuique exitium parari, neminem criminis expertem clamitabunt. atqui ne corporis quidem morbos veteres et diu auctos nisi per dura et aspera coerceas: corruptus simul et corruptor, aeger et flagrans animus haud levioribus remediis restinguendus est, quam libidinibus ardescit.
Tac.ann.3,54,1. | Wohl weiß ich: Bei Gastmählern und in geselligen Zirkeln klagt man über diese Dinge und fordert Beschränkung. Allein erlasse nur jemand ein Gesetz und kündige Strafen an: dieselben Menschen werden ein Geschrei erheben, man wolle den Staat ruinieren, wolle gerade den glanzvollen Häusern den Garaus bereiten, und niemand sei mehr vor Anschuldigung sicher. Kann man ja selbst körperliche Übel, wenn sie sich eingenistet und lange Zeit verschlimmert haben, nicht anders als durch harte und schmerzliche Mittel lindern. Auch eine Gesinnung, die zugleich verdorben ist und verdirbt, zugleich krank ist und ansteckt, darf man nicht mit Mitteln dämpfen wollen, die milder sind, als die Seuche der Lust brennt! |
bellum Iudaicum Flavius Vespasianus (ducem eum Nero delegerat) tribus legionibus administrabat. nec Vespasiano adversus Galbam votum aut animus: quippe Titum filium ad venerationem cultumque eius miserat, ut suo loco memorabimus. occulta fati et ostentis ac responsis destinatum Vespasiano liberisque eius imperium post fortunam credidimus. Tac.hist.1,10,3. | Den jüdischen Krieg leitete Flavius Vespasianus, noch von Nero zum Feldherrn ausersehen, mit drei Legionen. Vespasian war weder nach seinen Wünschen noch nach seiner Gesinnung der Gegner Galbas; hatte er doch seinen Sohn Titus zu Bezeugung seiner Verehrung und Ergebenheit an ihn abgesandt, wie wir an seinem Ort erwähnen werden. An eine verborgene Schicksalsfügung, nämlich dass durch Wunderzeichen und Orakelsprüche Vespasian und seinen Kindern die Kaiserwürde bestimmt gewesen sei, haben wir nach der Erfüllung geglaubt. |
Sed tum e libertis Onomastum futuro sceleri praefecit, a quo Barbium Proculum tesserarium speculatorum et Veturium optionem eorundem perductos, postquam vario sermone callidos audacisque cognovit, pretio et promissis onerat, data pecunia ad pertemptandos plurium animos. suscepere duo manipulares imperium populi Romani transferendum et transtulerunt. Tac.hist.1,25,1. | Jetzt aber übertrug er die geplante Freveltat seinem Freigelassenen Onomastus; der stellte ihm den Paroleträger bei den Leibwächtern Barbius Proculus und auch deren Adjutanten Veturius vor. Nachdem Otho diese durch allerlei Wendungen des Gesprächs als verschlagene und unternehmende Köpfe kennengelernt hatte, überhäufte er sie mit Geschenken und Versprechungen und gab ihnen Geld, um noch weitere auf ihre Gesinnung zu testen. So unternahmen zwei einfache Soldaten einen Machtwechsel beim römischen Volk und führten ihn durch. |
Id si propter alienam et offensam populi voluntatem malum est, quam sit ea contemnenda, paulo ante dictum est. Cic.Tusc.5,106,3 | Ist sie ein Übel wegen der ablehnenden und feindseligen Gesinnung des Volkes, so ist gerade eben gesagt worden, wie sehr sie zu verachten sei. |
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