Übung
griechischer Verbformen
Sinn
und Zweck der Übung:
Wer so
gut Griechisch kann, dass er anspruchsvollere Texte einfach Wort für Wort liest,
benötigt diese Übungen nicht. Wer sich griechische Texte - gleich nach welcher
Methode - erst erschließen muss, wird die Erfahrung machen, dass die Prädikatsformen und
überhaupt alle Verbformen für die Satzstruktur so beherrschend sind, dass sie geradezu
das Einlasstor für jedes Textverständnis darstellen. Beherrscht man sie, hat man zwar keine
Garantie für das Gelingen der Textarbeit, aber eine notwendige Bedingung erfüllt.
Allen Verführern, die da behaupten, diese Arbeit sei stumpfsinnig
- und es gibt sie in großer Zahl - und nicht das eigentliche Ziel
des Griechischunterrichts, sei gesagt: Ein Geiger, der sich um Etüden
drückt, wird bei den Berlinern keinen Brahms spielen. Ein Eisläufer,
der die Pflicht nicht beherrscht, wird auch in der Kür nicht glänzen.
Ein Gräzist, der seine Formen nicht beherrscht, wird sich weder Platons
Höhlengleichnis noch ein Archilochos-Gedicht
noch sonst etwas wirklich aneignen können. Wie will man Primärtugenden
leisten, wenn man sich schon bei den Sekundärtugenden damit herausredet,
sie seien nur sekundär?
In der Tat hat der Griechischunterricht andere Ziele. Aber man muss sich auch um den
richtigen Weg zu diesen Zielen bemühen. Damit die formale Übung nicht
"stumpfsinnig" wird, sollte man einige methodische Grundsätze befolgen:
Methodische
Grundregeln:
- Nie zu
viel auf einmal lernen (im Normalfall: eine Übung pro Woche).
- Mit
anderer Lernarbeit koppeln, die ähnliche Disziplin erfordert, z. B. Einüben der Vokabeln
- Regelmäßig
üben (keine übertriebenen Erwartungen an kurzfristige Kraftakte)
- Abwechslungsreich
und aktiv üben. Vorschläge:
- jede
griechische Form (vom deutschen Lösungsvorschlag ausgehend) aktiv zurückbilden
- zu jeder
Form den Nachfolger (Vorgänger) im Paradigma der Grammatik bilden
- zu jeder
Form Numerus, Tempus, Modus, Genus verbi (nach einer gewählten Reihenfolge) vertauschen
- jede Form
von einem anderen Verbum bilden
- eigene
Reihenübungen ausdenken
- bei
zunehmendem Fortschritt Reihenübungen mit mehreren Variationen gleichzeitig
- macht ein
Formenparadigma besondere Schwierigkeiten, ganzes Paradigma wiederholen
- Wiederholungen
einbauen (Lernfortschritte anstreben. Ziel: Eine Form intuitiv richtig zu erfassen)
Darbietung
der Formen:
Die
Auswahl der Formen folgt zwar einem groben Schema (Verba vocalia, contracta, liquida,
muta, unregelmäßige Verben, große und kleine Verba auf -mi), um aber die Trennschärfe zu fördern, sind immer immer
wieder "fremde" (auch nominale) Formen und Wiederholungsformen einbezogen.
Solcher "Ballast" muss nicht lästig, kann vielmehr hilfreich sein.
Der
Lösungsvorschlag bedient sich, soweit sinnvoll, der Übersetzung; der Rest wird bestimmt
(insbesondere der Aorist im Unterschied zu den anderen Tempora der Vergangenheit). Die Vielfalt des Modusgebrauchs wird für
den Konjunktiv auf das Modalverbum "sollen", für den Optativ auf
"mögen" reduziert. "Er" steht in der Regel für "er, sie,
es".
Mitunter
sind unter der Lösungstabelle rein griechische Formen angereiht, deren Lösung jetzt auch
ohne Hilfe (in Selbstkontrolle) gelingen sollte.
Literatur:
- John J. Bodoh: An Index of Greek Verb
Forms, Hildesheim (Olms) 1984
- Georg Traut: Lexikon über die Formen
der griechischen Verba, Darmstadt (WBG) 1973
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