Allgemeine Entwicklung des griechischen Theaters

        Die ersten Schritte - wie alles begann...

Die Ursprünge des gesamten europäischen Theaters (vom griechischen Wort theastai  (θεᾶσθαι) - "sehen" oder theatron (θέατρον) - "Schauplatz") liegen in Griechenland. An Festen zu Ehren des Dionysos entwickelten sich aus Tänzen, Wechselreden, Trink- und Festgesängen über den Tod und die Auferstehung des Gottes im sechsten Jahrhundert vor Christus die ersten Formen des Theaters. Die Aufführungen bestanden  aus rhythmisch gesprochenen Dialogen, Musik, Gesang und Tanz. Die Schauspieler wurden von einem Chor unterstützt, der mit Gesängen und choreographischen Elementen die Handlung begleitete und kommentierte. Einer der ersten Schauspieler, von denen etwas überliefert ist, war Thespis von Ikaria, der gleichzeitig als Autor und Schauspieler aktiv war. 534 vor Christus gewann er den ersten Tragödienwettbewerb in Athen. Ihm wird auch die Einführung von Masken zugeschrieben, die seitdem ein integraler Bestandteil griechischer und römischer Theaterkunst waren.

Bald nach Thespis erweiterte Aischylos die Anzahl der Charaktere in einem Stück auf zwei, wodurch sich erstmals die Möglichkeit von sich entwickelnden Konflikten zwischen den Personen bot. In seinen sieben erhaltenen Stücken widmet er sich vor allem der Beziehung zwischen Menschen und ihrer Umwelt, dem Kosmos. Nur kurze Zeit später führte Sophokles eine dritte Person ein, eine Idee, die auch von Aischylos bald aufgegriffen wurde. Sophokles' Stücke behandeln vor allem Konflikte zwischen Sterblichen, obwohl der Einfluss der Götter nie fehlt.

Eine erste wissenschaftliche Analyse des Theaters führte Aristoteles in seiner "Poetik" (entstand ca. 335-322 v. Chr.) durch, er war es auch, der zum ersten Mal die Stücke des Sophokles, unter anderem "Antigone" (411), "Ödipus" (429) oder "Elektra" (ca. 415) als typisch für griechisches Drama bezeichnete.

Euripides griff in einigen seiner Stücke alte Motive wieder auf, in anderen dagegen beleuchtete er zum ersten Mal die alten, überlieferten Werte kritisch und zeigte sich skeptisch gegenüber traditionellen Wertevorstellungen, so zum Beispiel in seinem Werk "Iphigenie in Tauris" (414). Mit seiner subversiven Art, die Dinge zu hinterfragen, nahm er den alten Mythen und Göttern viel von ihrer Ehrfurcht und veränderte das Gesicht der Tragödie von einem ernsten, unnahbaren Stück zu einer Gattung, die die Zuschauer auch mal zum Lachen bringt.