|
Forschungsbericht |
|
Die wissenschaftliche Sensation unserer Griechenlandfahrt 2000 war die Entdeckung eines bisher unbekannten Kultes. Es handelt sich eindeutig um einen ekstatisch-orgiastischen Kult, auf dessen Spuren uns eine Gruppe junger Franzosen brachte, die eines frühen Morgens in eindeutig göttlicher Begeisterung in Athen durch unser Hotel zogen und alle Zimmertüren verwechselten. Das war unsere erste Begegnung mit dem von uns so genannten "amstelischen Thiasos" (Festumzug).
Unsere mit wissenschaftlicher Akribie betriebenen Recherchen ergaben folgendes Bild:
verehrt wird, wie inzwischen kaum mehr bezweifelt werden kann, der Gott Amstelios (Ἀμστέλιος). Er ist nach Wesen und Form der Verehrung dem Gott Dionysos vergleichbar. Allerdings - und darin ist ein Hauptunterschied zu erkennen - nehmen an seinen orgiastischen Nachtfeiern nicht ausschließlich weibliche Mänaden und Thyiaden (Bacchantinnen) teil, sondern überwiegend männliche, aber auch weibliche Wesen, die man in ihrer Gesamtheit am besten "Amsteliaden" oder "Beeranten" nennt.
Obwohl der Gott das ganze Jahr über gefeiert und verehrt wird (Amstelios ist jahreszeitlich weniger gebunden als Dionysos) ist nach unserer Kenntnis zwingend von einem Hauptfest, den Amsteliaden, auszugehen, die regelmäßig in die heutigen Osterferien fallen. Es ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt, ob - wie von einigen Experten behauptet - von zwei Hauptfesten, den dann so genannten "Kleinen" und "Großen Amsteliaden" auszugehen ist, wobei die "Großen" in die Osterferien zu datieren wären.
Über die Herkunft des Kultes ist noch keine
abschließende Klärung erfolgt. Es ist jedoch anzunehmen, dass der Gott über
das Meer nach Griechenland eingewandert ist.
So lassen sich am besten
gewisse Eigenheiten des amstelischen Festumzuges erklären, bei dem
besonders ausgewählte Amsteliaden (so genannte "Beerophanten")
ein Tempelmodell und das barelische Kultbild eigenhändig unter
kehlig-urigen Gluckslauten über die Heilige Straße zum Meer tragen und so
unter starker öffenticher Aufmerksamkeit die Erinnerung an die Ankunft des
Gottes über das Meer feiern. Wenn einige Forscher "Katochorai" (Κατωχῶραι)
als Herkunftsland angeben, so muss das als reine
Spekulation gelten.
Als Hinweis auf die Richtigkeit dieser Vermutung darf auch die Tatsache gelten, dass das Fest keinen bloß lokalen, sondern einen durchaus panhellenischen, und darüber hinaus, sogar paneuropäischen Charakter zeigt. Dies kann man daraus schließen, dass der festbedingte Schiffsverkehr auf der Adria eine enorme Steigerung erfährt. Die Pilgerschiffe sind meist von Fahrgästen überladen, so dass keine Kabinen mehr (oder nur zu stark überhöhten Preisen) erhältlich sind, und die meisten Pilger mit einer Deckpassage vorlieb nehmen müssen.
Der Tempel (Ἀμστελεῖον)
weist einige architektonische Besonderheiten auf: Er verkörpert den
so genannten "Dosischen Normaltypus"
mit einer Stylostasis von 6 x 10 Säulen.
Es handelt sich also um einen azellalen Peristylos. Er verzichtet, um der Leibesfülle des Kultbildes (der Vergleich
mit einem Barelion wäre nicht abwegig) Rechnung zu tragen, nicht nur auf
die übliche Dreischiffigkeit des Sekos, sondern lässt ihn in einer kühnen
architektonischen Neuerung ganz weg. So entsteht ein lichtdurchfluteter Monopteros mit einer faszinierenden fassartigen Raumwirkung und einer
frappierenden Leichtigkeit, die es ermöglicht, auf das Krepidoma gänzlich
zu verzichten.
Im Rückblick vertreten wir die Auffassung, dass auch an allen anderen von uns besuchten Orten, wenigstens ansatzweise Spuren des Amstelioskultes vorhanden waren. Wir erwarten, das zukünftige Forschungen noch ein sehr differenziertes Bild liefern werden. Schon jetzt plädieren wir dafür, mindestens vier Sonderformen zu unterscheiden, nämlich den Amstelios Olympios, den Amstelios Messenios, den Amstelios Isthmios und den Amstelios Pythios. Auf Weiteres darf man gespannt sein.