Homer, Odyssee, 10, 112 - 129
Der Bildfries zu den Abenteuern des Odysseus aus dem 10. bis 12. Gesang der Odyssee
(die erste abendländische Landschaftsmalerei) schmückte
seit ca. 30 v. Chr. als Zentrum der Architekturmalerei ein Patrizierhaus
auf dem Esquilin. Die Bilder wurden 1848/49 abgenommen und in den
Vatikan verbracht. (Andreae, 242 ff). Es handelt sich wirklich
um einen zusammenhängenden Fries: Die Landschaft wird von links
nach rechts als Panorama jeweils im nächsten Bild weitergeführt.
Der trennenden Pfeiler mit seinem korinthischen Kapitell suggeriert
also eine in die Landschaft hinein geöffnete, pfeilergestützte
Wand:
- Begegnung mit der Königstochter
- Bewaffnung und Angriff der Laistrygonen
- Kampf und Vernichtung der Schiffe
- Odysseus Schiff nähert sich der Kirke-Insel Aiaia
- Der Palast der Kirke (Mittelbild)
- (nicht erkennbar: Rückverwandlung der Gefährten?)
- Einfahrt in die Unterwelt
- Die Unterweltsbüßer
Zu den Laistrygonen sind die Fresken vom Esquilin das einzige erhaltene
Bildmaterial. Die Bildfresken zu den Sirenen und zu Skylla und Charybdis
sind verloren. Zu einer antiken Darstellung des Abenteuers auf der
Heliosinsel Thrinakia gibt es nicht einmal einen literarischen Hinweis.
Das erste (hier nicht wiedergegebene) Bild (Andreae Abb. 86) zeigt,
wie die drei Späher in felsiger Landschaft der Tochter des
Königs Antiphates begegnen. Das Meeresgestade ist als Kahnfahrer,
eine Quelle als Nymphe und der Berg als ruhender Gott personifiziert.
Die Ziegen und Rinder geben der Landschaft einen bukolischen Charakter.
Aus dem Kontrast von idyllischer Landschaft und kannibalischer Gefahr,
die der vielkluge Odysseus zwar vorausbedacht hatte, die sich für
die Gefährten aber als tödliche Falle erweist, erwächst
die innere Spannung des Bildes. |
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Der Bildausschnitt lässt einige Details weg. Bildquelle: Univ.Texas |
Auf diesem zweiten, nach rechts folgenden Bild
gehen die Laistrygonen zum Angriff über. Der Ziegenbock
säuft aus der Quelle, zu der sich die Königstochter
mit ihrem Krug hinbegeben will. Die Weide ist als Pan (mit Hörnern)
personifiziert. Die Laistrygonen bewaffnen sich, indem sie Äste
von den Bäumen abbrechen und Feldsteine aufheben.
Brommer Taf 24b; Würdigung S. 69
B. Andreae: S. 59o
Andreae, 243 (Abb. 86) |
Man ist dem gefahrvollen "Schlund"
des Meeres entronnen und wähnt sich in einem umschlossenen Hafen
sicher. Doch die Idylle trügt. Der Kluge baut vor. Er weiß,
dass er sich als Sterblicher nirgendwo in trügerischer Sicherheit
wähnen darf. Scheitert er, ist das nicht einmal tragisch: Hätte
er sich doch vorsehen können. So kommen die Gefährten auf
den Begleitschiffen zwar grausam, aber vollkommen untragisch ums Leben. |
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112 |
οἱ δ' ἐπεὶ εἰσῆλθον κλυτὰ δώματα,
τὴν δὲ γυναῖκα
εὗρον ὅσην τ' ὄρεος κορυφήν, κατὰ δ' ἔστυγον αὐτήν.
ἡ δ' αἶψ' ἐξ ἀγορῆς ἐκάλει κλυτὸν Ἀντιφατῆα, |
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115 |
ὃν πόσιν, ὃς δὴ τοῖσιν ἐμήσατο λυγρὸν
ὄλεθρον.
αὐτίχ' ἕνα μάρψας ἑτάρων ὁπλίσσατο δεῖπνον.
τὼ δὲ δύ' ἀίξαντε φυγῇ ἐπὶ νῆας ἱκέσθην.
αὐτὰρ ὁ τεῦχε βοὴν διὰ ἄστεος· οἱ δ' ἀίοντες
φοίτων ἴφθιμοι Λαιστρυγόνες ἄλλοθεν ἄλλος, |
120 |
μυρίοι, οὐκ ἄνδρεσσιν ἐοικότες, ἀλλὰ
Γίγασιν.
οἵ ῥ' ἀπὸ πετράων ἀνδραχθέσι χερμαδίοισι
βάλλον· ἄφαρ δὲ κακὸς κόναβος κατὰ νῆας ὀρώρει
ἀνδρῶν τ' ὀλλυμένων νηῶν θ' ἅμα ἀγνυμενάων·
ἰχθῦς δ' ὣς πείροντες ἀτερπέα δαῖτα φέροντο. |
125 |
ὄφρ' οἱ τοὺς ὄλεκον λιμένος πολυβενθέος
ἐντός,
τόφρα δ' ἐγὼ ξίφος ὀξὺ ἐρυσσάμενος παρὰ μηροῦ
τῷ ἀπὸ πείσματ' ἔκοψα νεὸς κυανοπρῴροιο·
αἶψα δ' ἐμοῖς' ἑτάροισιν ἐποτρύνας ἐκέλευσα
ἐμβαλέειν κώπῃς', ἵν' ὑπὲκ κακότητα φύγοιμεν· |
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Bildquelle: Univ.Texas |
Brommer Taf. 25a; B. Andreae, S.58u; Andreae,
243
Würdigung bei Brommer S.70:
"Das
dritte Bild illustriert die Verse 121-124, in denen die Lästrygonen
von den Felsen herab Steine auf die Schiffe schleudern. In den
anschließenden Versen (125-132) haut Odysseus die Halteseile
seines Schiffes durch und entflieht, während die übrigen
Schiffe untergehen." |
Aufgaben:
- Lies auch die Vss. 80 -111(in deutscher Übersetzung). Vergleiche
die Darstellung der Landschaft bei Homer und auf den Bildprospekten.
(Zur Lösung vgl. Andreae S. 243f.)
- Gewichtet der Text oder das Bild die landschaftlichen Details
stärker?
- Welche Zielrichtung verfolgt das Medium, dem die Landschaft
weniger wichtig ist statt dessen?
- Wie ist der Unterschied zu begründen?
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Sententiae excerptae: Griech. zu "Hom.Od"58
ὑπὲρ μόρον
über das nötige Maß hinaus
Hom.Od.1,35
66
Ἄλλος γάρ τ’ ἄλλοισιν ἀνὴρ ἐπιτέρπεται ἔργοις.
Jeder erfreut sich an anderen Dingen.
Hom.Od.14,228
104
Ἄνθρωποι δὲ μινυνθάδιοι τελέθουσιν
Ach, nur kurz dauert der Menschen Leben (ast hominibus brevibus spatiis constringitur aevum)
Hom.Od.19,237
760
Ἢ δόλῳ, ἠὲ βίηφι· ἢ ἀμφαδὸν, ἠὲ κρυφηδόν.
Entweder mit List oder mit Gewalt; entweder offen oder heimlich.
Zenob.1,93 (Hom.Od.9,406; Hom.Od.11,119)
Literatur: zu "Homer" und "Laistryg"
- /Grie/hom/HomOd160.php - Letzte Aktualisierung: 29.12.2020 - 15:40 |